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zur Pause den Hauptgegenstand der Diseusston. Man nahm schließlich den Antrag Dietze's, die Landwirthschaft unter der Voraussetzung des Reichs zuschusses ganz heranzuziehen, ferner den Antrag Risselmann's, dieselbe eventuell fakultativ heranzu ziehen, sowie den Antrag Henkel's, die Eisenbahnen nur dann als unter das Gesetz fallend anzusehen, soweit sie den genannten Betrieben angehören, an und genehmigte endlich die auf die in den Grenz- districten beschäftigten ausländischen Arbeiter bezüg liche Resolution. Betreffs des der Entschädigung zu Grunde zu legenden Arbeitsverdienstes wird der Regierungsvorschlag angenommen, über die Karenz zeit, die Feststellung der Entschädigungen, die Frage der Staatshülfe, welche Landsberg nur vorüberge hend etwa fünfjährig will, sowie über den Rest der Vorlage wird die Abstimmung ausgesetzt. Die Ple- narberathung über das Tabaksmonopol beginnt am Montag. Nach dem Lyoner „Progrös" wäre in Lyon ein preußischer Spion entdeckt worden, der sich als Hauptmann ini Generalstabe ausgewiesen hätte und im Besitz von topographischen Instrumenten, Karten, Festungsplänen u. s. w. gewesen wäre. An maß gebender Stelle hat, wie man aus Berlin schreibt, diese Mittheilung nur belustigend wirken können, da an der Sache selbst kein wahres Wort ist. Kein Offizier des preußischen Generalstabes befindet sich zur Zeit auf Urlaub, weder in Lyon noch sonst irgendwo. Der Bädeker mit seinen Karlen wird den Franzosen wohl wieder einmal eine Nase ge dreht haben. Frankreich. In Nordafrika erhebt mit dem Herannahen der heißen, für die Franzosen so mörderischen Jahreszeit die nie ganz unterdrückte Jnsurrection wieder überall ihr Haupt. Im Süden Tunesiens wie Algeriens stehen die Dinge gleich schlecht. Die kleinen Banden von 10 Mann sind auf 100 bis 1000 Mann angewachsen. Plünderung scheint nicht ihr einziger Zweck, wenigstens zeigt die Pro- clamation, worin der Bey für abgesetzt erklärt und Ali den Khaifa zum Bey von Tunis ausgerufen wurde, daß unter den Aufständischen an der tripo- litanischen Grenze politische Gründe im Spiele sind. Von der Verminderung des französischen Expedi- tionsc.orps kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein. Die Regierung hat im Gegentheil ein algerisches Zuavenregiment nach Tunis geschickt, angeblich um ein dort stationirtes abzulösen. Doch von der Rückkehr des letzteren verlautet nichts. Na türlich sind die Familien, welche die Rückkehr ihrer Söhne erwarteten, höchst ungehalten, und Rochefort nützt die Unzufriedenheit zur Verurcheilung des Pro- tectorats und zur Verspottung der Reorganisation aus. Selbst das „Journ. des Döbats" muß zuge stehen, daß Tunesien erst durch die Occupalion unbewohnbar geworden. Montenegro. Eine Deputation Krivoschjaner, welche zu dem Fürsten von Montenegro um Ausnahme bittend kamen, wurden von dem Fürsten mit Strenge em pfangen. Derselbe warf der Deputation ihr Be tragen gegen Oesterreich vor und sagte, er könne ihnen die Gastfreundschaft nicht verweigern, werde aber streng Beaufsichtigung anordnen. Wiewohl die montenegrinische Regierung alle Nachrichten über eine Mobilisirung dementirt, wird aus Ragusa gemeldet, daß alle Montenegriner, welche an ärarischen Arbeiten in Cataro beschäftigt sind, Befehl erhalten haben, binnen 48 Stunden sich nach Montenegro zu begeben. Auch einer Meldung au-, Catiaro zufolge werden die Vorbereitungen Montenegros ernst. Man kauft große Quantitäten Kukurutz, requirirt Tragthiere, sendet Truppen an die Grenze. Von Cetlinje aus wird die Nachricht verbreitet, daß durch Bomben, welche bei Grahowo auf montenegrinisches Gebiet flogen, 6 Montenegri ner verwundet worden seien. Rußland. Der Vorbereitungen zum Moskauer Krönungsfesie sind in vollem Gange. Wie die „Nowosti" melden, hat das Ministerium des kaiserlichen Hauses in Hamburg acht Raffenhengste von weißer Farbe, ohne jede Zeichnung, für die Summe von 80,000 Rubel angekauft. Der „Kronstädter Bote" publizirt die gelegentlich der Festseier der Thronbesteigung von dem Militär gouverneur Kosakswitsch in Kronstadt gehaltene Rede, worin es heißt: Der gesunde Menschenver stand sagt uns, daß jedes starke Reich sich dann frei entwickeln kann, wenn es sich in Freundschaft mit seinen nächsten Nachbarn besinnet; ich will nicht untersuchen, weshalb sowohl in der inländischen als in der ausländischen Presse Kriegsrufe ertönten, aber zweifelsohne werden diese aber bald verschwin den, wenn das kriegerische Material dafür erschöpft ist und man sich anderen Fragen zuwendet. Zweifels ohne werden dann auch die heißblüthigen Naturen, welche sich vom militärischen Geist Hinreißen ließen, ruhiger und gleichgiltiger auf die Dinge sehen, von denen sie sich früher hinreißen ließen. Wir wün schen unserem theuren Rußland auf dem Wege friedlicher Entwickelung Fortschreiten auf dem Wege, welchen uns unser Kaiser vorgezeichnet. Rumänien. Das Königreich Rumänien hat bereits die Re organisation seines Heeres beendigt. Es besitzt ein stehendes Heer von 70,400 Mann mit 264 Feldgeschützen, welches durch Einziehung der beur laubten Reservisten um 100,000 Mann verstärkt wird. Hiervon sind 110,000 Mann mit 264 Ge schützen für oie Feldarmee bestimmt, 60,000 Mann bleiben als Besatzungs- und Ersatztruppen im In nern zurück. Diese Besatzungstruppen werden noch durch 40,000 Mann Miliz und 23,000 Mann (45 Bataillone) städtische Nationalgarden verstärkt. Atts dem Mttldenthale. *Waldenburg, 18. März. Nächsten Dienstag abends 8 Uhr wird der vom hiesigen Gewerbeverein engagirte Orientreisende und Schriftsteller Lange aus Dresden im Rathhaussaale einen Vortrag über „Orientalisches Volks-, Familien- und Frauenleben" halten. Herr Lange bereiste zu wissenschaftlichen Zwecken Aegypten, Syrien und Palästina, Klein asien, Armenien, sowie die Länder am Schwarzen Meere. Im Laufe des verflossenen Winters hat Herr Lange eine sehr rege Vortragsihäligkeit ent wickelt; er sprach in Deutjchlanv allein in 71 Städten und 79 Vereinen. Der Vorstand des hiesigen Ge werbevereins hat, wie uns mitgetheilt wird, den Redner nicht ohne Opfer für einen Abend gewonnen und deshalb beschlossen, ein Eintrittsgeld in Höhe von 20 Pfennigen von Vereinsmitgliedern und deren Angehörigen, sowie 50 Pfennigen von Nichtmitgliedern (Damen und Herren) zu erheben. Dem Verein wünschen wir in Anbetracht seiner anerkannt ge meinnützigen Wirksamkeit und in Anbetracht der erheblichen Unkosten eine rege Theilnahme von allen Seiten. *— Die kgl. Ersatzcommission wird im Anschlusse an das diesjährige Musterungsgeschäst zur Entschei dung über etwaige Anträge von Reserve- undLand- wehrmannschaften, sowie von Ersatzreservisten I. Classe aus Zurückstellung wegen häuslicher und ge werblicher Verhältnisse im Aushebungsbezirk Meerane den 22. April vormittags 10 Uhr im Schießhause zu Meerane Sitzung hatten. Diesfallsige Gesuche sind beim Sladlrathe, beziehentlich Bürgermeister oder Gemeindevorstande des Wohnorts anzubringen. — In Zwickau stürzte am Donnerstag ein 3jähri- ger Knabe in dis Mulde. Er war bereits im Wasser verschwunden und aufgegeben, als sich eine hinzugekommene Frau, Namens W., sofort in das Wasser stürzte und mit eigener Lebensgefahr das erstarrte Kind herausholte, welches dann wieder zum Leben gebracht ward. Die muthige, brave Frau hat bcreitS vor einen Jahren einem Mädchen auf dieselbe Art das Leben gerettet. Aus dem Sachsettiande. — Die gesetzliche Vorschrift, daß Fabrikbesitzer, Fabrikleiter, überhaupt alle Besitzer und Leiter von Gewerbeunternehmungen, auf welche tz 120 Abs. 3 der Gewerbeordnungsnovelle vom 17. Juli 1878 Anwendung leidet, verpflichtet sind, von jedem, bei dem Gewerbebetrieb vorgekommenen Ungtücksfall und zwar wenn eine Person dabei das Leben ver loren oder eine solche Beschädigung erlitten hat, daß sie länger als 72 Stunden an ihrer Arbeit behindert ist, Anzeige bei der Orts-Polizeibehörde und gleichzeitig auch bei der zuständigen Königl. Fabrik-Jnspeclion, im ersteren Falle sofort, im letz teren spätestens vier Tage nach Eintritt des Unfalles zu erstatten, und daß das Unterlassen dieser Anzeige mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder Haft bis zu 4 Wochen zu ahnden rst, scheint so wenig in den betreffenden Kreisen bekannt zu sein, daß wir in deren Interesse gern Veranlassung nehmen, darauf hinzuweifen. — Erledigt ist die Filialkirchschulstelle zu Schön feld bei Schmiedeberg. Koll.: ob. Schulbeh. Woh nung, Honorar für Fortbildungsunterr., 840 Mk. vom Schulamte und 333,57 Mk. vom Kirchendienste. Gesuche bis 5. April an Bezirksschulinsp. Mushacke in Dippoldiswalde. — Beim Betriebe auf den sächsischen Staats- bahnen wurden im Januar 1 Person gelödtet und 2 Personen verletzt. Betrübend groß ist da gegen die Zahl der Selbstmörder, die auf den Schienen den Tod suchten — 6 Personen. Von diesen wurden 5 sofort gelödtet und einer verletzt. — Beim Rath und Stadtverordneten-Collegium zu Leipzig haben die Sivil-Ingenieure Gerding und Birnbaum in Berlin, welche früher die Stellung als Ingenieure der Leipziger Pferdebahn bekleideten, das Project einer neuen Straßenbahn zwischen Leipzig und den nördlichen und südlichen Vorstadt orten mit Pferde- und Dampf-Betrieb zur Con- cessionirung eingereicht. Diese projectirte Straßen bahn soll hauptsächlich dem Güter-Verkehr dienen, und zwar dem Transport von Kohlen und Bau materialien, sowie von Kaufmannsgütern von und nach den Bahnhöfen, und erst in zweiter Linie der Personen-Beförderung. — Das neue Concerthaus in Leipzig soll bereits am 1. Oclober d. I. unter Dach uns Fach sein. Wird der innere Ausbau ähnlich schnell betrieben, so ist die Fertigstellung dieses Prachtbaues bis zur Saison 1883/84 zu erwarten. — Seit 13. d. ist in Plauen i. V. ein kauf männischer Agent, Vertreter mehrerer bedeutender Leipziger und Wiener Firmen ersten Ranges, nebst seiner Gattin spurlos verschwanden und zwar unter Umständen, welche eine Rückkehr des Ehepaares, welches auf sehr großem Faße lebte, nicht erwarten lassen. Man spricht von Unterschlagungen im Be trage von ca. 80,000 Mk. — In der Gemeinde Lilldenau b. Leipzig wird schon seit Jahrzehnten zur Errichtung einer neuen Kirche gesammelt und das jetzige Kapital besteht nach Inhalt eines vom dortigen Pastor, Herrn I)r. Aug. Schütz, erlassenen Aufruf in ungefäbr 74,000 Mark. Es fehlt sonach nicht mehr allzuviel, um den lange gehegten Wunsch der Lindenauer ins Leben übergehen zu sehen. — Der Ankauf der Chemnitz-Würschnitzcr Eisen bahn ist nun vollzogen, und bereits von Anfang dises Jahres an geht der Betrieb auf Rechnung des Staates. Der Staat gewährt der Gesellschaft 2,400,000 Mk. in dreiprozentiger Rente, wovon die Prioritäten in Höhe von 335,100 Mk. einzulösen sind. Für die Kosten der Liquidation der Gesellschaft werden 20,000 Mk. gewährt. — Das in der Volksküche in Pirna bedienstete Hausmädchen Anders aus Waltersdorf bei Liebstadt hat heimlich geboren und das Kind sodann durch Werfen in die Abiriltsschlolle beseitigt. Die un natürliche Mutter machte sich sofort selbst verdächtig und erfolgte hierauf, nachdem sie die That emge- standen, die Ueberführung nach dem dortigen Amis- gerichtsgefängniß. Der Leichnam des armen kleinen Wesens hatte auch Stichwunden auszuweisen. — Ein wegen Diebstahls steckbrieflich verfolgter, i bereits mit Zuchthausstrafen belegr gewesener Mensch ! ist dieser Tage in Meißen ermittelt worden. Auf Grund fremder Legitimations-Papiere hatte sich der selbe bereits mehrere Jahre dort aufgehalien und daselbst auch geheiratbet. — Die auf dem sogenannten Hutberge bei Nicdcr-Odcrwitz befindlich gewesene uralie Elche ist kürzlich durch böswilliges Anlegen von Feuer ver nichtet worden. Die Thäter sind bis jetzt noch nicht ermittelt. — Mit weithin vernehmbarer Detonation explo- dirte am 16. d. Mittag das Trockenhaus der sächsi schen Pulverfabriken zu Oehna. Menschenleben sind bei der Katastrophe glücklicherweise nicht gefähr det worden. — Der Oberst und Regiments Commandeur von Kirchbach in Großenhain erließ folgende Bekannt machung: „Nachdem am vergangenen Freitag eine Rotte von Arbeitern mit Husaren hiesiger Gannion auf offener Straße ohne jede Veranlassung Streit begonnen hat und bei der hieraus entstandenen Schlägerei mehrere der Letzteren durch Stöcke und Messer, zum Theil nicht unerheblich, verwundet worden sind, habe ich befohlen, daß fortan von ein brechender Dunkelheit an alle Mannschaften nur mit Seitengewehr bewaffnet ausgehen. Ich mache dies mit dem Bemerken bekannt, daß die Mann schaften angewiesen sind, zur Abwehr derartiger sich etwa wiederholender Angriffe von ihrer Waffe Ge brauch zu machen." — Die in Zeulenroda seit vielen Jahrzehnten betriebene Strumpswiikerei hat im vergangenen Jahre nur eine kurze Zeit gestockt, ist aber sonst sehr flott gegangen, so daß die Anfertigung der Waare durch den Handstuhl fast ga,.z verdrängt ist. Es sind jetzt mechanische Wirkstühle im Gange, die eine viel größere Mannichfaltigkeit in den Mu stern ermöglichen. Eine Firma beschäftigt allein ' 500 solcher Stühle, während mehrere kleinere Fa brikanten etwa 100 solcher gehen haben. Früher wurden dort meist weiße Strümpfe gefertigt, sitzt aber sind bunte Strümpfe das Haupisabrikat des dortigen Platzes und alljährlich gehen große Massen derselben über den Ocean. Außer den mechanischen und den mit der Hand betriebenen Strumpswirk- stühlen sind auch noch viele Strickmaschinen (über 100) dort im Gange, die besonders dem weiblichen