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aus den Kopf, 8 mehr als in dem wegen hohen Fleisch- Verbrauchs berühmten England verbraucht worden find. Wenn die Genoffen so schwer unter den teuren Fleischpreisen bei unS litten, dann würden sie neben allen anderen großen Geldopfern für die Partei nicht noch Hunderttausende für die russischen Revolutionäre hergeben, sondern sie lieber zum Fleischeinkaufe für sich und ihre Familien zurückbehalten. Auf das Gerücht, ein russischer Hofzug, in dem sich einige russische Großfürsten, ja wohl gar der Zar selbst, be funden hätten, habe in der Nacht zum Montag Berlin passiert, haben sich die »Berl. N. N." an die Eisenbahn, direktion mit der Bitte um Auskunst gewandt. Diese wurde aber in jeder Form verweigert unter Hinweis darauf, daß ein strenges Verbot bestände, über die Reisen allerhöchster und höchster Personen irgend etwas verlautbaren zu laffen. Eine der ersten Anordnungen des neuen stellvertretenden Kolonialdirektors Exzellenz Dernburg, der, wie der »Reichs, anzeiger" hervorhebt, in längerer Audienz vom Kaiser emp. fangen und später zur Frühstückstafel hinzugezogen wurde, ist laut »B. T." die gewesen, daß jedes an das Kolonial- amt gelangende Schriftstück zu buchen ist. Das betref fende Verzeichnis ist ihm nebst den Schriftstücken an jedem Morgen vorzulegen. Bei der Uebernahme feines Amtes hat sich Exzellenz Dernburg zuerst die höhere» und dann die unteren Beamten der Kolonialabteilung vorftellen laffen, und in der Ansprache, die er an die einen wie an die anderen richtete, rundweg betont, daß eS eine Reorganisation der Abteilung gelte, die an die Arbeitsfreudigkeit eines jeden Beamten entsprechende Anforderungen stelle. Die Ansprache soll überraschend gewirkt haben. Tie erste allgemeine Versammlung des deutschen Natur forscher- und Aerztetages hat am Montag in Stuttgart unter außerordentlich starker Beteiligung stattgefunden. König Wilhelm von Württemberg wohnte der Eröffnungssitzung bei und gab ihr durch seine Anwesenheit ein besonders feier liches Gepräge. Der Verbandstag der Post- und Telegraphenassisten- ten hat den Vorstand beauftragt, die gesetzgebenden Faktoren um eine sofortige durchgreifende Gehaltsaufbesserung an- zugehen. Zur Begründung wird auf die starke Steigerung der Mieten und aus die anhaltende Teuerung aus dem Lebens- mittelmarkt hingewiesen. DaS Geld wird wieder teurer. Die Reichsbank erhöht am heutigen Dienstag ihren Diskont, da die an sie heran, tretenden Geldansprüche immer größer werden, eine Folge des erfreulicherweise sehr regen wirtschaftlichen Lebens und des bedeutenden Geldbedarfs des Reichs. ES ist nicht aus» geschloffen, daß daS Geld noch teurer wird, als vor einem Jahre, in dem der Stand bereits ungewöhnlich hoch war. Gutes kann dies allerdings insofern haben, als ungesunde Unternehmungen unterbleiben und der Ausbau bereits be- stehender Betriebe nur nach reiflicher Prüfung und Erwägung auch des Umstandes erfolgt, daß einmal ein Rückschlag ein- treten kann. Oesterreich »Ungarn. Der Kohlenarbeiterstreik im Brüx-Duxer Kohlen revier ist beendet. Am Montag sind alle Streikenden ordnungsgemäß eingefahren. Die volle Leistungsfähigkeit werden die Schächte jedoch erst in einigen Tagen wieder erlangen, nachdem die vorgenommenen Absperrungen wieder geöffnet sind. Der durch den Streik hervorgerufene Pro- duktioiltzauSfall wird auf 30,000 Waggons geschätzt. Urankreich. Der.Präfident der französischen Republik, Herr FallidreS, Unterhaltungsteil. Li« Spielgefährten. Roman in zwei Vänden^von V. Wiesen. 54) (Fortsetzung.) „DaS ändert nichts, eS liegt mir sicher in guten Papieren. Ich werde doch nicht Knall und Fall auSspannen und mich auf die faule Haut legen, wo ich noch rüstig bin und arbeiten kann. Da- fehlte gerade! Nein, gnädige Frau, die Verstorbene, von der das große Stück Geld unS und dem Fritz zugekommen ist, war auch nicht faul und nicht hoffärtig geworden, sondern ist aus'm Posten geblieben, bis der liebe Herrgott sie abgerufen hat." Und so blieb denn in Tanninken alles beim alten. Brunk wirtschaftete mit der gleichen Pflichttreue, dem gleichen Eiser wie bisher, scheute keine Arbeit, und Frau Mine hatte sich nicht mal zum Sonntag ein neues Kirchenkleid angeschafft. Es gab bald Leute, die meinten, die ganze Erbschaftsgeschichte sei ein leeres Gerede gewesen. Der Beweis deS Gegenteils sollte aber bald genug bekannt werden. Je mehr der Winter herannahte, je dunkler und regne rischer die Tage waren, je unerträglicher wurde Frau Dittmer der Aufenthalt auf dem Gut. Sie schrieb verschie dene Briefe nach der Stadt an Agenten und beauftragte auch den alten Löwenstein, der neben Geld- auch Kommissions geschäfte übernahm, sich nach einem Käufer für Tanninken umzusehen. Aber ehe sich ein solcher gefunden hatte, machte eines Abends Brunk, nachdem die Wirtschaftsangelegenheiten durchgesprochen waren, seiner Prinzipalin den Vorschlag, ihr das Gut zu verpachten. An der nötigen Kaution fehlte es nicht; denn Fritz hatte sich bereit erklärt, sein ererbtes Kapi tal auf Tanninken eintragen zu laffen, und die Pachtsumm« wirtschaftete ein Mann von Brunks Tüchtigkeit und Fach kenntnis mit Leichtigkeit heraus. Fran Dittmer erkannte sofort daS Günstige dieses Vor schlags und ging ohne weitere» darauf ein. Die notariellen Verhandlungen, sowie die Uebergabe des hat eine Reise nach Süd-Frankreich, wo er bekanntlich zu Hause ist, unternommen und in Marseille eine große Parave über die versammelten französischen, englischen, italieni- schen und spanischen Kriegsschiffe abgehalten. Dabei wurden selbstverständlich auch schöne, friedfertige Trinksprüche ge- wechselt. Nun, zum Glück ist ja augenblicklich der politische Himmel auch wirklich wetterklar, und daß Herr Fallidre» ein liebenswürdiger Mann ist, ist unS längst bekannt. Hoffentlich bleibt die politische Situation so. sr«tz!and. Ueber den plötzlichen Tod des Generals Trepow laufen in Petersburg die sensationellsten Gerüchte um. Das ist begreiflich, wenn man sich vor Augen hält, daß der Ver storbene der bestgehaßte Mann im ganzen Zarenreiche war. AIS er nach der massenweise» Niedermetzelung wehrloser Arbeiter an den historischen »blutigen Sonntag", dem 22. Januar 1905, die Militärdiktatur übertragen erhielt und in grausamster Weise gegen alle auch nur verdächtigen Elemente einschritt, da beschloß das Revolutionskomitee seine Ermor dung. Trepow war kein Hasenfuß; angesichts der unab. lässigen Drohungen aber suchte er sich auf Ausfahrten usw., die er überdies auf ein Minimum beschränkte, doch nach Möglichkeit gegen Attentatsversuche zu schützen: »Nicht so ängstlich, General", lautete die Aufschrift eines BlatteS, daS er auf seinem Nachttische fand, »auf der Straße wird Ihnen nichts geschehen, Sie werden in Ihrem Bette ermordet wer den." Und nun ist der Kommandant deS Peterhofer Palastes den Strohtod gestorben, so sagen eS wenigstens die amtlichen Petersburger Telegramme. Herzschwäche war die Tode»- Ursache. Um 5 Uhr Nachmittags zog sich der General zur Ruhe zurück; als man ihn um 8 Uhr wecken wollte, fand man eine Leiche. Trepow selbst soll in letzter Zeit wieder- holt erklärt haben, er sei ein Todeskandidat, die Revolutio näre machten sich unnütze Mühe. Das russische Volk hat eine andre Auffassung, es glaubt an keinen natürlichen Tod, sondern ist überzeugt, daß Trepow daS Opfer irgend einer vergifteten Speise geworden ist. Cyankali soll in An wendung gebracht worden sein. In Warschau wurde das Mitglied de« Kriegsgericht», Generalmajor DoroschewSky, bei einer Wagenfahrt durch Revolvcrschüffe verwundet. Der Uebrrfall war die Antwort aus die am Tage zuvor in der Zitadelle vollstreckte Hin richtung von 2 Revolutionären. Aste». Japan gebraucht wieder einmal Geld! ES will eine Anleihe von 500 Millionen Mk. in Europa ausnehmen, um seine inneren Anleihen zu konsolidieren. Ja, billig ist das Großmacht-Werden nie gewesen und wird eS auch nie sein! Die Unsicherheit in China erscheint bedenklich. Nach- dem erst vor wenigen Tagen ein deutscher Reichsangehöriger dort ermordet worden war, wurde laut .B. T." in Tientsin der Sekretär des österreichischen Konsulats, Emil Thiele, der im Begriff war, die Heimreise nach Europa anzutreten, von Eingeborenen getötet und einer Summe von 7000 Mk. be raubt. Thiele war aus Hamburg gebürtig. Natürlich wird Genugtuung gefordert werden. Amerika. Die Mahnung deS nordamerikanischen Präsidenten Roose velt an die Kubaner, sich zu vertragen, hat, wie sich voraussehen ließ, wenig genützt. DaS Geplänkel zwischen Aufständischen und Regierungstruppen dauert fort. Schließ lich wird es wohl beiden Parteien auf der Insel am lieb sten sein, wenn eine stramme, nordamerikanische Verwaltung Inventars nahmen nicht viel Zeit in Anspruch. Sobald der erste Frost die aufgeweichte Fahrstraße bequemer fahrbar machte, verließ Marie Dittmer unbewegten Herzens die Stätte, in der sie seit so vielen Jahren geweilt und Freud' und Leid durchlebt hatte, um eine Wohnung in der nächsten gröberen Stadt zu beziehen. Brunks fiedelten aus dem Kämmerer- in da» HerrschaftS- haus über. Da eS ihnen aber, ihren bisherigen Gewöhn-, heilen nach, zu groß dünkte, bewohnten sie nur einige Räume. Die frühere Brbeitsstube des alten Dittmer, die einfachste im ganzen Hause, wurde Wohnstube und blieb fast ganz un verändert, denn der neue Pächter hatte die unförmigen, ab genutzten Möbel, welche die gnädige Frau nicht mitnehmen wollte, angckauft und aus dem bisherigen Platze stehen laffen. Nun saßen an den langen Herbstabenden, während e» draußen stürmte und der Regen gegen die Fensterladen prasselte, Brunk und seine Frau an dem großen, Wachstuch- beschlagenen Tisch, wo einst der alte Dittmer über den auf geschlagenen Wirtschaftsbüchern so oft gegrübelt, gerechnet und sich gesorgt hatte, um daS Gut heraufzuarbeiten. Die Früchte dieser Arbeit zu pflücken war ihm nicht mehr vergönnt gewesen, aber die jetzt seine Stelle einnahmen, ver gaßen des früheren Herrn nicht. Oft sprachen die Eheleute miteinander von vergangenen Tagen. „Wer mir damals gesagt hätte, als ich jeden Abend zum sel'gen gnäd'gen Herrn mit dem Wirtschastsrapport kam, daß ich selbst mal hier auf diesem Platz sitzen und in Tanninken befehlen würde," äußerte Brunk. Dann nickte seine Frau, und ihr immer noch hübsches Gesicht leuchtete vor Stolz. „Hast recht, Vater, das hätten wir uns dazumal wohl nicht träumen laffen. Mich freut's zumeist wegen unserem Fritz, daß seine Eltern sich nun auch können sehen laffen. Man stellt doch jetzt was vor in der Welt, und ein Pächter steht bald ebenso da als wie ein Gutsbesitzer." „Manchmal steht er sich noch bester," meinte Brunk vergnügt. „Na, ja, dank meiner Schwester selig brauchen wir unS Platz greift. Die Kubaner haben wirklich nicht die Fähig keit, sich selbst zu regieren. Erfreulicherweise läßt Präsident Roosevelt keine Ge legenheit vorübergehen, seine Sympathieen für Deutsch, land zum Ausdruck zu bringen. So hat er bei einem Sportfest in Oysterbay wieder von der wünschenswerten Freundschaft zwischen Deutschen und Amerikanern gesprochen und mit einem Hoch auf den deutschen Kaiser geendet. Aus dem Muldentale. "Waldenburg, 18. September. Se. Durchlaucht der Fürst ist heute Nachmittag hier eingetroffen. * — Der hiesige Gewerbeverein wird am Mittwoch nächster Woche seine Wintertätigkeit wieder aufnehmen, und zwar ist für diesen Abend abermals Herr Richard Laube vom In stitut Kosmos in Leipzig gewonnen, welcher als Fortsetzung seiner Reiseschilderungen Wanderungen auf dem klassischen Boden Griechenlands folgen laffen wird. In klaren scharfen Lichtbildern wird hierbei die moderne Hauptstadt Griechen lands, Athen, mit ihren Prachtbauten, ihrem interessanten Straßenleben und ihrem Nationalmuseum vor Augen geführt werden; daran wird sich schließen eine Wanderung durch das alte Athen mit der Akropolis, durch das Trümmerfeld von Eleusis, die Trümmer von Mykena und durch Alt-Korinth mit seinen Ruinen. Ferner werden besucht die Agamemnon- gräber, die Schliemannschen Ausgrabungen, die alte KönigS- burg von TyrinS rc. Bekanntlich hat in diesem Lande die glanzvollste Kulturperiode, die je die Welt gesehen hat, ihren Ursprung gefunden; der Vortrag wird deshalb mit Recht bei allen Gebildeten daS größte Interesse erwecken. * — Auf dem GauverbandStag der Erzgebirgischen Ge- werbevereine, welcher, wie schon berichtet, am 7. Oktober in Reichenbach stattfindet, wird der Gewerbeverein Crimmitschau den Antrag stellen, daß der Landesverband bei der König!. Genrraldirektion der Staatsbahnen für Einführung der 4. Wagenklaffe an Sonntagen eintritt. * — Mus aus Kernobst, ein zweites Dauerprodukt für unser obstreiches Jahr! Hierzu eignen sich eigentlich nur Aepfel, jedoch kann ein kleiner Teil Birnen denselben zu gesetzt werden. Wenn möglich nimmt man reise Aepfel wegen des größeren Zuckergehalt». Die Früchte werden gereinigt, geteilt, aber nicht geschält wegen Verlusts des Aromas, und mit wenig Wasser auf daS Feuer gebracht, und unter fleißi gem Umrühren ganz weich gekocht. Wer Vorrichtungen dazu hat, wende ein Dämpfen an, welches bester ist als Kochen. Hierauf wird die Maste durch ein Sieb rc. durchgetrieben, sodaß man Kerngehäuse, Samen, Schalen rc. auSscheidet. DaS gewonnene Apfelmark wird nun durch weiteres Kochen so eingedickt und gewürzt, wie beim Pflaumenmus. Trotz fleißigen Rührens kann die Maste anbrennen. Dem kann man dadurch vorbeugen, daß einige sauber gewaschene Kiesel steine in das Mus gelegt werden. Bei sauren Aepseln ist ein Zusatz von Zucker je nach Geschmack erforderlich. Die Aufbewahrung ist hier wie beim Pflaumenmus. Sollte aber trotz aller Vorsicht die Maste in Gärung übergehen, so muß man unter Beigabe einer Messerspitze gereinigter Pottasche auf einen Steinguttopf gewöhnlicher Größe daS MuS noch mal gehörig auskochen. Auch die Töpfe sollen dann wieder gereinigt und ausgeschweselt werden. * — Ter Reichsverband gegen die Sozialdemokratie wird am 1. Oktober im Königreich Sachsen zwei Provinzialge schäftsstellen einrichten, die eine in Plauen i. V. für den Südwesten, die andere in Dresden für den übrigen Teil SacksenS. Er betont dabei ausdrücklich, daß seine Bevoll- von keinen Sorgen drücken zu laffen." „Stimmt," bestätigte der Mann. „Mit 'nem Stück Geld in der Hand ist ein guter Anfang. Die Wirtschaft ist auch im Zug, da soll eS unS, so Gott will, schon glücken." „Weißt du, Mann," sagte Frau Brunk nach einer Pause, und vie lachenden Augen erhielten einen ganz traurigen Ausdruck, „ich denke, drüben in Dobrawitz, da steht nicht alles zum besten. Wenn man unsere Wintersaat ansieht und dagegen drüben die Felder. ES ist ein Jammer. Man möcht' eS nicht glauben, daß daS aus ein und demselben Boden gewachsen ist." „Wundert mich gar nicht," war die Antwort, „die Ackerung ist auch danach. Der Baron, der kümmert sich'n Dreck um seine Wirtschaft. Da wird gearbeitet oder nicht — ist alles ein». Der Herr fährt nach der Stadt oder auf die Jagd. Kannst mir glauben, daS nimmt drüben noch mal ein schlechte» Ende." „Ach, du mein himmlischer Herrgott!" seufzte Frau Brunk und faltete die Hände im Schoß. „WaS soll dann aus der Alicchen und dem Kinde werden? Mir tut'S Herz weh, wenn ich an sie denke. Neulich hab' ich sie mal Sonntags in der Kirche gesehen, ganz blaß war sie und daS liebe, hübsche Gesicktchen ganz schmal geworden. Wenn ich dran denk', waS für ein frisches, lustiges Ding sie dazumal ge wesen ist, wie sie als Kind mit unserem Fritz zusammen spielte. Tie gnäd'ge Frau Mama hat sich ja unmenschlich gefreut über den feinen baronschen Schwiegersohn, aber ich laß mir's nicht einreden, glücklich ist die Alicchen nicht mit ihm geworden." * * * Es wurde früh Winter in diesem Jahr. Der Tag, an dem man in Dobrawitz das Erntefest gefeiert hatte, war der letzte sommerlich warme gewesen. Seitdem wechselten kaltes Regenwetter und vorzeitiger Frost und machten den Aufenthalt im Freien höchst unerfreulich. Alice hatte wieder viel Sorge mit der Kleinen, die Zähn- chen bekam und infolgedeffen andauernd kränkelte. (Fortsetzung folgt.)