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Aus dem Muldeuthale. "Waldenburg, 8. Februar. In gestriger Stadt verordnetensitzung wurden mehrere Gesuche von Schulgeldrestanten um Erlaß resp. Gestundung nach den Beschlüssen des Schulausschusses und Stadt- rathes genehmigt. Dagegen wurde ein Gesuch Theodor Herziaer's hier um Ermäßigung der Hunde steuer abgelehnt, bezüglich der gleichen Gesuche Louis Köhlers und der Frau Justine Weiße hier aber dem Beschlusse des Stadlraths, die Steuer auf 3 Mk. herabzusetzen, beigetreten. In Bezug auf einige vorgeschlagene Aenderunzen im Lokalschulstatut be schloß das Collegium auf Antrag des Hrn. Stadtv. Zieger, das Lokalschulstatut einer Commission zur nochmaligen Dnrchberalhung zu überweisen, welche in nächster Sitzung darüber Vortrag zu erstatten habe. Zu Coinmissionsmilgliedern wurden gewählt die Herren Stadtv. Zieger, Gräßer und Hobusch. Des Collegium nahm ferner Kenntniß von mehreren Protokollen des Bau- und Rechnunqsausschusses, welche die Abjchlußrechnungeu über die neuecbaute Wasserleitung betrafen, und erfolgte sodann die Unterzeichnung des Vertrages zwischen der fürst lichen Herrschaft und der Stadtgemeinde betr. Ab tretung von Quellwasser. Zum Schluß trat man noch in die Berathung des Regulativs betr. Ein führung der obligatorischen Trichinenschau in Wal denburg. Nach demselben sollen alle hier geschlach tete, sowie des Fleisch auswärts geschlachteter Schweine mikroskopisch untersucht werden. Für die Untersuchung ist eine Gebühr von 50 Pf. zu ent richten. Uebertretungen dieses Regulativs werden mit Geldstrafe bis zu 150 Mk., oder Haft bestraft. Das Regulativ wurde mit einigen kleinen Abän derung genehmigt. *— Im Gewerbeverein fand gestern Abend die diesjährige Generalversammlung statt. Der Vor sitzende Hr. Wirthschaflsdirector vr. Lamprecht er stattete zunächst den Jahresbericht; demselben ent nehmen wir, daß 20 Müglieder im Laufe des Jahres hinzugetreten sind, dagegen sich die Mit gliederzahl um 24 vermindert habe, und zwar durch Austritt um 9, durch Fortzug um 11 und durch Tod um 4. Die Zahl der Mitglieder beträgt gegen wärtig 241. Abgehalten wurden 13 ordentliche Sitzun gen, in welchen 12 Vorträge und zwar 6 durch Einheimische und 6 durch Auswärtige, stattfanden. Außerd m waren 5 Ausschußsitzungen abgehalten worden. In der Prüfungscoinmission wurden 9 Lehr linge losgesprochen. Die Einnahmen des Vereins betrugen (null- eines Bestandes aus dem Vorjahre in Höhe von 126 Mk. 32 Pf.) 611 Mk. 64 Pf., die Ausgaben dagegen 453 Mk. 30 Pf., Bestand demnach 158 Mk. 34 Pf. Bei der Wahl des Vorstandes und Ausschusses erfolgte mit überwiegen der Majorität die Wiederwahl sämmllicher bisherigen Vorstands- und Ausschußmitglieder. Aus vsm BachsenLaude. — Am 7. d. mittags 1 Uhr hat im prunkvollen Eckparadesaale im zweiten Stockwerke des könig lichen Schlosses zu Dresden die feierliche Investitur Sr. Maj. des Königs Albert mit dem blauen Hosen bandorden stattgefunden. Der Thronstuhl mit gold- geschnitzter, hochragender Krone stand auf einem Sammetteppich unt'r dem Baldachin, den zwei Reiherfederbüsche schmückten. Links und rechts vom Thronstuhle standen zwei einfachere Goldsessel — sie, wie das ganze Mobiliar von schwerem rothem Sammet mit breiten Goldbordüren. Rechts davon gewahrte man einen teppichbehangenen Tisch, ein Tabauret und zwei Sessel. Auf der Südseite des Saales war eine Estrade aufgeschlagen, auf welcher Ihre Maj. die Königin, Ihre K. Hoheit die Prinzessin Georg, die Prinzessinnen Mathilde und Maria Josefa, Prinz Johann Georg in der Uniform eines Schützenleutnant und Prinz Max, dann der Prinz von Weimar und der Fürst Heinrich von Neuß- Köstritz nebst Prinzessin-Tochler Eleonore Platz nah men. Zwischen dieser Estrade und dem Thronsefsel stellten sich die Herren Staalsminister, sämmtlich in großem Staatsgewand, mit breitem Ordensband, auf, während eine Anzahl der vornehmsten Hof damen, die Gattinnen der Staatsminister und höch sten Würdenträger sich an der anderen Seite der Estrade gruppirten. Edelfräuleins fehlten vollstän dig; die Ehrendamen hatten die schwersten und kost- baisten Brokat- und Atlasstoffe angelegt und trugen viel edles Geschmeide. I. Maj. die Königin selbst ersten in einer Robe von Brokat in visills ck'or mit Mantille; die Prinzessin Georg trug schweren weißen Allas, gerafft und gepufft, mit einerlangen Tragschleppe von hellroihem Sammet, mit reichen Silberstickereien; Prinzessin Mathilde trug eine blaß lila Atlasrobe mit einer Tragschleppe von gleichem Stoff und Farbe. Die Schleppen beider Prinzessin nen wurden von Cadetten als Edelpagen in dem bekannten kleidsamen Costüme gehalten; die Königin entfernte sich sofort nach der Ceremonie. Der eng lische Gesandte, Mr. Strachey, in großer Uniform stellte sich gegenüber der Estrade auf. An der ent gegengesetzten Seite des Saales hatte das Kgl. Ober hofmarschallamt in wirklich liebenswürdigem Ent gegenkommen durch Aufschlagen eines stg,ub-M8 der Presse Gelegenheit gegeben, aufs Bequemste aus eige ner Beobachtung berichten zu können. 5 Minuten vor 1 Uhr ertönten aus dem porzellangeschmückten Thurmzimmer Fanfaren: der König naht! An der Spitze des Zages ging Kammerh. v. Metzsch, dann folgten Oberhofmarschall v. Könneritz, eine Anzahl Leibpagsn, dann Graf Platen und der Hausmarschall Graf Vitzthum, dann der König selbst, bereit, die Insignien des Ordens zu empfangen. Seine Maje stät trug einen dunklen Uniform-Rock mit den Aus zeichnungen eines deutschen Reichsfeldmarschalls; weiße Escarpins, Strümpfe und Schuhe. Ihm folg ten dis Generaladjutanten; dann erschienen Prinz Georg und Prinz Friedrich August nebst Adjutanten. Der König stellte sich vor den Thronstuhl, zur Linken und Rechten Bruder und Neffen. Nach kurzer Zeit kam die Generalität und, an der Spitze den Ober- kammerherrn v. Gersdorf und den Oberceremonien- meister v. Miltitz, und ein Zug Kammerherren. Abermals Fanfaren: die Engländer kommen: Ihr Eintritt geschah mit großer Feierlichkeit und Würde. Mit tiefen Verbeugungen nahten sich die Abgesand ten der britischen Majestät dem sächsischen Throne. Es waren folgende Gentlemen: 1) Earl of Fife, Ritter des Diestelordens, eine jugendlich schlanke Ge stalt; er trug einen dunklen Waffenrock, darüber einen glänzend pvlirten Panzerküraß, über demselben eine Patrontasche an ciselirtsr Broncsketle; 2) der Wappsnkönig Baronet Sir. Alb. W. Wood, selbst Ritter des Hosenbandordens, eine kleine würdige Greisengestalt, umhüllt von einemwsitfaltigen, flattern den rothseidenen Mantel mit weißer Atlasschleife; 3) General Sir Alfr. Horsford, Großkreuz vom Bachorden; Lord Algeron Lennox, Oberst von den Königl. Garde-Grenadieren; 5) Seymour Wynne- Tcich, Kapitän von der Königl. berittenen Garde; 6) Honorable Bertie, Secr. im Auswärtigen Amte; 7) Gg. Cokayne, Esqu., Herald von Lancaster und 8) Bellasis, Esq., „Nachsolger des blauen Mantels." Vier von diesen l tzteren Cavalieren erschienen in dem bunten Wams u.Usberwürfsn mittelalterlicher Herolde; in das Seidenwams waren vielfach springende Löwen und andere heraldische Insignien eingestickt; zwei der Herren zeigten die rothen Röcke der jetzigen englischen Armee. Sämmtliche Abgesandte trugen auf purpur nen Sammet-Kissen die Dokumente, Kapseln, Insignien und Bekleidungsstücke des Hosenbandordens, sowie diesen selbst und stellten sich vor dem Throne auf. Earl von Fife hielt hierauf in französischer Sprache eine Anrede an den König, ungefähr des Inhalts: Die Königin Victoria von England habe, um ihren Gefühlen aufrichtigster Freundschaft für den König und die Königin von Sachsen Ausdruck zu verleihen, und in der Hoffnung, die Bande enger zu knüpfen, welche die hohen Regentenhäuser, sowie deren Län der miteinander verbinden, S. M. den König von Sachsen mit dem Hosenbandorden beleihen wollen. Er entledige sich dieses Auftrages Ihrer Majestät und verbinde damit die besten Wünsche für das Wohl und Glück des sächsischen Landes. Der Kriegs minister v. Fabrice nahm dieses Schreiben entgegen. Der König dankte in fließendem Französisch in einer kurzen Ansprache für die hohe ihm zu Theil werdende Auszeichnung und erklärte sich zur Annrhme des Ordens bereit. Ein weiteres Mitglied der Gesandt schaft trat vor und überreichte das Slatutenbuch des Ordens, in welchem die Pflichten eines Ritters des selben in lateinischer Sprache auf Pergament ge schrieben stehen. Darauf verlas der Minister des Königlichen Hauses, Herr v. Nostitz, das ihm eben falls überreichte sogenannte Commmissorium, eine in lateinischer Sprache abgefaßte Uebertragungs- urkunde. Nun begann nach einer nochmaligen eng lischen Ansprache des Earl of Fife die eigentliche Einkleidung des neuen Ritters. Der Führer der Gesandtschaft, der Wappenkönig und die Herolde machten sich an diese Arbeit mit ebensoviel Feier lichkeit als Handfertigkeit. Sie legten zunächst dem Könige das blaue Hosenband unter dem linken Knie an, wobei der Wappenkönig einen lateinischen Spruch hören ließ, dann folgten das Ordenskleid und die Insignien. Ersteres besteht aus einem Schwert, einem purpurfarbenen Sammetmantel mit Goldstickereien, schwarzem Sammetbarelt mit weißen Strauß- und schwarzen Neiherfedern, welche von einer Brillantagraffe gehalten werden; dazu wird eine goldene Halskette getragen von 26 Glie dern, verbunden durch Knoten und am Schlosse mit rother und weißer Rose Lwuills versehen; in der Mitte hängt der Ritter St. Georg eu 8t,abU6 zu Pferde mit dem Drachen, welcher sich unter den Hufen des Rosses, eines Schimmels, windet. Die Ordensinsignien bestehen aus dunkelblauem Sammet band des Hosenbandordens, es ist reich geschmückt und trägt die Devise „Slonn^ 8vit gui malzr psn8s". Die Befestigung erfolgt mittelst einer goldenen Schnalle. Ueber die Brust von der linken Schulter nach der rechten Hüfte wurde ein zweites Band von gleicher Farbe und Ausstattung angelegt, an demselben hängt ein goldenes Kleinod: bunt email- lirter Schild mit Wappenkreuz, Mottoband und dem streitenden Ritter Georg. Endlich gehört zu den Ordensinsignien noch ein achtstrahliger silberner Stern, in dessen Mitte sich das rothe Georgskreuz und das Knieband wiederholen; derselbe wird auf der linken Brust getragen. Dann gürtete der Ge neraladjutant von Carlowitz den Galadegen des Königs ab und einer der Lords umgürtete den jüng sten Ordensritter mit dem Ordensschwerte. Dann entfernten sich die englischen Abgesandten, rückwärts gehend und unter steter Verneigung. S. Majestät empfing die Glückwünsche seiner Familie. Als er sich nach seinen Gemächern verfügte, überließ er das Re'herfederbarett einem Adjutanten und griff »ach seinem gewohnten Militärhelm, seinen Gala- degcn nahmen die Engländer nach ihrer Heimath mit. — Zum Empfang und zur Verabschiedung der Gesandtschaft bildete eine Ehrencompagnie der Leibgrenadiere am Fuße der Treppe im Schlosse Haye (Hptm. o. Schwanewede), im Turmzimmer die vom Premier-Leutnant v. Oppeu-Huldenbcrg II.; Adjutanten v. Malorli empfing sie am Fuße der Treppe. — Bei Ihren Majestäten fand am 7. d. nach mittags 5 Uhr Diner statt. An demselben nahmen Ihre k. Hoheiten der Prinz Georg und der Prinz Friedrich August theil. Geladen waren: Se. Hoh. Prinz Alexander zu Sachsen Weimar, Se. Durchl. Fürst Neuß-Köstritz, d e Mitglieder der großbritanni schen Mission, der k. großbritannische Geschäftsträger, Se. Durchl. Fürst von Schönburg Waldenburg, Se. Durchl. Prinz Hugo von Schönburg-Waldenburg, dis k. Staatsminister, die Präsidenten beider Kam mern der Ständeoersammiung, die in Aktivität stehenden Generallieutenants, die Oberhof- und Hofchargen, der Mmisterialrath im Ministerium des k. Hauses. Nach beendigtem Servireu des Cham pagners beim Braten erhob sich Se. Maj. der König und brachte die erste Gesundheit aus: „Auf das Wohl Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien, Kaiserin von Indien!" Die zweite Gesundheit brachte der k. großbritannische Bevoll mächtigte aus: „Auf das Wohl 2r. Majestät des Königs!" Die dritte Gesundheit brachte Se. Maj. der König aus: „Auf das Wohl der Ordensritter!" Die vierte Gesundheit brachte der k. großbritannische Bevollmächtigte aus: „Auf das Wohl Ihrer Maj. der Königin und der königlichen Familie von Sachsen!" Nach beendigtem Diner erhoben sich die allerhöchsten uud höchsten Herrschaften und begaben sich in den rothen Solon, woselbst Kaffee servirt und Cercle gehalten wurde. — Der 'Landtagsausschuß zu Verwaltung der Staatsschulden veröffentlicht zwei Bekanntmachungen, betr. dis Kündigung der auf den Staat überge gangenen 41/rproc. Prioritätsanleihe der vormaligen Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie vom 1. Juli 1872 und deren Umwandlung in 4proc. Staats schuld, sowie betreffend die Bedingungen der Um wandlung der erwähnten Prioritätsanleihe. — Bei der Zweiten Kammer ist ein Antrag der Abgeordneten von Oehlschlägel, Kreller und Genoffen eingegangen, worin ersucht wird, die Bestimmungen des tz 1 des Gesetzes vom 22. Juli 1876, die Schonzeit der jagdbaren Thiers betreffend, in Be treff des Sperlings außer Wirksamkeit zu setzen und diejenigen Bestimmungen zu treffen, die für geeignet, beziehentlich für zulässig zu erachten sind, um der Landwirlhschaft, dem Obstbau und der Gartencultur den nothwendigen Schutz gegen den Schaden zu verschaffen, der denselben durch eine zu große V-rmehrung der Sperlinge verursacht wird. — Dem Vernehmen nach sollen die ständischen Arbeiten derart gefördert werden, daß der Schluß des Landtags bis 19 dss., spätestens bis 21. dss. erfolgen kann. — Auf Grund der im Monat December vorge nommenen Consignationen der im Lande vorhan denen Rinder und Pferde hat sich ergeben, daß zu Erstattung derjenigen, verlagsweise aus der Slaals- caffe bestrittenen Beiträge, die nach dem Reichsge- setzs vom 23. Juni 1880 an Entschädigungen für die wegen Seuchen auf polizeiliche Anordnung ge- tödteten und nach dieser Anordnung gefallenen Thiere zu gewähren, beziehentlich au erwachsenen Verwaltungskosten im Jahre 1881 zu bestreiten ge wesen sind, auf jedes von den consignirten Rindern ein Jahres-Beitrag von "ünf Pfennigen, Pferden