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wiederherzustellen. Der Einfluß Muley HafidS vergrößert sich täglich; seine Losung lautet: Krieg der Franzosen! England. Wahlunruhen fanden in England in dem Wahlkreise Mittel-Devonshire statt, wo der konservative Tarifreformer den Liberalen besiegte. Am ärgsten ging es in Newton- Abbot her. Hier bewarfen die Liberalen die Häuser der Konservativen mit Steinen. Ein hervorragender Konserva» tiver wurde tot aus dem Wasser gezogen. Mehrere Per sonen trugen schwere Verletzungen davon. Aste«. In China gärt es wieder. Um weitere Unruhen zu verhindern, will die chinesische Regierung 6000 Mann nach der Provinz Tschekiang senden. Amerika. Die brasilianische Regierung erklärt angeblich, daß sie vor dem Eintreffen der nordamerikanischen Flotte in Rio de Janeiro aus Washington und Paris Mitteilungen er halten habe, wonach von Anarchisten verschiedener Nationali täten Unternehmungen gegen die amerikanischen Kriegsschiffe geplant seien. Tie Polizei hat alle Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung von Anschlägen getroffen. Hohe amerikanische Marineoffiziere erheben schwere Anklagen gegen die Marine verwaltung und wollen sie beweisen. Ein Teil der Flotte soll veraltet sein. Die Panzerung, die Geschütze, die Torpcdo- waffe und vie Ausbildung der Mannschaften wird als un genügend bezeichnet. Aus dem Mul-entale. «Waldenburg, 21. Januar. In der gestern Abend im Schönburger Hofe stattgehabten Hauptversammlung der Ge- werblichen Fach» und Fortbildungsschule hierselbst gab vor Eintritt in die Tagesordnung der Vorsitzende des Schulver eins, Herr Kommerzienrat Leonhardt, einen ausführlichen Bericht über den geplanten Neubau eines neuen Fachschul» gebäudes, zu welchem die hohe Staatsregierung ein aus längere Zeit zinsloses Darlehen in Höhe von 15,000 Mk. und die Stadtgemeinde ein solches von 10,000 Mk. bewilligt hat. Alsdann wurde der Jahresbericht erstattet, welcher ein erfreuliches Bild von der fortdauernden Weiterentwickelung der Schule bot, deren Räume für eine ersprießliche Tätig keit schon längst zu eng geworden find. Tie Rechnung aus das Jahr 1906/7, über welche der Kassierer Herr Kauf mann Opitz berichtete schloß mit einem kleinen Fehlbetrag, welcher auf neue Rechnung übernommen wurde. Dir bereits geprüfte Rechnung wurde richtig gesprochen. Nachdem als dann noch Herr Kommerzienrat Leonhardt den Lehrern und Vorstandsmitgliedern seinen Tank ausgesprochen, dem Herr Bürgermeister Kretschmer Worte des Dankes für die umsich tige Leitung seitens deS Herrn Kommerzienrat Leonhardt an fügte, sand die Versammlung mit der Protokollverlesung ihren Schluß. *— lieber das turnerische Auftreten der Sachsen auf dem 11. Deutschen Turnfest in Frankfurt am Main liegen nun mehr folgende Beschlüsse vor: Es werden gemeinsam Frei- Übungen ausgcführt, danach folgt Geräteturnen. Den Frei- Übungen wird ein Tauerlaus angeschloffen. Bezüglich des Geräteturnens bleibt es den Gauen überlassen, Riegen- oder Gemeinturnen auszuführen. Tie Bildung von Altersriegen wird den Gauen empfohlen. Als volkstümliche Uebung soll im Rahmen des Kreisturnens noch ein Eilbotenlauf aus» geführt werden. Zur Festfahrt nach Frankfurt a. M. werden von Sachsen aus Sonderzüge verkehren. Wie bei früheren Festen, wird auch in Frankfurt ein Sachsenabend veranstaltet. wenn möglich im Herkukessaalbau. Die Turnfestteilnehmer aus Sachsen sollen möglichst in Gleichtracht erscheinen. Dunkelblaue Jacke und Weste, graue Hole und weicher, schwarzer Filzhut bilden den vorschriftsmäßigen Turneranzug. *— Wir brauchen Frauen in den Kolonien. Während in Deutschland eine Million mehr Frauen als Männer sind, kommen in den Kolonien auf je eine Frau 6—9 Männer. Aber wir können unsere Frauen nicht veranlassen, ohne Vorbildung und ohne Rückhalt in die Kolonien zu gehen. AuS diesen Erwägungen heraus soll zum 1. April für Damen gebildeter Stände von im allgemeinen SO—SO Jahren eine Kolonial-Frauenschule im Anschluß an die .Deutsche Kolonialschule" für Männer in Witzenhausen ein gerichtet werden. Die Schülerinnen derselben können an dem Unterricht der Deutschen Kolonialschule teilnehmen und erhalten im übrigen im Hause das, was speziell für die in den Kolonien lebenden Frauen notwendig ist. Als Vor steherin ist Frau von Falkenhausen, zur Zeit in Berlin- Zehlendorf, gewählt worden, die selbst 11 Jahre lang in Deutsch'Südwestasrika gelebt hat. Näheres ist von dieser zu erfahren. *— Im König Sachsen zählt man zurzeit 24 Seminare mit 471 Lehrkräften (einschließlich der Direktoren) und 4S38 Schülern und 413 Schülerinnen. — Herr Obermedizinalrat Or. Hankel in GlauchtM ist als medizinischer Rat an die KreiShauptmannschast Zwickau versetzt worden und tritt die Stelle am 1. Februar an. — Der 3S. Gautag des Wcstl.-Sächs. GrenzgaueS findet am 23. Februar im Saale deS Gasthofs »Zum Linden- bäum- in NiederschivdmaaS statt. — Im Stadloerordnelcnkollegium in Zwickav wurde die Frage der Errichtung einer Oberrealschult angeregt. Ein Realgymnasium und eine Realschule besitzt die Stadt Zwickau bereits. — Die Jahrhunderte alte Schloßmühle in Zwickau, früher zum kurfürstlichen Schloß Osterstein (jetzige Straf anstalt) gehörig, ist nach erfolgtem Umbau in eine Portefeuille fabrik verwandelt und in dieser Woche in Betrieb genommen worden. — Die Betrügereien des Patentanwalts Hupfeld aus Hamburg, die er in Zwickau bei drei höheren Beamten familien ausgesührt hat, beziffern sich auf fast 30,000 Mk. Er versprach den Betrogenen Beteiligung an reichen tranS- valiscken Goldgruben, die 400 Prozent der Einzahlung als Gewinn brächten. Aus -em Saehsenlan-e. — Die 2. Kammer hielt am Montag Vormittag 11 Uhr eine Sitzung ab. Man bewilligte ohne Debatte 10,000 Mk. bei Kapitel 46 des Etats für Beurkundung deS Personen standes und der Eheschließung, sowie 4500 Mk. bei Kapitel 105 als Kosten der Reichstagswahlen. Vom Rechenschafts berichte wurden die Kapitel 2, 13, 14, 15, 102 bis 106 durchgesprochen und gutgrheißen. Die Petition der Gemeinde Obergurig und Umgebung um Einführung des öffentlichen Güterverkehrs aus dem Haltepunkte Singwih unter Ueber- nahme der bestehenden Güterladehaltestclle ließ man auf sich beruhen und erklärte die Gegenpetilion der Gemeinde Sing» Witz durch diesen Beschluß sür erledigt. Die Kammer be schloß alSdann, sich mit einem Gesamt-Herstellungskosten- betrage des zweigleisigen Ausbaues der Strecke Kötzschen- broda (bez. Naundors)-Elsterwerda. einschließlich der geplanten Beseitigung der Wegenivcauübcrgänge, nach den vorliegenden Anschlägen mit 4 345,000 Mk. einverstanden zu erklären und 2,160,000 Mk. als erste Rate zu bewilligen. Nächste Sitzung Dienstag. — Der König wird zu Kaisers Geburtstag der Parole- auSgabe der Garnison Dre-dt« beiwohnen. Somit dürfte der beabsichtigte Besuch in Berlin unterbleiben, waS mit der Hoftrauer in Verbindung gebracht wird. — Der Verband sächsischer Industrieller beschloß in seiner Hauptversammlung zu DreSdt«, ein Vorgehen gegen die Lieferungsbedingungen der Kohlensyndtkate zu empfehlen. — Festgenommen wurde am Montag in Dresden eine aus sieben Personen bestehende Einbrecher- und Hehlerbande, die in letzter Zeit die Stadt und ihre Umgebung dadurch sehr beunruhigt hatte, daß sie die Keller der Schankwirt- schäften und von Privatpersonen erbrochen und Fleischwaren und Spirituosen, Sekt, Wein und eingelegte Früchte von be deutendem Werte stahl. Einen Teil der Beute haben die Einbrecher verkauft, während der andere Teil, insbesondere die Spirituosen, bei veranstalteten Gelagen, an denen die ganze Bande teilnahm, vertilgt worden ist. — Zwei Dresdener, Baumeister Kaiser und Farmer Röderer, haben eine umfangreiche Kautschukplantage in Ost- asrika zur Bewirtschaftung käuflich erworben. Die beiden Besitzer wollen selbst dort tätig sein. — Am 9. bis 11. Februar wird der „Bund Deutscher Dachdeckcrinnungen" zur Abhaltung des 24. Deutschen Dach decker. VerbandStages sich in Dresden versammeln, an dem auch die ,Märkisch-Bergischen" und Bayrischen Dachdecker- Verbände" teilnehmen werden. Mit dem VerbandStage wird eine Fachausstellung verbunden sein. An dieser können sich alle Interessenten beteiligen. — Die Stadtverordneten in Leipzig haben den Bau eines zweiten Kaufhauses genehmigt. Die Kosten belaufen sich auf 76,000 Mark. — Ter früher in Leipzig beschäftigte, aus Borna ge bürtige Handlungslehrling Otto Wüsteneck ist auS Merseburg nach Unterschlagung von 3400 Mk. flüchtig geworden. DaS Bürschlein ist erst 15 Jahre alt. — Der Betrieb des EhtMUitzer Krematoriums ergab im ersten Jahre deS Krematoriums einen Bruttogewinn von 17,000 Mk. Der Reingewinn beträgt nach Abzug aller Unkosten, Abschreibungen usw. noch 4400 Mk. — Am 27. und 28. Mai findet in PlaUM eine allge meine Ausstellung von Hunden aller Rassen statt. ES ge langen gegen 500 Hunde zur Ausstellung. — An dir Vogtländischr Stickereisachschule in Plaue« soll eine Weißwaren-Jndustrieschule angegliedert werden. Um die Einrichtung einer solchen Schule kennen zu lernen, besichtigten Mitglieder des Vorstandes der Stickereisachschule die städtische Weißwaren-Jndustrieschule zu Auerbach. — Die Baldaufsche Seifensiederei in Planen ist seit sieben Generationen in den Händen einer Familie, und zwar seit 200 Jahren. — In Bernsdorf sand am Sonntag die Weihe der er neuerten Kirche statt. Dir Feier wurde ausgezeichnet durch das Erscheinen des Patronatsherrn, Sr. Durchlaucht deS Fürsten Otto Viktor von Schönburg-Waldenburg, wie durch die Teilnahme deS Herrn Amtshauptmann Ebmeier-Glauchau, eines Vertreters des Landeskonststoriums, sowie des Herrn Superintendent Neumann-Glauchau, der Mitglieder des Ge meinderats, des Kirchen- und Schulvorstandes der Parochial- gemeinden BernsSorf-Hermsdorf-Rüsdors und zahlreicher Gäste von auswärts. Die Orlsvereine der Parochialgemeinden wie die gesamten anderen Teilnehmer nahmen zum Besuch des Weihegotiesdienstes aus dem Pfarrhose Aufstellung und Unlerhaltungsteil. Zwei Freunde. Von M. Eitner. 28) (Fortsetzung.) »Es war ein schweres Unrecht von mir, daß ich nicht Mut genug besaß, dir vorher alles zu sagen, sondern daß ich hoffte, eS würde dir alles verborgen bleiben, bis deine Liebe so stark sein würde, daß nichts sie mehr erschüttern könnte. Es war ein schweres Unrecht, daß ich mein Glück retten wollte und deins aufs Spiel setzte. Nun ist. drin Glück zerbrochen, Mila, und meines auch, und ich kann es nicht mehr änderst. Ich kann nur wieder fragen: Bleibt nicht so viel von deiner Liebe übrig, daß du wenigstens vor den Menschen dein Unglück zu verbergen imstande bist?" »Ich will es versuchen," flüsterte Mila und löste sich auS seinen Armen loS, die sie nur leicht umschlungen ge- halten. Der Professor verließ daß Zimmer und eilte in seine Arbeitsstube. Er war wie einer, dem der letzte Rest Ruhe genommen ist. Das also war daS Ende des Glücks, daS er erträumt, daS er erhofft. Mußte die eine Verirrung auS seinen jüngeren Jahren so hart gestraft werden? Doch > nein, es war nicht die Strafe jener Verirrung, daß sein Glück jetzt zerbrochen war, sondern eS war die Strafe da für, daß er nicht mit offenem Bifier gekämpft hatte. — Wieder und wieder, als Hans Hagen in Stockholm von ihm Abschied nahm, hatte dieser, weil er wußte, wonach des Freundes Herz verlangte, gemahnt: »Sage ihr alles, ver schweige ihr nichts." Und er hatte doch geschwiegen. Der Professor setzte sich an den Schreibtisch und schrieb^ an Hagen. ES war, als verliere seine Qual an Intensität,! Indem er sie dem Freunde mitteilte. Der Abend kam heran; die Stunde, da Stechows sich beim Baron Nehringen einfinden sollten, war da. Stechow war bereit. Er wollte eben in daS Zimmer seiner Frau gehen, sie zu rufen, als diese ihm entgegentrat. Trotz der geisterhaften Blässe ihres Gesichts sah Mila bezaubernd aus in dem schweren cremefarbenen Atlaskleide, dessen matte Farbe durch einen Korallenschmuck gehoben wurde. Sie lächelte ihm zu, aber er wandte sich hastig ab. Ihn verwundete dieses Lächeln, daS, wie er doch wußte, nur ein erzwungenes war. In den SalonS des BaronS Nehringen war eine glän zende Gesellschaft versammelt. Der Baron erschien bedeutend älter als seine Frau, die, obgleich Mitte der Dreißig, in ihrem ganzen Wesen etwas Mädchenhaftes, säst Schüchternes hatte. Sie war klein und zart, erschien aber nicht unbe deutend. Jeder, der zum erstenmal in diesen Kreis trat, konnte nicht umhin, zu bemerken, daß die älteren Bekannten deS Hauses sich der Baronin mit ganz besonderer Verehrung nahten. Mit herzgewinnender Liebenswürdigkeit trat sic Mila ent- gegen. Diese meinte, noch nie in ein Paar Menschenaugen gesehen zu haben, aus denen ein solches Uebermaß von Sanftmut und Güte sprach. Die Unruhe, die das Kommen immer neuer Gäste und deren Begrüßen verursachte, tat Mila wohl. Es interessierte sie, einen und den anderen zu beobachten, und ihre blassen Wangen röteten sich ein wenig. Schließlich waren alle Geladenen versammelt, und man begab sich zu Tisch. Ein Graf Sorma, ein älterer Herr, war Milas Tischnachbar. Mit großer Liebenswürdigkeit und Gewandtheit hatte er Mila sehr bald in ein anregendes Gespräch verwickelt. Er redete von Berlin, sprach von dem Unterschied, der zwischen dem Leben in Nord- und Süd- deulschland hrrvortritt, sprach über Münchens Reiz und seine Vorzüge als Stadt der Musen. Mila ging auf alles ein. Sie hörte dem Grafen gerne zu, weil seine ganze Art und Weise zu reden etwas ihr be- sonders Sympathisches hatte. »Ich bin ein großer Verehrer der Kunst," sagte der Graf im Laufe deS Gesprächs. »Ich kann mich lange in den Anblick eines schönen BildeS vertiefen, so lange, bis mir von der toten Leinwand reges Leben entgegenzuströmen scheint. Und ich kann lange vor einer schönen Marmor statue stehen, bis auch ihre steinernen Züge Leben zu er halten scheinen. Aber," schloß er mit seinem Lächeln, »ich bewundere noch viel, viel lieber einen Menschen, auS dessen Augen heraus mir eine schöne Seele rntgegenleuchtet." »Dann müssen Sie in jedem Fall die Baronin Nehringen bewundern," sagte Mila. »AuS ihren Augen leuchtet etwas heraus, das aus eine herrliche Seele schließen läßt." Gras Sorma nickte bcipflichtend. »Sie berühren da ein Thema, gnädige Frau, das sür mich unerschöpflich ist. Ich älterer Mann empfinde für diese junge Frau eine grenzen, lose Verehrung und erachte es stets als einen ganz beson deren Vorzug, wenn sich mir die Gelegenheit bietet, ihr die Hand küssen zu können. Sie ahnen nicht, welche Kraft in dieser zarten Frau verborgen ist, welche Siege sie gewonnen hat." »Erzählen Sie mir von ihr, Herr Graf, falls es mir ge stattet ist, eine solche Bitte zu stellen." »Nur zu gern. Was ich Ihnen mitteilen will, ist eine Geschickte, die, wenn man sie oft erzählt, oft sür abgedroschen erklärt wird und eben doch immer wieder sich abspielt. Baron Nehringen war ein Lebemann, hatte seine Gesund heit ruiniert, sein Vermögen verbraucht, und suchte sich durch eine Heirat wieder aufzuraffen. Sein Auge fiel aus Fräulein von Wilde, die ein reiches, elternloses Mädchen war und schon manchen Freier zurückgewiesen hatte. Zum Erstaunen aller nahm sie des Barons Hand an. Sie ist mit Vor würfen bestürmt worden ihres unklugen Handelns wegen, aber sie hat nur dazu gelächelt. Damals wußte niemand, was später bekannt wurde: sie hatte den Baron schon seit Jahren geliebt und hatte mit Leid und Schmerz gesehen, in welcher Weise er sein Leben genoß. Die ersten Jahre ihrer Ehe müssen eine Qual sür sie gewesen sein. Der Baron hatte sie ja nicht auS Liebe geheiratet, und daS sprach aus seinem Wesen gegen sie heraus." (Fortsetzung folgt.)