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SMllbnrger Tageblatt .. .. tllt- Filialen: in Estadtwalden-iurg hei Herr^ MSenburger ÄPeizer blatt für -sn Sta-traty zu Waldenburg. Kaufmann Otto Förster; in Kausunge-i bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchurs- dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Frau Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr. 163; in Äochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; i t Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirste». Erscheint ««glich mu o« <««>' -' '.ch Äon»- und Festtagen. Annahme so» Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis mittags 12 Uhr. Ler «bounementspreis beträgt vierteljähr- lich 1 Mk. ÄS Pf. Einzelne Nrn. ü Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Linges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergass? "91 L. —Ami Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lnnz^nnu, Ltchienliein-Gsllnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Lt. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- i-ulm-Nioderbain Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Mittwoch, den 27 Mai 1896. _ U 120 Preßfreiheit, die aber schon vielen sehr gescheidten Fran zosen zum Ekel geworden ist, weil diese Freiheit nur dazu ausgenützt wird, den Gegner mit Zoten zu be decken und mit Schmutz zu bewerfen. Frankreich hat aber Bestimmungen über polizeiliche Allmacht, von welchen der gute Deutsche sehr wenig weiß; in Elsaß-Lothringen sind noch verschiedene solcher französischen Polizeirechts- Bestimmungen in Geltung, und bekanntlich haben die Bewohner des Reichslandes keinen sehnlicheren Wunsch, als diese Bestimmungen aus der französischen Zeit be seitigt und überall das deutsche Reichsrecht eingeführt zu sehen. Daraus kann man ersehen, wie denn auch das französische „freiheitlich-republikanische" Recht seinen Haken hat, und zwar einen gewaltig großen. Vor hundert Jahren wurden in der französischen Republik im Namen von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" die Leute guillotinirt; heute ist's nicht mehr so schlimm, obwohl auch die Republik wenig nach Recht fragt, wenn es Gegner zu beseitigen gilt, wie der Boulanger-Proceß und das berüchtigte Prätendentengesetz beweisen. Aber als vor dem ersten Mai in Paris eine communistisch-socia- listische Ltraßendemonstration stattfand, traten die Poli zisten den Demonstranten mit den Stiefeln vor die Schienbeine und prügelten Flüchtlinge, die auf Omnibus oder Baugerüste retirirt waren, vor aller Oeffentlichkeit windelweich. Bei uns sollte das einmal von einer Polizei riskirt sein, die Pariser Journale hätten die Deutschen wieder Sklaven der preußischen Polizei genannt. Aber sie selbst haben ein Recht auf Prügel trotz republi kanischer Freiheit und Gleichheit und Brüderlichkeit. Doch noch besser ist es mit den Steuern! Deutsch land hat die letzte Armeeverstärkung erlebt, ohne daß im Geringsten eine anderweite Belastung eingetreten wäre, als eine Erhöhung von Börsensteuer, Lotteriesteuer usw. Und darüber kann man doch beim besten Willen sich nicht groß beklagen, wenigstens haben breite Volkskreise in keiner Weise darunter zu leiden. Das vorige, radikal- socialistische Ministerium Bourgeois wollte bekanntlich die gerade für kleine Leute sehr drückende französische Thür- und Fenstersteuer, von welcher der Deutsche Gott Lob keine Ahnung hat, beseitigen durch eine für die höheren Einkommen straffe Einkommensteuer. Wir haben bei uns überall entsprechende Steuersätze, denn wir sagen, wer reich ist, kann Steuern zahlen. Aber im Interesse „von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" hielt es das Pariser Parlament sür bester, daß die kleinen Leute ihre Thür- und Fenstersteuer weiter zahlten und lehnte das Gesetz ab. Aber auch das heutige gemäßigt konser vative Ministerium Meline kommt mit neuen Geldforde rungen und neuen Steuern, und nach dem neuesten Steuergesetz sollen die Franzosen von den Zinsen ihrer eigenen Staatspapiere nun eine Extrasteuer zahlen. In manchen finanzschwachen Ländern besteht heute schon eine solche Steuer, und nun kommt auch das reiche Frank reich damit. Wer es bisher nicht hat glauben wollen, der merkt es jetzt an diesem Beispiel wieder, wie jenseits der Vogesen nicht Alles Gold ist, was glänzt. Was würde man aber wohl in Deutschland zu einem solchen Steuerproject sagen? Die Worte wären so derb, daß sie sich nicht wiedergeben ließen. Deutschland hat alle Aufmerksamkeit für seine wirth- schaftlichen Verhältnisse nöthig, es hat indessen keinerlei Anlaß, in politischen und steuerlichen Dingen sich zu echcmffiren und Vergleiche mit anderen, „bester" situirten Nachbarvölkern zu scheuen. Mit gutem Rath und rechter That werden wir schon noch manche Schwierigkeiten, die "Waldenburg, 26. Mai 1896. Das Pfingstfest liegt hinter uns, und man sieht schon, daß die Politik nicht gewillt ist, der Pfingstzeit mehr Raum zu bewilligen, als sie nothgedrungen bewilligen muß Das ist bei uns so, wo die Parlamente in Ber lin zum Theil schon im Juni-Anfang ihre Arbeiten wie der beginnen, es ist das erst recht so in anderen Staaten, wo man für Pfingsten überhaupt keine Ferienzeit be willigt, vielmehr unseren schönen zweiten Feiertag schon wieder' als Werktag ansieht. So sehr lasten wir uns denn doch nicht einengcn und auch unsere Volksvertreter haben nicht die geringste Neigung, dem Beispiel ihrer fremdländischen College» zu folgen. Es bleibt bei uns, wie stets. Wenn vielfach die Hoffnung ausgesprochen wird, es würde sich in den Pfingsttagen eine gewisse Beruhigung und eine Milderung einzelner politischer Gegensätze geltend wachen, so scheint es doch, als ob sich diese Hoffnung verschiedentlich erfüllen werde. Zeit und Stunde sind nicht dazu angethan, ernste Conflictsgedanken reifen zu lassen, im Lenz kommt auch der allereifrigste Abgeordnete auf etwas andere Gedanken. Wenn im Reichstage noch die neue Militärvorlage vor Pfingsten mit gefurchter Stirn und kritischen Worten behandelt wurde und ge wichtige Streitfragen dabei aufmarschirten, die dem Reichs tage schon viel Sorge gemacht haben, so haben die Ferien tage der Pfingstzeit doch auch manchen Abgeordneten wenn nicht zu anderen, so doch zu ruhigeren Anschau ungen gebracht, und er hat keine besondere Neigung, sich zum entschiedenen Austrag aller möglichen Dinge im Sommer aufzuschwingen und damit sich die gute Laune zu verderben. Auf der anderen Seite werden auch die Herren aus dem Bundesrath weniger streng bezüglich ihres Wunsches, das bürgerliche Gesetzbuch noch in dieser Sommerzeit fix und fertig zu bringen, denken, sondern leise der Ansicht zuzuneigen beginnen, daß gut Ding gute Weile haben will. Lange Jahre ist die mit der Ausarbeitung der Vorlage betraute Commission thätig gewesen, und wenn es gleich am besten gewesen wäre, der Reichstag hätte die Berathung des Entwurfs nicht so in die Länge gezogen, zumal in der Hauptsache doch Alles so bleiben wird, wie es heute ist, so ist es doch auch gerade kein Unglück, wenn die Beschlußfassung im Parlament um ein Vierteljahr hinausgeschoben wird, namentlich nicht, wenn eine solche Hinausschiebung der Gefahr der Ablehnung vorbeugt. Zu wünschen wäre nur, der Kriegsminister möchte in der Reichstagscommis, sion dafür sorgen, daß dem deutschen Staatsbürger nicht durch allerlei Alarmgeschichten im Sommer die gute Laune verdorben wird; kann der Chef der Militärverwaltung auch nicht sagen, was wir Alles zu erwarten haben in Zukunft, er kann doch sagen, was in absehbarer Zeit nicht in Betracht kommt. Aus Erfahrung wissen wir, daß in der politisch-stillen Jahreszeit die im Thatsächlichen bestehende Lücke gar zu gern durch allerlei Fabuliren ausgefüllt wird. Der Deutsche kann heute mit einigem Humor auf Nachbarstaaten schauen, in welchen man es besonders liebt, uns als von allem Schlimmen bedrückte arme Würmer hinzustellen, die so viel Steuern, wie Haare auf dem Kopfe und keine Spur von politischem Recht und von politischer Freiheit haben. Wenn man so etwas so häufig in Pariser Zeitungen lesen kann, dann amüsirt es Emen doch, wenn man sieht, daß die Franzosen fort während gerade das erleben, was sie meinen, das wir auszustchen haben. Frankreich hat eine weitreichende Witteruttstsbericht, ausgenommen am 26. Mai, nachm 4 Ubr Bürometerstau- 767 ÜW. reducirt aus den Meeresspiegel. Thermometerstaud -s- 18" 0. (Morsens 8 Nor U- iql,, Lambrechts Polymeter 40"/n. ThauMnkt P 5 Grad Wrudrichtuna- Ost Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Daher Witterongsaussichteu für den 27. Man Halb bis ganz heiter ohne Niederschläae heute vorhanden sind, überwinden, und dies um so eher, wenn die Schwierigkeiten nicht größer gemacht werden, als sie an und für sich sind. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser ist von seinem Jagdausfluge nach Pröckel- witz in Ostpreußen im Neuen Palais bei Potsdam wie der angekommen. Der Monarch wurde am Sonnabend Abend auf der Wildparkstation von der Kaiserin em pfangen; nach sehr herzlicher Begrüßung begaben sich die Majestäten nach dem Palais. In Marienburg hatte der Kaiser seine Reise unterbrochen und die Restaurirungs- arbeiten in der Hochburg besichtigt. Das Gesammter- gebniß der Pröckelwitzer Pürschgänge beträgt 25 Reh böcke. Das Pfingstfest, zu dem der Kronprinz und sein Bruder Eitel Fritz von Plön nach Potsdam gekommen sind, verlebte die kaiserliche Familie in der gewohnten Weise. Zu Ehren des Geburtstages der KönPm Victoria von England sand am ersten Pfingstfeiertage mittags beim Kaiserpaar eine größere Tafel statt, zu der auch die Mitglieder der britischen Botschaft geladen waren. Am zweiten Festtage wurde im Neuen Palais das Stiftungs fest des Lehr-Jnfanteriebataillons gefeiert. Der Gottes dienst fand im Freien statt, an denselben reihte sich um 11 Uhr die Parade des Bataillons und sodann die Speisung der Mannschaften vor den Colonaden. Die Frühstückstafel bei dem Kaiserpaar im Muschelsaal war um 1 Uhr angesagt. Die Hoftrauer wurde für diesen Tag abgelegt. Nachmittags unternahmen die Majestäten bei schönem Wetter einen Ausflug. Der Kaiser hat der nach Westafrika abgehenden Ver stärkungs-Truppe ein besonderes Interesse entgegen gebracht, das sich in einem bemerkenswerthen Detail be- thätigte. Major Leutwein hatte um einige Feldgeschütze mit Granaten älterer Construction gebeten. Auf des Monarchen Geheiß aber gehen ebensowohl Schnellfeuer geschütze (allerdings nicht der neuesten Construction) wie Geschütze mit Granaten nach Westafrika, die überaus brisant sind. Infolgedessen gehen auch Artilleristen mit, welche mit der Bedienung der neuen Geschütze Bescheid wissen. Die entsprechend ausgerüstete Truppe von 400 Mann und die stattliche Artillerie wird ausreichen, um in unserem westafrikanischen Gebiet Ordnung und Ruhe herzustellen. Die feierliche Enthüllung des Bismarck-Denk mals auf der Rudelsburg nahm unter zahlreicher Be theiligung alter Herren und activer Mitglieder der Studenten-Corps bei günstigem Wetter einen glänzenden Verlauf. Um 10 Uhr setzte sich der Festzug in Be wegung von Kösen aus; am Denkmal brachte Hans v. Hopfen das Hoch auf den Kaiser und den Fürsten Bis marck aus. Unter den Klängen des „Landesoaters" fiel die Hülle des Denkmals, darauf wurde auf Fuchsthurm und im Burghofe das „Gaudeamus igitur" gesungen. Später waren die Theilnehmer zu einem Festmahle ver eint. Fürst Bismarck erhielt ein Hutdigungstelegramm. Die Einnahmen der 61 deutschen Eisenbahnen betrugen im April 1897 bei einer Gesammtlänge von 39,624,88 km: aus dem Personenverkehr 32,282,571 (gegen das Vorjahr mehr 246,174), aus dem Güter verkehr 71,257,157 (mehr 5,566,970) Mark. Der „Reichsanzeiger" bringt den Schriftwechsel, der aus Anlaß des Falles Stern, der sich bekanntlich wegen gesetzwidrigen Auftretens in Kissingen Gefängnißstrafe zu gezogen hatte, zwischen dem deutschen Botschafter in