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Spazierritt mit der Kaiserin Marineoorträge. Nachmit tags sind der Kaiser und Prinz Heinrich zu den Hoch- zeitsseierlichkeiten in Schwerin eingetroffen. Im Goldenen Saale des großherzoglichen Schlosses fand um 9 Uhr Hofconcert statt; ihm folgt am heutigen Sonnabend die feierliche Trauung des Erbgroßherzogs von Oldenburg mit der Herzogin Elisabeth von Mecklenburg. Das Befinden deS Fürsten Bismarck ist nicht nur den Umständen nach, sondern überhaupt ein sehr gutes. So äußerte sich dieser Tage Prosi Schweninger gegen über dem Medizinalrath Or. Jakobs in Wiesbaden, den er zugleich autorisirte, diese Nachricht bekannt zu geben. Aus dem Bundesrath ausgeschieden ist der mecklen burgische Staatsrath v. Bülow. Der Bundesrath hat in seiner jüngsten Sitzung den Entwurf einer Militär- Strasgerichtsordnung dem zuständigen Ausschuß und die vom Reichstag zu Petitionen über die Währungsfrag« ge faßte Resolution dem Reichskanzler überwiesen. Der deutsche Kolonialrath hat einen Antrag an genommen^ welcher Verwendung von Kolonialbeamten, die zurücktreten, weil sie das Tropenklima nicht mehr vertragen, in heimatlichen Refforts befürwortet. Der Kolonialrath empfiehlt ferner der Regierung, unter Be rücksichtigung der in Betracht kommenden Verhältnisse darauf hinzuwirken, daß wenn in den afrikanischen Schulen neben der Sprache der Eingeborenen noch eine europäische Sprache gelehrt wird, die deutsche in den Lehrplan aus genommen werde. Im Reichsschatzamte soll die Zahl der ständigen Hilfsarbeiter von zwei auf drei erhöht werden. Der neue dritte Hilfsarbeiter würoe namentlich die Geschäfte der Zoll-Steuersachen zu führen haben. Der Etat für 1897/98 wird die dazu nöthigen Forderungen bereits enthalten. Das Reichspostamt wird im nächsten Jahre, wie der „Post" zufolge verlautet, mit einer Etatsfordernng er scheinen, die sich auf die Neuaufstcllung und Erweiterung deS Postmuseums bezieht. Diese Forderung hängt mit dem Umzug des Postmuseums in das neu erbaute Reichspostamt in Berlin zusammen. Entgegen dem Dementi der „Nordd. Allg. Ztg.", die allerdings nur behauptet hat, daß über die Rückkehr Wißmanns nach Ostafrika an den zuständigen Stellen bisher nichts bekannt gegeben worden sei, theilt der „Hbg. Corr." aus gut unterichteten Kolonialkreisen mit, daß der Geh. Legations-Rath Hellwig, vortragender Rath in der Kolonialabtheilung, für den Gouverncurposten in Ostafrika in Aussicht genommen sei, Herr v. Wiß mann also nicht nach Afrika zurückkehren werde. Ueber die Stellung der bayerischen Regierung zur Zwangsorganisation des Hanwerks verlautet nach den „M. N. N-", daß es als sehr unwahrscheinlich be zeichnet werden müsse, daß Bayern im BundeSrathe für die Vorlage eintreten werde. In Baden beschäftigte sich der dortige Gewerberath in Karlsruhe unter dem Vorsitze des Ministers des In nern Eisenlohr in längerer Sitzung mit der Handwerker vorlage. Man gelangte schließlich zu der Erklärung, daß dem neuen Gesetzentwurf gegenüber an dem badischen Entwurf vom Jahre 1892 über die Gewerbekammern festzuhalten sei, die Zwangsinnungen zn verwerfen seien, dagegen die Einführung von Handwerks- und Gewerbekammern, sowie dir obligatorische Lehrlingsprü fung zu befürworten sei. Die Frage der Abschaffung der Regentschaft in Bayern, die seit dem Tode König Ludwigs II. in ge messenen Zwischenräumen auftaucht und neuerdings vom bayerischen Centrum viel erörtert wurde, kam dieser Tage in einer Versammlung der nationalliberalen Partei in München zur Sprache. Der Vorsitzende Abg. Aub er klärte, zur Abschaffung der Regentschaft und Aenderung der Thronerbfolge können die nationalliberalen Abgeord neten nicht die Hand bieten, weil sic darin nach Lage der Dinge nichts anderes als einen Staatsstreich und eine Erschütterung des monarchischen Prinzips erblicken könnten. Die Versammlung stimmte den Ausführungen lebhaft bei. Die „Hamb. Nachr." halten, ersichtlich auf guten Informationen fußend, die Nachricht für zutreffend, daß im Entwurf einer neuen Militärstrafprozehordnung von der Zulassung bürgerlicher Vertheidiger Abstand genommen sei. Weiter glaubt das Blatt, daß der Grundsatz der Mündlichkeit ohne Einschränkung durchge führt sei, und daß auch hinsichtlich des Vorverfahrens zu Gunsten des Angeklagten Zugeständnisse gemacht werden sollen, daß aber bei der Oeffentlichkeit des Gerichtsver fahrens weitgehende Beschränkungen vorgesehen seien, und zwar aus militärischen Gründen. Oenerreiry-Ungaru. Der Abschluß eines Handelsvertrages zwischen Oesterreich-Ungarn und Bulgarien ist gesichert und steht unmittelbar bevor. Frankreich. Die französische Presse ist allgemein der Ansicht, daß in Darmstadt und Wiesbaden zwischen dem deutschen Kaiser und dem Zaren politische Unterredungen stattgefunden: daß dieselben die orientalische Frage betrof fen haben. Dabei wird erklärt, daß beide Monarchen in dieser Angelegenheit ein gemeinsames Vorgehen mit Frankreich befürwortet haben. In durchaus anzuerken-' nender Weise hebt der „Figaro" hervor, daß diesem Einvernehmen zwischen den drei Mächten bezüglich der orientalischen Frage ebenso wenig etwas im Wege stehe als dies betreffs Chinas seiner Zeit der Fall war. Der „Figaro" schließt seine Auslassung mit folgenden beach- tenswerthen Worten: Wenn der Herstellung eines moäu8 vivsnäi oder gar eines directen Einvernehmens über ge wisse Punkte zwischen Deutschland und Frankreich der unüberlegte Drang eines überspannten Chanvinismus nicht gegenüberstände, so würden wir offen sagen, daß in dem Augenblick, wo Frankreich seinen Rang und seinen Einfluß in Europa wiedergewonnen hat, es sich eines anderen Verfahrens bedienen kann, als zu der Zeit, wo es als eine gedemllthigte und besiegte Nation dastand. „Gaulois" erzählt, daß Präsident Faure im nächsten Jahre, wenn die Königin Victoria die Vollendung ihres 60sten Regierungsjahres feiere, nach London rei sen werde; da zu dieser Gelegenheit auch die übrigen Staatsoberhäupter Europas eingeladen werden, so würde sich hieraus eine Begegnung zwischen Kaiser Wil helm und Felix Faure ergeben. Der Haushaltausschuß hat seine Arbeit beendet. Die Einnahmen pro 1897 sind mit 3 Milliarden 376^/r Million vorgesehen, was gegen die Ausgaben einen Ueberschuß von annähernd 9*/r Million ergiebt. Engiaod. So ganz scheint England seine Pläne bezüglich Kretas, dessen wegen es seiner Zeit aus dem europäi schen Concert ausgeschieden ist, noch immer nicht aufge geben zu haben. Eine Gruppe englischer Kapitalisten hat nämlich neuerdings dem Gouverneur von Kreta eine Anleihe im Betrage von 2 Millionen Mk. angeboten und die Errichtung einer Bank in Canea vorgeschlagen. Man ist wohl zu der Annahme berechtigt, daß dies Kapitalistenconsortium, wenn nicht im Auftrage, so doch sicherlich im vollen Einvernehmen mit der Regierung sich bereit erklärt hat, 2 Millionen im Interesse Kretas zum Fenster hinauszuwerfen; denn das eine steht fest, auf Kreta mag Alles zu finden sein, Sicherheit für eine An leihe ist dort nicht vorhanden. Es scheint demnach, als ob sich England um die genannte Summe die Gunst der Kretenser erkaufen wollte, die ihm zu gelegener Zeit einmal zu Statten kommen soll. Auch in der Konstan tinopeler Frage tritt man in London wieder energi scher auf. Das Regierungsblatt, die „Times", meint, daß die Muhamedaner zu den Schwierigkeiten, welche dem Sultan von den Armeniern bereitet wurden, noch neue hinzufügen und dadurch erneute Feindseligkeit gegen die Christen und möglicherweise einen Ausbruch Hervor rusen, der die Aufgabe der Mächte noch schwieriger ge- talten würde, als wenn England allein eingcgriffen hätte. Dem gegenüber ist zu bemerken, daß die Welt vor einem eigenmächtigen und isolirten Eingreifen Eng lands in die orientalische Frage sicher sein darf und daß die Politik des europäischen Concerts in der Behandlung der orientalischen Frage ebenso einmüthig ist als in der Abwehr Englands, falls dieses es wagen sollte, auf eigene Faust in der Türkei vorzugehen. In England ist der Glaube allgemein verbreitet, daß kein Volk der Erde so verkannt sei als das englische. So leistete sich der erste Lord der Admiralität, Goschen, üngst in einer politischen Rede den Ausspruch, daß elbst die gebildeten Deutschen von den großen Charakterzügen der Engländer keine Kenntniß hätten. Herr Goschen könnte sich leicht überzeugen, daß man auch in den übrigen Ländern der Erde betrübender Weise keine Kenntniß von großen Charakterzügcn der Engländer besitzt. Bulgarien. Der Stambulow-Proceß ist nicht vor dem De- cember zu erwarten. Die Verschiebung und Saumselig- eit ist das natürliche Vorspiel für die folgende Komödie; denn daß der Proceß lediglich ein Hohn auf alle ordent- iche Gerichtsbarkeit sein wird, unterliegt keinem Zweifel. Amerika. Der Wahlfeldzug um die Präsidentschaft in den Vereinigten Staaten neigt sich seinem Ende zu. Die Beamten der Wahlbureaux werden bereits entlassen, nur Wahlreden werden noch gehalten. Der Sieg des Re- mblikanerS und Goldwährungs-Anhängers Mac Kinley ist gesichert. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 24. October. Ihre Durchlauchten die Prinzen Sigismund und Friedrich von Schönburg- Waldenburg haben der Stadt Waldenburg das lebens große Bildniß Sr. Durchlaucht des verewigten Fürsten Otto Friedrich von Schönburg-Waldenburg in breitem Eichenrahmen geschenkt. Dem Geschenk war ein Begleit- chreiben Sr. Durchlaucht des Prinzen Sigismund zu- zleich im Namen seines durchlauchtigen Bruders Friedrich beigefügt, in welchem ausgesprochen wird, daß die hohen Schenkgeber das Bild zum Andenken an den hochseligen Fürsten der Stadt Waldenburg widmen. Das Bild oll, wie wir hören, im Bürgrrmeisterzimmer seinen Platz inden. *— Der Anspruch auf Invalidenrente kann von den jenigen Versicherten, welche dauernd erwerbsunfähig sind, auch dann schon erhoben werden, wenn die reichsgcsetz- liche Krankenunterstützung noch nicht beendet ist. Neben dem Krankengeld kann also auch die Invalidenrente be zogen werden. Ferner können diejenigen nicht dauernd erwerbsfähigen Versicherten, welche während eines JahreS dauernd erwerbsunfähig gewesen sind, für die weitere Dauer ihrer Erwerbsunfähigkeit Invalidenrente bean spruchen. * — Schneeweiße Zähne erhält man, wenn man sie mit Salz abreibt, jedoch darf dies nicht zu oft geschehen, da sonst das Salz mit der Zeit die Glasur abfrißt. Ge riebene Schwarzbrotrinde, welche man reibt und röstet und dann die Zähne damit putzt, macht diese auch schön weiß. — Der Stadt Zwickau gingen im vorigen Jahre an Schenkungen zu 14,786 Mk. für das Bürgerhospital, 2000 Mk. für das Waisenhaus, 5000 Mk. für Schulzwecke. — Das Einkommen in der Stadt Zmickau wurde pro 1895 auf 31,343,140 Mk. ermittelt, davon sind 2,166,450 Mk. Schuldzinsen zu kürzen. Die Einkom mensteuer betrug 553,489 Mk. — Die Firma S. Wolle, mechanische Weberei in Aue, beabsichtigt im nächsten Jahre daselbst in der Nähe der Schneeberger Straße 24 Wohnhäuser als Wohnungen für das in ihrer Fabrik beschäftigte Personal zu erbauen. Aus dem Sachsenlande — In ihrer Sitzung vom Donnerstag setzte die evangelisch-luthcrische Landessynode die Berathung des mit dem Erlaß Nr, 6 vorgelegten Berichts über den Zustand der Landeskirche fort. Zunächst berichtet Superintendent Oie. Or. Schmidt über den Abschnitt V (Aeußere Ver hältnisse der Kirchengemeinden.) Die Debatte bewegte sich im wesentlichen um kirchliche Kunst, Kirchenbau und Kirchenheizung. Hierauf berichtete Pfarrer Scheuffler über Abschnitt I V (Sittliche Zustände in den Gemeinden.) Hieran schloß sich eine lebhafte Aussprache über Regu lative, betreffend die kirchlichen Ehrenprädikate und die Begräbnisse von Selbstmördern. Ueber Abschnitt VIö (Vorbereitung auf das geistliche Amt) berichtet S.-M. Consistorialrath I^io. Benz. Am Freitag berieth die Synode das durch Erlaß Nr. 8 vorgclegte Kirchengesetz bezüglich der Ausübung des Kirchenpatronats. Die grundlegenden Bestimmungen enthält Z 1 des Gesetzes. Danach kann das Kirchenpatronat nicht ausgeübt werden von oder durch Personen, 1. welche weder der evangelisch lutherischen Landeskirche, noch einer evangelisch-reformirten öffentlichen Kirchengemeinde, noch der römisch-katholischen Kirche angehören; 2. welche vom Consistorium wegen Simonie deS Kirchenpatronats verlustig erklärt oder wegen Verdachts der Simonie einstweilen der Ausübung des Patronats enthoben sind; 3. welche sich wegen eine- Verbrechens oder Vergehens, das nach den Strafgesetzen die Entziehung der bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge haben kann oder muß, in Untersuchung befinden, oder welche zu Zuchthaus oder neben einer Gefängnißstrafe zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurtheilt sind, letzterenfalls auf die Dauer dieses Verlusts; 4, welche kraft eigener Erklärung zur römisch-katholischen Kirche oder vom lutherischen zum reformirten Bekenntmß über- getreten sind; 5. welchen das Consistorium die Ausübung des Patronats entzogen hat, weil sie durch ihr Verhalten ein mit der Würde des Patronats nicht zu vereinbaren des öffentliches Aergerniß gegeben haben, und 6. gegen welche das Concursverfahren eröffnet ist, so lange dieses dauert. Das Gesetz wurde nach längerer Debatte ange nommen. Darauf wurde der Bericht über den Zustand der evangelisch-lutherischen Landeskirche wieder ausgenom men und sämmtliche Anträge des BerichterstattungS-AuS- schuffcS angenommen. — In der Armee werden jetzt erweiterte Versucht angestellt zur Einführung der Bekleidung aus theersarbe- nem Tuche und zwar zuerst im Bereiche des königl. sächs. GeneralcommandoS. — Die Führung der Börsenregister für Waaren und für Werthpapiere wurde übertragen für die Bezirke der Landgerichte Dresden und Freiberg dem Amtsgericht Dresden, für die Bezirke der Landgerichte Leipzig, Chem nitz, Zwickau und Plauen je dem am Landgerichtssitze befindlichen Amtsgerichte, für den Bezirk deS Landgericht- Bautzen dem Amtsgerichte Zittau. — Die Verordnung von 1849, das Tragen republi kanischer Abzeichen betr., ist in Dresden seit langer Zeit wieder einmal in Anwendung gebracht worden. Das 18jährige Fräulein Marie Hoppen, das sich in der dor tigen socialdemokratischen Bewegung schon durch Vor träge hervorgethan, hat laut Strafmandat 4 Tage Ge- fängniß zuertheilt bekommen, weil sie beim Begräbniß des socialdemokratischen Parteiführers Eichhorn einen Kranz mit feuerrothen Schleifen an der Spitze ves Zuges getragen hat, die die Aufschrift trugen: Gewidmet von den Parteigenossen des 4., 5. und 6. Reichstagswahlkreises. — Das Ministerium hat dem Rathc der Stadt Leip zig aus Anlaß eines Bauvorschriften-Entwurfs mitge lheilt, daß es die Ausnutzung deS Grund und Bodens zu dreistöckigen und vierstöckigen Wohnhäusern nicht mehr gestatte. Das Ministerium beschränkt vielmehr die Ge bäude auf Parterre und zwei Obergeschosse. In das Dach dürfen nur noch wirthschaftliche Nebengelaffe zu dem im Parterre und den zwei Obergeschossen befind-