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Schönburger Tageblatt Amtsblatt für den Stadtrath zu Maldenburg Filialen: in Altstadrwalbenburg Kei Herr! Kaufmann Otto Förster; in Kausunge: bei Herrn Fr. Zanaschek; in LangenchurS Üorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig be Frau Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr 163; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage Uvd Annahme bon Inserats lür'die" nächster- ß Waloenburaer ÄMiaer Suserate pro Zeile 10 Pf., Linges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergaste 291 K. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lünzens», Lirhtenftein-Grrünberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Ältstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsoorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Reinse, Rochsburg, Nußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. »HZ 291. Dienstag, den !5. December 1896. Witterungsbericht, ausgenommen am 14. December, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 746 m>n. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand i- 3,»" 6. (Morgens 8 Uhr 4- 1".) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 60'/o. Thaupuukt — 3,5 Grad. Windrichtung: Ost. Daher Witternngsanssichteu für den 15. December: Meist halbheiter bei wechselnder Bewölkung. Waldenburg, 14. December 1896. Der Reichstag ist nun schon mehr als vier Wochen wieder bei einander, hat es aber bisher noch vermieden, sich über die neuen Marinefordcrungen mit einer größeren Bestimmtheit auszusprechen. Im Zweifel darüber, daß man mit größeren Ansprüchen der Marineverwaltung zu rechnen haben würde, konnte ja schon seit dem vorigen Winter Niemand mehr sein, denn der Staatssekretär im Rcichs-Marine-Amt, Admiral Hollmann, hatte schon zu diesem Termin klipp und klar erklärt, daß man um eine neue Flottenverstärkung, besonders mit Bezug aus die lcichtgebauten Kreuzer, nicht herumkommen werde. Es sind nun wieder und immer wieder Gerüchte laut ge worden, nach welchen der Umfang dieser Neuforderungen noch bedeutend erweitert werden sollte; es hieß, man werde nicht allein mit der Vermehrung der leichteren Fahrzeuge zufrieden sein, man erstrebe nicht allein Ersatz bauten für schwere Kriegsschiffe, die ja auch im Reichs» haushalt verlangt werden, sondern es sollte auch eine größere Vermehrung der Zahl der Schlachtschiffe über haupt herbeigeführt werden. Als die Seele dieser Be strebungen wurde immer genannt, und wird auch jetzt wieder der Ches des kaiserlichen Marine-Kabinets, Herr von Senden-Bibran, genannt, wenn auch wie es scheint, mit gerade so viel Recht, wie dies von anderen Herren in ähnlichen Klatschgeschichten behauptet worden war. Im Reichstage und in vielen politischen Kreisen empfindet man die neuen Marineforderungcn nicht angenehm, und da wird dann ein Sündenbock gesucht, den man beim Ohrzipfel nehmen kann. Es thut immer gut, in solchen Dingen sich an die dürren Thatsachen zu halten, die frei lich minder interessant sind, als TageSklatsch, die aber den Vorzug haben, daß sie eben Thatsachen sind, während der Klatsch das Product von allerlei nervösen und konfusen Anschauungen ist. Die Militär-Marincvorlagcn auszuarbeiten ist, wir bekannt, Sache der zuständigen Ministerien, de« preußischen Kriegs-Ministeriums, das hierbei mit den gleichen Mini sterien in den größeren deutschen Bundesstaaten Fühlung nimmt, und des ReichSmarine-AmteS, das, von seinem Namen abgesehen, doch auch nicht« Anderes als ein Minist- sterium ist. Es erfolgen dann Gutachten und mit ver Zustimmung des Kaisers und der verbündeten Regierungen gelangen die bezüglichen Vorlagen zum Abschluß für die Einbringung im Reichstage. Bei diesem Gange der Ver handlungen ist es nicht so leicht möglich, daß irgend eine behördliche Stelle der anderen über den Kops fort operirt, und gerade die Dinge, welche man sich in verschiedenen Kreisen wer weiß wie complicirt vorstellt, die spielen sich in Wahrheit am allereinsachsten ab. Wenn in Militär- und Marinefragen wer weiß wie viele Störungen und Strömungen und Gegenströmungen, Eifersüchteleien und Sonderwllnsche herrschen sollten, wie immer mit Vorliebe gesagt wird, dann würde es zweifellos Jahr und Tag andauern, bis eS endlich einmal gelänge, eine neue Forde rung für den Reichstag fertig zu stellen. In Wahrheit arbeitet aber, wie schon manchem radikalen Abgeordneten in der Hitze des Gefechtes entschlüpfte, keine Behörde so flott, wie gerade die Militärbehörde, sie ist immer zur Stelle, sobald es sich um Neuerungen oder Verbesserungen handelt. Der Abg. Eugen Richter hat einmal im Reichs- tage gesagt, er wünsche nur, die anderen Refforts der Verwaltung möchten dieselbe Fixigkeit zeigen, wie das Militär-Reffort, wenn es sich um wünschenswerthe Neue rungen handele, und hier hat er Recht. Die Marine-Verwaltung thut ihre Pflicht, wenn sie offen und ehrlich sagt, was sie im Interesse der Sicher heit des Reiches und der Vertheidigung der deutschen Küsten für nothwendig erachtet. Würde sie stets nur denken: Wozu neue Vorlagen ausarbeiten, da sie der Reichstag ja doch nicht bewilligt, wir kämen dann bald in ganz unhaltbare Zustände hinein und würden in einem künftigen Kriege auf das Jammervollste in der Tinte sitzen. Der Reichstag aus seiner Seite hat das Recht und die Pflicht, offen auch darauf Hinweisen, daß die Steuerkrast des Bürgers auch eine Rücksichtnahme neben :en militärischen Interessen verdient. Alles das thut aber der Reichstag heute bereits, er hat also keinen An laß, sich von allerlei Tagesklatsch nervös machen zu lassen. Nervös wird man aber leicht in unserem Parlament, so bald nur einmal von Weitem das Wort „neue Aus gaben" erklingt. Wir haben im Reiche, wie bekannt, eine nicht ganz unbedeutende Erhöhung der Beamtenge- hälter in Sicht, wir haben im Reiche, wie auch außerdem noch wünschenswerthe Ausgabe-Verpflichtungen, die nicht ganz hinter den Anforderungen für die Armee und die Marine zurücktreten sollen und dürfen. Damit muß ein jedes Reffort der Reichsregierung rechnen, Spezialwünsche haben gegenüber allgemeinen Interessen zurückzutreten. So werden auch Wünsche der Marineverwaltung, AlleS recht gut zu machen, sich dahin beschränken lassen, Alles wirklich gut zu machen. Eine Hauptfrage oder vielmehr die Hauptfrage ist hier der Beweis der Nothwendigkeit, und wenn in militärischen Fragen ein Fachmann natür lich dafür ein feineres Ohr hat, des ein aus demNähr- stande stammender Abgeordneter, so kennt letzterer doch besser den Nährstand, die Quelle als Nationalwohlstan- deS, als der militärische Fachmann. Damit ein freund licher und friedlicher Ausgleich, unter Wahrung aller be- rechtigter Interessen sich herbeiführen lassen möge, sind eben durch die ReichSverfaffung die verschiedenen Autori täten bestellt, die in der Reichs-Gesetzgebung mitzuwirken haben. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser hörte am Sonnabend Vormittag den Vortrag des Chefs des Generalstabs Grafen Schlieffen und arbeitete mit dem stellvertretenden Chef deS Militär- kabinets von Villaumr. Abends fand beim Kaiserpaar im Neuen Palais eine musikalische Abendunterhaltung statt, zu welcher die Minister, sowie die Präsidenten des Reichstags und des preußischen Landtags Einladungen erhalten hatten. Sonntag Vormittag besuchten beide Majestäten den Gottesdienst. In dunklen Andeutungen ergeht sich die „Köln. Ztg.", in denen sie folgende Geschichte glossirt: Anläß- lich der ersten Nordlandsfahrt deS Kaisers waren aben teuerliche Mittheilungen in einem amerikanischen Blatte erschienen. Man hatte auch den Versuch gemacht, die selben in ein angesehenes belgisches Blatt zu bringen, dort verweigerte man dem pseudonymen Einsender die Aufnahme des Artikels und übersandte denselben der „Köln. Volksztg." mit dem Anheimgeben, denselben nach Gutdünken zu verwenden. Diese Zeitung sandte den Artikel dem damaligen Reichskanzler Grasen Caprivi. Bald darauf erschien Herr v. Tausch, der das Manu- script photographiren ließ und nach dessen Autor Nach forschungen anstellen zu wollen erklärte. Diese Nachfor schungen sollten, wie damals verlautete, auf die Spur eines ehemaligen hannoverschen OffizrerS geführt haben. Zu dieser an sich herzlich unbedeutenden Mittheilung bemerkt nun das Kölnische Blatt: Der Artikel war so geschrieben, als wenn er von einem ganz genau orien- tirten Theilnehmer an der Nordlandsfahrt deS Kaisers herrührte; im Auslände mußte er den Eindruck erwecken, als herrsche bei uns nach der Entlastung des Fürsten Bismarck in den höchsten Regionen der Regierung eine völlige Anarchie. Heute drängen sich über die Herkunft jener gemeingefährlichen Auslastungen die cigenthümlichsten Gedanken auf. Ja, wenn Herr v. Tausch reden wollte! An der italienischen Deputirtenkammer hatte bekannt- lich der Ministerpräsident Rudini die Erklärung abge geben, daß alle Gerüchte über ein russisch-italieni sches Bündniß, resp. Vertrag, der von ihm im Jahre 1891 abgeschlossen worden sein solle, auf Erfindung be ruhen. Thatsache sei nur, daß er damals dem russischen Minister des Auswärtigen Giers bei einer gelegentlichen Begegnung die Zusicherung gegeben habe, daß der da- mals erneuerte Dreibundvertrag ausschließlich friedliche Tendenzen besitze, und aus diesem Grunde weder für Rußland noch für Frankreich ein Grund zur Beunruhi gung oorliege. Die „Hamb. Nachr.", das Organ deS Fürsten Bismarck, bemerken dem gegenüber, die Erklä rung Rudini's werde kaum genügen, um die Annahme zu entkräften, daß eine russisch-italienische Uebereinkunft bestanden habe und noch bestehe. Wenn dieselbe nicht von Rudini unterzeichnet worden sei, dann könne dies zu anderer Zeit und von einem anderen StaatSmanne geschehen sein; jedenfalls könne man überzeugt sein, daß eine Uebereinkunft, laut welcher Rußland als Aequivalent für Italiens Zugeständnisse in der Qrientpolitik die Ver pflichtung übernimmt, unter gewissen Voraussetzungen zu Gunsten Italiens in Paris vermittelnd thätig zu sein, thatsächlich erfolgt ist. Eine Verletzung der Dreibunds pflichten ist darin in keinem Falle zu erblicken; im Gegentheil kann es den Verbündeten Italiens nur er wünscht sein, wenn dieses gute Beziehungen zu anderen Großmächten unterhält und sich eine Rückendeckung sichert, welche mit seinen Verpflichtungen gegen Deutschland und Oesterreich in keiner Weise kollidirt. . . Die vorstehende Darstellung der „Hbg. Nachr." gewährt gleichzeitig einen Einblick in die Auffassung des Altreichskanzlers über die Bedeutung des deutsch-russischen Uebercinkommen«, dessen Publication unlängst so viel Staub ausgewirbelt hat. Reg.-Rath Bumiller ist nicht aus der Kolonialab- theilung ausgeschieden. Er ist erst im October in diese ausgenommen worden, als cs sicher war, daß Major v. Wißmann nicht nach Ostasrika zurückkchren und selbst in die Abtheilung eintreten werde. Die Frage des Aus scheidens von Or. Bumiller ist überhaupt nicht zur Er wähnung gekommen. Mit dem russischen Botschafter hatte der Kaiser Sonnabend eine halbstündige Unterredung in der Bot schaft zu Berlin. In Betreff der Dampfersubventionsvorlage, die bereit» wenig aussichtsvoll aussah, ist noch im letzten Augenblick ein Stimmungswechsel in den Reihen der NeichStagSabgeordneten eingetreten. Es ist nämlich dem conservativen Abg. v. Leipziger gelungen, seine Fractions- genoffen bis auf wenige Ausnahmen für die Vorlage zu gewinnen. Auch das Centrum dürste noch eine Schwen kung vornehmen, so daß eine Majorität für die Vorlage sicher wäre. Der Vorstand des Reichstages hat sich über den Bau eines Präsidialgebäudes schlüssig gemacht. Man einigte sich dahin, daß das Gebäude auf dem fisk^'s Heu Terrain am Reichstagsufer errichtet werden soll. Es