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in einer zu Athen abgehaltenen Versammlung einen An trag zu Gunsten einer autonomen Verfassung auf Kreta gemäß dem Berliner Vertrage ab und sprachen den Wunsch aus, daß die freien Hellenen den Kretensern zu Hilfe kommen sollten. Daß man in Athen zu solcher Hilfeleistung ganz gern bereit wäre, unterliegt keinem Zweifel, aber die financiellen Bedenken drängen unwill kürlich die Wünsche und Hoffnungen zurück, die Gelegen heit zu benutzen und das nach jeder Richtung hin zu Griechenland gehörige Kreta durch einen kriegerischen Act wieder zu gewinnen. Die griechische Regierung hat gegen die Entsendung weiterer türkischer Truppen nach Kreta Einspruch er hoben, dagegen beschloß der Konstantinopeler Minister- rath, den Aufstand gewaltsam zu unterdrücken. Im All gemeinen hält die auf der Insel zunehmende Beruhigung an, obwohl auch noch nach den neuesten Berichten meh rere hundert Flüchtlinge bei den Ankerplätzen der frem den Schrffe eintrafen. Der Metropolit von Kanea lehnte es ab, die Aufständischen zur Waffeniederlegung aufzu- fordcrn. DerSultan hat den englischen Armenierverein einladen lassen, sofort eine Abordnung nach Konstan tinopel zu entsenden behufs Besprechung über die Lage der Dinge in der asiatischen Türkei. Da eine Ausfüh rung der geplanten Beschlüsse durch die türkische Regie rung jedoch stets unterbleibt, so ist eine Besprechung natürlich zwecklos und die Mitglieder des englischen Ar meniervereins könnten sich das Reisegeld sparen. Aus dem MulDeuttzuLe ^Waldenburg, 1. Juni. Ein überaus lohnender Spaziergang bietet sich dar, wenn man vom Forsthaus die Straße noch Remse zu einschlägt und dann links einen Feldweg benutzend über den Kertzscher Berg nach Kertzsch zu geht. Aus der Höhe hat man dort einen überaus lieblichen Blick ins Muldenthal und in den Glauchauer Thalkessel. Die Stadt Glauchau liegt vor Augen wie aus einer Spielschachtel aufgestellt. Bei klarem Wetter sind auch die Zwickauer Kasernen mit bloßem Auge noch gut erkennbar. Am Horizonte wird der Blick durch die Höhen des Erzgebirges begrenzt. Links zeigt sich - das Waldenburger Seminar und die Kirche mit einem Theile der Stadt Waldenburg und am jenseitigen Ufer Altstadtwaldenburg. Vor sich hat der Beschauer die herrlichen Waldpartien der gegenüberliegen den Berge und den Grünfelder Park, im Thale schlän gelt sich die Mulde mit ihrem im Sonnenschein glitzern den Wasserspiegel, ein Bild, auf das wir hiermit zur jetzigen Jahreszeit besonders die Sommerfrischler auf merksam machen wollen. * — Die Bahnmeisterstelle auf Station Waldenburg ist vom 1. d. ab Herrn Bahnmeister Lange in Jägers grün, dessen Verwaltungsbereich im Streckendienste sich won Wilzschhaus bis Hammerbrücke erstreckte, übertragen worden. * — Es kommt oft vor, daß auf Urlaub befindliche Militärpersonen von Eltern, Freunden und Brüdern durch allerlei Zureden zu Urlaubsüberschreitungen veran laßt werden. Nach einem Urtheil des Reichsgerichts sind solche Civilpersonen mit der Maßgabe zu bestrafen, daß bei Erkennung auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Wochen an Stelle des Arrestes Haftstrase tritt. * — In gemeinschaftlicher Sitzung des Gauturnralhs und des Fachausschusses des Westlich-Sächsischen Grenz gaues sind als volksthümliche Wettübungen für das Gau turnfest gewählt worden: 1. Wettlaufen mit Hinder nissen. (Laufbahn 100 Meter.) 2. Weithochspringen. (Das Sprungbrett liegt 1,80 Meter vom Lothpunkte der 0,90 Meter hohen Schnur entfernt.) 3. Gewichtheben mit beiden Händen. (Das mit beiden Händen zu hebende Gewicht soll 37'/» Kilogramm wiegen und besteht aus einem Kugelstabe.) Außerdem ist in dem Turnfestplan ein Gesammtturnen der Gauvorturnerschaft, und zwar am Barren, mit ausgenommen worden. Aus dem Sachsenlande. — Ihre Majestät die Königin wird in nächster Zeit auf Schloß Morawetz (in Mähren) erwartet. Auf diesem Schlosse, das gegenwärtig Eigenthum des Barons Gude- nus ist, wurde die Königin als Prinzessin Wasa geboren. In der Umgebung von Morawetz ist Königin Carola, die daselbst ein Asyl für Kranke gegründet hat, als Wohlthäterin sehr bekannt. — Das Ministerium hat der Firma Kummer und Comp. die Genehmigung zum Bau einer elektrischen Straßenbahn Niedersedlitz-Kreischa-Possendors-Deuben ertheilt und dürfte mit dem Bau, da die Vorarbeiten ziemlich beendet sind, demnächst begonnen werden. — Die Ortsnamen auf grün sind im Vogtlande außer ordentlich zahlreich. Rechnet man auch die angrenzenden Gebiete und die außersächsischen Theile des Vogtlandes mit ein, so findet man 264 Ortschaften, deren Namen auf grün endet. Alle diese Orte gehören zu den jünge ren im Vogtlandc, denn bis zum Jahre 1100 kommen in den Urkunden Ortsnamen auf grün in Deutschland überhaupt nicht vor, folglich müssen alle diese Orte erst nach 1100 entstanden sein, also zu einer Zeit, wo die vorher vorhandene flavische Bevölkerung bereits durch die deutsche zurückgedrängt war. Daher kommt es auch, daß wir diese verhältnißmäßig jungen Dörfer auf grün nicht in Thälern antreffen, sondern meist auf Höhen und in Waldgegenden, waren doch die fruchtbaren Thalniederun- gen in dieser Zeit mit ursprünglichen slavischen Nieder lassungen bereits besetzt. Aus dem Angeführten erklärt sich auch, warum sich die Ortsnamen auf grün so ver schieden auf die einzelnen Bezirke vertheilen: der große amtshauptmannschaftliche Bezirk Plauen hat ihrer nur 13, der kleinere Oelsnitzer aber und der Auerbacher jeder 24. Im Amtsgerichtsbezirk Plauen finden sich nur 5, im Amtsgerichtsbezirk Oelsnitz 17, weil seine Ansiedelun gen im ganzen jünger sind. Unter den 12 Amtsgerichts bezirken des sächsischen Vogtlandes weist allein der Klingen thaler keine Ortschaften auf grün auf. — Die sächsische Baumwollspinnerei in Chemnitz beging in diesen Tagen das hundertjährige Bestehen der mechanischen Baumwollspinnerei in Sachsen bezw. in Deutschland, das sechzig- bezw. fünfzigjährige Bestehen des Vereins sächsischer Baumwoll-Spinnerei-Besitzer und das zehnjährige Jubiläum des gemeinsamen Arbeitens der Bremer Baumwollen-Börse mit der deutschen Spinnerei. Diese Jubiläen wurden am 27. und 28. Mai, unter Betheiligung von 12 Herren der Bremer Börse mit dem Präsidenten der Baumwollbörse und des Norddeutschen Lloyd, Herrn Plate, an der Spitze, festlich begangen. — Wer zur Zeit einen Spaziergang von PlagMitz nach Kleinzschocher unternimmt, wird überrascht sein über die riesigen Bauten von Fabriketablissements, die rechts und links an der Zschocherschen Straße in den letzten Wochen entstanden sind. Rechts 4000 Sheddbauten, im Aeußeren vollendet, und ein 100 m langes Ver waltungsgebäude, welche dem Claviezschen Unternehmen dienen sollen, links die großen Fabrikbauten der Kamm garnspinnerei von Stöhr u. Co. Bei letzteren fällt beson ders die im Bau befindliche Dampfesse auf; diese soll die zweitgrößte in Sachsen werden. Diese Esse wird mit ihrem Fundament 81 m hoch werden und der Durchmesser des Fundaments beträgt 12'/s w, der untere Rohrdurchmesser 9 m und der Umfang des Rohres 29 Meter. — Am Mittwoch erfolgte in Gaueruitz die Verpach tung der diesjährigen Nutzung der Kirschplantagen des dortigen Rittergutes, zu der sich stets Händler aus ganz Sachsen einzufinden pflegten. Das Höchstgebot, 4530 Mk. — um einige Hundert Mk. höher als im vorigen Jahre —, wurde von Wilh. Stuhr-Leipzig abgegeben — Seitens des Lehngutsbesitzers in Zweinaundorf ist Einspruch gegen die Herstellung der Telephonleitung im Dors auf dem von der Lehngutsverwaltung zu unterhaltenden Wege von Leipzig nach Zweinaundorf er hoben worden. Infolgedessen sind schon vor einigen Tagen die bereits aufgestellt gewesenen Telephonmasten wieder entfeint worden. Wahrscheinlich dürste die Angelegenheit noch zu einem Prozeß führen, auf dessen Ausgang man gespannt sein darf. — In Reichenbach i. V. brannte am Sonnabend die mechanische Weberei der Firma Th. Biskowski u. Co. vollständig nieder. Sämmtliche Maschinen, darunter etwa 100 Webstühle, sind zerstört. — Die Nothlage, in der sich unsere Landwirthschaft befindet, tritt jetzt in bezeichnender Weise bei Versteigerun gen von landwirthschastlichen Gütern zu Tage. So wurde am Donnerstag das über 45 da große, mit 864 Steuer einheiten belegte Rittergut zu Steiusbvrs bei Plauen mit allem lebenden und todten Inventar für 60,000 Mk. zugeschlagen. Ein weiteres Gebot war überhaupt von den wenigen Erstehungslustigen nicht abgegeben worden. Bei der schon einmal im Herbste des Vorjahres anbe raumten öffentlichen Versteigerung des Rittesgutes war gar kein Bieter erschienen. — Ein am Donnerstag Abend über die Gegend von Olbernhau niedergegangenes schweres Gewitter hat an mehreren Stellen bedeutenden Schaden angerichtet. In Niederseiffenbach schlug der Blitz in das Wirthschasts- gebäude des Holzdrechslers Hermann Dietze, tödtete zwei Kühe und eine Kalbe, zündete jedoch nicht. In Ober heidelberg dagegen brannte infolge Blitzschlages die Scheune des Wirthschaftsbesitzers Daniel Heinrich nieder. Die vier in dem angrenzenden Stalle stehenden Kühe des Besitzers waren vom Blitz getroffen und erschlagen wor den. Der starke wolkenbruchartige Regen schwemmte an verschiedenen Stellen in Seiffen Ackerland und damit auch mancherlei Saat weg. In Eppendorf entzündete ein Blitzstrahl eine große zum Seifertschen Gute gehörige Strohfeime, die in kurzer Zelt niederbrannte. — Der im Bau begriffenen Kirche in Cunersbvrf bei Buchholz wnrden von nichtgenannter Seite die Altar- geräthe und vom Gutsauszügler Traugott Kunau zur Anschaffung einer Glocke 1000 Mk. gestiftet. — Am 27. Mai entlud sich über einen Theil der Stadt Halle und die Gegend zwischen dort und Schkeu ditz plötzlich ein solch heftiges Hagelwetter, daß die Leute von den Feldern flüchten mußten. Der im Feld und Garten angerichtete Schaden ist ein nicht unbeträchtlicher. Vermischtes. Allerlei. Die internationale Hundeausstellung ist Freitag auf der Berliner Gewerbeausstellung eröffnet worden. Der Katalog nennt 773 Hundenanien. Die erste Abtheilung der Ausstellung besteht nur aus Jagd hunden, die zweite aus Schutz-, Wach- und Luxushunden. — Die Geburt seines 27. Kindes hat der in Groß- Lichterfelde bei Berlin wohnende Arbeiter Schulz an gemeldet. Der — glückliche Vater lebt in zweiter Ehe; aus der ersten sind 15, aus der zweiten 12 Kinder entsprossen. — Die kgl. Gewehrfabrik in Spandau entläßt foeben zwei Drittel ihrer Arbeiter. Die 600 Mann sollen alsbald in anderen Militärwerkstätten Beschäftigung erhalten. — Dem bekannten amerikanischen Erfinder Edison ist es gelungen, die Röntgenstrahlen in Licht zu verwandeln. Er überzog vie innere Wand einer Crookeschen Röhre mit einer neuen krystallischen fluorescirenden Masse. Es entsteht keine Wärme. Die gejammte elektrische Energie wird in Licht verwandelt. — Die neunte am Clyde gebaute Pacht Kaiser Wil- helm's, der neue „Meteor", ist glücklich in Cowes eingetroffen. Das Schiff hat seine erwartete Seetüchtig keit auis Glänzendste bewiesen. Die Pacht wird vor aussichtlich am Montag an der kgl. Harwichregatta theil nehmen. — Eine „peinliche Ueberraschung" sollte an geblich der Arbeitsausschuß der Berliner Ausstel lung bei der Abrechnung über die während der beiden Pfingstfeiertage vereinnahmten Eintrittsgelder erlebt haben. Es hätten gegen 180- bis 190,000 Mk. vereinnahmt werden müssen, dach seien nur 110,000 Mk. erzielt worden, so daß sich ein Fehlbetrag von 70- bis 80,000 Mk. ergeben habe. Von zuständiger Seite wird dieie Nachricht jetzt als böswillig erfunden bezeichnet. — Am Freitag Abend ging zwischen Gaya und Brjewz in Mähren ein heftiger Wolkenbruch nieder. Die ganze Gegend ist überschwemmt. Der Schaden beträgt etwa 1 Mill. Gulden. Infolge Dammbiuches ist der Eisenbahnverkehr zwischen Gaya-Wessely und Bisewz-Pirek eingestellt wor den. — Großes Aussehen macht in Newyork die Meldung, daß ein Apparat entdeckt sei, mittelst dessen durch temperirte Luft alle bisher vorhandenen Mittel der Zugkraft ersetzt werden. Telegramme. Berlin, 1. Juni. Die Hauptversammlung der Dentschen Colonial-Gesellschaft sand gestern bei sehr zahlreicher Betheiligung unter Vorsitz des Herzogs Johaun Albrecht in der Colonial-Ausstellnng statt. Von den Anträgen wnrde u. A. einer einstimmig genehmigt, wonach iu Anbetracht dessen, daß der gegenwärtige Zustand der Deutschen Kriegsflotte in jeder, auch in numerischer Beziehung ein unzuläng licher sei, der Reichstag ersucht werden soll, der an- geküudigten neuen Flottenorganisationsvorlage seine Znstimmnng geben nnd auch «icht vor der Bewilli gung größerer Mittel zurückscheuen zn wollen. So- dann wnrde «och ein Antrag angenommen, der De portation von Strafgefangene» nach den Koloniee« nnd ihre Beschäftigung bei öffentlichen Arbeite« näher zn treten. Die nächste Hauptversammlung soll in München abgehalten werde«. Bei dem sodan« stattgehabten Festesten brachte Herzog Johann Al brecht das Kaiscrhoch aus. «munden, 1. Juni. Das Befinde» des Prinze» von Cumberland ist ein vorzügliches. Tas Fieber ist allmählich im Abenehmeu begriffen. Budapest, 1. Juni. Kaiser Franz Joseph traf gestern hier ein und wird hcute Montag die Delega tionen empfange«. Paris, 1. Juni. Dit „Pelite Rspubliqne", das ossieielle Organ der Socialisteu. erklärt, daß Sie Lo- cialisteu ,n der Kammer für die Lcstruerunz der Reuten stimmen würden. Nichtsdestoweniger wird jedoch »er Antrag abgtletznt werden, weil vie Mon archisten unv Royalisten dagegen stimmen. — Der An drang bei der Beerdignag des ermordete« Telachoef war e«orm. Zahlreiche Kränze wurde« nicdergeleg«, und mau Hörre laute Berwünkchnngen gegen de« Mörder. — csis jetzt find 11 ««träge auf Bersaffungs- reviflou gestellt. Ta dir Aufnahme veS RemsionS- antrags iu die Tagesordnung trotz der Opposition der Regierung eine Stiwmenmehr ei« erhalte« hat, so glaubt man, daß auch bei der defiuitiven Abstim mung im Plenum der RevifionSautrag angenommen werden wird. Par s, 1. Juni. Dee „Malin" veröffentlicht eine« Artikel mit der Ueberschrtft „Sonderbare Enthüllun gen", iu weichem cS heißt, Fürst Sismarck habe die Ünllrstützuug des Vatikans für sie Septennatseredit« dadurch erhalten, Saß er den Papst glaub.« mochte, im Falle der Ablehnung dieser Creditr sei ei« Krieg zwischen Frankreich und Deutschland unausbleiblich. Der deutschen Diplomatie sei es gelungen, Grevy dieselbe Ueberzeuguag beizubringen, welcher sogar dem Papst dasür gedankt habe, daß er das Crutrum bewogen, die Kredite zu bewillige« u«d dadurch einet» Krieg zu verhindern. Antwerpen, 1. Juni. Gestern Abend stürzte auf der hiesige« Ausstellung eiu Theil des SLreusgcbäudes, in wel em gerade eiue Vorstellung stattsaud, zu- sammen. SV Personen wnrde« verletzt, von denen zwei bereits gestorben sind. Moskau, 1. Juni. Di« Anzahl »er Opfer ist «och immer nicht annähernd festgestellt. Kin Arzt, der bei der Bergung der Hernnglückl.u thätig war, schätzt sie auf 2800 Todle, 1500 Verletz!« — ohne die, welche mit ihren Verletzungen sich ohne Beistand allein «ach der Stadt begebe« konnten. MoLka», 1. Juni. Neber das furchtbare Unglück auf dem ChodynSkijfeld eourfireu die verschieveuste« Gerüchte. Zwei scheinen demerkenswerty genug, um erwähnt zu we-deu. Darnach sollen einmal An Hänger der nihilistische» Partei sich an verschiedene« Punkten ausgestellt habe«, and im Augenblick, als die Lvagencolounen mit den Vorräthe« aukam««, Feuer geschrieen habe«, wodurch sie Panik entstand;