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zu richten und unserer Nation die Mahnung zuzu rufen, umzukehren auf dem Wege, den es neunkluge Besserwisser, eingehüllt in den Candidatenmantel „charaktervoller" Opposition zu führen suchen und auf dem das Verderben liegt. Einst sagte der große Oranier im tiefen Schmerze über das un dankbare Volk: „Jetzt lästern sie mich und wenn ich todt bin, würden sie mich gerne mit ihren Nägeln aus der Grube scharren." Möge es nicht so kommen, daß dieses Wort — auch in seinem zweiten Theile — auf den großen Kanzler und das deutsche Volk seine Anwendung finde." Auf Grund des Reichsgesetzes vom 13. Februar 1882 und nach Anordnung des Bundesraths findet am 5. Juni 1882 eine Erhebung der Berufs verhältnisse der Bevölkerung, verbunden mit einer Erhebung der landwirthschafilichen und der gewerblichen Betriebe statt. Zu dem Zweck wird in den Tagen vom 1. bis 4. Juni jeder Haushaltungs- Vorstand einen Zählbogen und eine Anleitung zur Ausfüllung desselben, außerdem der Gewerbtreibende eine Gewerbekarte in sein Haus geliefert bekommen. Die Zählbogen sind von den Haushaltungsvorstän den, die Gewerbekarten von den selbstständigen Ge- werbtreibenden auszufüllen; letztere können, wenn sie nicht selbst Haushaltungsvorstände sind, von dem Haushaltungsvorstande vertreten werden. Soll ten diese Personen an der Ausfüllung verhindert sein, und kann nicht ein Mitglied der Haushaltung oder eine andere geeignete Person dieselbe in deren Namen besorgen, so wird der von der Ortsbehörde zur Ueberbringung und Wiederabholung der Zähl papiere bestellte Zähler die Ausstellung übernehmen. In diesem Falle aber ist von jenen Personen oder deren Vertretern die Richtigkeit und Vollständigkeit der hierfür gemachten Angaben auf der Titelseite des betreffenden Zählformulars zu bescheinigen. Wer die an ihn gerichteten Fragen wissentlich wahrheits widrig beantwortet, oder diejenigen Angaben zu machen sich verweigert, welche ihm nach dem Reichs gesetze und den zur Ausführung desselben erlassenen Vorschriften obliegen, unterliegt einer Geldstrafe bis zrr 30 Mark. Wie man in England die Freihandels-Prin- cipien praktisch ausführt, geht aus folgendem Vorfälle hervor: Eine indische Bahn (die Ouäs und LollMunä liailua^ domMQZ") hatte vor Kurzem eine öffentliche Submission über Lieferung von Stahlschienen in englischen Blättern ausge schrieben. Eines der größeren Rheinisch-Westfalischen Walzwerke beauftragte in Folge dessen seinen Lon- doner Agenten, sich die Bedingungen und Zeich nungen für das erwähnte Lieferungsobject zu erbitten. Ais der Agent der Bahn hörte, daß die betreffenden Schriftstücke für ein deutsches Werk bestimmt seien, erklärte derselbe sofort, daß er dem an ihm gestell ten Verlangen nicht.nachkommen könne, weil seine Verwaltung stets nur bei englischen Werken lause und demnach eine Offerte für die fragliche oder auch für spätere Lieferungen keinen Zweck habe. Ein derartiges Verfahren ist nun zwar bei englischen Be stellern durchaus nichts Neues und erwiesenermaßen bereits allgemein im Schwünge gewesen, als wir in Deutschland noch in vollem freihändlerischen Fahr wasser segelten und jeden Ausländer zur möglichst unbeschränkten Concurrenz mit der inländischen Industrie zulassen wollten; es mag jedoch nicht un berechtigt erscheinen, unsere Freihandels-Idealisten von Zeit zu Zeit auf derartige Beispiele aus dem praktischen Leben hinzuweisen. Herr Geheimer Ober-Regierungsrath Or. Engel Hal die Leitung des preußischen statistischen Bureaus in die Hände des ältesten Rathes, Geheimrath Blank, niedergelegt, nicht freiwillig, sondern gezwungen, wie er selbst zugesteht. Ernst Engel ist am 26. März 1821 zu Dresden geboren, widmete sich ursprüng lich dem Bergsach und studirte in Freiberg und Paris. 1850 wurde er zum Vorstand des sächsischen statistischen Bureaus ernannt, durch dessen Begrün dung und Leitung er sich seinen Ruf als Statistiker erwarb. Im Jahre 1858 trat er von der Leitung des Bureaus zurück, folgte aber 1860 nach Dieieri- cis Tode einem Rufe nach Berlin. S:inen Wohn sitz verlegte Geheimer Rath Engel gleich nach Ostern nach seiner Besitzung in Ober-Lößnitz bei Dresden. (Engel ist mit seinen statistischen Zahlen mehrmals in einer die Absichten der Regierung kreuzenden Weise dazwischen gefahren.) Die jüngst in diesem Blatte erwähnte Frau Guillaume-Schack hat sich die Aufgabe gestellt, die öffentlichen Zustände auf dem Gebiet der Sitt lichkeit zu bekämpfen. Diese Bestrebungen berühren so ernste und tiefgreifende Fragen unseres ganzen öffentlichen und socialen Lebens, daß es einer Frau unmöglich ist, sie nach allen Seilen hin vorurtheils- frei zu erfassen und sie auch vollständig klar zu legen. Wenn unsere gegenwärtigen Zustände auf dem Gebiet der Sittlichkeit auch keineswegs befrie digend sind, wenn man sogar die jetzigen Ordnungen in hohem Grade für mangelhaft halten, wenn man dis Art und Weise, wie das weibliche Geschlecht, ja die ganze Gesellschaft darunter leidet, auch durch aus anerkennen und unsere Zustände auf diesem Gebiete für sehr reformbedürftig hallen muß, so entsteht doch die Frage, ob es gerade wohlgethan ist, in der Weise Propaganda zu machen, wie es Frau Guillaume-Schack gethan hat. Dieselbe hat näm lich in Berlin und in verschiedenen anderen Städten in öffentlichen gemischten Versammlungen Vorträge über unsere sittlichen Zustände mit einer Eingehung in's Einzelne gehalten, welche denn doch für eine Frau sehr bedenklich ist. Es widerspricht das nun einmal unserer Idee von den Grenzen des Anstan des, die jede gebildete Frau zu beobachten hat. Was im Munde eines Mannes keinen Anstoß er regen kann, wirkt im Munde einer Frau ganz an ders, ja oft in entgegengesetzter Weise, wie es be absichtigt ist. N in wird mitgetheilt, daß in Darm stadt sogar junge Mädchen aus Pensionen diesem Vortrag zugehört haben und die Vorsteherin dieser Mädchen-Institute mit ihren Pflegebefohlenen gegen über den krassen Ausführungen der Dame schleunigst die Flucht ergriffen haben soll, daß dann erst die Polizei eingriff und die Rednerin in Anklagezustand versetzte. Nach dem Standpunkt, den Frau Guil laume-Schack einnimml, soll es vorzüglich die Un- kenntniß der Mädchen und Frauen über gewisse Dinge sein, durch welche' sie und mit ihnen das ge- sammte Familienleben schwer von den Consequenzen betroffen wird. Bei dem chilenischen Gesandten, welcher seit Kur zem in Berlin domizilirt, sind bereits so zahlreiche Meldungen von Auswanderungslustigen einge gangen, daß derselbe einen Bericht an seins Re gierung hat abgehen lassen, in welchem dieselbe auf gefordert wird, die von den gesetzgebenden Körper gefaßten Beschlüsse zur Unterstützung dieser Aus wanderung unverzüglich in's Werk zu setzen. Schon jetzt haben nicht weniger als sechshundert Familien von Berlin — meist Leute, denen kleine Mittel zur fügung stehen — ihren Wunsch, nach Chtli auszu wandern, kund gegeben. Oesterreich. In Wien trat unter dem Protectorate des Erz herzogs Albrecht ein Verein zusammen, welcher sich die Aufgabe stellte, an der Stelle, wo am 12. Sep tember 1683 die Hauptmacht der Türken durch einen glänzenden Sieg gebrochen wurde, eine Kirche zu bauen. Diese Stelle befindet sich in Weinhaus vor Wien, südlich vor der sogenannten Türkenschanze und wird der Bau 120,000 FI. in Anspruch nehmen. Wie man aus Wien meldet, lauten die jüngsten Nachrichten aus dem südslawischen Aufstandsge biete für die österreichischen Truppen nicht günstig. Die Zahl der Jnsurgenten-Abtheilungen ist fort während in Zunahme begriffen, folgt den Truppen Schritt auf Schritt und greift diese aus Hinterhal ten nicht selten mit Erfolg an. Unter solchen Um ständen ist es freilich kein Wunder, daß die Dele gationen am 15. April abermals zusammentreten müssen, um einen neuen Kredit, man spricht sogar von 30 Millionen Gulden, zur Unterdrückung des Aufstandes zu gewähren. Frankreich. Könnte man den in den Blättern colportirten Gerüchten Glauben schenken, so wäre Herr Gam betta ein wahrer Zeitungsfresser, der mit Hilfe der ihm befreundeten Capitalisten die ganze Pariser Presse unter seine unmittelbare Herrschaft bringen wollte. Erst sollte er die „France" und das „Petit Journal", dann die „Presse", den „National" und den „Tölsgraphe" in dieser Weise käuflich an sich gebracht haben; damit nicht genug, wäre er auch noch im Begriff, drei neue Blätter zu gründen: „Le Rsforme" mit Lvonce Dötroya«, „Le Patriote" mit Spuller und „Le Postillon" mit Robert Mitchel als Chefredacteur. Es ist wohl anzunehmen, daß bei der betreffenden Meldung eine gute Portion Reclame mit unterläuft. Uebrigens soll Gambetta auch eine Anzahl große und kleine Provinzialblätter an sich gebracht haben. Wenn die Mehrheit der tonangebenden französischen Zeitungen die Franzosen an die Wiederkehr der Macht Gambetta's gewöhnt hat, dann wird Gambetta die Zeit für gekommen halten, im Parlamente eine jener Minen springen zu lassen, in deren Legung es Niemand mit ihm aufnimmt, und in den plötzlich sich öffnenden unter irdischen Trichter das Ministerium Freycinet zu versenken. England. Das Gsrichtserkennlniß, welches Bradlaugh wegen unbefugter Betheiligung an den Unterhaus- Verhandlungen zu 500 Pfd. verurtheilt, ist rechts kräftig geworden und Bradlaugh aufgefordert wor den, die Geldbuße binnen vierzehn Tagen zu zahlen, event. will der Kläger bei fruchtloser Exekution über Bradlaughs Vermögen den ConcurS erklären lassen, wodurch dessen Mandat hinfällig würde. Italien. Eine Berliner Depesche des vatikanischen „Journ. de Rome" versichert, die preußische Regierung werde dem Compromiß der Conservativen und der Cen trumspartei zustimmen. Die päpstliche Presse lobt den Compromiß. Rußland. Am Donnerstag wurden in Petersburg Droh plakate gegen den Czarenan den Straßenecken vorgefunden. Der Kaiser beschloß deshalb in letzter Stunde, von dem Militär-Monstre-Concert zum Besten der Invaliden im großen Theater sernbleiben zu wollen, obgleich alle Empfangsvorbereitungen ge troffen waren. Der neue Attila, der große Germanenhasser Skobelew, von germanischer Abstammung, das ist die allerneueste Neuigkeit — mit welcher das „Solo thurner Tageblatt" die Welt überrascht. Man hat dieser Quelle zufolge herausgefunden, daß der Groß vater des russischen Generals aus dem Bippsramt stamme. Sein Großvater sei ein Christele Kobel von Wiedlisbach gewesen, der Anno 14, wegen ver schmähter Liebe und getrieben von seinem kriegeri schen Geiste, den „Kaiserlichen", welche dort durch zogen, sich angeschlossen und mit ihnen fortgezogen sei. Weil etwas kleiner Statur, habe man ihn nur s'Kobele genannt. Sein Ihalkräfliges Wesen habe aber den russischen Soldaten bald so imponirt, daß es bei jedem Anlasse nur hieß: „Wo ist s'Kobele?" So sei derselbe nach Rußland gekommen, wo es ihm infolge seines biedern und anstelligen Wesens ge lungen sei, eine Tochter von allrussischem Adel zur Frau zu gewinnen. Diese habe von ihm nur die Nussificirung seines Namens verlangt, worauf unser Held gern eingegangen sei, und aus dem s'Kobele wurde ein Skobelew. Wegen der Verschmähung seiner Liebe in der Heimat habe er überhaupt alles Deutsche zu hassen angefangen und auf sein Bürger recht in Wiedlisbach verzichtet. Hiernach wäre also der Germanenhaß seines Enkels, des jetzigen Generals Skobelew, eine Familientradition und die spröde Tochter des damaligen Bürgermeisters von Wiedlis bach, die den Kobele nicht heirathen wollte, weil er ihr zu arm war, trüge die Schuld, wenn nächstens der Nassenkrieg zwischen den Slaven und Germa nen zum Ausbruch konimt. So sagt man. Kobeles giebt es aber in Wiedlisbach auch jetzt noch mehrere. Amerika. Beide Häuser des amerikanischen Congresses haben nunmehr eine Bill volict, durch welche der Wittwe des Präsidenten Garfield eine jährliche Pension von 5000 Mk. zugesichert wird. Aus dem Muldenthale. ^Waldenburg, 4. April. Der hiesige Turnverein gedenkt am 1. Osterfeiertage im Saale des Schön burger Hofes hierselbst eine öffentliche Abendunter haltung zu veranstalten. Der Ertrag soll dem Turnhallensonds zufließen. In Anbetracht des Zweckes ist dem Unternehmen ein guter Erfolg zu wünschen. *— Aus der Stadtschule wurden Sonnabend, den 1. April, 68 Kinder entlassen und zwar aus der ^-Abiheilung 23 Knaben und 26 Mädchen, aus der S-Abtheilung 9 Knaben und 10 Mädchen. Die Entlassung fand unter angemessener Feierlichkeit Vormittag 9 Uhr statt. An demselben Tage abends wurden aus der Fortbildungsschule 22 Schüler nach dreijährigem Schulbesuche entlassen. Es ist rühmlich zu erwähnen, daß der größeren Anzahl der letzteren im Betragen die beste Censur gegeben werden konnte, da dieselben sich in der Schule durchaus gut be nommen halten. *— Zu unserm kurzen Bericht über die Web- schnle ist noch zu bemerken, daß recht fleißig ausge arbeitete Hefte über Wirklehre mit Constructionszeich- nungen, sowie hübsche Zeichnungen aus dem Ge biete des Handwerks ausgestellt waren, z. B. auch selbstgefertigte Vorlagen zu Schlosserwerkstücken. Das Institut erfreutsich einer fleißigen Benutzung; daß wenig Weblehrlinge vorhanden sind, darf nicht befremden, da die ungünstige Lage der Weber wenig zu diesem Fache der menschlichen Handfertigkeit begeistert. Eine Anzahl Weber ist daher auch schon zum Wirksache übergetreten, da sie da wenigstens continuirlichen Lohn zu erhalten Aussicht hat. — Beim Viehmarkt in Zwickau waren am 3. d. 203 Rinder, 155 große Schweine und 394 kleine Schweine zum Verkauf gebracht worden. — Die Ehefrau des Waisenhaus-Verwalters Weber in Zwickau, welche am 16. v. M. mit eige ner Lebensgefahr einen Knaben vom Ertrinken ret tete, erhielt vom dortigen Rathscollegium als Zeichen der Anerkennung eine werthvolle Schale, die ihr unter besonderer Feierlichkeit überreicht ward.