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kaiserlichen Zuges die militärischen Ehren nicht zu er weisen. Er werde die Majestäten in Wiesbaden begrüßen. Kaiser Nikolaus theilte Herrn Felix Faure dieses Tele gramm mit. Der Zar trifft am Sonntag in Wiesbaden zum Besuch der Großfürstin Konstantin ein. Die An kunst unseres Kaiserpaares daselbst soll am <Nontag erfolgen. Der Entwurf über die Militärstrafproceßreform ist nach einer amtlichen Meldung der „Nordd. Allg. Ztg." nebst umfangreicher Begründung vom Reichskanz ler mit Ermächtigung des Kaisers dem Bundesrathe zur Beschlußfassung vorgelegt worden. Wie ferner aus guter Quelle verlautet, wird auch ein Gesetzentwurf über das Auswanderungswesen alsbald dem Bundesrathe zugehen. Ueber die streitigen Punkte soll an den zu ständigen Stellen eine Entscheidung herbeigeführt wor den sein. Die Margarinefragc wird auch den nächsten Reichs tag wieder beschäftigen. Unmittelbar nach dem Schei tern des Margarinegesetzentwurss im verfloßenen Som mer hat das Reichsamt des Innern ein Schreiben an die verbündeten Regierungen gerichtet, worin eine schärfere Handhabung der Bestimmungen über Butterverfälschungen, Nachahmungen u. s. w. in den Nahrungsmittelgesetzen vom 14. Mai 1879 angeordnet wird. Schon diese Maß regel zeigt, daß die Reichsregierung ein Vorgehen gegen den unbeschränkten Margarineverkauf für absolut noth wendig hält. ES ist indessen zweifelhaft, ob sie sich ent schließen wird, eine neue Vorlage auszuarbeiten oder die vorjährige nochmals unverändert einzubringcn. Möglich ist es, daß die Regierung die Angelegenheit vorläufig noch dilatorisch behandelt, da einerseits der Reichstag keinen Mangel an Arbeitsstoff haben und andrerseits ihm dadurch Gelegenheit gegeben wird, selbst mit Vor schlägen der Regierung gegenüberzutreten. Gegen die Zwangorganisation des Handwerks hat sich auch der Verband der selbständigen deutschen Conditoren ausgesprochen. Seit 20 Jahren seines Be stehens hat dieser im inneren Ausbau durch die in sämmtlichen Zweigverbänden eingerichteten Prüfungsstät ten der Lehrlinge gut organisirte und besuchte Fachschulen, durch eine über ganz Deutschland verbreitete Stellenver mittelung für die Gehilfenschaft rc. so segenbringende Einrichtungen geschaffen, wie sie bisher von keiner In nung erreicht worden sind. Für die Bekämpfung des Bauschwindels ist nach einem Gutachten der bayerischen Regierung der zuständige Paragraph des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der den Bau handwerkern die Einräumung einer Sicherheilshypothek zugesteht, ganz unzureichend. Die bayerische Regierung schlägt vor, daß die kaufmännische Buchführung für alle Bauunternehmer obligatorisch gemacht wird, daß Unter nehmern, die schon einmal in Concurs gerathen sind, die Erlaubniß zum Bauen entzogen wird, daß die Sicher stellung der Bauhandwerker durch Cautionshinterlegung geschehe und schließlich, daß für Eintragung fingirter Hypotheken Strafen vorgesehen werden. Der badische Landesgewerberath, zu dem von der Regierung nur ausübende Handwerker geladen sind, wird am 29. d. in Stuttgart über die Zweckmäßigkeit der Handwerkervorlage berathen. Auch die badischen Bezirksämter sind gleich denen Bayerns angewiesen worden, Erhebungen über die Bäckereiverordnung des Bundesraths anzustellen und bis zum 15. December der Regierung Bericht zu er statten. Auch die übrigen Bundesstaaten dürften ähnliche Erhebungen veranstalten. Der Rücktritt des Colonialdirectors Or. Kayser wird von der Mehrzahl der Blätter bedauert; durchweg er kennt man das Wißen und Können des scheidenden Directors an. Auch darüber herrscht nur eine Stimme, daß Herr vr. Kayser nicht infolge persönlicher Anfech tung fein Amt niederlegte, die Ursache dazu war viel mehr lediglich der Wunsch nach einer weniger anstrengen den mit geringerem Aerger und Sorge verbundenen Thätig- keit. Der Austritt vr. Kaysers aus dem Colonialrathe wird in etwa vier Wochen erfolgen, wie weiter verlautet, wird Or. Kayser Senatspräsident am Reichsgericht in Leipzig werden. Als Nachfolger Or. Kaysers werde eine ganze Reihe von Personen genannt; die Zeitungsmel dungen beruhen vorerst jedoch lediglich auf Muthmaßun- gen, da eine Entscheidung bisher nicht getroffen worden ist. Ein seltsames und unerwartetes Nachspiel hat die Zaren reise gehabt. Wie den „Leipz. N. Nachr." aus zuver lässigster Quelle mitgetheilt wird, sind die Verhandlungen über die russische Anleihe in Paris völlig ins Stocken gerathen, ja wohl schon gescheitert. Augenblicklich sind Bemühungen im Gange, die Anleihe in Deutschland unterzubringen, wofür ja in einzelnen Kreisen seit Alters eine günstige Stimmung herrscht. Gewiße politische Actionen der russischen Diplomatie erklären sich ohne Schwierigkeit. Frankreich. Es heißt, die Socialisten hätten den Plan aufgegeben, die Regierung in der Deputirtenkammer wegen des franko-russischen Vertrages zu interpelliren. Die Radi kalen werden eine Erklärung über die allgemeine Politik des Cabinets verlangen, um festzustellen, ob sich das selbe noch in Uebereinstimmung mit der Majorität der Kammer befindet. Die Verwaltung beginnt mit der Vertheilung der 100,000 Francs, die der Zar für die Pariser Armen zurückläßt; auf jeder Geldanweisung wird ausdrücklich bemerkt, Geschenk des Zaren. M K Italien. Man hat neuerdings wiederholt dm Verdacht ausge sprochen, Italien habe nicht dasjenige Interesse an dem Dreibund, was demselben die beiden anderen Mächte Deutschland und Oesterreich entgegenbringen. In diesem Sinne hat man letzthin auch die Meldung ge deutet, daß der französische Botschafter in Rom dem Könige Humbert ein Glückwunschschreiben des Präsident Faure zur Vermählung des Kronprinzen überbrachte. Man betrachtet auch dies Ereigniß als ein Symptom dafür, daß Italien eine Annäherung an das mit Ruß land verbündete Frankreich und damit zugleich eine Lockerung seines Verhältnisses zum Dreibünde nur ge nehm sein würde. Diese Annahme wird zwar von Frankreich aus genährt und hat auch in Italien einzelne Anhänger; die italienische Regierung aber denkt nicht daran, auch nur um Fußes Breite von dem Dreibunds- vertrage zurückzutreten, König Humbert ist nach wie vor und unverändert der dritte im Bunde ser drei Fürsten, welche sich die Erhaltung des europäischen Friedens zur Lebensaufgabe gestellt haben und deshalb fest und un wandelbar zu einander halten. Und wenn schließlich darauf hingewiesen wird, daß die bevorstehende Vermäh lung des Kronprinzen mit einer montenegrinischen Prin zessin eine offenbare freundschaftliche Neigung für Ruß land verrathe, so ist darauf zu entgegnen, daß freund schaftliche Beziehungen zu den übrigen Mächten der fried lichen Tendenz des Dreibundes nur förderlich fein können. Der italienische Minister des Innern hat verfügt, daß anläßlich der bevorstehenden Hochzeit des Kronprinzen alle aus politischen Ursachen zur Deportation Verurtheil- ten in Freiheit gesetzt werden. Gnglaud. Die Londoner „Times" besprechen die deutsch-eng lischen Beziehungen in einem übel gelaunten Artikel, in dem sie behaupten, die unfreundliche Sprache der deut schen Preße England gegenüber habe einen ganz be stimmten politischen Zweck; Deutschland sehe mit Arg wohn und Feindseligkeit nach England hinüber und ent fremde sich England mehr und mehr, was um so merk würdiger sei, als der Dreibund immer lockerer und schwächer, dagegen der franco-russische Zweibund immer stärker und fester werde. In Deutschland hat man die gebührende Antwort natürlich nicht unterlaßen und Eng land sehr freundschaftlich darauf aufmerksam gemacht, daß es die Verhältnisse des Dreibundes, die selbstver ständlich vollkommen unverändert sind, gar nichts angin gen. Im Uebrigen enthält die deutsche Antwort den Hinweis darauf, daß Englands neuestes Jntriguenspicl vollständig durchschaut worden sei. Man versuchte an der Themse ein Einvernehmen mit Rußland in der orien talischen Frage herbeizuführen, um Deutschland zu isoli- ren. Man hat sich bei seinen Werbungen um Rußlands Freundschaft verrathen und doch keinen Erfolg gehabt. Will England nicht von aller Welt verlaßen sein, so muß es sich der Orientalpolitik der europäischen Mächte anschließen, die gerade von Deutschland inaugurirt wor den ist. Es scheint mehr und mehr, daß England auch dazu entschlossen ist, nur möchte es diese Schwenkung nicht vollziehen, ohne seinem Freunde Deutschland noch etwas am Zeuge zu flicken. Englische Blätter empfehlen nach dem Zarenbesuch nichts Geringeres als einen demnächstigen offiziellen Be such der Königin Victoria in Paris, müßen sich aber von russischen Zeitungen sagen lassen, daß Rußland kein großes Vertrauen in Englands Aufrichtigkeit habe, also auch über Paris eine englisch-russische Annäherung nicht wohl möglich sei. Andererseits sei der Vorschlag freilich ein Zeichen dafür, daß der Zarenbesuch in Frank reich aus England einen bedeutenden Eindruck gemacht habe. ES wird jetzt bekannt, daß England während des Pariser Zarenbesuche» alles daran gesetzt hat, jede Ein zelheit des Besuches dahin aufzubauschen und auSzubeu- ten, um wo möglich Zwietracht oder Mißtrauen zwischen den Drei- und Zweibundmächten zu säen; freilich erfolglos. Die Matabele sind keineswegs unterworfen worden, wie es nach den Londoner Meldungen scheinen konnte; sondern angesichts der Aussichtslosigkeit, sie zu unter drücken, haben die Engländer mit ihnen Verhandlungen eingeleitet. Spanien. Die Zustände auf Manila (Philippinen) sind so be sorgnißerregend, daß weitere Verstärkungen dahin in Aussicht genommen worden sind. Rußland. Wie Petersburger Blätter melden, wird der Reichs kanzler Fürst Hohenlohe im November in der russischen Hauptstadt eintrcffen. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 17. October. Das Wetterleuchten, welches in der Nacht zum Freitag in den frühen Morgen stunden hier auftrat, wiederholte sich gestern Abend vereinzelt bei völlig klarem Himmel zwischen 6 und 9 Uhr in nördlicher Richtung. Der Sturm am Donnerstag Abend hat überall in Sachsen arg gewüthet. Im Vogtlande trat er mit starken Regengüßen und Graupelwetter auf. In der Birkenallee bei Remse hat der Sturm mehrere starke Birken abgebrochen. In Plauen hat er vom Dache eines Hauses ander Windmühlenstraße das ganze Zink blech im Gewichte von mehreren Centncrn abgerollt. In Falkenstein war abends 9 Uhr ein Regenbogen zu bemerken. An der hiesigen elektrischen Drahtleitung hat der Sturm auch insofern Schaden angerichtet, als er auf dem Marktplatze hierselbst an mehreren Stellen die Drähte zerrißen hat; die Drahtenden berührten hier bei an einem Hause die Dachrinne und der infolgedessen eintretende Kurzschluß bewirkte ein Schmelzen der Rinne. Auch an anderen Stellen trat Kurzschluß ein, wodurch wiederholt starke elektrische Funken übersprangen. DaS Schauspiel hatte eine Menge Menschen angelockt. * — Seitens des hiesigen Kgl. Sächs. Deutschen Krieger vereins ist Herr Gastwirth Fr. Lein in Altwaldenburg aus Anlaß seines 70. Geburtstages am 14. d. zum Ehrenmitglied ernannt wurden. Das darüber ausge stellte Diplom wurde demselben am Mittwoch Vormittag darch eine Deputation überreicht, nachdem ihm vorher ein Morgenständchen gebracht worden war. * — Auf das Eintreten eines überaus strengen Winters wird daraus geschloßen, daß die Hamster ihre Baue bis zu einer Tiefe von über drei Meter angelegt haben. Prophezeihungcn, welche auf dieser Erscheinung beruhen, sollen noch niemals fehlgeschlagen haben. * - Das Liegenlaßen von kranken Kartoffeln auf dem Felde rächt sich meist bitter, denn sie bilden nicht nur für Engerlinge und Larven einen Schlupfwinkel, wo diese sicher der Verpuppung entgegengehen, sondern sie leisten auch der Erhaltung und Vermehrung der Feld mäuse Vorschub, indem diese hierdurch hinreichende Futter stoffe finden. Daneben muß besonders des Umstandes gedacht werden, daß durch angefaulte Kartoffeln eine Uebertragung des Kartoffelpilzes für die nächste Ernte vorbereitet wird. Wer daher der Ausbreitung der Krank heit entgegenarbeiten will, der lasse keine verfaulten oder angefaulten Kartoffeln auf dem Felde liegen, sondern sammle sie auf Haufen, wo sie dann durch Ueber- gießen von Kalk unschädlich gemacht werden. *— Nach dem Reichsgesetz über die Unterstützung der Angehörigen von zu Friedensübungen eingezogenen Mann schaften des Beurlaubtenstandes sind auch Kinder unter stützungsberechtigt. Es sind aber vielfach Meinungs verschiedenheiten darüber hervorgetreten, welche Kinder Anspruch auf Unterstützung haben. Nach den hierüber ergangenen Entscheidungen haben unbedingten Anspruch aus Unterstützung nur Kinder unter 15 Jahren, während Kinder über 15 Jahre nur dann unterstützungsberechtigt sind, wenn sie von dem Einberufenen vor dem Dienst antritt unterstützt wurden oder wenn ein Unterstützungs- bedürfniß nach erfolgtem Dienstantritt entsteht. Da gegen kann für Kinder, die nach beendigter Uebung ge boren, ein Unterstützungsanspruch nicht geltend gemacht werden, und für Kinder, die während der Uebung sterben, erlischt der Unterstützungsanspruch beim Eintritt des Todes. Auch ein Kind der Ehefrau des Einberufenen aus früherer Ehe ist unterstützungsberechtigt, wenn es ein eheliches Kind ist. *— In dem jetzt erschienenen zweiten Theil des Jahres berichts der Handels- und Gewerbekammer zu Chemnitz heißt es bezüglich unserer Waldenburger Industrie: Im Allgemeinen kann die Strumpfwaarenbranche in Walden burg einen Aufschwung im Berichtsjahre verzeichnen. Die Betriebe hatten anhaltend zu thun; infolge defsen erhöhten sich auch die Arbeitslöhne. Das Gleiche gilt auch von den Preisen der Rohproducte. Dagegen war eine Aufbeßerung der Waarenpreise nicht zu ermöglichen, weil viele Abnehmer zu alten Notirungen abgeschloßen hatten und selbstverständlich höhere ohne zwingende Gründe nicht bewilligten. Als Absatzgebiete gelten hauptsächlich Amerika und derOrient, auch nach Holland, Belgien,Frankreich und England wird exportirt. Vielfach fehlte es an aus reichenden Arbeitskräften. In der Posamentenbranche lagen wohl regelmäßige Aufträge vor und Unterbrechun gen traten in der Beschäftigung nicht ein, aber die Preise waren in Folge der billigen Angebote seitens anderer Concurrenten sehr gedrückt. Ueber die Altstadtwalden burger Töpferei heißt es: Der Absatz der in Walden burg erzeugten Töp^erwaaren beschränkte sich auf Sachsen, Bayern, die thüringischen und die nördlichen und öst lichen Provinzen Preußens. Ein Export nach außer- deutschen Ländern fand nicht statt. Wenngleich eine Erweiterung dieses Absatzgebietes nach dem Westen Deutsch lands wegen der Concurrenz der Koblenzer und der französischen Töpferwaaren nicht erzielt werden konnte, so hat sich doch der Gesammtumsatz im Berichtsjahre im Allgemeinen wieder etwas erhöht, jedoch unter sehr ge drückten Preisen. Die Arbeiterverhältniße werden al- günstige bezeichnet. — Ueber die elektrische Centrale in Glauchau be richtet das dortige „Tgbl." Folgendes: Das städtische Elektricitätswerk in Glauchau liefert z. Zt. an 33 Ab nehmer Licht und Kraft, und zwar bereits für über 2000 Lampen (meist 16kerzig). Weitere 1000 Lampen sind noch in der Installation begriffen, theils auch bereits in- stallirt, nur ist der Anschluß an die Centrale noch nicht