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Schönburger Tageblatt Dienstag, de» 2 Auni 1896. » Ulialea: in WtKadtwaldmSurg bei Herr.: Kaufmann Otto Förster; in Kauiunge: bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Frau Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr. 163; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Erscheint tätlich su, Unsnadme der Taz? n«H Kann- smd Festtagen. Annahme von Insera-en kür die nächster scheinende Nummer bis mittags 12 Uhr. Ler A'vnnemMisPreis betrügt vierteljähr lich 1 Mk. 28 Pf. Einzelne Nrn. b Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Linges. 20 Pk. Expedition: Waldenburg, OLsrgssie 291 L uud MtSenhnrger Anzeiger Amtsblatt für den Ltadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzennu, Llchteksteitt-Cnllndrrg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- leuda-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Witterungsbericht, ausgenommen am 1. Juni, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 763 WM. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -s 21,s" 0. (Morgens 8 Uhr -j- 16".) Lambrechts Polymeter 25"/«>. Thaupunkt -s- 2,s Grad. Windrichtung: Südost. Daher Witternngsanssichten für den 2. Juni: Heiter. Feuchtigkeitsgehalt der Lust naL Bekanntmachung. Die von Sr. Durchlaucht dem Hochseligen Fürsten Otto Friedrich von Schönburg- Waldenburg errichtete Freistelle im Rettungshause „Martin-Lutherstist" zu Hohenstein ist zur Erledigung gekommen. Das auf diese Freistelle unterzubringende Kind soll aus den Schönburgischen Receßherrschaften stammen, das 12. Lebensjahr noch nicht überschritten haben und gesund sein. Gesuche um Verleihung dieser Freistelle sind unter Angabe der näheren Ver hältnisse bei dem unterzeichneten Comits alsbald anzubringen. Waldenburg, am 30. Mai 1896. Das Loinits der Fürstlich Schönburgischen Marien- und Alfredstiftung. Bamberg, Amtsr. Harletz, Oberpfarrer. Ahnert, Com.-Vors. Ueber 1000 Menschen in Moskau erdrückt. 'Waldenburg, 1. Juni 1896. Schon seit Wochen klagen die Börsenberichterstatter der Berliner Zeitungen, daß die „große Spekulation" an der Börse ganz darniederliege. Während aber beispiels weise die „Vossische Zeitung" noch in der Mitte des vorigen Monats eine „merkwürdige Erscheinung" in dem Umstande erblickte, daß zu einer -Zeit, wo Industrie und Handel sich offenbar in einem Aufschwünge befänden, ein Thätigkeitsmangel der Börsenspekulation herrsche, findet dasselbe Blatt die Unlust und die Verstimmung der „Börsenkaufleute" durchaus berechtigt. Das Börsengesetz soll nämlich an allem schuld sein. Di- „Vossische Zeitung" spricht es zwar nicht aus; aber läßt es zwischen den Zeilen lesen, vaß die „Börsen- kaufleute" — wie das Blatt in neuester Zeit die Herren Spcculanten betitelt — der Welt zeigen wollen, daß sie mit oder ohne Börsengesetz Wind und Wetter an der Börse bestimmen können. „Fehlt die Anregung des Börscnkaufmanns — so ist natürlich auch der Privat- kopitalist nicht geneigt, sich am Zeitgeschäft zubetheiligen". Das ist cs gerade, was die Freunde der Börsenresorm stets hervorgehoben haben! Die „Anregung" der Börse war eben zum Schaden der Privatkapitalisten bisher eine allzu lebhafte und es kann in der That nicht schaden, wenn in dieser Hinsicht ein Dämpfer aufgesetzt wird. Augenblicklich soll aber jede solche Anregung, die Specu- lation zu beleben, fehlen. Der „Börsenkaufmann" scheint also gewissermaßen im Zustande des Streikes sich zu be finden. Warten wir ruhig ab, wie lange er es aus hält. Kühn ist es war, wenn die „Vossische Zeitung" schreibt: „Der Börsenkaufmann will ebensowenig wie der Gutsbesitzer umsonst arbeiten (!), und seine Thätig- keit ist für das Gemeinwohl nicht weniger nützlich als die des Landwirthes"; allein das genannte Blatt hat hier wohl nur mehr die berechtigte und thatsächlich nütz liche kaufmännische Speculationsthätigkeit, nicht aber das corrumpirende Börsenspiel im Auge. Durch dieses Zusammenwerfen des Börsenspiels mit den der Börse wirklich zukommenden wirthschastlichen Aufgaben nützt aber die freihändlerische Presse ihrem Schützlinge keinesfalls. Insbesondere ist der Vergleich des „Börsenkaufmanns" in seiner Allgemeinheit mit dem Landwirth ein sehr unangebrachter, wie sich auch aus der folgenden Stelle aus der finanziellen Wochenschau der „Vossijchen Zeitung" zeigt: „Der Börsenkaufmann arbeitet mit größeren Gefahren als der Landmann, dessen Erträgnisse, wenn sie auch ab hängig sind von Wind und Wetter, sich im großen Durch schnitt genau vorhersagen taffen; dafür hat der Börsen kausmann ein Anrecht auf größeren Gewinn, wenn seine Unternehmungen gelingen, die ihm öfter durch falsche Berechnungen und Annahmen, durch politische Einflüße, durch neue Verkehrswege, durch Erfindungen und viele andere Umstände Verluste bringen, als es auch nur an nährend beim Landwirth der Fall ist. Gelingen des Börsenkausmanns Unternehmungen, so kommt er manch mal ebenso schnell zu großen Gewinnen, — aber dann kommt auch ebenso schnell der Staat und erhöht die Steuern auf sein Gewerbe im allgemeinen, auf jeden Geschäftsabschluß im besonderen, auf sein Einkommen, sein Vermögen, und verpflichtet ihn, beinahe auf jeden Papierstreisen, der mit seinen Geschäften zusammenhängt, einen geldwerthen Stempel zu kleben! Wer wird künftig die großen Ausfälle decken, welche sich im Steuerein kommen des Staates herausstellen werden, wenn das spekulative Börsengeschäft dauernden Schaden erleidet?" Ein Anrecht des „Börsenkaufmannes" auf „größeren Gewinn" ist in keinem Fall anzuerkennen; sofern es sich um Spiel handelt. Das ist eben der Krebsschaden des Börsenspiels, daß die Allgemeinheit der Producenten und Consumenten unter diesem vermeintlichen „Anrecht" so arg zu leiden haben. Bisher haben die Freihandels blätter die Umsicht und Erfahrung der Börsenspeculation stets darum gepriesen, weil diese große Preisschwankungen zu verhindern wisse. Der Scharfblick dieser Spekulanten scheint aber doch nicht zweifelsohne zu sein, denn sonst dürste doch das „Anrecht aus größeren Gewinn" nicht proclamirt werden. Wer aber va ballyus spielt, der hat auf Gewinn überhaupt kein „Anrecht", weder in Monaco noch an der deutschen Börse. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die große Frühjahrsparade der Berliner Garni son hat am Sonnabend auf dem Tempelhofer Felde vor dem Kaiser stattgefunden. Gegen alles Herkommen wollte der Himmel kein freundliches Gesicht zeigen. Ein Sprüh regen machte einige Stunden hindurch den Aufenthalt auf der Straße wenig angenehm. Nach 8 Uhr brach von Zeit zu Zeit die Sonne wieder durch. Für die Truppen, die trotz der zweifelhaften Witterung in weißen Hosen ausrückten, war die Temperatur sehr günstig. Der Aufmarsch begann durchweg gegen 7 Uhr; Trommel schlag und Hörnerschall erklangen in allen Stadtvierteln. Die Standartenescadron verließ mit den Feldzeichen das kgl. Schloß; die silbernen Pauken hatte das Trompeter corps des Regens wegen mit Wachstuch umhüllt. Gleich daraus folgte die Fahnencompagnie des 2. Garderegiments z. F. mit klingendem Spiel, 22 Fahnen führte sie mit sich. Einen imposanten Anblick gewährte es, als sich aus dem Kasernenhofe des 1. Garde-Dragonerregiments die glänzende Kavalkade der zahlreichen fremdländischen Offiziere bewegte und diese in ihren malerischen Uniformen zum Felde hinaufsprengten. Der Paradeplatz selbst be lebte sich von acht Uhr ab mit den üblichen anziehen den militärischen Bildern, und eine halbe Stunde später war die Aufstellung beendet. Plötzlich verkündeten brausende Hurrahrufe das Herannahen des Kaiserpaares. Der oberste Kriegsherr trug die Uniform des 2. Garderegiments mit dem Generalsabzeichen und dem Orangeband des Schwarzen Adlerordens und ritt einen großen Hellbraunen. Die Kaiserin, die von einem prächtigen Dunkelbraunen mit gestutztem Schweif getragen wurde, trug ein weißes Atlas- kleid und einen weißen Hut mit weißen Federn ohne Blumen und hatte gleichfalls das Orangeband des Schwar zen Adlerordens angelegt. Nach herzlicher Begrüßung der anwesenden Fürstlichkeiten begann das Arbeiten der Fronten. Die Trommeln rasselten, die Trompeten schmetter ten, die ruhmvollen Fahnen senkten sich, und über den weiten grünen Plan zogen die feierlichen Klänge des „Heil Dir im Siegerkranz!" in die sich das dreimalige „Hurrah!" der Truppen mischte. Der Kaiser entbot den Soldaten seinen Gruß. Es fanden zwei Vorbei märsche statt; als das 2. Garveregiment herannahte, zog der Monarch seinen Säbel, sprengte zu ihm hinüber und führte es bei seiner Gemahlin vorbei. In der Kritik sprach der Kaiser seine vollste Zufriedenheit aus. Die Truppen formirten sich zum Abmarsch und rückten unter klingendem Spiel in ihre Quartiere ab. Während die Kaiserin den Wagen bestieg, setzte sich der Kaiser um 12 Uhr an die Spitze der Fahnencompagnie und führte diese in die Stadt ein, von unendlichem Jubel des tausendköpsigen Publikums begleitet. Mit den Tüchern wurde geweht und einzelne Blumen wie auch ganze Büsche flogen aus die Straße herab. Im Berliner Tchloß sand abends Paradediner statt, nach demselben Festvorstellung im Opernhause. Gegen 100 Neger aus der Colonialausstellung waren auf besonderen Wunsch des Kaisers auf dem Paradefelde zugegen. Die schwarzen Landsleute erregten wieder das lebhafteste Jntereffe. Zur Nordlandsreise des Kaisers wird aus Chri- stiania geschrieben, daß Kaiser Wilhelm gelegentlich der Fahrt, die an der Westküste Norwegens entlang geht, mit König Oskar zusammentrifft. Dieser, der im Sommer mit seiner Dacht meistens eine Reise an der schwedischen Küste entlang macht, stattet diesmal auch der Westküste Norwegens einen Besuch ab. Die Zusammenkunft der beiden Monarchen wird in Soon oder Nordsjord stattfinden. In einem längeren Artikel tritt die „Nordd. Allg. Ztg." für die Aufhebung zweier von der Commission für das Bürgerliche Gesetzbuch gefaßten Beschlüsse ein. Sie meint die Beseitigung der Ehescheidung wegen unheilbarer Geisteskrankheit und die Aufnahme des privatschriftlichen Testaments. Mit Recht habe die Denkschrift hervorgehoben, daß, wenn durch Zulassung der Scheidung wegen unheilbarer Geisteskrankheit dem gesunden Ehegatten die Möglichkeit der Wiederoerheiratung gewährt wird, die wirthschastlichen Nachtheile und sitt lichen Gefahren abgewendet werden, welche dem Ehe gatten selbst und den Kindern aus der Fortsetzung der Ehe mit dem geisteskranken Ehegatten drohen. Die Scheidung widerspreche auch kaum religiösen Anschau ungen. Eine Ehe mit einem im Irrenhaus lebenden Geisteskranken, der in sittlicher und intellektueller Be ziehung vielleicht dem Thiere näher steht, als dem Men schen, sei keine wahre Ehe; die Gebote der Religion werden erfüllt, wenn der Gesunde den unglücklichen Kranken nicht im Stich läßt, sondern für seinen Unterhalt auch nach der Scheidung sorgt. Diese Pflicht lege ihm der