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Zchönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- fcheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. «nd Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 1V Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 94. Dienstag, den 25. April 1882. "Waldenburg, 24. April 1882. Das nächste Mittel zur Vermehrung des deutschen National-Bermögens. Obwohl Deutschland gegenwärtig für einen sichern Export noch keine eigenen Colonisationsgebiete besitzt und in diesem Punkte also viel ungünstiger gestellt ist, als die übrigen Industrieländer, so liegt darin doch kein Grund, unsererseits im Punkte der Waa- renausfuhr zu verzagen. Im Gegentheil liegt darin ein Grund mehr, den vorläufigen Mangel an ei genen überseeischen Absatzgebieten durch Steigerung und Vermehrung aller derjenigen Mahregeln zu ersetzen, welche den deutschen Ausfuhrhandel fördern können. Glücklicherweise sind die Anstrengungen der industrielosen oder industriearmen Staaten, sich mit einer eigene» Manufacturthätigkeit auszustatlen, noch nicht so weit gediehen, daß schon heute die Möglichkeit eines großen Waarenabsatzes dahin ge schwunden wäre. Außerdem lehrt die Erfahrung, daß selbst ein hoher Schutzzoll der industriell hoch entwickelten Staaten immer noch einzelnen Industrie zweigen anderer Länder Naum für einen ansehnlichen Exporthandel übrig läßt. So hat es sich denn er eignen können, daß Deutschland in den jüngsten Jahren trotz des Mangels eigener Colonien, ja trotz des Mangels an hinlänglichen Consular-, Dampfer- und Bank-Einrichiungen im Stande war, seinen Ausfuhrhandel um viele Hundert Millionen Mark zu steigern und dadurch den Beweis zu liefern, daß in der systematischen Förderung des Exporis das nächste Mittel liegt, das deutsche Nalional-Vermögen möglichst schnell, sogar um Milliarden zu vermehren. Wenn man bedankt, daß die großen Aufgaben, welche dem deutschen Reiche in militärischer, in social- und -olonialpolitischer Hinsicht obliegen, nur dann gelöst werden können, wenn sehr große Geldmittel dafür bereit gestellt werden können, diese Bereitstellung aber nur aus der Fülle eines großen und steigenden Nationalreichthnms erfolgen kann, so ist daraus der Schluß zu ziehen, daß die systematische Hebung des deutschen Exports der nächste Angriffspunkt aller nationalwirthschaftlichen Anstrengungen sein muß. Diese Wahrheit stößt in Deutschland glücklicher weise in keiner Partei auf prinzipiellen Widerspruch; sie gehört zu denjenigen spärlichen Punkten, in wel chen alle öffentlichen Factoren wenigstens theoretisch einerlei Meinung sind. Schlimmer sieht es mit der praktischen Bethätigung aus. In diesem Punkte kranken wir noch stets an des „Gedankens Blässe". Selbst die Negierung kommt da nicht über matte Nalhschläge und schwächliche Denkschriften hinaus. So fehlt uns z. B. noch immer die große Export bank, obwohl nicht nur die Neichsregierung, sondern auch die Exporlinteressenten die Nothwendigkeit einer solchen anerkennen. Freilich hat sich Deutschland auch mit der theoretischen Anerkennung dieser Noth wendigkeit viel Zeit gegönnt, obwohl es nicht an mahnenden und drängenden Stimmen fehlte. For derte Friedrich List doch schon im Jahre 1820 zur Begründung einer solchen Exportbank auf, natürlich vergeblich. Was es mit einer solchen Exflv^tbank für eine Bewandtniß hat, ist in einem Berichte des deutschen Consuls in Paraguay nachzulesen. „Ich bin — schreibt Herr Mangels — ein eif riger Apostel für die Einfuhr deutscher Waaren in Paraguay gewesen, und ich darf wohl sagen, nicht ohne Erfolg. Ich führte theils deutsche Products für eigene Rechnung ein, theils ließ ich solche auf Bestellung kommen. Im letzteren Geschäfte erwuchs mir nun in einiger Zeit eine gefährliche Concurrenz in der„Englisch-SüdamerikanischenExport-Company", die sich zu London gebildet hat. Während ich die Geschäfte mit eigenem Capital machen mußte, konnte dec hiesige Agent der englischen Gesellschaft die ihm gegebenen Aufträge effectuiren, ohne einen Heller Auslagen. Die Gesellschaft schickte die Waaren und er remittirte den Betrag nach Ankunft, während ich bei der Bestellung den Betrag hinüber nach Europa senden mußte. Was ist natürlicher, als daß ich das Bedürfniß nach einem ähnlichen Institute, wie das englische und das in Leipzig projectirte em pfinde." So weit ein hoch verdienter Pionier der deutschen Interessen im Auslande. Was das „in Leipzig projectirte" Institut betrifft, so ist dasselbe nicht zu Stande gekommen. Der Plan tauchte vor 2 Jah ren auf, indessen den deutschen Capitalisten fehlte es an Verständniß. Desto erleuchteter zeigten sich die Engländer. Auf die Nachricht hin, daß in Leipzig eine deutsche Exportgesellschaft gegründet werden solle, riefen die Engländer sofort eine „Englisch-Südame rikanische Export-Company" ins Leben, von deren deutsch-feindlicher Wirksamkeit Herr Mangels bereits ein Lied zu singen wußte. Neuerdings rührt es sich nun auch in Deutschland wieder. Es sind verschiedene Unternehmungen im Werke, um die Scharte auszuwetzen und dem bren nenden Bedürfnisse Abhülfe zu schaffen. "Waldenburg, 24. April 1882. Politische Rnnvschan. Deutsches Reich. Der Reichskanzler hat an die deutschen Con- suln ein Rundschreiben betreffs der Unterstützung der im Ausland befindlichen bedürftigen deutschen Reichsangehörigen gerichtet. Die Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen haben am Dienstag die Gewerbe-Ordnungs-Novelle berathen, welche bekanntlich das Gewerbe im Umherziehen neu regelt, in Bezug auf die Handlungsreisenden anderweile Bestimmungen trifft und noch einige andere Mate- rieen der Gewerbe-Ordnung behandelt. Als Referent der Bundesraths-Ausschüsse fungirte der baierische Bevollmächtigte, Geh. Ober-Regierungsrath Herr mann, als Korreferent der würtembergische Bevoll mächtigte von Schmid, als Referent des Neichsjustiz- amts der Geh. Ober-Regierungsrath Meyer und als Referent des Reichsamts des Innern der Geh. Regierungsrath Bödiker. Die Novelle fand die Zustimmung der Ausschüsse, welche ihrerseits einige Abänderungen an derselben vornahmen. Auch der baierische Zusatzantrag in Bezug auf das Hufbe schlaggewerbe, sowie ein fernerer Antrag in Betreff der Approbation für Aerzte und Apotheker fanden den Beifall der Ausschüsse. Der Bundesrath beginnt mit dieser Woche seine Plenarsitzungen und zwar wird am Montag, 24. April derselbe die Anträge seiner Ausschüsse in Bezug auf das Tabakmonopol und in den folgenden Tagen die Berichte der Ausschüsse über den Ge werbebetrieb im Umherziehen, über die Krankenver sicherung und die Unfallversicherung der Arbeiter rc. entgegennehmen. Das meiste Interesse in der öffentlichen Discussion nimmt begreiflicherweise noch immer das Tabakmonopol in Anspruch. Das das selbe im Plenum des Bundesraths die Majorität finden werde, wird jetzt von keiner Seite mehr be zweifelt. Anders verhält es sich dagegen mit dem Reichstag. Angestellte Berechnungen über das Stim- menverhältniß lassen mit Bestimmtheit annehmen, daß nicht mehr als höchstens 100 Stimmen im Reichs tage für das Monopol eintreten werden; die Ab lehnung wird als sicher also angenommen werden können. Was aber dann? so fragt man sich schon jetzt. Ein liberaler Abgeordneter meinte: Fürst Bismarck legt das Monopolgesetz dem nächsten Reichstag wieder vor mit der Aenderung, daß er die Abfindungssumme erhöht, und er kann dann versichert sein, daß er die Majorität erhält. Ueber die unkünstlerische und geradezu geschmack lose Ausstattung der deutschen Reichskassenscheine erhebt die „Nat. Ztg." folgenden Klageruf: Das Material, aus welchem die neuen 50-Markscheine hergestellt sind, Pflanzenfaserpapier, scheint durch seine Festigkeit dem Zwecke zu entsprechen. Die Ausstattung aber ist höchst unbefriedigend. Die Vorderseite wird, was sehr unpraktisch ist, zu etwa fünf Sechsteln von allegorischen Zeichnungen einge nommen, so daß nur ein Sechstel des Raumes für die Hauptsache, die Bezeichnung des Werthes, übrig bleibt; in Zahlen erfolgt diese durch eine kleine, äußerst schwach hervortretende 50. Für diesen schweren Mangel sollen wir durch ein Uebermaß zum Theil unverständlichen allegorischen Bildwerks entschädigt werden; dazu gehört hauptsächlich eine höchst fragwürdige Frauengestalt mit großen Flügeln, einem Hermes-Stab in der einen und einer Sand uhr in der anderen Hand; was diese Figur bedeu ten soll, vermögen wir nicht zu enträthseln; vielleicht soll es eine neu kreirte Göttin des Papiergeldes sein. Wendet man den Schein um, so wird man allerdings belehrt, daß sich noch etwas Geschmacklo seres schaffen ließ, als seine Vorderseite — nämlich die Rückseite; diese macht durch die Zusammenstel lung eines häßlichen Zinnober-Rolh mit der grau braunen Grundfärbung der einen, der blau-weißen der anderen Hälfte und durch eine Raumausfüllung, welcher man die Verlegenheit um die Lösung dieser Aufgabe ansieht, den Eindruck der kleinen Bildchen, welche auf Jahrmärkten für die Kinder feil gehalten werden. Bebel's Rundreisen in Bayern verschärfen er sichtlich die Augen der dortigen Polizei. Wo Bebel erscheint, in München, Augsburg oder Nürnberg, begleitet ihn das wachende Auge des Gesetzes, und ehe er noch ein Versammlungslokal betritt, ist schon die Polizei anwesend. Die Social-Demokraten in Nürnberg mußten das neuestens ebenso inne werden, wie jene in München sich bereits daran gewöhnt haben, die Polizei besser unterrichtet zu sehen, als sie es selbst sind. Eine Versammlung, die letzten Sonntag von 300 Nürnberger Social-Demokraten im großen freien Neichswalde zu Ehren Bebel's abgehalten werden sollte, wurde von der aus dem Boden auftauchenden Polizei verhindert. Frankreich. Der Ministerpräsident de Freycinet conferirte mit Herrn v. Leffeps, dem Erbauer des Suezkanals, und mit dem Commandanten Roudaire, von welchem das Project zur Herstellung eines afrikanischen Binnenmeeres herrührt. Dem Vernehmen nach würde der Staat an den Kosten für die Ausführung des Projectes nicht theilnehmen, sondern die Privat industrie zur Betheiligung auffordern. Die Ostgrenze von Frankreich ist seit dem Kriege 1870 sehr verändert worden. An fast allen Punkten von Montmody bis Belfort sind die höchsten Hügel zur Anlage von Forts abgeholzt worden und man sieht nur noch ihre kahlen Gipfel. Die Gelände, welche früher mit Wein- und anderen Gärten bedeckt waren, sind gegenwärtig von Militär straßen, Schanzen und Erdwerken aller Art bedeckt. Toul ist gegenwärtig das stärkste Vertheidigungs- werk an der Ostgrenze. An der Eisenbahnlinie von Paris nach Straßburg gelegen und von allen Seiten durch Hügel gedeckt, ist dieser Platz äußerst geeignet zu einem großen befestigten Lager. Sechs Forls, von denen einige bereits vollständig fertig sind, um geben die Siadt. Das bedeutendste derselben ist