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schrittspartei dafür stimmen werde. Was von den Maigesetzen endgültig aufzugeben sei, das werde die Fonschrittspartei näher formuliren. Vorarbeiten hier über sind innerhalb der Fraction im Gange. Die Fortschrittspartei will die deutsche Gesetzgebung un abhängig von Rom behandelt wissen, und darum wird sie die Geldmittel für einen Gesandten beim päpstlichen Stuhl verweigern. WieZ die „N. Wests. Ztg." aus Bielefeld be richtet, haben im Siegenschen auf dortigen Gruben Entlassungen von Arbeitern stattgefunden, welche bei der Reichstagswahl für den Hofprediger Stöcker gestimmt hatten. Solche Vorgänge können nur zur Verschärfung der bestehenden Parteiverhält nisse führen, sie sind entschieden zu missbilligen. In dem Beleidigungsproceß Förster-Jungfer gegen Kantorowicz hat die Strafkammer des Land gerichts Berlin das auf vierwöchiges Gefängniß lau tende erstinstanzliche Erkennlniß abgeändert und Kantorowicz von der wissentlichen Beleidigung Förster's freigesprochen, verurtheilte ihn aber wegen zhätlicherBeleidigungJungfer's zu 100 Mk. Geldbuße. Oesterreich. Am 23. d. beginn! in Prag ein Monstre-Socia- listen-Proceß, der eine ganze Woche dauern wird. 31 Socialisten erscheinen wegen Hochverrath, Ver breitung von aufrührerischen Schriften rc. auf der Anklagebank. Die österreich-ungarische Regierung, welche be kanntlich mit dem Plane umgeht, in Bosnien und der Herzegowina die allgemeine Wehrpflicht einzuführen, wird all ihre Energie dabei nöthig haben. Der „Pester rüoyd" erhält alarmirende Nachrichten aus jenen Gegenden; namentlich in der südlichen Herzegowina, wo sehr viel Gährungsstoff aufgehäuft liege, habe man sich auf unruhige Vor gänge gefaßt zu machen. Aber dieselben könnten unschädlich gemacht werden, wenn man gleich den ersten Versuch der Unbotmäßigkeit mit rücksichtsloser Energie zu Boden schlage. .Mir haben ohnehin schon genug — „Achillesfersen" — ruft der „Lloyd" — wir vertragen keine neuen mehr. England. In dem Londoner Marine-Arsenalen und Docks herrscht, wie aus authentischer Quelle mitge- theilt wird, eine äußerst rege Thätigkeit nach allen Richtungen. Besonders die Vollendung aller unfertigen Panzerschiffe wird beschleunigt. Die ägyptische Affaire beunruhigt sehr die englische Re gierung. Eine Versammlung von 4000 irischen Grund besitzern unter dem Vorsitze Abercorn's hat mehrere Beschlüsse angenommen, worin die Entscheidung der agrarischen Hilfscommissare getadelt werden und Slaatsentschädigung verlangt wird, falls die Haupt commission deren Entscheidungen bestätige, und nahm schließlich eine Pelition an die Königin im Sinne dieser Beschlüsse an. Nunmehr ist es unzweifelhaft, dass Frankreich und England beschlossen, gemeinsame Instructionen an ihre Consuln in Kairo und eine identische Note an den Khedive zu richten, um dadurch alle Ver suche einer erneuten Erneute oder einer Einschüchte rung aus Konstanlinopel, oder gar die Einmischung anderer Mächte zu verhindern und um des Khedive Autorität zu stützen. Nöthigenfalls sollten englische und französische Truppen, ungefähr 8000 Mann, aus Indien und aus der französischen Marine jede neue Pronunciamento-Jdee zu vereiteln suchen. Ruhland. Aus Moskau schreibt man: es gebe sich unter der Land-Bevölkerung des russischen Reicheseine Erregung kund, welche zu recht ernsten Befürch tungen Anlaß biete. Was man befürchte, seien Bauernaufstände, die sich zu einem blutigen Drama gestalten müßten; als die Provinzen, für die man vorzugsweise fürchtet, würden Podolien undVolhynien bezeichnet. Die nihilistische Agitation sei vom Bauer nach seiner Weise begriffen; als den Feind, auf den er alle Angriffe der socialistischen Revolutionäre anwendet, habe er in erster Linie die Gutsherren vor Augen, und diese fühlen sich in erster Linie bedroht. Das Jahr 1880/81 hatte ein schlechtes Ernteergebniß, und schon im Herbste 1880 Hörle man vielfach den Ausspruch, wenn der Minister, damals Loris-Melikoff, das Reich glücklich durch das Jahr führe, werde er ein großes Kunststück ausgeführt haben. Als die diesjährige Ernte eingethan wurde, veröffentlichte die Regierung sehr glänzend gefärbte Berichte. Die Ernte-Ergebnisse entsprachen aber den ersten Schätzungen keineswegs; auch der Export betrage bis jetzt kaum den dritten Theil dessen, was man vorausgesetzt hatte. Diese Umstände, welche die Lage der Landbevölkerung stark und ungünstig beeinflussen, zusammen mit den nicht eingelösten Versprechungen auf Herabsetzung der agrarischen Zahlungen und den Hetzereien der Nihilisten hätten die gegenwärtige Sachlage vorbereitet. In hohen Verwaltungskreisen ist die Frage an geregt worden, von dem ins Ausland auszuführen den Getreide einen halben Kopeken Steuer per Pud zu erheben. In Warschau herrscht allgemeine Geschäfts stockung. Viele Geschäftshäuser haben ihre Zah lungen eingestellt. Es werden zahlreiche Bankerotte befürchtet. Die Börse und die Theater sind ge schlossen. Der durch die Excesse verursachte Scha den beläuft sich auf circa 2 Millionen Rubel. Ersatzleistungen und die strafgerichtliche Unter suchung sollen Anfangs Januar erfolgen. Amerika. Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im vergangenen Monat December um 12,790,000 Dollars abgenommen. Im Staatsschätze befan den sich ult. December 253,380,000 Dolars. Atts dem Mrtldenthale. *Waldcnburg, 5. Januar. Man merkt bereits wieder die Zunahme der Tage; dieselbe beträgt bis jetzt 14 Minuten. Dagegen will das Winterwetter sich noch immer nicht einstellen, bei trübem Himmel steht das Thermometer über Null. Allerdings ver künden die neusten Witterungsberichte für die näch sten Tage stärkere Abkühlung. *— Im benachbarten Kertzsch wurden im ver gangenen Jahie vom 1. April bis 31. December nicht weniger als 1871 Marken an ansprechende Durchreisende verabreicht. — In der am 4. d. vor der II. Strafkammer des König!. Landgerichts zu Zwickau stattgefundenen Houptverhandlung wider dem Agent Emil Julius Schlegel in Crimmitschau wurde letzterer wegen Unterschlagung zu einem Jahre vier Monaten Ge fängniß und drei Jahren Ehrenverlust verurtheilt; dagegen wurde derselbe von der Anklage wegen einer zweiten Unterschlagung sreigesprochen. — Unter den sächsischen Bergleuten herrscht in folge der Landtagsdebatten über das Knappschafts wesen große Bewegung. Die seitens des Herrn Ministers v. Nostitz-W »llwitz in Aussicht gestellten Reformen Haden große Erwartungen erregt und die Socialdemokratie scheint die Bewegung organisirt in die Hand nehmen zu wollen. Im Zwickauer Koh lenbezirke sammelt eine Bergarbeiter-Commission Material, das bis zum hohen Neujahr als Vorschläge zur Abänderung des jetzigen Berggesetzes dem Herrn Minister überreicht werden soll. Die Bergleute ver langen Piüfung dieser Vorschläge durch eine Art Bergarbeitertag, der unter Vorsitz eines Negierungs- commissars zusammsntreten soll. Zur Abhilfe der fühlbarsten Uebelstünde im Knappschaflskasienwesen solle ein provisorisches Gesetz noch auf diesem Land tage vereinbart werden, während durch den Berg- arbeiler-Congreß das Material für ein definitives Berggesetz bis zum 1. Juli 1883 vorbereitet werden soll, das dann den nächsten Landtag beschäftigen würde. Atts vem Lachselllande. — Landtag. Die erste Kammer nahm gestern den Gesetzentwurf über Entmündigung und Bevor mundung Geisteskranker, Gebrechlicher und Ver schwender in Schlußberathung (Ref. v. Criegern) an. — Der 2. Kammer hat die Finanzdepulation ihren Bericht über den Etat der Ueberschüsse zugehen lassen. Zu diesem gehören auch die Postu lats betreffs der „Leigziger Zeitung" und des „Dresdner Journals", welche bekanntlich bei ihrer allgemeinen Vorberathung in der 2. Kammer einigen Herren Abgeordneten zu lebhaften Bemerkungen und zu dem Wunsche eine Verschmelzung beider Zeitun gen zu einem einzigen Ncgierungsorgan Anlaß ge geben haben. Die Finanz-Deputation hat nun im Beisein des Königlichen Regierungs-Commissars im Allgemeinen dahin ihrem Wunsche Ausdruck gegeben, das zunächst das „Dresdner Journal" billiger wer den möge, daß die bisherigen Leistungen desselben dem vorhandenenRedactionspersonalnichl entsprechen, auch vermisse man die frühere Raschheit des Abdrucks der Landtags-Miltheilungen. Wenn in gegenwär tiger Zeit selbst große politische Blätter es für nothwendig halten, auch für die Unterhaltung aus den Gebieten der Kunst und Wissenschaft, des Ge meinnützigen und des „Vermischten" zu sorgen, so sei hiervon im Fenilleton des „Dresdner Journal" nur äußerst wenig zu finden. Die Abonnentenzahl - des „Dresdner Journals" ist seit dem Jahre 1871 von 3090 andauernd und von Jahr zu Jahr herab gesunken und zwar 1880 bis auf 2160. Nachdem auf diese und verschiedene Mängel hingewiesen war, wodurch das Zurückgehen der Abonnentenzahl moti- virt wurde, erklärte der Herr Regierungscommiffar, daß die Schwierigkeiten der Redaction eines Regierungsblattes vielfach unterschätzt würden. Hier sei eine viel genauere und auf hältliche Prüfung der eingehenden Notizen nöthig, welche auch das spätere Erscheinen einzelner solcher Notizen erklärte. Das spätere Erscheinen der Land- tagsmittheilungen hänge davon ab, daß die vor handenen Mittel keine Nachtarbeit gestatten. Eine Ersparniß an Arbeitskräften sei zur Zeit nicht zu ermöglichen, so lange das Blatt so wenig eigene Correspondenz habe, wie jetzt. Auf Wunsch eines Deputationsmitgliedes, verschiedene Gehalte nur transistorisch einzustellen, bemerkte der Herr Regie- rungscommissar, daß mit Ausnahme des Oberredac teurs und des Jnspectors das gesammte Personal auf Kündigung stehe. Nachdem des Weiteren die Staatsregierung zusagte, die Frage in Erwägung zu ziehen, ob es nicht sachgemäßer sei, die sämmtlichen an Gehalten etatisirten Ausgaben excl. der Gehalte für den Oberredacteur und Inspektor unter die anderen persönlichen Ausgaben zu erweisen und außerdem die Gehalte für den zweiten Redacteur und den Redacteur des Feuilletons nur transistorisch einzustellen, begnügte sich die Majorität der Deputa, tion mit der transistorischen Einstellung der Gehalte für beide lctzlgedachten Redacteure. Zum Schluß beantragte die Minorität der Deputation, die König liche Staatsregierung zu ersuchen, vom 1. Januar 1884 au die „Leipziger Zeitung" und das „Dresdner J-urnal" zu einer auf Rechnung des Staates er scheinenden Zeitung zu vereinigen. — Die auf Grund der von der Reichsregierung in Veranlassung des Unfallversicherungsgesetzes her beigeführten armenstatistischen Erhebungen sind im Königreiche Sachsen gleichzeitig zu einer eigenen Landesstatistik verwerthet worden und ergeben fol gende Hauptresultate: Es wurden im Jahre 1880 im Königreiche Sachsen aus Gemeindemitteln 83,031 Personen unterstützt. Diese vertheilen sich der Ur sachen der Unterstützungsbedüftigkeit nach auf Unfall 2119 Personen, auf Arbeitsunfähigkeit 20,478 Per sonen, auf Gebrechen 6640 Personen und auf an dere Ursachen 53,794 Personen (darunter 20,939 Kinder). Wird die Gesammtzahl der Unterstützten auf die Stadt- unv Landgemeinden vertheilt, so re- sultiren auf die Stadtgemeinden 61 Procent und auf die Landgemeinden 39 Procent. Von den 83,031 Unterstützten wurden 57,215 dauernd und 25,816 vorübergehend unterstützt. Der den Stadl gemeinden hierdurch erwachsene Aufwand beziffert sich auf 382,770,93 Mk, der der Landgemeinden auf 200,216,39 Mk. — Am 6. Januar, als dem Fest Epiphanias, wird in allen Kirchen des Landes eine Collecte zum Besten des sächsischen Hauptmissionsvereins in Dresden gesammelt werden. Die Mission, welche für die gesammte evangelisch-lutherische Kirche der Welt von Leipzig aus in Vorder- und Hinterindien getrieben wird (nur aus Herrmannsburg werden noch Missionare ausgesandt), bedarf dringend der Unterstützung zur weiteren Ausdehnung der Arbeit. Augenblicklich hat sie in Thätigkeit 22 europäische Sendboten, 9 eingeborene Landprediger, 58 Kateche ten, 173 Lehrer, welche in 127 Schulen 2438 Kinder unterrichten. Die Gesammtzahl der evange lisch-lutherischen Christen in Indien beträgt 12,058 Seelen, davon 544 im Jahre 1880 aus dem Hei denthum getauft. Wenn Jemand sagt, das sei nicht viel Erfolg nach vierzigjähriger Arbeit, den verweisen wir auf das Zeugniß des bekannten Na turforschers Darwin. Dieser sogt: Wer so urtheilt, dem wünsche ich im Fall eines Schiffsbruchs in mitten der Südseeinseln, daß er an die Küste einer Insel gerettet werde, auf welcher Missionare gewirkt haben, denn dann wird er voll Dank werden für den greifbaren Erfolg der Missionsarbeit. — Das laufende Jahr 1882 rst reich an ver schiedenen bedeutungsvollen Gedenktagen. So sind es 400 Jahre her, seitdem die erste Meißner Lan desordnung erlassen wurde und das Voiglland recht lich in den Besitz des Hauses Weltin kam (2. Mai). Fünfzig Jahre sind sodann vergangen, seitdem in Sachsen die Städteordnung (2. Februar), die erste Wahlordnung für den Bürger- und Bauernstand (20. Februar) und für die Rittergutsbesitzer (5. No vember), das Gesetz über die Ablösbarkeit aller Frohnden (17. März) und über die Aufhebung der Erbunterthänigkeit in der Oberlausitz (1. April) erschienen. — Bei dem Herannahen der Faschingzeit machen wir auf die nachstehenden, die Abhaltung von Mas kenbällen betreffenden gesetzlichen Bestimmungen aufmerksam: Zu öffentlichen Maskenbällen, ebenso wie zu den von geschlossenen Gesellschaften veran stalteten Maskenbällen bedarf es in jedem einzelnen Falle besonderer, in Städten mit revidirter Städte ordnung von der betreffenden Ortspolizeibehörde, in allen anderen Ortschaften von der Amtshauptmann schaft zu ertheilenden Erlaubniß. Diese Erlaubniß ist mindestens 2 Tage vor dem Beginne des Mas-