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das Fort St. Michael, auf einem Hügel 385 ra über dem Meere, auf Flintenschußweite von der Stadt, an derselben Stelle, von wo aus 1870 die preußischen Batterien die Stadt beschossen. Durch das Fort zu Villey le Sec ist der Platz von Toul mit dem Vertheidigungssystem der oberen Mosel verbunden und mit den beiden gewaltigen Festungen, die man jetzt zu Frouard auf der Kreuzung der Eisenbahnlinie von Straßburg nach Metz und zu Pont St. Vincent am Zusammenfluß der Meurthe und Mosel baut. Für das Maaßthal ist Verdun, was Toul sür das Moselthal ist. Es wird von 12 vorgeschobenen Forts vertheidigt, von denen acht nach Osten gegen die Grenze und vier nach Westen liegen. Um das ganze mächtige Vertheidigungssystem von Verdun zu vervollständigen, beabsichtigt man, ein neues vorgeschobenes Fort zu Etain zu bauen, an der Linie von Metz nach Reinis und nur wenige Kilometer von der Grenze von Lothringen entfernt. England. Der englische Finanzminister konnte sich am 21. d. einen guten Tm, machen, denn unerwartet fielen ihm 200,000 Lstrl., über vier Millionen Mk., in den Schooß. Nach einem alten Gesetze gehört nämlich der Nachlaß aller derjenigen Personen, welche von illegitimer Geburt sind, und die ohne Testament sterben, dem Staate. Vor kurzer Zeit starb nun in Cheltenham ein Juwelier, der die bei den gedachten Bedingungen erfüllte. Er hatte keine gesetzlichen Verwandten, er hatte kein Testament ge macht und er hinterließ an 200,000 Lstrl., welche jetzt in den Staatssäckel fließen. Weder bei Beaconsfield noch bei Carlyles Tode war die Trauer und Anerkennung des Verlustes so allgemein, wie bei Darwin. Alle Journale aus nahmslos räumen dem Verstorbenen den ersten Rang unter den Engländern dieses Jahrhunderts ein, der wie Newton die Richtung des Zeitalters änderte. Gladstone öffnet plötzlich wieder die Gefängnisse für die Iren. Auch M'Ginn, der Organisator der Landliga, welcher in Kilmainham saß, ist frei gelassen worden und aus dem Nias-Gefängnisse sind vier andere Führer der Liga bedingungslos freigelaffen worden. Um dem Organisator der Liga die Arbeit zu erleichtern, hat die Regierung die Polizei angewiesen, das Organ der Landliga „United Ireland" nicht mehr mit Beschlag zu belegen und die in voriger Woche mit Beschlag belegten Exem plare freizugeben. Es ist gewiß nicht überflüssig, angesichts dieser versöhnenden Haltung der Regie rung auch nach denAnzeichen von einer versöhnlicheren Stimmung der Bevölkerung zu forschen. Dieselben gelangen zu einem bedenklichen ziffermäßigen Aus drucke in dem Monatsausweise über die in Irland verübten Landverbrechen, welcher in üblicher Weise dem Parlamente vorgelegt ist. Nach diesem kamen zur Kenntniß der Polizei im Monat März 531 Verbrechen, gegen 407 im Februar und 497 im Januar. Darunter waren u. A. 2 Morde, 12 Mordversuche, 30 Brandstiftungen, 11 Waffendieb stähle, 10 Angriffe auf Häuser, 33 Eigenthums beschädigungen und 319 Drohbriefe. Die Iren zeigen also noch wenig Lust zum Friedensschlüsse. Eben das wird es wohl sein, was Gladstone dazu bestimmt, auf die Wünsche der Insel einzugehen. Das ist an sich sehr lobenswerth. Nur hätte es längst geschehen sollen und die Negierung darf sich nicht verhehlen, daß halbe Maßregeln in diesem Augenblicke weniger als je am Platze sind. Das Unterhaus von Canada beschloß einstimmig, die Königin von Großbritannien in einer Adresse zu ersuchen, Irland dieselbe Autonomie zuzuge stehen, die Canada genieße, sowie alle politischen Gefangenen Irlands zu begnadigen. Der Präsi dent des Ministerrathes, Macdonald, unterstützte diese Resolution. Rußland. Ueber die Angelegenheit des Verfassers der Brand schrift: „Deutsche und Jesuiten in Rußland" theilt der Petersburger „Herold" mit, daß K. W. Trub nikow sein Machwerk weder der Censurbehörde, noch dem Grafen Jgnatiew vor der Veröffentlichung vorgelegt habe. In Folge dessen sei er, nachdem dasselbe dem Minister des Innern zu Gesicht ge kommen, augenblicklich auf Befehl des letzteren mit Verlust seiner 2000 Rubel jährlich betragenden Gage aus dem Ministerium entlassen worden. Auch hört der „Herold", daß K. W. Trubnikow's Antecedentien dem Minister völlig unbekannt waren und es nur diesem Umstande zuzuschreiben sei, daß dieser gemein gefährliche Herr eine Anstellung als Beamter im Ministerium des Innern erringen konnte. Der „Golos" meldet: Aus Vorlage des Justiz ministers vom 19. April wurde allerhöchst befohlen, alle Exzeßverhandlungen, welche mit Mißhand lungen von jüdischen Einwohnern verknüpft sind, sowohl bei den Friedensgerichten, als auch bei den allgemeinen Gerichtshöfen als außer der Reihe stehende dringliche Angelegenheiten zu behandeln. Amerika. Eine großartige Schenkung hat der Baumwoll fabrikant John Slater zu Nordwich in den Ver einigten Staaten gemacht. Er spendete eine Mil lion Dollars zu Erziehungszwecken für freigelassene Schwarze. Die Einwanderung in Amerika fährt fort, immer größere Dimensionen anzunehmen. Man glaubt, daß 1 Million Personen in diesem Jahre in die Vereinigten Staaten einwandern werden. Aus dem Muldenthale. *Waldcnburg, 24. April. Die Feier des Ge burtstages Sr. Majestät des Königs Albert wurde im hiesigen Seminare in folgender Weise begangen. Den Mittelpunkt derselben bildete der des Gottes dienstes wegen schon '/r8 Uhr in der Aula veran staltete Festuktus. Nach dem Gesänge einiger Verse und der Sachsenhymne und nach Verlesung eines Psalms seitens des Herrn Schulrath Or. Schütze hielt Herr Oberlehrer Reichardt die Festrede. Zu nächst der Bedeutung des Tages gedenkend und den Gefühlen des Dankes gegen Gott und der Treue gegen den allverehrten König Ausdruck gebend, sprach Redner, anknüpfend an das vor einiger Zeit vom Seminarchore aufgeführte Oratorium „Samson" von Händel, über das Thema: „Die Entwickelung Händels zum Meister des Oratoriums." Der Ge sang des Schlußchors aus Samson und eines Liederverses schloß die Feier. Von den übrigen zur Auszeichnung des Tages getroffenen Veranstaltungen seien das durch patriotische Gesänge der Schüler ge hobene Festessen, bei welchem Hr. Schulrath vr. Schütze ein Hoch auf König Albert ausbrachte, und eine hauptsächlich durch die Schüler der Anstalt executirte musikalisch - deklamatorische Abendunter- yaltung, zu welcher sich die Lehrer mit ihren Familien und die Schüler noch einige Stunden des Abends in der Aula versammelten, flüchtig erwähnt. *— Seitens des hiesigen Kriegervereins wurde die Feier von Königs Geburtstag früh durch eine Reveille eingeleitet; die Reveille durchzog die Stra ßen der Stadt und der Altstadt, vor einzenen öffent lichen Gebäuden wie auch vor dem fürstlichen Schlosse wurden Ständchen gebracht. Am Abend vereinigten sich die Mitglieder des Kriegervereins und eine Anzahl geladener Gäste im Saale der Müller'schen Restauration in Kertzsch zu einem Ballvergnügen. Seitens des Vorstehers Herrn Controleur Teubert war im Namen des Kriegervereins ein Glückwunsch telegramm an Se. Maj. den König abgegangen, welcher auf gleichem Wege kameradschaftlich dankte. Die öffentlichen Gebäude, das fürstliche Schoß und mehrere Privatgebäude hatten zur Feier des Tages geflaggt. Leider hat sich bei der Festlichkeit des Kriegervereins in Kertzsch ein Unfall ereignet, indem erne mit anwesende Dame auf dem glatten Saal^ boden ausglitt und dabei einen Knochenbruch am Fuße davontrug, sodaß sie mittelst Geschirrs in die Stadt zurückgefahren werden mußte. *— Gestern gegen Abend entstand in der Ober gasse hier ein bedeutender Menschenauflauf; ein Vagant in ziemlich reducirter Kleidung, der angeblich „angeraucht" war, behauptete, von einem Hunde angefallen und in der Kleidung beschädigt wor den zu sein, und verlangte nun von dem Besitzer des Hundes, derselbe solle mit ihm zur Polizei gehen, um den Schadenersatz festzustellen. Herum- stehende hatten jedoch bemerkt, daß der Vagant selbst die Beschädigung seines Rockes vorgenommen hatte. Selbstredend mußte er nun sofort verduften. Ohne Zweifel war es dabei nur auf eine Erpressung abgesehen. Aus dem Sachseulauve. — Die „Sächs. Landw. Ztg." vom Generalsekre tär von Langsdorfs macht angesichts eines zu erwar tenden Maikäferjahres auf die Nothwendigkeit des Sammelns aufmerksam. Bei aller Unvollständigkeit des Sammelns wurden im Jahr 1864 in den Amtshauptmannschaften Leipzig: 4936^4 Scheffel, Grimma: 3979^/4 Scheffel, Döbeln: 2863^/, Schef fel zusammengebracht und vertilgt. Man schätzt die Zahl der also unschädlich gemachten Maikäfer auf 508,869,000. Das Sammeln wurde in der Amts- hauptmannschaft Grimma mit 1640 Mk. 17 Pf. bezahlt und stellte sich somit der Scheffel auf ca. 41 Pfennige. Der reelle Werth des Scheffels Maikäfer zur Mistbereitung stellt sich auf 1,50 Mark. — Vom königl. Cultusministerium ist jetzt auf dre Meldung, daß neuerdings die Bestellung einer an einen „Schulvorstand" adressirten Postanweisung von der Post abgelehnt worden ist, an die Schul- inspeclionen eine Generalverordnung erlassen wor den, wonach die Schulvorstände bez. Schulausschüffe ihres Bezirkes anzuweisen sind, daß ungesäumt der zuständigen Postanstalt eine Person als bevollmäch tigt zur Empfangnahme aller unter der Adresse des Schulvorstandes bez. des Schulauöschuffes oder auch der Schulklasse eingehenden Werthsendungen zu be zeichnen sei. — Am Mittwoch Abend ist in Leipzig im Cir cus Herzog der junge tüchtige Parforcereiter Georg Fotit so unglücklich gestürzt, daß ihn vier Männer aus der Manege tragen mußten. Es geschah dies nach einer Reitproduction, als er, wieder herausge rufen, eine Saltomortale ausführte. Der arme junge Mann soll sich die Kniescheibe zerschlagen haben. — Der Fröbelverein in Verbindung mit dem Club der Kosmophilen in Leipzig feierte am 21. d. abends den hundertjährigen Geburtstag unseres großen Pädagogen Friedrich Fröbel, des Schöpfers unserer Kindergärten Vormittag in den Räumen des Volkskindergartens, abends in den Sälen des Hotels de Pologne daselbst. Die Abendfeier wurde eingeleitet durch einen Choral des Leipziger Thomanerchors. Herr Stadtrath Cavael, der Vorsitzende des Fröbel- Vereins, hieß darauf die Anwesenden willkommen und sprach seinen Dank für den so überaus zahl reichen Besuch aus. Sodann ergriff Herr Schul director Hanschmann aus Waldenburg in Sachsen, der Verfasser des bedeutendsten Quellenwerkes über Fröbel, das Wort. Ec entwickelte zunächst die Grundsätze der Fröbelschen Erziehung und schilderte dann im weiteren Verlaufe seiner vortrefflichen Rede den Unterschied zwischen Pestalozzi und Fröbel, wo bei er darauf aufmerksam machte, daß Fröbel das gefunden, was Pestalozzi gesucht habe. Hieran schloß sich eine Darstellung der Verdienste Fröbels um die Heranziehung des weiblichen Geschlechts zu einer vernunftgemäßen Kindererziehung. Zum Schlüsse betrachtete der Redner die Ausdehnung der Fröbelschen Ideen in London, Neapel, Rom, Peters burg und besonders in Belgien, den Wunsch an knüpfend, daß die Fröbelsche Erziehungsmethode über den Kindergarten hinaus auch in der Elemen tarschule Platz greifen möge. Den Beschluß machten musikalische und dramatische Vorträge mit darauf folgender Festtafel. Erhebend war das einactige Drama: „Fröbels Traum", gedichtet von Herrn Pilz, in welchem Fröbel eine ausgezeichnete Dar stellung durch Theater-Regisseur Günther Pettera fand. — Wie aus Reudnitz bei Leipzig mitgetheilt wird, ist das vom Gemeinderathe eingereichte Gesuch um Einführung der revidirten Städteordnung von der königl. Amtshauptmannschaft bei der vorgesetzten Regierungsbehörde befürwortet worden. Vor weiterer Entschließung in der Sache hat der Gemeinderath infolge Verordnung des k. Ministeriums des Innern nun aber noch eine Vermögensübersicht bez. eine Uebersicht der Schuldenlast mit den Tilgungsplänen, nicht minder die Haushaltungspläne auf die drei letzten Jahre einzureichen. — Auf Volkmarsdorfer Flur, in der Nähe des Rangirbahnhofes, wurde am Donnerstag ein aus gesetztes zweijähriges Mädchen aufgefunden. Neben dem Kinde lag ein Päckchen mit wenigen einfachen Kleidungsstücken. Das verlassene Kind wird vor läufig im Armenhause daselbst versorgt. Ueber die Mutter desselben ist bis zur Stunde noch nichts bekannt. — Am 20. d. ist die Gegend von Kirchberg durch einen großen Waldbrand, durch den ein Slaats- forstrevier betroffen wurde, heimgesucht worden; nähere Angaben fehlen noch. — Ein zärtliches tapferes Schwesterchen besitzt der 4jührige Sohn Georg des Ritterguispächters Barthels in Großharthau in seiner erst 7 Jahre alten Elsa. Georg füllte sich am Teiche, der das Herrenhaus auf dem Gute umgiebt, eine Flasche mit Wasser, verlor aber die Balance und stürzte in's Wasser hinab. Sofort entschlossen sprang Elsa nach, ergriff noch glücklich das Brüderchen und erst nach dem sie mit der andern Hand sich an einem über hängenden Strauche festgehalten, rief die Kleine um Hilfe, die denn auch glücklich bald zur Stelle war. — Am 20. d. wurde das in der Nähe von Dö beln gelegene Rittergut Schweta gerichtlich versteigert. Es war auf 600,000 Mark gerichtlich taxirt und für 494,100 Mark wurde es einem Herrn Möhring aus Magdeburg zugeschlagen. — Auch der Werdauer Gewerbeverein hat den Vorort Zittau auf dessen Protest gegen das Tabaks monopol dahin beschicken, daß er sich nicht für com- petent halte, in dieser Frage eine Entscheidung ab zugeben, daß es im übrigen auch nicht seine Sache sei, in den Vereinsversammlungen Politik zu treiben. — Der Gewerbeverein zu Oederan hat gegen die Anschauungen des Glauchauer Gewerbevereins in Sachen des Tabaksmonopols folgende Erklärung vom Stapel gelassen: Der Glauchauer Verein scheint