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die Kaiserin mit dem Kaiser und dem ganzen Hofe sich nach Moskau begeben, damit das zu erwartende Kind dort geboren werde und damit der Kaiserin nach der Entbindung die Reise zur Krönung erspart bleibe, die wahrscheinlich nach der Mitte August in Moskau stattfinden wird. Man glaubt, die Feier lichkeit werde am 22. Aug. a. St. stattfinden. Es ist bereits Befehl zum Marsch starker Truppenmassen nach Moskau für die Zeit der Krönung gegeben worden. Wie der „Herold" aus Kiew meldet, wurde da selbst die Verfügung getroffen, daß die Juden ihre Wohnsitze im GeschäftSbezirk Podol aufzugeben und sich jenseits des Kanals in die Vorstadt zurückzu ziehen hätten. Ferner dürfen jüdische Dienstboten, wenn sie nicht in Kiew zu wohnen berechtigt sind, nicht länger bei ihrer Herrschaft und in der Stadt bleiben; die jüdische Bevölkerung ist verpflichtet, ihre christlichen Dienstboten zu entlassen. Atts dem Sachseulmrds. — Wie aus Mentone nach Dresden berichtet wird, hat sich Se. Maj. der König am 27. d. zum Besuche Ihrer kgl. Hoh. der Frau Herzogin von Genua nach Turin begeben und wird Freitag nach Mentone zurückkehren. — In Gemäßheit der von der Regierung den Ständen gegebenen Zusage werden die Staatszula- gen an geistliche Stellen, welcher seil 1878 in Höhe von 240 Mk. (bei einem Einkommen unter 2400 Mk.) und von 150 Mk. (bei einem Einkommen unter 3000 Mk.) bewilligt wurden, fortan nur als per sönliche Zulagen für die derzeitigen Inhaber sort- gewährt und im Falle der Erledigung der Stelle zurückgezogen. Nur im Falle wirklichen Bedürfnisses, wenn Gemeinden oder Stiftungen ohne Schädigung eines kirchlichen Interesses aus eigenen Mitteln das angemessen befundene Einkommen nicht auszubringen vermögen, werden an Stellen mit einem Einkommen von 1800—3000 Mk. Staatszulagen auch ferner, aber nur als persönliche Zulagen für den Inhaber oder mit Vorbehalt des Widerrufs, bewilligt werden. Die Zulagen an Minimalstellen fallen oder steigen je nach Bedürfniß, so daß das Einkommen mindestens 1800 Mk. betragen muß. Die Verwilligung von Staatszulagen wird den Kirchenvorständen in jedem Falle bekannt gegeben. — Erledigt, bezw. zu besetzen sind nachstehende Lehrerstellen: Kirchschulst, zu Pödelwitz bei Kieritzsch. Koll.: ob. Schulbeh. Wohnung, 840 M. vom Schul dienste, 434 M. 65 Pf. vom Kirchendienste, 72 M. Honorar für Fortbildungsunterr. Gesuche bis 8. April an Bezirksschulinfp. Dachselt in Borna. — Hilfslehrerst. an der katholischen Schule zu Dresden- Neustadt. 1050 M. einschl. 240 M. Wohnungs- entschäd. Gesuche bis 8. April an den katholischen Schulvorstand, Vorsitzender Generalauditeur Grim mer das.; — 5. ständ. Lehrerst. in Strehla. Koll.: Minist. d. Cult. 1200 M., Wohnung. Gesuche bis 18. April an Bezirksschulinfp. vr. Winkler in Oschatz; — ständige Lehrerst. an der Bürgerschule zu Reichenbach i. V. 1275 M., incl. 240 M. Wohnungsenlschäd. Gesuche bis 8. April an den Stadtrath zu Reichenbach i V. — Am letzten Sonnabend fand die Translocation der weiblichen Correctionäre, 72 an der Zahl, von Grünhain nach Waldheim statt. Seit dem 15. De- cember 1874, an welchem Tage die Weibercorrec- tionsanstalt von Huberlusburg nach Grünhain verlegt wurde, Hal dieselbe in den Räumen des ehemaligen königlichen Gerichtsamts Grünhain sich befunden. Die Aufgabe der Anstalt, sittlich und moralisch gesunkene Frauen und erwachsene Mäd chen an Zucht und Sitte, Arbeit, Ordnung, Fleiß und Gehorsam zu gewöhnen und dieselben nach Verlauf einer angemessenen Detentionszeit in ge ordnete Lebens- und Berufsverhältnisse als brauch bare Arbeiterinnen wieder zurückzusühren, ist insoweit befriedigend gelöst worden, als eine nennenswerthe Anzahl der Entlassenen, ein Dritttheil der Gesammt- heit, nicht rückfällig geworden ist, sondern in land- wirthschaftlichen und anderen häuslichen Diensten sich bewährt und Len Lebensunterhalt auf recht schaffene Weise erwirbt. — Die Bestimmung des § 221 des Strafgesetz buchs, wonach die Aussetzung einer wegen Krankheit hilflosen Person mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft wird, findet nach einem Urtheil des Reichsgerichts vom 9. Januar 1882 auch auf die Aussetzung von durch Trunkenheit hilflosen Per nen Anwendung. — Auf den sächsischen Staatsbahnen wurden im Februar 1,171,982 Personen und 866,059 Tonnen Güter befördert, das sind 55,079 Personen und 18,639 Tonnen Güter mehr als im Februar vori gen Jahres. Die Einnahmen aus dem Personen verkehr betrugen 967,679 Mk. (53,363 Mk. mehr) und aus dem Güterverkehr 3,748,081 Mk. (2148 Mk. weniger), zusammen also 5,008,480 Mk. — Ein« kostbare, ein ziemlich bedeutendes Ver mögen repräsentirende Schenkung erhielt vor weni gen Tagen die russische Kirche in Dresden durch ihren ehemaligen, jetzt in Petersburg lebenden Er bauer, Se. Exc. den wirklichen StaatSrath v. Wikulin. Derselbe übersandte ein circa 40 ein langes und in verhältnißmäßigen Dimensionen breites und star kes goldenes Kreuz mit dem Heilande, sowie einen schwer goldenen Kelch mit Löffel. Sämmtliche Gegenstände sind aus getriebenem Golde, reich mit Ornamenten geschmückt und blau emailirl, ringsum aber mit zahlreichen Edelsteinen besetzt. Die Kunst werke wurden in einer Petersburger Werkstatt an gefertigt und am vorigen Sonntage nach beendigtem Gottesdienste durch den Erzpriester Rosanoff geweiht. — Die Peterskirchengemeinde zu Leipzig wird die Mittel zu dem bereits begonnenen und schon mehrfach erwähnten Neubaue der Peterskirche, der im Ganzen mit 900,000 Mark veranschlagt ist, zum kleineren Theile aus ihrem Kirchenvermögen, zum größeren Theile aus einer Anleihe beschaffen, die in Höhe von 670,000 Mark die „Communalbank für das Königreich Sachsen" gewährt. — Aus der Leipziger Gegend schreibt man, daß dort noch ein überaus starkes Angebot von großen Quantitäten Kartoffeln und zwar zu ganz besonders billigen Engroßpreisen, zu constatiren ist. Es spricht dies dafür, daß man namentlich auf den größeren Gütern noch bedeutende Quantitäten Kartoffeln be sitzt, weil sich für die reichliche Ernte im Herbst nicht die Aufkäufer einstellten, oder doch nur unbedeutende Käufe abschlossen, beziehentlich auch der Bedarf vieler Brennereien gegen andere Jahre zurückgestan den zu haben scheint. Fast eine jede Gutswirth- schaft mit stärkerem Kartoffelbau hat von dieser Frucht so viel, daß sie um jeden Preis zu verkaufen sucht, während viele Landwirthe, welche sonst erst im Frühjahr ihre überzählige Karloffel fruch! zu verkaufen pflegten, bei den billigen Preisen es vorziehen, die noch vorräthigen Kartoffeln als Futtermittel zu verwerthen. Uebrigens mag der milde Winter und das zeitige Frühjahr ebenfalls nachtheilig für die Consumtion, resp. den Preis der Kartoffelfrucht gewirkt haben. — Auch die Stadt -Plauen i. V. soll eine Fern- sprecheinrichlung erhalten. Ein höherer Postbeamter weilte jetzt bereits dort, um die bezüglichen Erkun digungen über Theilnahme rc. einzuziehen. — Zum Bürgermeister von Zwönitz wurde der bisherige Polizeiregistrator Adam von Chemnitz er wählt. Gegen 50 Personen hatten sich um die Stellung beworben. — Auf der Tagesordnung der am 27. April staitfindenden Generalversammlung der sächsischen Schieferbruch-Compagnie zu Lößnitz steht u. a. der Antrag des Verwattungsralhes: Beschlußfassung über Auflösung der Gesellschaft. Der Verwaltungs- rath soll diesen Antrag damit begründen, daß die beiden letzten Geschäftsjahre eine Unlerbilanz im Betriebe ergeben haben und dem wissenschaftlichen Gutachten zufolge die Ablagerungsverhältnisse des Schieferwerkes nur ungünstige Aussichten für die Schiefergewinnung eröffnen. — Der aus Frankenberg entwichene ehemalige Stadtverordnetenvorsteher Berthold soll gegenwärtig in Philadelphia weilen. Der erste Besuch Berthold's, der bekanntlich an der Spitze der Fortschrittler in Frankenberg stand, galt dem ausgewiesenen Social demokraten Fritzsche, welcher in Philadelphia eine Restauration übernommen hat. — Am 23. d. früh fuhr der Schwiegersohn des Gutsbesitzers Berthold in Pleisa bei Limbach, na mens Landgraf, einen mit Kalk beladenen Wagen, als aus irgend welchem Umstande die Pferde scheu wurden. Der Unglückliche kam dabei zum Fallen und gingen ihm die Räder über die Brust und Füße, so daß er schwer verletzt danieder liegt. — In der Nähe von Acten bei Belgern fand vor wenigen Tagen der Schiffer Haumann am Elbufer im Kies ein ^/4 Pfd. schweres Stück Bern stein, in welchem man eine Spinne und mehere Fliegen erblickte. — Vergangenen 18. März ist am Elbufer zu Neuhirfchstein ein unbekannter weiblicher Leichnam angeschwommen, ortsbehördlich ausgenommen und auf den Gottesacker in Boritz beerdigt worden. Der Leichnam, mit dunkelbraunem Haar, konnte bis Ende der 20er Jahre alt sein, war bekleidet mit schwarzblauem Paletot, schwarzem Kleid, Wäsche und Tafchentusch M. L. gezeichnet, auf der rechten Hand 3 Ringe (L. 8. den 19. Mai 1873, N. L. den 19. Mai 1873, L. 8. den 25. Decbr. 1873), die nebst einer Brosche und Stückchen aus der Kleidung bei der Neuhirschsteiner Ortsbehörde aufbe wahrt sind. — Die 26 Jahre alte ledige Wirthschafterin auf dem Ritterguts Hartmannsgrün Albina Ida Höni- gen aus Penzig bei Görlitz, welche erst vor unge fähr 2 Jahren nach Verbüßung einer ihr wegen Kindestödtung auferlegten Gefängnißstrafe entlassen worden war, scheint abermals ein ähnliches Ver brechen begangen zu haben. Nachdem dieselbe am 18. d. ein Töchterchen geboren, dies aber verheim licht hatte, ist von Herrn Gendarm Leonhardt in Oelsnitz am 22. d. der Kindesleichnam in dem Koffer der Hönigen aufgefunden und Letztere darauf fofort an das König!. Amtsgericht in Oelsnitz ein geliefert worden. Bei der anderen Tags erfolgten Section des Kindes soll sich herausgestellt haben, daß dasselbe bei der Geburt gelebt hat. — Die Geschäftsthätigkeit in dem Hauptfabrika- tionszweig Gera's, die Kammwollwaaren-Fabrikation, steht in höchster Blüthe. Trotzdem jahraus jahrein die einzelnen Etablissements ihre Webereien zum Theil um das Dreifache vergrößert haben, vermögen dieselben die eingehenden Aufträge ungeachtet der vermehrten Arbeitszeit nicht zu bewältigen, so daß größere Bestellungen zurückgewiesen werden müssen. Die größeren Färbereien haben Nachtschichten ein richten müssen, da ihnen die Sonntagsarbeit trotz des Einverständnisses sämmtlicher Arbeiter behörd licherseits nicht genehmigt wurde. Vermischtes. Ein interessantes Blatt aus alter Zeit hat, — wie die „D. W. Ztg." mittheilt, — die Aufmerk samkeit eines Sammlers dieser Tage vor dem Schick sale der Vernichtung bewahrt. Es ist betitelt: „Einnahme und Ausgabe an Wein bei der Hof kellerei des Prinzen Wilhelm, Königliche Hoheit, im Monat August 1817." Der Prinz ist unser jetziger Kaiser, damals Oberst und Commandeur des 1. Garderegiments zu Fuß. Sein Weinkeller hatte folgenden Bestand: 13 Flaschen Johannisberger, 10 Hochheimer, 3 alter Rheinwein, 4 Rüdesheimer, 5 Markobrunner, 45 ord. Rheinwein, 244 Medoc, 69 Champagner, 38 Margaux, 64 Lafilte, 11 Ma laga, 11 alt. Ungar, 5 Madeira, 2 Rum, 3 Liqueur, 14 Nieder-Ungar, 46 Hochheimer Domdechant 1806, 42 do. 1811, 45 Markobrunner 1811 und 44 Schloß Johannisberger 1811. Interessanter noch als diese Liste ist der Verbrauch des Prinzen: Ende des Monats fehlen nur 33 Flaschen ordinärer Rhein wein, 12 Medoc und 1 Margaux und Lafilte. Da von gehen noch 6 Flaschen auf Bruch und Auf füllung ab. Das Ausgabcverzeichniß weist nach, daß der Herr Oberst jeden Tag nur eine Flasche ordinären Rheinwein verbrauchte. Nur an zwei Tagen traten je eine Flasche Margaux und Lafilte an dessen Stelle. Der Geburtstag des Prinzen endlich 22. Mürz, weist einen Exiraoerbrauch von zehn Flaschen Medoc auf. Als der Leibarzt des Kaisers, Or. v. Lauer, ihm das alle Blatt Maku latur jüngst vorlegte, lachte der Hohe Herr herzlich, als er seine Bedeutung enlräthselt halte, und be sichtigte es mit Interesse als ein Zeichen aus längst vergangenen Tagen, dessen sich der deutsche Kaiser nicht zu schämen braucht. Uebcr einen curiosen Prozeß, bei dem man an eine Art Monomanie glauben muß, wird aus Pots dam berichlel: Als Angeklagte figurirt darin die Frau des Landesgerichis-Präsidenten Zaucke in Konitz. Die Zeugen gehören den besten Gesellschaftskreisen an, namentlich bemerkt man auch viele Stabsoffiziere. Frau Zaucke wird beschuldigt, in den Jahren 1874 bis 1881 in zahllosen anonymen Briesen Personen aus ihrem Bekanntenkreise beleidigt und verleumdet und dadurch in vielen Familien Zwietracht gesäet zu haben. Thatsache ist, daß von 1874 bis 1879, wäyrend der Gatte der Angeschuldigten Ralh beim Landgericht zu Glogau war, die ersten Gesellschafts kreise dieser Sladt von derartigen Briefen vollständig überschwemmt wurden, daß später, als die Zaucke'sche Familie nach Prenzlau übersiedelte, der Unfug dort begann, während er in Glogau aushörte. Die Mehr zahl der Briefe haben die Tendenz, die Tochter der Angeklagten unter die Haube zu bringen. Als Fräulein Zaucke erst vierzehn Jahre alt war, soll ihre Mutter schon Alles aufgeboten haben, um ihr einen Bräutigam zu verschaffen. Einladungen er gingen an Offiziere, Beamte und sonstige distinguirte junge Leute, und vielleicht wäre längst ein Erfolg erzielt, wenn die sonderbare Frau nicht durch ihre Schreibwuth jede Annäherung in der Absicht, sie zu fördern, verhindert hätte. Sobald nämlich einer der Ehecandidaten ein wärmeres Interesse für Fräu lein Zaucke an den Tag legte, wurde er von einer Fluch anonymer Briefe verfolgt, in welchen er zu raschem Entschluß aufgefordert wurde, weil die Dame sonst einen anderen ihr gemachten Antrag accepliren würden. Diese Briefe verfehlten nament lich deshalb ihren Zweck durchweg, weil sie vo» Anschuldigungen gegen dritte Personen, namentlich