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Schönburger Tageblatt 1908 Freitag, Sen 10. Juli Filialen: in Attstatuwaldenburg bei Herr» Otto Förster; in Lallenberg beiHrn. Ztrmno Wirker Fr. Herm. Richler; in Kaufung« bei Herrn Fr. Janafchek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Sttegler; in Penig bei Herrn Wil helm Dabler; in Wolkenburg bei Herr» Herm Wildenhain; in Ziegelheim bei Herr» Eduard Kirste». "7- , " Vs-, MVNUINM >0 Pf. Inserate pro Zeil» Pf., für audwärt« 1b Pf. Witterungsbericht, ausgenommen am 9. Juli, Nachm. 3 Uhr. Barometerstand 758 mm reduziert auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -st 17« 6. (Morgens 8 Uhr -st 18° o. Tiefste Nackttemperatur -st 14» 6.) Feuchtigkeits gehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 74°/o. Taupunkt st- 12,g° 6. Windrichtung: Südwest. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis früh 7 Uhr: 3,z mm Daher Witterungsaussichten für den 10. Juli: Wechselnde Bewölkung, Niederschläge nicht ausgeschlossen. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach sonn, und Festtagen. «»nah«« von Inseraten für die nächster- scheinende Stummer bk Vormittag« st.11 Uhr. Der «bminemen,«preis beträgt oi.rteljähr- und Valöenburger Anzeiger Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Calluberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standcsamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langenleuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oclsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. verdiene das Marokko ent- Vcrtrauen, das Europa seiner Tätigkeit in gegcnbringe. Die Antwort der französischen Regierung auf die Marokko- Interpellation des sozialistischen Abgeordneten Jaures kann die Teilnehmer an der Algesirasaktc nicht befriedigen. Die französische Regierung suchte augenscheinlich nach Ausflüchten und verbreitete sich eingehend über dre Tapferkeit d'Amades und seiner Truppen, nm sich an der Sache selbst vorbeizu drücken. Weder Clemenceau noch Pichon gaben der Wahr heit voll die Ehre, sondern waren geflissentlich bemüht, die Handlungsweise ihres Generals in Marokko zu entschuldigen. Und dabei gab es nichts an der Tatsache zu entschuldigen, daß d'Amade sogar außerhalb des Schaujagebietes militärische Aktionen unternommen und den bisherigen Sultan Abdul Aziz durch die Eroberung von Azemur gegen den neuen Sultan Mulay Hasid unterstützte. Es will auch wenig genug bedeuten, wenn der Minister hinterher erklärte, Frankreich beobachte gewissenhaft die Algesirasakle und Die Taten Frankreichs in Marokko stehen jedenfalls zu den Worten der französischen Regicrungsvertreter an die Ab geordneten der Depnticrlenkammer im schroffen Gegensatz. Laut „Köln. Ztg." ist die Lage in Azemur äußerst bedenk lich, da die Franzosen über den Fluß bei Azemur eine Brücke und dicht dabei eine Kaserne bauen, so daß es den Anschein gewinnt, als wollten sie sich in dem genannten Orte häuslich einrichten. Tie Stadt Azemur selbst wurde von den Fran zosen geräumt und zwar, wie die Anhänger Abdul Aziz' tendenziös behaupten, auf Deutschlands Aufforderung hin. Als die Franzosen gegen die Truppen Mulay Hafids mit Waffengewalt vorgingen und die Waffenlat von Azemur voll- sührten begingen sic zweifellos einen unerhörten Bruch der Neutralität und verletzten in schmählichster Weise die Alge- sirasakte. Fest steht auch, daß sie sich gegen deutsche Beamte schwere Uebergriffe erlaubten und auch den deutschen Handel °uf das schwerste schädigten. Darum darf man es so be- '"nkeu dam die ^eipz. N. Nachr.", wohl als geschichtliche T°'s°che Lachten", daß Fürst Bülow in seiner Unterhaltung E Herrn Cambon keineswegs den ,ebenswnrd.gen Schwerenöter gemimt nnd sein Grübchenlächeln hat spielen l°ssny sondern daß er mit vollem Nachdruck auf den Ernst d°r Situation und auf die in Deutschland herrschende Stimmung hingewicsen hat, die ja auch durch mannigfache Aeußerungen von höchster Stelle noch eine besondere Beleuch tung erfuhr. Nun bildet aber ein „Halt!" aus deutschem Aunde, das zugleich von dem leisen Waffenklnren eines Miltwnrnheeres begleitet wird, für französische Ohren trotz „„...^""'dschaft mit Rußland nnd England noch immer kein «keusch, und wenn auch die bisher s° wider betrübte humnelhoch jauchzende, bald zmn Tode Stärkung aeiuttv der französischen Abenteuerluit manche man N ist doch jetzt anders geworden, co w,ld erschöpft ist'" ^»kreich ganz genau, daß die deutsche L Lu Ehrgeiz blendet schnei Auch ist das Sptel gar zu plump J'N Mai erhalten wir die Zusiche ¬ rung, daß die st l s schcnTravpcn allmählich zurückgezogen werden sollen, d ° herum versichert m der französischen Kammer Herr P,cho„ französische Polstik durchaus uneigennützig und selbstlos und nur behebt sei, die Sicherheit m Marokko aufreckt z„ erhalten, dann folgt Nachricht auf Nachricht, daß bereits die am meisten vorgeschobenen französischen Posten zurückgezogen würden bis dann plötzlich die Welt mit dem Abenteuer von Azemur überrascht wurde. Hätte Fürst Bülow mit Herrn Cambon nicht ein ernstes Wörtlein gesprochen, sondern „ach altem berühmten Muster das Vorgehen Frankreichs für äußerst korrekt befunden, so würde der neue Löwenritter heute noch Brückeneinsturz in Köln. Spaltung im Deutschen Flottenverein. -Waldenburg, 9. Juli 1908. in Azemur sitzen, man hätte ihm keinen Rüffel erteilt, und Frankreich hätte einen ausgezeichneten Präzedenzfall ge schaffen, um peu L peu ganz Marokko in die Taschen seiner roten Hosen zu stecken. Auch von England her dürfte man, wie gesagt, leise „ab gewunken" haben. Denn die Stimmung des britischen Volkes ist gerade in den letzten Tagen beträchtlich gedämpft wor den. Einerseits hat man aus den Vorgängen in Teheran, wo man ruhig zuschauen mußte, wie die russische Kosaken knute die junge Freiheit zu Boden schlug, doch die Lehre ent nommen, daß die Entente von Reval nicht nur Lichi-, son dern auch Schattenseiten hat, und andererseits ist das Ge fühl der Sicherheit und die Ueberzeugung, daß man wieder einmal die Völker des Kontinents gegcneinanderhetzen und ohne Mühe die Früchte einheimsen könnte, in unangenehm ster Weise durch die Nachrichten aus Württemberg durch brochen worden. Denn das Motorluftschiff ist ein eigentüm liches Ding, es kümmert sich nicht um alle Dreadnought, die den Aermelkanal versperren, und es könnte wohl die Zeit kommen, in der die englische Weltherrschaft an dem unschein baren Aluminiumfahrzeug zerschellt. Darum liegt eine merk würdige Beklommenheit über dem ganzen englischen Volke, etwas von der Ahnung, daß man die Gestaltung der künfti gen Geschicke der Welt doch nicht ganz so sicher in den Händen hält, wie man bisher geglaubt hat. Hatten die Leit artikel der englischen Presse noch vor kurzem durchaus den Charakter von Fanfaren getragen, so sind sie jetzt fast allge mein zu gedämpften Chamaden herabgetönt. Das ist natür lich auch in Frankreich nicht ohne Eindruck geblieben. Die Frechheiten, die man sich in Marokko noch speziell gegen deutsche Untertanen erlaubt hat, dürften deshalb jetzt, wo man von England her das Signal zum Abblasen und von Deutschland her die Stimme ruhiger Entschließung vernimmt, im französischen Munde einen recht schalen Geschmack Her vorrufen, denn wohl oder übel ist man genötigt, allerlei Ent schuldigungsgründe zu suchen und vorzubringen, und den Mut, der in der Brust seine Spannkraft übt, auf andere Dinge zu lenken. Die letzte Kammersitzung ist eben wirklich in teressant, viel interssanter, als wenn lange Reden gehalten worden wären. Sie zeigt uns die französischen Staatsmänner in grimmigster Verlegenheit. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser weilt bereits in den norwegischen Gewässern und besucht zunächst Bergen. Das Wetter war bisher sehr schön. Als der Kaiser die englische Flotte passierte, die sich in Norwegen aufhält, nahmen die Schiffe Paradeaufstellung. Als letzter Tag der Nordlandsreise unseres Kaisers ist nach den bisherigen Dispositionen der 31. d. in Aussicht genommen. Vom 3. bis 5. oder 6. August wird unser Kaiscrpaar als Gast am schwedischen Hofe weilen. Von einer bevorstehenden Begegnung unseres Kaisers mit dem Zaren in den nordischen Gewässern wissen einige Blätter noch immer zu berichten. Es handelt sich dabei aber offenbar um die nahe liegende Kombination, daß die Revaler Zusammenkunft zu ihrer Ergänzung einer Aussprache zwischen Kaiser Wilhelm und dem Zaren bedürfe. Reichskanzler Fürst Bülow richtete an den Grafen Zeppelin folgendes Telegramm: „Eurer Exzellenz sende ich zu Ihrem 70. Geburtstage meinen herlichsten Glückwunsch. Möge Ihnen noch lange die kühne Tatkraft erhalten bleiben, auf deren Erfolge ganz Deutschland mit Stolz blickt." Auch die Stadt Konstanz erwählte deth Grafen zum Ehrenbürger. Am Abend wurde ihm eine große Serenade mit Feuerwerk dargebracht. Tausende von Menschen nahmen daran teil. Reichskanzler Fürst Bülow sandte an die Witwe des soeben verstorbenen Generalfeldmarschalls Frhrn. v. Loe, Vertrauensmannes Kaiser Wilhelms U. in Missionen beim «Papst, ein Beileidstelegramm, in dem es heißt: „Der Name des verewigten Feldmarschalls wird unvergänglich fortleben in der preußischen und deutschen Geschichte. Er war ein Ritter ohne Furcht und Tadel, treu Gott, König und Vater land. Sein Patriotismus kannte keine Schranken. Er ver körperte die unlösbare Zusammengehörigkeit der Rheinlande mit der Monarchie. Persönlich werde ich dem teuren Ent schlafenen, der mir seit dem großen Kriege in allen Lebens lagen ein väterlicher Freund war, immer das dankbarste und liebevollste Andenken bewahren." Die Geschworenen und das Gericht haben im Prozeß Eulenburg noch nicht gesprochen, aber da die Haupt belastungszeugen Riedel und Ernst ihre Aussagen aufrecht erhalten haben, wird das Schicksal des Angeklagten Fürsten Eulenburg als besiegelt angesehen. Auf jeden Fall ist die Lage des Fürsten verzweifelt. Aus der Vernehmung des Zeugen Ernst teilt die „Nordd. Allg. Ztg." noch mit: Ernst soll am Dienstag versichert haben, daß er mit dem Fürsten Eulenburg über seine zu machende Aussage nicht gesprochen habe, wohl aber mit dem Hofrat Kistler-München, der ihn ausgesucht und später an ihn geschrieben habe, er solle ihn in München besuchen. Kistler habe ihm wiederholt gesagt, er solle von vorgekommenen Schmutzereien vor Gericht nichts sagen. Kistler sei in einer Woche zwei-, dreimal bei ihm gewesen. Am Mittwoch wurde mit Hilfe des Dolmetschers festgestellt, daß die Aeußerung des Hofrats gelautet haben soll: „Wann Du nach Berlin mußt, dann sagst halt, Du weißt nix davon." Hierbei habe Kistler pantomimisch die Bewegung einer unsittlichen, nicht strafbaren Handlung an gedeutet. Ernst soll sich augenscheinlich viel Wohler gefühlt haben, als er das heimatliche Idiom vom Dolmetscher ii)r. Fischer vernahm, und machte seine Angaben nun weit leb hafter. Hofrat Kistler ist, wie weiter festgestellt wurde, bis Ende 1902 bei dem Fürsten Eulenburg als Sekretär beschäf tigt gewesen und jetzt Direktor einer Feuerversicherungsgefell schaft. Mehrere Leumundszeugen konnten im allgemeinen nur Gutes über Riedel und namentlich über Ernst aussagen. Infolge Erschöpfung des Angeklagten wurde die Verhandlung bald nach 3 Uhr auf heute Donnerstag vertagt. Wie es in einigen Berliner Blättern heißt, hat Fürst Eulenburg vor dem Prozeß den Schwarzen Adlerorden an den Kaiser zurück geben müssen. Die Aeußerungen über die Un wahrhaftig! eit des Fürsten Eulenburg in dem Briefe des Fürsten Dohna- Schlobitten, der als authentisch anerkannt worden ist, haben die „Germania", das Berliner Zentrumsorgan, zur Ver öffentlichung einer Zuschrift veranlaßt, in der sich nachstehende merkwürdigen Schlußfolgerungen befinden: Bei dieser Gelegen heit erinnert man sich auch daran, daß der Fürst schon früher von München aus den Kaiser falsch über die preußische Schulvorlage unterrichtet hatte; daß er dem Kaiser einen ge fälschten Bericht über die Rede des Polenführers Koscielski unterbreitete und dadurch den Bruch mit den Polen herbei führte. Wir wissen ebenso, daß der Fürst Eulenburg über das Zentrum dem Kaiser eine Unrichtigkeit nach der anderen Vorzusetzen suchte, und können dafür im Notfälle sogar das Zeugnis des Fürsten Bülow anführen. Wir teilen diese Auslassung hier mit, weil sie voraussichtlich nicht ohne Er widerung bleiben wird. Aus der Tatsache, daß auf dem am 13. September in Nürnberg zusammentretenden sozialdemokratischen Parteitage Bebel kein einziges Referat übernommen hat, war der nahe liegende Schluß gezogen worden, daß das Herzleiden des sozialistischen Parteiführers solche Fortschritte gemacht habe, daß Bebel sich an den Verhandlungen des Parteitages mcht mehr in der gewohnten Weise beteiligen könnte. Der „Vor wärts" gibt zu, daß Bebel sich zur Zeit in Bad Nauheim befinde, betont aber, daß sein Gesundheitszustand ein durch- aus befriedigender sei. Nun, der „Vorwärts" kann es am Ende wissen, und wenn er nicht aus irgendwelchem Grunde beschönigt, muß man ihm glauben. Die Deutsch-Amerikanische Petroleumgesellschast