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— In der Pohlandstraße zu Dresden wurde am Donnerstag ein noch nicht fünf Jahre alter Knabe von einem Blumenstöcke getroffen, der von einem Balkon stürzte. Das Kind trug einen Schädelbruch davon und verstarb. — Am Montag früh 11 Uhr fand in Leipzig die feierliche Einführung des Oberbürgermeisters Tröndlin durch den Kreishauptmann v. Ehrcnstein und den Bürger meister Dittrich statt. — In Leipzig kam am Sonnabend Abend in der Nähe des Berliner Bahnhofes Gringer, 1374 in Klein- fricdrichsfelde geboren und in L.-Eutritzsch wohnhaft, beim Aussteigcn auf einen im Gang befindlichen Motor wagen zu Fall und gerieth unter den Anhängcwagen, wobei ihm der rechte Unterschenkel abgefahren wurde. Man brachte den Verunglückten ins Krankenhaus. — Der Verein für sächsische Volkskunde hält am 22. d. seine dritte Hauptversammlung in Mittweida ab. Herr Oberlehrer vr. Pfau-Rochlitz wird hierbei einen Vortrag halten über: Bilder aus dem Volksleben der Rochlitzer und Mittweidaer Gegend aus der Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts. — Ein schwerer Unglückssall mit tödtlichem Ausgang ereignete sich am Freitag Nachmittag in der Korkstein- sabrik in Einsiedel. Der daselbst beschäftigte 17jährige Arbeiter Willy Kinder aus Eibenberg, welcher an der Mischmaschine beschäftigt war, kam den Kammrädern zu nahe, welche den Kops des Unglücklichen faßten und den selben vollständig zermalmten, fo daß der Tod sofort eintrat. — Stanzer Müller in Schwarzenberg erlitt dort, indem er in das Stanzwerk einer Frictionspreffe kam, Zermalmung der rechten Hand. Er wurde nach dem Kreiskrankenstift in Zwickau gebracht und ist am Freitag infolge Ler erlittenen Verletzung gestorben. — In Folge vielen Genusses von inneren Kernen der Pflaumenkerne erkrankte in MkttzkN ein achtjähriger Knabe an erheblicher Vergiftung durch Blausäure. Durch einen sofort herbeigeholten Arzt wurde der Knabe vor weiteren Folgen bewahrt. — Zur Reichstagsersatzwahl in Pirna schreibt die »Freisinnige Zeitung": In dem Verdruß über die Wahl niederlage behauptet der „Vorwärts", der „Freisinn habe geschloffen für Lotze gestimmt". Das ist durchaus un wahr. Eine Losung für Lotze ist weder direct noch in- direct, auch nicht von der lokalen Parteileitung ausge- gebcn worden. Ein erheblicher Theil der Freisinnigen aus der Hauptwahl hat für den socialdemokratifchen Candi daten gestimmt; ein größerer Theil hat sich der Abstim mung enthalten. Für Lotze mögen da und dort solche Wähler gestimmt haben, welche bei der Hauptwahl nicht aus politischen Gründen, sondern aus persönlicher Werth- schätzung shr den in Sebnitz wohnhaften Candidaten Strohbach gestimmt haben. — Sonderbare Blüthen treibt die Vereinsmeierei in Groffenhaiu. Dieser Tage wurde, wie man dem »Gr. Tgbl." schreibt, wieder ein neuer Club gegründet, dem man den Namen „Kinnbart" gab. Nur Männer mit einem Kinnbart können dem Club als Mitglied bei treten. — Nahe dem Brietzuitzer Gasthofe bei Dresden wurde am Donnerstag Nachmittag eine junge radsahrende Dame aus Löbtau von einem Lastwagen überfahren und ziemlich schwer verletzt. Ein zufällig anwesender Arzt leistete Hilfe. Der Sturz der Dame war durch Ver- wickeln der Kleider in die Pedale herbeigesührt worden. — Am Sonnabend Nachmittag 5 Uhr 40 Minuten landete der Lustschiffer Oswald Lische mit dem Ballon »Dresden" mitten in der Freiberger Mulde bei Rothen- fort, in welcher er ca. 200 Meter fortgeriffen wurde. Nur mit größter Anstrengung der dortigen Einwohner konnte L. gerettet werden. — Vor einigen Tagen schlug ein Einwohner in Langenbernsdorf eine Sense in das aus einem Wagen lagernde Gras und durchschnitt hierbei seinem auf dem Wagen liegenden 10 Jahre alten Sohne die Flechsen des Kniegelenkes des einen Beines. — Der Schulvorstand in Oetzsch hat für den neuen Schulanbau die Einführung einer Dampfheizanlage be schlossen und die Ausführung der Arbeiten der Firma Martini-Leipzig übertragen. Gleichzeitig soll auch ein Schulbad eingerichtet werden. Mit einem Kostenauf wand von 4386 Mark laut Anschlag ist die AuS- führung dieses Projectcs derselben Firma vom dortigen Schulvorstand in letzter Sitzung übertragen worden, ^uch mit Gasbeleuchtung soll das Schulgebäude ver- Ichen werden. — Wegen Untreue verurtheilte nach zweitägiger Ver handlung die Görlitzer Strafkammer den Direktor des verkrachten Schönberger Vorschußoereins, Neumeister, der ein Deficit von 400,000 Mk. verschuldet hat, zu zwei Monaten, den Controleur Lehrer Ratsch zu sechs Monaten Gefängniß. — Das Musikwaarengeschäft in Klingenthal geht i»r Zeit so lebhaft, daß es in verschiedenen Betrieben an Arbeitskräften mangelt. In Mundharmonikas liegen Umfangreiche Aufträge vor. Die billigen Sorten, welche weist in kleinen Geschäften gearbeitet werden, sind augenblick lich kaum hereinzubringen. Die Accordeonfabriken, ein schließlich derjenigen, die für die Versandgeschäfte arbeiten, sind ebenfalls stark beschäftigt. In Concertinas hofft man auf ein besseres Geschäft, wenn die südafrikanische Kriegsgefahr beseitigt ist. Nach Indien gehen fortgesetzt ungeheure Mengen billiger Harmonikaflöten und gering- werthiger Mundharmonikas. Die hohen Metallpreise machen immer noch ihren ungünstigen Einfluß geltend. Die laufende Periode lebhaften Geschäftsganges ist die beste seit langen Jahren gewesen. Hoffentlich bleibt der frühere auf flotte Geschäftszeiten folgende Rückschlag diesmal aus. Altenburg, 2. October. Von weiteren Personal veränderungen, die der 1. October im Gefolge gehabt hat, wäre zu erwähnen, daß der Vorstand vom Eisen berger Amtsgericht, Herr Amtsgerichtsrath Voretzsch, nach fast 40jähriger Amtszeit in dm Ruhestand getreten ist, und daß ihm Se. Hoheit unser Herzog das Ritterkreuz 1. Kl. verliehen hat. Die Herren Amtsrichter Findeisen in Eisenberg und Schubert in Schmölln wurden als Landrichter an das hiesige Landgericht berufen. Herr Gerichtsassefsor Or. Häßelbarth von hier wurde an das Schmöllner Amtsgericht, Herr Gerichtsassefsor Zinkeisen in Eilenberg wurde an das hiesige Amtsgericht und Herr Gerichtsassefsor Or. Kluge von hier wurde an das hiesige Landgericht versetzt. Herr Oberlehrer I)r. Köcher am hiesigen Realgymnasium ist in gleicher Eigenschaft nach Magdeburg übergesiedelt, und an seine Stelle ist Herr Oberlehrer vr. Müller aus Gotha getreten. — Wie wir hören, wird mit Ablauf dieses Jahres der erste Director der Herzogl. Landesbank, Herr Geh. Finanzrath Or. Reichardt, seine Stellung aufgeben und in den Ruhestand treten. Zu seinem Nachfolger soll der zweite Dircctor der Anstalt, Herr Finanzrath Maul, aus- ersehen sein. — Ein Altenburger, Herr Uhrmacher Reißle, hat eine wichtige Erfindung für das Eisenbahnwesen gemacht, nämlich eine selbstthätige Wagen-Koppelung, mit Hilfe deren das höchst gefährliche Koppeln seitens des Arbeits personals, was ja bekanntlich schon manches Menschen leben gefordert hat, überflüssig wird. Die Erfindung ist bereits in allen Ländern patentirt; auch sind Herrn Reißle hohe Gebote für die Abtretung des Patentes ge macht worden. Das höchste gab natürlich Amerika ab, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß die deutsche Er findung im Lande des Dollars zuerst ausgebeutet wird. — Der in Concurs gerathene und seit dem 29. August vermißte Landwirth Schmidt aus Altenberga ist nunmehr im Waldesdickicht bei Kahla erhängt aufge funden worden. Schmidt ist ein weiteres Opfer des verkrachten Spar- und Vorschußvereins in Kahla. — Am 1. Juli 1900 soll der Bau des neuen Fürst lichen Theaters im Fürstlichen Küchengarten an der Promenadenstraße in Gera beginnen. Der Bau eines neuen Theaters ist zwar von dem größten Theil der dortigen Bevölkerung mit Freuden begrüßt worden, aber diese Freude wurde erheblich durch die nun nicht mehr zu ändernde Thatsache getrübt, daß man das Theater in einem Vorort baut. Man ist der Ansicht, daß sich auch in der Stadt ein geeigneter Bauplatz gefunden hätte. Mit dem Theater wird gleichzeitig ein großer Concertsaal verbunden. Zum Bau fehlen noch etwa 300,000 Mk. (etwa 1 Million Mark foll das Theater kosten), die durch eine Lotterie ausgebracht werden sollen. Allerlei. Die kürzlich aufgefundene Andree-Boje ist in Stockholm geöffnet worden. Man stellte in An wesenheit mehrerer Sachverständiger fest, daß die Boje die fogenannte „Nordpolboje" ist, welche beim Passiren des Nordpols ausgeworsen werden sollte. Die Boje wird weiterhin mikroskopisch untersucht werden. Es bleiben noch weitere Mittheilungen abzuwarten. — Von einer kühnen Ballonfahrt wird aus Vesterwik in Schweden berichtet: Sonntag Abend ging ein großer Ballon mit zwei Insassen nieder. Er war Sonnabend in Paris ausgestiegen. — Der Proceß wegen der Unterschleife bei der Galizischen Sparkaffe nahm Montag vor dem Lemberger Geschworenengericht seinen Anfang. Die Verhandlungen, zu der 60 Zeugen geladen sind, dürfte mehrere Tage dauern. Angeklagt sind: der in zwischen im Gefängniß gestorbene Director Zima wegen Betrugs und Veruntreuung, seine Geliebte, Marie Fuhr mann, wegen Betrugs, der Oberbuchhalter Wendrychowski wegen Betrugs und die Speculanten Szcepanowski und Karpinski wegen Betrugs und Wuchers. — Zur Hebung der Goldgewinnung in Schlesien, und zwar in den Arsenikwerken zu Reichenstein, ist ein neues Ver fahren entdeckt. Wenig bekannt dürfte sein, daß sich im Besitze des Kaiserhauses ein aus schlesischem Golde hergestelltes Taufbecken befindet und die Trauringe Kaiser Friedrichs und seiner Gemahlin aus Reichensteiner Gold fabricirt sind. — Die Thatsache, daß in Deutsch land ein erheblicher Mangel an willigen uns zugleich tüchtigen Dienstboten herrscht, veranlaßt die „Köln. Ztg.", die Verwendung chinesischer Dienstboten anzuregen. — Beim großen Erdbeben in der Statthalterschaft Aidin in Armenien sind im Ganzen rund 13,000 Häuser eingestürzt, gegen 800 Menschen getödtet und 650 ver wundet worden. Eine umfangreiche Hilfsaction wird von Konstantinopel aus vorbereitet. — Die galizische Stadt Lubaczow ist, wie aus Lemberg gemeldet wird, von einem verheerenden Brande heimgesucht. 360 Häuser sind zerstört, darunter die meisten öffentlichen Gebäude. — Ein großer Polizeiskandal ist in der französischen Stadt Roubaix ausgebrochen. Dem dortigen Bürger meister fiel in der letzten Zeit die Thatsache auf, daß viele Geheimpolizisten ihre Entlassung einreichten. Au- Schreiben, die ihm von diesen in der Folge zugingen, erkannte er endlich den Grund dieser auffälligen Massen» Rücktritte. Die Beamten erklärten nämlich, daß der Chef der Geheimpolizei Namens Huyghes ein einfacher Bandit wäre, und sie bekräftigten diefe Behauptungen durch Vorführung von Thatsachen, welche die Ver haftung H.'s herbeisührtcn. Unter Anderem wurde be wiesen, daß er gegen mehrere ausländische Gewerbe treibende gegen Bezahlung seitens des Concurrenten Ausweisungsbefehle erwirkte. Die schlimmste gegen ihn erhobene Beschuldigung ist aber die, die Verurtheilung eines Unschuldigen zu 20jährige: Zuchthausstrafe wissentlich veranlaßt zu haben. — Eine unvermuthete Erbschaft in beträchtlicher Höhe wird demnächst einer armen Berliner Streichholzhändlerin zufallen. Ihre Schwester, eine Wittwe H., die anscheinend in kümmerlichen Verhältnissen lebte, ist jüngst gestorben und hat zu allgemeinem Er staunen 200,000 Mk. hinterlassen. — Der große Spielerproceß gegen die „Harmlosen" begann am Montag vor der Strafkammer des Landgerichts I Berlin. An geklagt sind Regierungsreferendar v. Kayser, Han- Bernhard v. Kröcher, Paul v. Schachtmeyer. Alle drei sind evangelischer Confession und unbestraft. Sie werden beschuldigt, aus dem Glücksspiel ein Gewerbe gemacht zu haben. Unter den Zeugen, die bei Aufruf der Sache in den Saal treten (es sind weit über 100 Zeugen ge laden), befinden sich viele Offiziere, die zumeist Kavallerie regimentern angehören. Nachdem fcstgestellt worven, welche Zeugen fehlen und welche Schritte zu thun sind, um die nicht Erschienenen zur Stelle zu schaffen, werden fast sämmtliche Zeugen bis auf Weiteres entlassen. Der Vorsitzende erklärt, daß die Verhandlung mehrere Tage in Anspruch nehmen werde, und daß der Gerichtshof zu erwägen habe, ob neben dem Vergehen des gewerbs mäßigen Glückspiels noch Betrug vorliege. — Als am Montag Abend ein von Norden kommender Zag mit Rekruten, meist nach Metz und Dicdenhosen bestimmten Dragonern, in den Klosterthorbahnhof in Hamburg eingelaufen war, stiegen viele Rekruten gegen den Befehl des commandirenden Offiziers auS und blieben auf dem ersten Geleise stehen. Gleich daraus lief ein Zug von Blankenese in den Bahnhof ein und fuhr in dir Menge hinein. Drei Personen wurden getödtet und etwa 30 verletzt. Von allen Seiten sind Aerzte und Ambulanz wagen zur Hilfeleistung an der Unglücksstelle eingetroffen. Telegramme. Berit«, 3. October. Da- Kaiserpaar trifft am Do«, «««Stag Mittag vo« Romiut«« i« Elbing »um Be such Kadi««^- «i«. Bo« dort erfolgt di« Rückfahrt Areitag 10 Uhr vormittags «ach Elbing. Aradtfurt a. M., 3. October. Di« „Arkf. Zig." Atlde» aus Rewyvrkr 8«««ral OtiS lehnte dir ver» ha«dl««g mit v«« Philippiner« ab ««» verlangte be dingungslos di« Uebergav«. Arauklurt a. M., 3. October. «u- Rom wir» d«r „Artf. Ztg." gemeldetr Zum erste« Mal« feit v«r Lowmerpaus« trat«« gestern all« Minister »nsamme«. Die parlamentarische Lag« ist «och ««geklärt; «S ist «och «ngewiß, ob die Kammer aufgelöst werde« wir». Wie«, 3 October. Dir gesamtste Preffe aller Partei» schattirunge« widmet »«« «enernannte» Eabinet la«g« Leitartikel, in den«« beto«t wir», »atz, da »a- Labiuet al- Uebergangtmmisterium z« betrachte« sei, die Dituatio« «och «icht geklärt sei, ««» »atz ma« also di« Thate« deS «««e« Cabiuet», sowir di« Wei» ttrt«<wiS-ln«g »«r Di«g« abwart«« müsse. Wie«, 3. October. In Knttenberg hat »er »nm Tod« vernrtheilteH.lSner sein «tftändniß zurückgeuommeu; er erklärte, er hab« es abgelegt, «m sein« Hinrich tung, die er für unmittelbar brvorstehrud hielt, auf ««bestimmte Zeit ,u verschiebe«, und beharrt jetzt wieder dabei, er sei a« dem Morde »er Hruza un schuldig. Die biide« vo« ihm Beschuldigte«, Erb» mau« u«d Wassermann, die verhaftet waren, habe« ihr Alibi vollkommen brwiese« und ward«« a»S »er Haft entlasse«. Prag, 3. October. DaS Exekutivkomitee der Jung» «zeche« beschloß in einer gefter« stattgehabte« Ver, sammlnng di« sofortige Eiaberusnng »er Landtag-« und ReichSrathSabgeordnete« und »er BertranenS» männer behufs Serathnng bestimmter Anträge auf Durchführung entschiedenster Opposition gegen di« nen« Regierung. Di« Prager rtadtveriretnng be schloß «in« bombastische Resolution gegeu di« Auf hebung der Gprachrnverordnunge«. Pilse«, 3. October, «estern fand«« hier groß« Demoustratione« gegen die Dentschr« und gegen »i« Jude» statt. Dir Aenster der dentschen Turnhalle, sowie diejenige« i« »«« Wohnungen »er Deutsche« und der Jade« wurde« «ingeworfe«. Militär mußt« requirirt werde«, dem «S endlich gelang, «ach ver» haftung mehrerer Tumultuanten die Ruhe wieder» herzaftelle«. »»apest, 3 October Die Socialifte« veranstaltete« gestern, gemäß dem am Lonntag in einer Versamm lung gefaßte« Beschluß, «iue« Gtraßeuumiug. Da »er Verkehr gestökt wurde »ud die Demouftrautr« der Aufforderung »rr Poli»«i, anseinandrrzngeh««, nicht Aolg« leistete«, wurde« von der Polirei gege« 4V Verhaftung«», vorg«uomm«u.