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Wnlnirm Tageblait Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5« Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 1v Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 25. Dienstag, den 31. Januar 1882. Vor dem Hause des Bäckermeisters Otto Illgen in Falken ist am 21. Januar d. I. Abends 1) ein Sack, gezeichnet „G. H. Uhlich, Oberhermsdorf", mit einem Centner Roggenkleie, 2) eine Pferdedecke von schwarzgrauer Grundfarbe, roth carrirt, von einem Wagen gestohlen worden. Solches wird zur Ermittelung des Thaters mit dem Ersuchen bekannt ge macht, etwaige Verdachtsmomente anher anzuzeigen. Waldenburg, den 26. Januar 1882. Der Königliche Amtsanwalt. Mücklich. *Waldenburg, 30. Januar 1882. Der Sturz Gambetta s. In einer der letzten Sitzungen des deutschen i Reichstags weist Herr v. Putlkamer darauf hin, daß ! die Reichsregierung angesichts der „Wolken am eu ropäischen Völkerhimmel" keine Zeit habe, sich auf einen Confliet cinzulassen. Wo diese Wolken zu suchen seien, darüber konnte man im ersten Augen blicke zweifelhaft sein, sie konnten sich in der Herze gowina zusammenzietzen, man konnte sie auch auf socialiftischem Gebiete suchen. Heute, wo Gambetta von seiner hohen Stellung in Frankreich gestürzt ist und wo die Fäden seiner politischen Jnlriguen ans Tageslicht treten, wird es auch klar, baß diese ge fahrdrohenden Wolken von Frankreich aus sich gegen Deutschland austhürmteu, daß sich aber diese Gefahr mit dem Sturze Gambettas bedeutend gemindert hat, und daß jetzt von Frankreich weniger als je eine Störung des europäischen Friedens zu fürch ten ist. Der letzte Hintergedanke Gambelta's war unzwesi felhast ein Nevanchekrieg gegen Deutschland. Zu diesem Behufs wußte Gambettas unruhige Natur überallhin Fäden zu spinnen. Nach Petersburg schickte er als Botschafter den glühenden Deutschen hasser Graf Chaudordy und um die russische Aristo kratie zu gewinnen, seine iutriguante Freundin Adam, frühere Lambert. Schon bürgerte diese bestrickende Nixe in der Petersburger Gesellschaft das drohende Schlagwort ein: „Der Schwerpunkt Rußlands liegt in Paris." Der dritte im Bunde gegen Deutsch land sollte England sein, das Gambetta durch Ent- schüdigungcn im Oriente zu gewinnen hoffte. Nir- ' gendswo im Auslande wird man daher so sehr wie in England den Sturz Gambella's schmerzlich verspüren; mit ihm ging auch die englisch-französische Allianz klirrend in Scherben. Die gemeinsame große Action der beiden Westmächte in Egypten ist SU Ende. Das ganze europäische Schachbret zeigt neue Gruppirungen; das neue französische Cabinet, heißt es wie immer, wird kaum Lust, noch Zeit, noch Möglichkeit finden, größere auswärtige Unter nehmungen zu arrangiren. Noch ist hierbei zu berücksichtigen, daß durch Bon- toux, der augenscheinlich der Zahlmeister der Gam- betla'schen europäischen Coalitiou gegen Deutschland sein sollte, bereits die wichtigsten schweizerischen Eisenbahnen angekauft waren. Es waren Vorkeh rungen geschafft, daß man binnen 36 Stunden alles fahrende Eisenbahnmalerial der Schweiz in die Aus- fallspforten Frankreichszusammenziehen konnte. Seiner strategischen Straßen beraubt, war die Schweiz willen los der französischen Okkupation übergeben. Bontoux kaufte ferner die hauptsächlichsten und tonangebend sten Zeitungen Italiens an, um sie, die bisher größlentheils deutschfreundliche gewesen, in den Dienst einer antideutschen italienisch-französischen Allianz zu stellen. Auch Oesterreich suchte Gambetta mit Hilfe Bontoux in die Machtsphäre der deutschfeindlichen Coalition zu ziehen. Oester reichs Regierung und Volk sollte mit einem wahren Milliardensegen geblendet und abhängig gemacht werden; der Franzose Bontoux schüttele nicht ohne politische Hintergedanken die französischen Millionen über das kapitalarme Donaurerch aus. Alle diese bald zarteren, bald kabelstarken Fäden hat der Sturz es Pariser Götzenbildes zerrissen. Manche glauben oder fürchten vielmehr noch im mer, daß Gambetta's Nolle noch nicht ausgespielt sei und daß es ihm schon gelingen werde, wieder in die Höhe zu kommen; mir setzen keine großen Erwartungen mehr in ihn; nachdem er seinen Nim bus verloren hat, wird es ihm schwer werden, sich den alten Einfluß wieder zu verschaffen. *Wa1üenburg, 30. Januar 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die auf Montag, den 30. d. M. vormittags an gesetzte Schlußsitzung des Reichstags wird vor aussichtlich nur kurze Zeit andauern. Nachdem die Schlußabstimmung über das Budget erfolgt ist, — welcher eine Erklärung vom Bundesrathstisch bezüg lich des Antrages Richter vorangehen wird, — wird der Präsident die bekannte Uebersicht über die Ge- schäftsthäligkeit des Hauies während der abgelaufe nen Session g ben und der Staatssekretär v. Böt ticher die Allerh. Ordre verlesen, mittelst welcher der officielle Schluß der Session angeordnet wird. Die Summe der Matrikularbeitrüge, welche in dem Jahre 1882/83 von den Einzelstaalen auf gebracht werden müssen, beträgt dieselbe Höhe wie > in dem Jahre 1881/82 nämlich inSgesammt - 103,684,369 Mk. und wird in derselben Weise und in derselben Höhe aufgebracht wie in dem Jahre ! 1881/82. Hierzu kommt noch nach dem vom Reichs tag gefaßten Beschluß auf Grund des Antrages des Abg. Richter (Hagen) die Summe von 10,558,350 Mk., welche zur Ausgleichung der Ausgaben aus den Ueberschüssen des Verwaltungsjahres 1881/82 als besonderes Kapital in die einzelnen Positionen der Einnahmen eingestellt werden. Die Magdeb. Ztg. berichtet aus Berlin: „Nicht ohne Spannung sieht man den Beschlüssen der Re gierung entgegen, welche sich auf die Auslösung der Berliner Stadtverordneten-Versamm- lung beziehen solle». Die Meldung, daß ein Be schluß in dieser Richtung bereits gefaßt wäre, wird uns als absolut unrichtig bezeichnet, doch ist anderer seits auch die Annahme nicht berechtigt, daß die Regierung durchaus einer solchen Maßnahme fern stehe. Jedenfalls würde ein bezüglicher Beschluß schwerlich eine Aenderung in der jetzigen Zusammen setzung der Versammlung herbeizuführen vermögen." Nachdem kürzlich in Berlin über 4000 Num mern des Züricher „Socialdemokrat" mit Beschlag belegt worden, ist der Polizei jetzt eine zweite Sendung in die Hände gefallen. Es wurden ca. 2500 Blatter beschlagnahmt. Der Empfänger ist flüchtig geworden. Was dem Absender betrifft, so läßt sich aus den Adressen nichts entnehmen, und sollen, wie die Polizei vermuthet, gewisse Spuren darauf hindeuten, daß von einem in Deutschland bestehenden Depot die Sendung nach Magdeburg gebracht und dann von einer expreß dazu hinge- fchickteu Person dort zur Eisenbahn gegeben wor- dea ist. Die Kosten der Volkszählung vom 1. Decbr. 1880, sowie die Verarbeitung und Publikation der Resultate dieser Zählung haben im Etatsjahre 1880 bis 1881 betragen 263,177 Mk. 98 Pf. Im Elats- jahre 1881 — 82 sollte eine zweite Rate in Höhe von 123,000 Mark für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden, in Summa 386,177 Mk. 98 Pf., und gegenwärtig werden für die Beendigung der Verarbeitung und Publikation der Resultate der Volkszählung noch weitere 40,000 Mk. gefordert, so daß die Kosten einer Volkszählung sich für Preußen allein, trotz der unentgeltlichen Leistungen der Com- munen und der Privaten, auf nahezu '/? Million Mark belaufen. Der Entwurf des Tabakmonopol-Gesetzes ist fertig gestellt. Die Entschädigungssumme beziffert sich auf 500,000,000 Mark, wobei die Tabakfabri kanten, Händler mit Tabakfabrikaten und die Tabak makler in erster Linie bedacht seien. Die Arbeiter würden fast sümmtlich vom Reiche übernommen. Sehr richtig bemerkt die „Berliner Börsen-Ztg." über Herrn Laskers Auftreten in der Reichstags- Debatte über den Erlaß des Königs von Preußen: vr. Lasker hatte keinen besonders glücklichen Tag. Er raffte eine Menge fernliegender Dinge zusammen und suchte dieselben mit dem auf der Tagesordnung stehenden Gegenstände künstlich in Zusammenhang zu bringen. Diese Weitschweifigkeit halte zur Folge, daß die ganze Verhandlung von dem Erlasse ab gedrängt wurde und sich wieder in eine — immer dasselbe Lied! — eingehende Besprechung des Lebens und Wirkens des Reichskanzlers in der Vergangen- i heil, Gegenwart und Zukunft verwandelte. Diese j unaufhörlichen, breit ausgesponnenen Kritiken und i Antikritiken, mit denen sich das Parlament und die Regierung gegenseitig regaliren, hemmen die sach lichen Erörterungen und lenke» die Aufmerksamkeit von den zur Berathung stehenden Fragen in unge bührlichster Weise ab. Persönliche Debatten sind häufig unvermeidlich und im Interesse der Sache selbst ge legen, allein sie sollten doch nicht als tägliches Brot aufgelischt werden. Frankreich. Der Krach hat verschiedene Opfer gefordert und sowohl in Paris als Lyon sind Selbstmorde vorge kommen. Auch sind schon mehrere Personen wahn sinnig geworden, so u. A. der Gatte der beliebten Sängerin Nilson. Mehrere Leute haben auch schon Paris den Rücken gekehrt und kleinere Reisen an- geteeten, ohne jedoch ihre Adresse anzugeben, und ihnen werde» noch »rauche nachfolgen. Wie verlautet, wird das neue Cabinet — wenn nicht das unvorhergesehene Eventualitäten eintreien sollten — zusammengesetzt sein, wie folgt: Freycinet Conseilspräsident und Auswärtiges, Ferry Unterricht, Goblet Inneres und Cultus, Humbert Justiz, Bar- roy Finanzen, Caruot öffentliche Arbeiten, Tirard Landwirlhschaft, Cochvry Posten. Als Candidaten für das Kriegsministerium werden Billot, Saussie: und Davoust, als solche für Marineministerium Jauröguilberry und Peyron genannt. England. Nach London gelangten Meldungen zu Folge haben Deutschland, Oesterreich, Italien und Ruß land beschlossen, wen» die Situation es erheischt, ein gemischtes Geschwader nach Alexandrien zu drrigire», um England und Frankreich nicht ganz freies Spiel in Egypten zu lassen. Griechenland. Die Blälter melden, es sei in Athen eine Ver schwörung gegen den König entdeckt worden, Ver haftungen hätten stattgesunden. Tie Regierung suche die Affaire todtzuschweige».