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ZchimbllM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mk. SV Pf. Alle Postanstaltsn, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Dienstag, den 28. März 1882. Bekanntmachung, die diesjährigen Osterprüfungen in der Stadtschule betreffend. Die öffentlichen Prüfungen der hiesigen Bürger- und Fortbildungsschule sollen in folgender Ordnung stattfinden: X. Einfache Schule (II. Bürgerschule). Mittwoch, den SS. März o. Vormittag 8—10 Uhr Oberclasse: Katechismus, Rechnen, Naturgeschichte, deutsche Sprache und Lesen. Herr Müller. Vormittag 10—12 Uhr Unterclasse: Bibl. Geschichte, Lesen und deutsche Sprache, Rechnen, Heimatl. Anschauung. Herr Reymann. L. Mittlere Schule (I. Bürgerschule). Donnerstag, den SO. März v. Vormittag 8 -10 Uhr I. Knabenclassi: Religionsgeschichte, Rechnen und Geo metrie, Geographie, Naturlehre, Deutsch. Direktor. Vormittag 10—12 Uhr II. Mädchenclasse: Katechismus, Rechnen, Naturge schichte, Deutsch. Herr Schubert. Nachmittag 2—3'/e Uhr IV. Classe: Bibl. Geschichte, Rechnen, Deutsch mit Lesen. Herr Reymann. Nachmittag 3'/2—5 Uhr III. Classe: Bibl. Geschichte, Deutsch. Herr Hesky. Rechnen, Valerlnndskunde. Herr Gündel. Freitag, den 31. März e. Vormittag 8—10 Uhr I. Mädchenclasse: Katechismus, Rechnen, Geschichte. Herr Cantor Mehr. Geographie Herr Org. Gündel. Vormittag 10—12 Uhr II. Knabenclaffe: Katechismus, Geographie und Ge schichte, Rechnen. Herr Org. Gündel. Nachmittag 2-3'/- Uhr VI. Classe: Bibl. Geschichte, Rechnen, Anschauung, Lefen. Nachmittag 3'/r—5 Uhr V. Classe: Bibl. Geschichte, Rechnen, Heimatskunde, Lesen. Herr Schubert. Außerdem wird in allen Classen deklamirt und gesungen. Die Schreib-, Diktat- und Aufsatzhefte, sowie Probeschriften und Zeichnungen liegen bis Sonnabend, den 1. April, im Classenzimmer IV, die Nadelarbeiten im Zimmer VIII zu jedermanns Ansicht aus. Die Hefte der einzelnen Classen sind während deren Prüfungen im Prüfungslokal Zimmer I ausgelegt. Sonnabend, den 1. April e. Vormittag 9 Uhr feierliche Entlassung der aus und L. abgehenden Schü ler und Schülerinnen, bestehend in Gesang, Ansprache des Direktors und Ueberreichung der Abgangszeugnisse. 0. Fortbildungsschule. Sonnabend, den 1. April e. Nachmittag 5 Uhr Classi III. Herr Gündel. Nachmittag 6 Uhr Cl. II und I. Herr Schubert. Herr Müller. Hierauf Entlassung der abgehenden Fortbildungsschüler durch den Direktor mit Ueberreichung der Abgangszeugnisse. Den übrigen Fortbildungs schülern werden Censurscheine übergeben werden. Zu diesen Prüfungen und Feierlichkeiten ladet der ergebenst Unterzeichnete die Hohen Behörden, die Collegien der Stadt, die Eltern und alle Freunde der Kinder zu zahlreichem Besuche hierdurch freundlichst ein. Waldenburg, den 25. März 1882. Hanschmann, Direktor. Die öffentlichen Jahresprüfungen im hiesigen Fürstlich Schönburg'schen Schullehrer-Seminar finden in folgender Ordnung statt: Dienstag, den 28. st. vormittag von '/L8 —'/-IO Uhr: Classe V; von 10-12 Uhr: Classe IV. Mittwoch, den 29. st. vormittag von ^28-'/-10 Uhr: Classe III; von 10 — 12 Uhr: Classe II. Donnerstag, den 30 st. vormittag von 8—12, nachmittag von 2—5 Prüfung der Seminarübungsschulclassen. Zu diesen Prüfungen ladet ergebenst ein Waldenburg, den 27. März 1882. die Seminardirektion. Schulrat vr. Schütze. "Waldenburg, 27. März 1882. Selbstmordsrequenz und Colonisations politik. Mehrere in rascher Aufeinanderfolge bekannt ge wordene Selbstmorde haben die öffentliche Aufmerk samkeit wieder einmal auf diesen dunklen Punkt in unseren socialen Verhältnissen hingelenkt. Die Presse hat die Gründe der überhandnehmenden Selbst mordmanie weitläufig erörtert und, wie gewöhnlich, versucht, auch aus diesen Vorgängen für Partei zwecke Kapital zu schlagen. So sind seitens eines hervorragenden Blattes die Großstädte als der eigentliche Heerd der Manie bezeichnet worden und man hat hieraus die Nothwendigkeit einer Beschrän kung der Volksansammlung in größeren Verkehrs- centren abzuleiten versucht. Daß in den Großstädten mehr Selbstmorde vor kommen, als auf dem platten Lande, dürfte nun allerdings nicht in Frage stehen, aber es kann nicht zugegeben werden, daß die Großstadt als solche den Selbstmord begünstigt, vielmehr liegen die Gründe einer gesteigerten Seblstmordsrcquenz doch etwas tiefer w gewissen Charaktereigenschaften eines Volkes und in seinen hierauf influirenden wirthschaftlichen Ver hältnissen. Denn wären die Großstädte an und für sich für die Selbstmorde verantwortlich zu machen, so müßte offenbar dasjenige Land die meisten Selbst morde aufzuweisen haben, welches die meisten Groß städte besitzt, England also in dieser Beziehung vor Frankreich und Frankreich vor Deutschland stehen. Nach den Ermittelungen des bekannten französischen Statistikers Legoyt ist aber thatsächlich die Selbst- Mordfrequenz in Frankreich und England eine viel geringere als in Deutschland. Die europäischen Länder rangiren in dieser Beziehung wie folgt. Es kommen auf eine Million Einwohner jährlich Selbst morde in: Deutschland 261 Holland 45 Dänemark 257 Schottland 37 Schweiz 215 Rußland 30 Frankreich 160 Italien 37 Oesterreich 121 Finnland 35 Schweden 96 Irland 21 Belgien 87 Spanien 17 England 69 Portugal 17 Norwegen 55 Deutschland hat hiernach eine geradezu formidable Selbstmord-Ziffer im Vergleich zu den anderen Na tionen. Die Manie passirl bei uns doppelt so stark wie in Frankreich, viermal stärker als in England; w'r haben den traurigen Ruhm, in der Zahl der Selbstmorde allen Nationen weit voranzustehen. Gewiß ist nun, daß die Veranlassung zum Selbst mord in den einzelnen Fällen eine sehr verschiedene ist, daß gekränkter Ehrgeiz, Furcht vor Strafe, ver schmähte Liebe und dergleichen eine Nolle spielen, aber alle diese Motive stehen unserer Meinung nach doch zurück hinter d:r Einwirkung winhschaftlicher Verhältnisse auf die Selbstmordtendenzen der Be völkerung, eine Einwirkung, welche durch einige Charaktereigenschaften des deutschen Volkes noch be sonders geschärft wird. Derselbe Trieb, der die Deutschen in so viel höherem Grade, wie jede andere Nation zur Aus wanderung treibt, führt in vielen Fällen, wo ein widriges Geschick dem vorwärts Strebenden Erfolge versagt, auch zum Selbstmord. Dem Deutschen wohnt auf wirthschaftlichem Gebiet ein gewisser un ruhiger Erwerbsdrang inne, der den romanischen Völkern nicht in diesem Grade eigen ist, die Liebe zur Freiheit begründet bei ihm Unzufriedenheit mit manchen socialen Zuständen, ein großes Ehrgefühl wünscht Erfolge herbei und wird durch das Fehl schlägen gehegter Erwartungen auf das Empfind lichste erregt. In allen diesen Eigenschaften wird der Deutsche durch manche sociale Einrichtungen und durch die gesellschaftlichen Sitten des Landes bestärkt und da es bei der thatsächlichen Uebervölke- rung des Landes und der Ueberfüllung aller Ge werbszweige Vielen nicht möglich ist, eine befrie digende Existenz im Lande zu erringen, so entschließen sie sich entweder die Heimath zu verlaffen oder fallen der Verzweiflung und dem Selbstmorde anheim. Wenn wir uns nun fragen, in welcher Weise dem Verlust so vieler Menschenleben, der Ver zweiflung von Tausenden vorgebeugt werden kann, so bietet sich auch hier die Erweiterung des deutschen Wirlhschaflsgebietes durch Anlage von Colonien als eins der wilksamsten Mittel dar. Denn eine ener gische Colonisationspolilik würde nicht allein die Uebervölkerung im Lande selbst beseitigen, sondern auch einer großen Anzahl unserer Mitbürger neue Erwerbsquellen eröffnen, den Wohlstand des Landes steigern, den Unternehmungsgeist anfeuern, kurz die Lebensihätigkeit des deutschen Volkes in jeder Weise erhöhen, während unsere gegenwärtige starke Selbst- mordfrcquenz eher als Anzeichen einer absterbenden Cultur angesehen werden kann. Es ist also auch nach dieser Richtung geboten, die Colonisationsfrage schleunig und mit Energie in die Hand zu nehmen. Die Negierung würde der begeisterten Sympathien des Landes sicher sein, wenn sie in dieser Frage aus ihrer seither beobachteten Reserve heraustreten wollte. "Waldenburg, 27. März 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Ter „Reichs-Anzeiger" veröffentlicht folgenden Erlaß des Kaisers an den Kanzler am 24. März: Wiederum hat die Gnade Gottes mich am 22. März ein Jahr meines Lebens vollenden lassen, wiederum hat sich an meinem Geburtstage die freudigste Theilnahme für mich kundgegeben. Aus allen Theilen des Landes und allen Schichten der Bevölkerung, der Gemeinden, Korporationen, Ver einen, Festversammlungen, von einzelnen Personen