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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festlagen. Annahme von Inseraten für die nächste» scheinende Nummer bisVormittag§V,11Uhr. Ter «bonnementsvreiS beträgt vierteljähr- lich 1 Mk. 60 Pf., monatlich 58 Pf. Einzelne Nrn. 10 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., für auswärts 1ö Pf. Filialen: in Nltstadtwaldenburg bei Herm Otto Förster; in Kallenberg beiHrn. Strumpf wirker Fr. Herm. Richter; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janafchek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wil helm Tadler; in Wolkenburg bei Her« Herm. Wildenhain; in Ziegelheim bei har» Eduard Krstm. «»d Wal-enburzer Anzeiger »"Nsprecher Nr. 9. Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in dm Städten Penig, L«»ze»a«, Lichte«stet».Caü«berg und in den Ortschaften der nachstehenden StandeSamUbczirke, «Ustgdt-Waldeuburg, BrSunSdorf, Callenberg, Ehrlichem, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kanfungen, Langenchursdorf, Langenleuba-Niederham, Laugen leuba-Oberhain Niederwiera. Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. E., Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 23. Mittwoch, Neu AS Januar 1908. WillernugSderitht, ausgenommen am 28. Januar, Nachm. 8 Uhr. SsrSNtlerstavd 752 mm reduziert aus den NeereSiriegel. rhermomelerKanL -s- 6° 0. Morgens 8 Uhr -s- 6° 0. Tiefste NachttemperaMr -s- 4'0.) Anlchttß!ri:L- LkhM der Luft nach Lambrechts Polvmeter 50"/.. r-npnakt — 4« 0. Windrichtung: Südwest. S,iederscklagsmenge in den letzten 24 Stunden bis früh 7 Uhr: 17,. MM Daker WittervnaSallSstchtkv für den 29. Januar: Wechselnde Bewölkung, Niederickläge nicht ausgeschlossen. Bekanntmachung. Der Plan über die Errichtung einer oberirdischen Telegrophenlinie am Kommunikationswege zwischen Schlagwitz und Franken bei Waldenburg (S.) liegt bei dem Postamt in Waldenburg fS.) auf die Tauer von 4 Wochen öffentlich aus. Chemnitz, den 22. Januar 1908. Kaiserliche Ober-Postdirektion. . __ Richter. Ap. 'Waldenburg, 28. Januar 1908. Wenn man Von unseren Nachbarn jenseit der Vogesen nicht wüßte, daß sie bei ollen Gelegenheiten, im Privatleben wie im öffentlichen Leben, den größten Wert darauf legen, eine gute Figur zu machen und Bewunderung oder dock mindestens Respekt durch eine tadellose Haltung hervorzu- ruscn, so könnte man onnehmen, daß der politische Horizont sich wieder umdüstcrt. Herr Telcasse, der Mann, der den Revanchegedanken zur Zeit am deutlichsten repräsentiert und der als der offenkundigste Vertreter aller in Frankreich gegen Deutschland gesponnenen Ränke gelten kann, hat den Augen blick für gekommen erachtet, sich wieder in Erinnerung zu bringen, und in der Kammer unter tosendem Beifall der Volksvertreter eine Rede gehalten, die auf die Rechtfertigung seiner Marokko-Polilik hinauLlirf. Nur Jamis und seine Anhänger ließen sich von der Beredsamkeit des ExministerS nicht Hinreißen. Ter Zwischenruf des Sozialisten: .Warum haben Sie ihn denn fallen lasten, wenn Sie ihm heute zu- jubeln?" und seine an Telcasti gerichtete Frage: »Wollen Sie heraussordeln? In der Gefahr waren Sie recht kleinl" waren der einzige schrille Mißklang, der die Stimmung der Kammer störte. Im Uebrigen war in jener Stunde die ganze französische Volksvertretung einig in jener patriotischen Begeisterung, in der man sich an der Seine von Zeit zu Zeit gefällt. Es wäre falsch, wollten wir für dieses geschloffene Auf treten der französischen Volksvertreter dem Auslande gegen- über nur Spott haben. Ter Anblick, den die Vertretung der französischen Nation in solchen Augenblicken gewährt, ist Erquicklicher als die Zerfahrenheit, die der Deutsche ReickS- tag in nationalen Dingen nur leider zu oft bekundet. Aber ebenso falsch wäre es, dir Vorgänge in jener Sitzung der französischen Depuliertenkammer so zu deuten, als wolle man es in Frankreich auf eine Anrewpclung Deutschlands an kommen lasten. Es ist psychologisch leicht zu erklären, warum die Franzosen jetzt das Bedürfnis haben, sich von TeleaffL Versichern zu lasten, Frankreich dürfe, wenn es sein Recht, feine Allianz und seine mächtigen Freundschaften für sich habe, Vertrauen zu sich selbst haben. Wenn sie sich jetzt wieder einmal so gewaltig in die Brust werfen, so gleichen sie damit den Kindern, die, wenn sie Furcht haben, zu fingen anfangen. Es ist ihnen augenscheinlich nicht recht wohl zu Mute. In Marokko haben sie sich auf Händel eingelassen, dir recht teuer zu stehen kommen können. Wenn ? ^"zösische Regierung wirklich, wie Jamis behauptet, " Sultanen zugleich Beziehungen unterhalten hat, so w rb ihr jetzt Hohl die Erkenntnis aufdämmern, daß sie dam t eine groß, Unklugheit begangen hat. Sie hat sich dann in Muloy Hafid Gegner grob gezogen, der ihr noch viel zu schaffen machen wird. Sie wäre mit Abdul Asis leichter zu ihrem Ziele gelangt, als mit dessen ener gischem und an den Fanatismus der Moslems appellieren dem Bruder. Es kann noch recht große Opfer kosten, ehe sie die indirekt von i^ seihst verursachten Unruhen in Marokko unterdrückt. Niemand kann heute in Frankreich sagen, welchen Ausgang das Unternehmen haben wird, das man um der Pariser Spekulanten willen begangen hat, und der französische Steuerzahler, der an das Anwachsen des Budgets denkt und dem Ruhe und gutes Geschäft über alle« gehen, kommt allmählich in ungemütliche Stimmung. So wirkt es auf ihn befreiend, wenn die in Frankreich nie versagende patriotische Seite angeschlagen wird, die Teputierten finden, daß sie ihre eigene Verantwortlichkeit leichter tragen können, wenn men sich wieder einmal vc» sichert, daß Frankreick im Besitze seiner Freundschaften und Bündnisse stark sei, und die Regierung hat natürlich erst recht Veranlassung, über ihre bisher versolgte Politik durch kaS Anstimmen der patriotischen Tonart einen bequemen Schleier zu bereiten. So findet sich denn alles zusammen in der Lobpreisung Frankreichs als der sriedenliebenden Schutzmacht von Zivilisation und Ordnung in Marokko. Aber wenn man auch TelcassL begeistert zustimmt, man hütet sich doch wohlweislich, ein Wort zu viel zu sagen, das Deutschland zu ernsten Rückfragen Anlaß geben könnte. TelcassL selbst hat seine Rede mit schlauer Berechnung so zu mäßigen gewußt, daß sie genau so weit ging, wie sie ohne Unfreundlichkeit gegen Deutschland gehen konnte. Das kann uns für den Augenblick genügen. Im übrigen wird auch diese Sitzung der französischen Kammer dazu vrran- lassen, daß man von Berlin aus den Franzosen scharf auf die Finger sieht. Daß Telcaffi alles ausbot, um in seiner Darstellung die Richtigkeit seiner Politik auszuweisen, ist ihm nicht zu ver übeln. Freilich zeigt er die Ereignisse nur im Zerrbild und in ganz falscher Beleuchtung, aber eine objektive Darlegung ist von ihm nicht zu verlangen, sie ist überhaupt den Fran zosen in Fragen, die ihr Land betreffen, nur ganz feiten möglich. Komisch wirkt die Bemerkung, sür Deutschland iwäre es bester gewesen, die Konferenz von Algefiras hätte nickt stattgesunden. Das sollte er doch Sorge der Deutschen sein lasten. Da aber zuweilen auch in Deutschland ähnliche Meinungen laut werden, so sei einfach darauf hingewiesen, daß in Algefiras dem Vorgehen Frankreichs in Marokko ganz bestimmte Grenzen gezogen worden find, die cs nach dem englisch-französischen Vertrage nicht hatte. Tie Ordnung der marokkanischen Angelegenheiten ist gemeinsame Sache der in Algefiras vertreten gewesenen Mächte. Frank reich und Spanien handeln nur in deren Auftrag und sind an gewisse ihnen vorgezeichnete Richtlinien gebunden; von der Freiheit, die der englisch-sranzöfische Vertrag der Rcpu- blik gab, ist jetzt keine Rede mehr. Etwas anderes hätte Deutschland von Anfang an nicht gewollt. TaS ist doch gar kein unbedeutender Erfolg von Algefiras. An ihm wird Deutschland auch ferner» Gelüsten Frankreichs gegenüber sesthalten. Politische -kuu-fchau. Deutsches Reich. Ter Himmel blickte zwar grau darein, als in Berlin zu Kaisers Geburtstag am gestrigen Montag früh Punkt 8 Uhr das große Wecken begann, und auS dem Innern dcS Schlosses die Trommeln und der Choral dcS Musikkorps hcrauStöntcn. Aber die festliche Stimmung der Tausende, die sich bald in der Nähe des Schlosses und in der Straße Unter den Linden einfanden, konnte das naß kalte trübe Wetter nicht beeinträchtigen. Begeisterung erwärmt, und alles war eine Freude und ein Jubel. Tie Polizei nahm es nach den bekannten Straßentumultcn mit den Ab sperrungen noch ernster als sonst; störenden Tcmonstrantcn war der Weg von vornherein verlegt. Wer aber gekommen war, um am Geburtstage des Kaisers ein paar Stunden in möglichster Nähe des Herrschers zu verweilen, dem stand die breite Straße Unter den Linden zur freien Verfügung. Und cs waren noch mehr gekommen als in früheren Jahren. Dicht gedrängt stand die Menge in unabsehbarer Kette auf den Bürgersteigen und der Mittelpromcnade. Tie erste Beglückwünschung nahm der Kaiser nach der Gratulation der engsten Familienangehörigen um 10 Uhr Vormittags im Pfeilersaole deS Schlosses entgegen. Es waren die zu dem Festtage nach Berlin gekommenen Fürstlichkeiten, die dem Reichsoberhaupte ihre Glückwünsche darbrachten. Inzwischen hatte sich die Schloßkapelle zum Gottesdienst gefüllt. In dem Augenblick, wo der große Vortritt die Kapelle betrat, und nachdem die kaiserlichen und fürstlichen Herrschaften ihre Plätze eingenommen hatten, wurden die Türen geschlossen, und der Gottesdienst nahm mit einem Choral des Tom- chores seinen Anfang. Um 11^ Uhr begann die große GratulationSkour im Weißen Saal vor dem Kaiserpaar, daS Vor dem Throne Ausstellung genommen hatte, zu dessen bei den Seiten die Fürsten und Fürstinnen, die Prinzen und Prinzessinnen standen. Nach der Kour nahm der Kaiser die Glückwünsche des StoatSministeriums entgegen und begab sich um 12^ Uhr zu Fuß nach dem Zeughaus, um die Nagelung und Weihe einiger neuer Feldzeichen vorzunehmen. In der Begleitung des Kaisers befanden sich der Großherzog Von Baden, die sechs kaiserlichen Söhne, Prinz Heinrich von Preußen und andere Fürstlichkeiten. Tie Kaiserin und die fürstlichen Damen olle begaben sich zu Wagen nach dem Zeughaus. Dort wurde der Kaiser mit einem dreifachen vom General Feldmarschall von Hahnke ausgebrachtn Hurra empfangen. An die Nagelung und Weihe der Fahnen schloß sich die große ParoleauSgabe. Darauf verließ der Kaiser, gefolgt von den Fahnen, daS Zeughaus. Vor demselben empfing die Ehrenkompagnie unter präsentiertem Gewehr die Fahnen. Diese setzten sich vor die Ehrcnkompagnie und eS erfolgte ein Vorbeimarsch Vorm Kaiser. Im Schloß fand um 1'/, Uhr die Frühstückstafel statt, an die sich Abends um 6 Uhr das große Galafestmahl anschloß. Eine Festvor stellung im Opernhaus bildete den Schluß der kaiserlichen Geburtstagsfeier. Mit dem Eintritt der Dunkelheit trat die Illumination in ihr Recht, die auch in diesem Jahre wieder großartig war. ES wäre ein vergebliches Unterfangen, wollten wir an dieser Stelle über Einzelheiten der durch die verschiedenartigsten Gruppierungen erzielten Lichteffckte berich ten. Die Umgebung des kaiserlichen Schlosses war in ein in allen Farben flimmerndes Lichtmeer getaucht. In den Hauptstraßen deS Zentrums reihte sich eine Illumination an die andere, aber auch bis weit an die äußersten Grenzen der Reichshauptstadt hinaus verkündeten Festglanz und Böller schüsse die Bedeutung des TageS. Zum ersten Male fand in Berlin auf Befehl unfreS KaiferS in einem Hoftheater, und zwar in der Neuen Königlichen Oper, eine Vorstellung für die Berliner Arbeiterschaft statt. Gespielt wurde Kleist's »Prinz Frie drich von Homburg". Tie Billets waren zu einem niedrigen Eintrittspreise und nur an Arbeiter abgegeben worden. Tas Haus war ausverkauft. Unerwartet erschien pünktlich zu Beginn der Vorstellung der Kaiser mit der Kaiserin, mehrerer Prinzen und Prinzessinnen, sowie dem großherzog lich hessischen Paare in der Hosloge. Das Publikum grüßte ehrerbietig, indem es sich von den Sitzen erhob und be wahrte während der ganzen Tauer der Aufführung muster gültige Haltung. Ter Kaiser war über den schönen Erfolg seines Unternehmens sichtlich erfreut und plauderte während des Zwischenakts in heiterster Weise mit der Frau Groß herzogin von Hessen. Erst kurz vor dem Schluffe der Vor stellung verließen die hohen Herrschaften, wiederum vom Publikum ehrfurchtsvoll gegrüßt, das Theater. Ter Landesausschuß der freisinnigen Partei für daS Großherzogtum Hessen fordert im Hinblick aus die Stellung nahme des Fürsten Bülow zur preußischen WahlrechtSsrage, daß die linksliberalen Parteien eine entschlossene liberale