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sowie des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller stattfinden. Von den zur Erörterung kommenden Gegen ständen heben wir hervor: Die Einführung deS Check- Verkehrs bei der Reichspostvcrwaltung zur Erleichterung und Vereinfachung der Geldübermittelung, dir Einrichtung von Briefabholungsfächern, der Postpackctverkehr mit Amerika und der Fernsprechverkehr zwischen Deutschland und Frankreich. Den Berathungen über die Einführung des Postcheckverkehrs liegt eine Denkschrift, sowie der Entwurf zu einer Postscheckordnung mit Ausführungs bestimmungen zu Grunde. In Pretoria ist der Baron v. Günsberg, der sich im Besitz compromittirender Schriftstücke befand, wegen Hochverraths erschossen worden. Bei den Engländern wird das Standrecht in sehr umfassendem Maatzc ange wendet, besonders sind eS die Afrikander, die aus ihrer Treue zu den Boeren kein Hehl machen und deshalb von den Engländern schwer zu leiden haben. Sogar der bekannte Führer der Afrikander, Hosmeyer, ein äußerst besonnener Mann, soll durch die Engländer bereits in Schwierigkeiten verwickelt worden sein. Wird Hofmeyer gemaßregelt, dann gehen die Afrikander in Schaaren zu den Boeren über. Der Gesandte von Transvaal, vr. LeydS, der aus Brüssel nach Berlin kommen wollte, angeblich um Deutsch land das Protectorat über die Südafrikanische Re publik anzutragen, hat seine Reise ganz aufgegeben. Es ist ihm zweifelos nahe gelegt worden, daß Deutschland aus seiner neutralen Haltung nicht herauStretcn werde. England. Chamberlains Vertheidigung der Regierungspolitik hat im englischen Unteryause eine recht getheilte Auf nahme gefunden. Chamberlains Rede machte aus die Opposition gar keinen Eindruck, dagegen erzielten die Angriffe der Opposition eine tiefe Wirkung auf alle Parteien. Die Minorität von 137 Stimmen gilt bei dem jetzigen chauvinistischen TerroriSmuS, der alle Oppc- ncnten gegen den Krieg mit Verlust der Parlamentssitze droht, als eine überwältigende moralische Verurtheilung der Regierungspolitik. Wie englische Offiziere in den Krieg ziehen, wird soeben in einigen Londoner Blättsrmeldungen ge schildert. Sehr anmuthig ist das Bild nicht, das da entworfen wird. Die letzte Nacht vor dem Ausbruch haben die Meisten in ausgelassenster Lustigkeit verbracht und noch in den frühen Morgenstunden deS Absahrttages konnte man die schwankenden Gestalten in den Straßen der Stadt allerlei Allotria treiben sehen. Selbst Prüge leien blieben nicht aus, so daß die Polizei eingreifen und mehrere der jungen Marssöhne per Droschke an ihr Ziel geleiten mußte. Die Offiziere waren auch so er schöpft, daß sie sich willig führen ließen. Wenn sie den Boeren ähnlich gegenübertreten sollten, dann hätten diese leichtes Spiel. Die Depesche des deutschen Kaisers an den Präsidenten Krüger anläßlich des Jameson-EinfalleS im Jahre 1896 kam im englischen Parlament in eigen- thümlicher Weise zur Sprache. Ein Mitglied fragte an, ob eS nicht wahr sei, daß bei der von einer Partei des Hauses gegebenen Anr-gung, an Krüger eine Sympathie- adrefse zu richten, ein von dem Enkel der Königin, dem deutschen Kaiser, geschaffener Präcedenzfall befolgt worden wäre. Von dem Regierungsvertreter wurde dem Inter pellanten darauf geantwortet, er habe sich ein sehr er habenes Modell ausgesucht, aber zwischen ihm und dem deutschen Kaiser beständen doch Unterschiede namentlich insofern, als der Kaiser nicht britischer Unterthan und nicht Mitglied des englischen Parlaments sei. Nach dieser treffenden Antwort hielt der Interpellant Schweigen für das Beste. Afrika. Die Meldungen von der Lieferung einer großen Schlacht zwischen Ladysmith und Glencoe bestätigen sich. Ueber den Ausgang dieses ersten Entscheidungs kampfes liegen aber noch immer keine glaubwürdigen Nachrichten vor, so daß man zu der Annahme gedrängt ist, der Kampf sei noch nicht zur Entscheidung gekommen; trifft diese Annahme nicht zu, dann bleibt bloß noch die andre übrig, daß die Engländer eine Niederlage erlitten haben. Hätten sie gesiegt, dann wüßte zweifellos schon die ganze Welt von diesem Siege, da die Engländer die denkbar günstigsten telegraphischen Verbindungen mit Europa besitzen, während Transvaal auf Grund seiner geographischen Lage, rings umschlossen von den Eng ländern, in dieser Beziehung recht übel daran ist. Vom westlichen Kriegsschauplatz wird gemeldet, daß sich die Boeren einige Meilen südlich von Kimberley concentrirt haben und daß ein starkes Commando nach Nordwesten herumgehe. Zur Verstärkung der Boren bei Maseking ist aus Bloemfontein schwere Artillerie dort eingetroffen. Trotzdem also thatsächlich die Lage der Boeren zur Zeit eine günstige ist, Unterlasten es die Engländer nicht, Sensationsmeldungen auszustreuen, denen die Unwahr haftigkeit an der Stirn geschrieben steht. So meldeten sie, die Basutos erheben sich gegen die Boeren, während jetzt festgestellt ist, daß sie bei Ladysmith Schulter an Schulter mit ihnen kämpften. So berichten sie weiter, daß bereits ein Zug mit 300 schwer verwundeten Boeren in Johannesburg eingetroffen sei, obwohl man sich ver ¬ gebens fragt, wo diese 300 verwundet sein sollen. Und um ihren Siegestelegrammen die Krone aufzusetzen, melden sie kurzweg, daß die von den Engländern zur Vertheidi gung Mafckings gelegten Minen explodirt seien und 1500 Boeren (!!) getödtet hätten. Ans dem MrrLdenthchie. "Waldenburg, 21. October. In der gestern Abend von 6 Uhr ab stattgehabten Sitzung deS Stadtverord- netencollegiumS wurde dem Beschlusse des Elektricitäts- werkS-Ausschustes und des Stadtrathes, von den anS ElektricitätSwerk angeschloffenen Personen die Miethe für die ElektricitätSmester auch unter der Herrschaft des neuen bürgerlichen Gesetzbuches zahlen und dies durch Unterzeichnung eines dementsprechenden Vordrucks aus drücklich anerkennen zu lasten, beigetreten. Dem Be triebsleiter wurde außerdem das Recht gewährt, an Sonn- und Feiertagen den Strom aus der öffentlichen Leitung tagsüber wegzunehmen, sofern er dies im Interest? des Dienstes für zweckmäßig hält. Ein Gesuch der Copisten Kehr und Kerstan um Bezahlung der Beiträge zur Krankenkaste und Jnvaliditäts- und Altersversicherung wurde abgelehnt, den Bittstellern aber eine monatliche Zulage von Mk. 1.50 gewährt. Dem RathSbeschluste, betreffend die Aufstellung eines Hydranten in der Mittelstadt, wurde beigetreten und der erforderliche Aufwand von 130 Mk. bewilligt, dagegen die Aufstellung eines zweiten Druckständers in der Nähe der Pätz- mann'fchen Fabrikationsräume abgelehnt. Schließlich wurde noch Kenntniß genommen von der durch die Herren Zieger und Canzler, als Mitgliedern des Spar- kastenausfchustes, erfolgten Revision der Sparkaffe und von der Art und Weise, wie diese künftig vorgenommen werden soll. Nach einem in diesem Sommer gefaßten Beschlusse sollen diese Revisionen allvierteljährlich vor genommen werden. Der Sitzung wohnte Herr Bürger meister Kretschmer bei. *— Wer die Altenburger Straße in der Nähe der sieben Linden und dem oberen Wafferbassin passirt, wird zuweilen ein unterirdisches Geräusch vernehmen, das in seinem gleichmäßigen Tact ans Dreschen erinnert. Für Denjenigen, welcher dieses Geräusch sich nicht erklären kann, ist die Sache höchst unheimlich. Wir wollen des halb die nöthige Aufklärung geben. Von der elektrischen Centrale, welche neben den Dampfmaschinen ein Pump werk birgt, führt eine Röhrenleitung durch den Börnigs grund in das obere Wafferbassin; durch das Pumpwerk wird das Master aus den Wasserbehältern an der Cen trale in das obere Bassin gedrückt und hierdurch ent steht das unterirdische Geräusch an der oben bezeichneten Straßenstelle. Auch auf den von der Leitung berührten Feldern ist dieses Geräusch hörbar. *— Ein Meister unserer Zeit ist der Ingenieur, und der glanzvollen Stellung des Ingenieurs hat Kaiser Wilhelm II. nur Rechnung getragen, indem er, wie be kannt, den Hochschulen das Recht verlieh, auch Ingenieuren den akademischen Doctor-Titel zu verleihen. Damit ist eine Neuerung geschaffen, die von außerordentlicher Be- deutung ist Nicht der Titel machts, aber der mit dem Titel bedachte Stand. Wenn es bisher hieß „studiren", so kamen dafür doch immer nur die Rechtskunde, Medi- cin rc. in Betracht. Nun taucht der Mann deS prak tischen Lebens, denn Niemand ist das heute mehr, als der Ingenieur, neben Jenen auf, feine schwere, aber ehrenvolle Laufbahn erscheint in neuem Glanze. Denn die Laufbahn ist in der That schwer. Zu den allen gelehrten Berufen paßt ja zwar durchaus nicht ein Jeder, aber in einigen kann ein Durchschnittsmensch doch sein Studium vollenden und sein Amt erringen. Bei dem Ingenieur ist das weniger leicht, hier muß eine specielle Neigung und Begabung vorhanden sein, wenn die Lauf bahn Erfolg haben soll. Der Ingenieur hat nicht wie der Jurist oder ein Theologe oder Philologe ein vom Staate oder sonstwie zu vergebendes, ihn sein ganzes Leben sicher ernährendes Amt in Aussicht, nur seine persönliche Thä- tigkeit kann ihm etwas bringen. Ist er nicht wirklich befähigt, dann wird er immer nur irgendwo ein beschei dener Hilfsarbeiter bleiben und sich mühsam durchschlagen müssen. Die Technik stürmt heute rastlos vorwärts, da zu folgen, oder gar dem Neuen den Weg zu bahnen, ist außerordentlich fchwer; aber wer das kann, dem winkt auch ein klingender Lohn, von welchem sich andere „Doc toren" nicht leicht etwas träumen lasten. Neben dem berühmten Arzt oder vielbegehrten Rechtsanwalt rangirt heute der Chef-Ingenieur, der wirklich ein Meister in seinem Fach: ist. Natürlich kann nicht ein jeder Ingenieur eine oberste Stellung gewinnen, aber auch schon dann, wenn er wirklich tüchtiges an zweiter oder dritter Stelle leistet, steht er heute pekuniär bester da, als die meisten gleichaltrigen Angehörigen anderer gelehrter Berufe, die ihn bisher ja nicht fo ganz für voll gelten ließen. Aber nun thut der „Doctor" das Letzte. Eltern, die einen fähigen Knaben gern studiren lasten wollten, ohne sich darüber entscheiden zu können, welchen gelehrten Beruf sie wählen sollten, werden jetzt noch mehr als bisher auf das Studium an einer technischen Hochschule verwiesen. Allerdings muß, wie schon hervorgehoben, wirkliche, auf richtige Neigung vorhanden sein. In dem Berufe hilft kein bloßes Auswendiglernen! *— In Wolperndorf ist die Maul- und Klauenseuche erloschen. — Wegen deS Baues einer elektrischen Bahn von Glauchau nach Limbach weilten am Freitag zwei Herren von der Gesellschaft „Helios" aus Dresden in Glauchau, welche in Gemeinschaft mit Herrn Bürgermeister Brink eine Besichtigung des von der zu erbauenden Bahn be rührten Geländes vornahm. — Die zweite Strafkammer deS kgl. Landgerichts Zwickau verurtheilte am 18. d. den Zauberkünstler Gustav Adolf Jung aus Oberspier wegen fahrlässiger Tödtung eines Menschen zu 8 Monaten Gefängniß. Er handelt sich hierbei um den bedauernswerthen Fall 00m 10. August d. I., an welchem Tage in Jungs Zauber bude auf dem Werdauer Vogelschießen der Glasbläser und Artist Anton Zelanka aus Lesna in Böhmen mit einem Ladestock, der ihm ins Auge und in den Kopf drang, erschossen wurde. — Im Verein für Rochlitzer Geschichte gab am Donnerstag Abend der Vorsitzende, Herr Or. Pfau, in einem kurzen Vortrag einige recht interessante Ausklärun gen über die prähistorische Zeit der dortigen Gegend. Die vielen von ihm gemachten Funde von bearbeiteten Feuersteinen aus der ältesten Steinzeit lasten darauf schließen, daß die Rochlitzer Gegend vor 3—4000 Jahren nicht, wie angenommen wird, Urwald, sondern bewohnt war. Der vorgeschichtliche Mensch kannte das jetzt ver loren gegangene Geheimniß der Feuersteinbearbeilung- Die vorliegenden Steine und Splitter, die theils als Schneidewerkzeug, theils als Schmuck Verwendung sanden, zeigen Formen, die durch bloßes Zerhauen des Steines niemals entstanden sein können, außerdem lasten sich ganz deutlich auch die Schlagmarken erkennen. Bon solchen Steingcräthen, die theils aus der ältesten Stein zeit, der Zeit deS geschlagenen Steines, theils aber auch aus der späteren Zeit des geschliffenen Steines herrührten, hat Herr I)r. Pfau namentlich auf den Aeckern de» Stöbniger, Seelitzer und Bieserner Flur gefunden. Sie bilden zusammen mit den früher auSgegrabenen Scherben und Urnen aus der wendischen Zeit eine schon recht umfangreiche und sicher die größte Sammlung im west lichen Sachsen. dem BaMeMEde. — In einer außerordentlich zahlreich von Frauen und Männern besuchten Versammlung, die am Dienstag Abend in Meinhold's Sälen in Dresden tagte, behandelte in anregender und erschöpfender Weise Frl. Elisabeth Metzner- Berlin das zeitgemäße Thema: „Die Freie Liebe und die Frauen". Ihre Ausführungen gipfelten in den folgenden, von der Versammlung gutgeheißenen Thesen: 1. Nur in ihrer idealsten Form würde die freie Liebe mit ethischen Grundsätzen vereinbar fein. 2. Der ethische Zustand, welcher für eine Verwirklichung derselben vor ausgesetzt werden muß, ist in absehbarer Zeit unerreichbar. 3. Bei dem gegenwärtigen rechtlichen, wirthschastlichen und ethischen Culturzustandspunkt und dem der kommen den Zeiten würde die freie Liebe nur eine Schädigung — nicht nur der Frauen, sondern der ganzen Gesellschaft bedeuten. Es ist daher vor den Bestrebungen, welche die freie Liebe befürworten, zu warnen. — Herr Leutnant a. D. Meinhold-Lancken in Drtsr den meldet den „Dr. N.": Bezugnehmend aus die No tiz in Ihrem Blatte über die angebliche Verhaftung eine« Polizei-Jnspectors theile ich Ihnen ergebenst mit, daß die auf eine verleumderifche Anzeige hin cingeleitete Unter suchung bereits am 6. d. M. von der königl. Staats anwaltschaft sowohl gegen mich, als auch gegen meine Wirthschafterin eingestellt worden ist. Ich selbst habe auf mein Ansuchen unter dem 10. October meine Ent lastung aus dem Staatsdienste erhalten. Ich bitte seht ergebenst um eine entsprechende Berichtigung. — Der Gewinner deS großen Laoses der Lotterie der Deutschen Kunstausstellung Dresden 1899 hat sich bis jetzt noch nicht gemeldet, jedenfalls weiß derselbe von seinem Glück noch garnichts. Das Glückloos trägt die Nummer 81,202. — Auf dem Gelände des Völkerschlachtdenkmals bei Leipzig wurde Mittwoch Abend zur Erinnerung an den ewig denkwürdigen Entscheidungstag der Völkerschlacht gutem, altem Brauche gemäß ein mächtiges Freudenseuer abgebrannt, das infolge der beträchtlichen Höhe der ^uf- geschütteten Erbmassen weithin sichtbar war. Ein Holz stoß von zwei Metern Durchmesser und drei Metern Höhe, der mit lebhaft brennendem Material bestrichen war, diente dem Freudenfeuer, das nach 7 Uhr entzündet wurde und erst gegen 9 Uhr langsam verlosch, als Nahrung. Tausende waren in die Nähe geeilt, um Zeuge deS gewaltig auflodernden Feuers zu sein. — Mittwoch Vormittag 11 Uhr erfolgte in Leipzig unter Theilnahme der Generalität, deS RatheS der Smoi Leipzig, zahlreicher Militärvereine und anderer eingelade ner Ehrengäste die Weihe des Denkmals für die im Norden Leipzigs während der Völkerschlacht gefallenen Krieger, deren Gebeine in einem Mastengrabe aufgesunden und auf dem Nordfriedhofe wieder beerdigt wuiden. Pfarrer O. Buchwald von der Nordparochie hielt die ergreifende Gedächtnißrede. — Die kürzlich erfolgte Verhaftung deS Fabrikanten