Volltext Seite (XML)
der Nationen regelmäßig der Fall ist. In einem Orte des Arvaer Comitats kam es zwischen Anhängern der liberalen Partei und der klerikalen Volkspartei zu einem heftigen Zusammenstöße, bei dem sich auch Frauen be- theiligten. Gendarmerie mußte einschreiten, um der Fehde ein Ende zu machen. Zwei Frauen wurden in dem Handgemenge getödtet. Frankreich. Die Auslieferung des in Boulogne verhafteten Anar- chistenführers Tynan ist von der französischen Regierung jetzt endgiltig abgelehnt worden, trotzdem England dringend auf derfelben bestanden hatte, da im Anfänge der achtziger Jahre 3 hochgestellte englische Staatsmänner durch Tynan ermordet worden waren. Dem „Figaro" wird von Petersburg gemeldet, daß seit dem Jahre 1891 ein schriftliches Uebercinkom- men zwischen Frankreich und Rußland bestehe, durch welches ein formelles Einvernehmen zwischen den beiden Staaten hergestellt fei, das einen defensiven Charakter habe. Es sei indeß beschlossen worden, nichts über diese Angelegenheit zu veröffentlichen. Jtslieu. Zwischen dem italienischen Schatzminister und dem Marineminister ist ein Conflict ausgebrochen, da Letzterer einen Credit von 100 Millionen, vcrtheilt auf 4 Jahre, für neue Kriegsschiffe verlangt, welche der Schatz minister nicht gewähren will. Der Letztere soll entschlossen sein, seine Demission anzubieten. Ueber den Friedensvertrag, den Italien dem Negus von Abessynien angeboten hat, werden jetzt Einzelheiten bekannt; Neragimi, der die Verhandlungen mit dem Negus leiten soll, ist in der Hauptstadt Mene- liks eingetroffen. Dem Vertrage zufolge erkennt Italien die volle Unabhängigkeit Abessyniens an; Menelik giebt die Gefangenen vollzählig zurück; über den Vertrag, welcher Abessynien unter den Schutz Italiens stellte, wird man schweigen. Die italienische Regierung hofft auf einen Erfolg der Unterhandlungen, berechnet aber, daß die erste Friedcnsnachricht erst gegen Ende November nach Rom gelangen könnte; vor diesem Termin wird man deswegen die Deputirtenkammer nicht einberufen. Zur Hochzeit des italienischen Kronprinzen wird aus Rom berichtet: Das vom König selber aufge stellte Programm der Hochzeitsfestlichkeiten zeigt deutlich genug, daß auf die Theilnahme fremder Fürstlichkeiten nicht gerechnet wird. Trotz gegentheiligen Gerüchten ist hier keine Nachricht von der Absicht des Zaren, herzu kommen, eingetroffen, obwohl er von Cetinje eine dringende Einladung erhalten hat. Die Regierungspressc hüllt sich theils in Schweigen, theils macht sie die Crispi'sche Politik und den Krieg gegen die afrikanischen GlaubenS- brüder Rußlands dafür verantwortlich, daß der Zar trotz der durch Rudini wesentlich verbesserten Beziehungen zu Petersburg an Rom vorbeigeht. „Popolo Romano" er klärt es dagegen für umwcsentlich, welche Beziehungen Italien zu Rußland habe und für unwürdig, der Nation den Hof zu machen, die Flinten und Geld nach Abes- synen geschickt habe. Aus Bari wird gemeldet, daß der dortige Erzbischof vom Vatikan Befehl erhalten habe, sich am Tage des Uebertritts der Prinzessin Helene zur Feuilleton. Auf irrem Pfade. Roman von Hans Dornfels. (Fortsetzung.) Und mit den Mädchen spielte und tollte der hünen haft gebaute vierundzwanzigjährige Mensch selbst wie ein Kind. Stundenlang half er ihre Puppen anziehen und spazieren fahren, sang ihnen die heimatlichen Kinderlieder vor, tanzte mit ihnen auf dem Rasen oder schaukelte sie in seinen Riesenarmen. Er plünderte alle Spielwaaren- läden, so daß Schering ernstlich Einhalt gebieten mußte. Einmal schwamm er sogar, da just kein Kahn zur Stelle war, über eine halbe Stunde weit hinaus in die See, um von einer Insel die gewünschten Blumen zu holen. Da stoffen denn bittere Thränen aus den blauen Kinderaugen, als es endlich doch an'S Scheiden ging. Und Wolfgang Tieffenbach schien die weite Welt zu gefallen. Fünf Jahre blieb er draußen, und als er end lich heimkehrte, war er ein Anderer geworden, als er gegangen, doch auch ein anderer, als man hätte voraus- setzen sollen — ein gereifter, doch auch ein anderer Mann, aber ein Mann, von dem es wie eine eisige Atmosphäre auSging, über dessen sonnengebräunte Züge nur bisweilen das halb schmerzliche, halb ironische Lächeln dcS weltver achtenden Philosophen glitt, für den es nicht» Erfreu liches und nichts Begehrenswerthes mehr zu geben schien. Er brachte für Margarethe und Hella eine Menge kost barer Geschenke mit, aber die frühere Vertraulichkeit schien er völlig vergessen zu haben. Wie die Mädchen vordem den tollköpfigen jungen Bären geliebt, so scheuten sie jetzt vor dem schweigsamen, finsteren Manne zurück. Schwere Stürme mochten über dieses Haupt dahin gebraust sein, besten Schläfe sich fchon jetzt, mit kaum dreißig Jahren, gelichtet hatten, doch Niemand wagte darnach zu fragen. In seinen Blicken las man es, daß er nicht gefragt, noch weniger bemitleidet sein wollte. s Auch Schering war ein Anderer geworden, ein müder römisch-katholischen Kirche von der Stadt fern zu halten und Glockengeläute während der feierlichen Handlung nicht zu gestatten. England. Der Kanzler der Schatzkammer Sir M. Hicks Beach hielt am Dienstag in Darlington eine Rede, in welcher er ausführte: Wir haben die türkischen Angelegen heiten einen Punkt erreichen sehen, daß man glauben möchte, die letzten Tage des türkischen Reiches müßten nahe sein, seitdem sich dort eine Regierung befindet, welche keine Regierung ist, eine Regierung, welche die Metzeleien geduldet hat. Unmöglichkeit ist es, sestzu- stellen, ob die Mitschuld des Sultans an den Greuel- thaten auf Schwäche oder auf Bosheit zurückzuführcn ist. Wie dem aber auch sei, das schreckliche Verbrechen in der Ottomanbank, bei welchem Dynamit zur Verwendung kam, kann die Metzeleien nicht rechtfertigen. Die Zeit der Versprechungen ist vorüber, es ist jetzt die Zeit ge kommen, auf wirksame Reformen unter angemessenen Garantien zu bestehen. Wie aber diese Garantie erlan gen? England kann unmöglich allein vorgehen; wenn es nach Konstantinopel ginge, würde es dort eine oder mehrere Mächte vorfinden, die bereit sind, eine Landung der Engländer zu verhindern. Der Hauptpunkt der ge genwärtigen Lage ist die Entschlossenheit Rußlands, in Uebercinstimmung mit Deutschland und Oesterreich den 8tatU8 MO in der Türkei aufrecht zu erhalten. Der Grund dafür, daß die Mächte die Aufrechterhaltung des 8latu8 Mo wünschen, ist lediglich der Wunsch, den Frieden Europas zu erhalten. In Anbetracht der Mög lichkeit fernerer Metzeleien und selbst eines militärischen Zusammenstoßes, der das türkische Reich in Trümmern schlagen könnte, dürsten dem Frieden Europas aus der absoluten Unthätigkeit der Mächte größere Gefahren er wachsen, als auS einer gemeinsamen Intervention der selben. Die Reformen, ohne welche das türkische Reich nicht erhalten werden könnte, anzurathen und, wenn nöthig zu erzwingen, das war der Weg, welchen die englische Regierung verfolge. Wir wollen hierbei nichts für den besonderen Vortheil Englands erreichen, wir planen kein isolirtes Vorgehen, sondern wir wünschen mit den übrigen Mächten Europas zu handeln für das ge meinsame Beste Europas und der Menschheit. Sir William Harcourt erklärt das Gerücht, daß er seine Stellung als liberaler Parteiführer aufzugeben und sich vom politischen Leben zurückzuziehen gedenkt, für unbegründet. Bulgarien. In Sofia findet zur Zeit der Prozeß gegen die Mörder Stambulows statt. Von den 170 vorge ladenen Zeugen waren 31 nicht erschienen. Deshalb wurde Vertagung beschlosten. Zum nächsten Termine werden die widerspänstigen Zeugen mit Gewalt vorge führt werden. Türkei. Der Sultan Abdul Hamid II. hat bekanntlich große Hochachtung vor dem Fürsten Bismarck; er wird demselben durch einen besonderen Curier zwei kunstvolle Vasen von unschätzbarem Werthe zum Geschenk machen. Der Curier wird dem Fürsten gleichzeitig ein Hand- Mann mit grauem Haar und greisenhaften Zügen. Das beste Stück seines Lebens lag draußen auf dem Magda- lenen-Friedhof unter grünem Rasen gebettet. Frau Anna hatte schon vor Jahresfrist die treuen Augen zum letzten Schlummer geschloffen, und mit ihrer lieblichen Gestalt waren Sonnenschein und Glück aus dem Kaufmanns. Hause entflohen. Es waren schwere Zeiten für die Handelswelt ge kommen, und Scherings Kraft war gebrochen. Verlust folgte auf Verlust. Die Firma, deren Unterschrift einst Hunderttausende gegolten, wankte. Der Baron erfuhr davon. ES war ja Stadtgespräch. In geschäftsmäßig kühler Form, doch in wahrhaft groß artigem Umfange bot er feine Hilfe an, und Schering ergriff die rettende Hand um feiner Kinder willen. Dann ging Wolfgang auf seine Güter, die er nicht mehr ver lasten zu wollen schien. Regelmäßig zu Weihnachten traf ein Brief von ihm ein mit dem stereotypen Inhalt: Geehrter und lieber Herr Vetter! Ich bitte Sie, die zum 1. Januar fälligen Jahres zinsen zu Geschenken für Ihre Fräulein Töchter ver wenden, und ebenso bitte ich die Damen, die Kleinigkeit als Zeichen meiner verwandtschaftlichen Gesinnung gütigst annehmen zu wollen. In der Hoffnung, daß Sie sich wohl befinden, grüße ich Sie in herzlicher Aufrichtigkeit Ihr ergebener Wolfgang v. d. Tieffenbach. Darauf beschränkte sich jahrelang jeder Verkehr mit dem Sonderling — und nun war er wieder gekommen und streckte begehrlich seine harte Hand auS nach der duftigen zarten Mädchen-Blume. II. Margarethe war hinaufgegangen in das große Zimmer, da» nach altbürgerlicher Sitte kurzweg die Wohnstube genannt wurde. Wie vorhin stand sie am Fenster und starrte unbewußten Blickes hinaus auf dir von Blumen rabatten und Gehölzgruppen unterbrochene grüne Rasen schreiben des Sultans überreichen. Ueber die Lage in Konstantinopel und auf Kreta ist Neues nicht zu sagen. Rußland. Um allen beunruhigenden Combinationen die Spitze abzubrechen, wird nach Versicherung von informirter Seite Schischkin allen Rußland befreundeten Mächten offiziell aufklärende Mittheilungen über die Anwesenheit des Zaren in Paris und die dort erfolgten russisch französischen Abmachungen, die sich hauptsächlich auf den zukünftigen diplomatischen Verkehr und die wirthschaftlichen und Handelsinteressen zwischen Rußland und Frankreich beziehen, zugehen lasten. Aus dem MuldeuLhale. ^Waldenburg, 15. October. Mit dem 15. d. be ginnt im Königreich Sachsen die Jagd auf weibliches Rehwild, und es stehen dann nur noch die Krammets- vögel in der Schonzeit, welche vom 15. November bis Ende Februar geschossen werden dürfen, gegenwärtig aber schon von Galizien aus nach den Wildpretmärkten verschickt werden. *— Eine solch warme Temperatur, wie sie jetzt, Mitte October, herrscht, ist uns wohl selten um diese Zeit be- schieden. Der 8. October hatte eine Wärme von 24" 0. im Schatten, heute stieg das Thermometer wiederum bis auf 18,s" 0. Auch die letzten Nächte waren außer ordentlich warm. *— Den Wegebaupflichtigen wird seitens der kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau die rechtzeitige Vornahme der Herbstarbeiten zur Herstellung und Unterhaltung der Communicationswege, namentlich Beseitigung von Uneben heiten der Fahrbahn, Eingleisen der letzteren, Heben der Gräben, womöglich Abtreiben der Abschläge, Anfahren und Einbauen des zu Nachbesserungen nöthigen Mate riales, Ergänzung der Baumpflanzungen, Anpfählen und Anbinden der Bäume rc. mit dem Bemerken in Erinne rung gebracht, daß den vorhandenen Wegewärtern zur Unterstützung und schnelleren Ausführung der erforder lichen Herstellungen, soweit nöthig, die erforderlichen Bei arbeiter zu stellen sind. — Ein Bürger in Glauchau, der nicht genannt sein will, hat anläßlich seines 50jährigen Bürgerjubiläums 2000 Mk. zur Gründung einer Freistelle im Bürger hospital daselbst gestiftet. — Der verehel. Hermann in Glauchau, welche am 27. Juli d. I. den Knaben Selling, der in die stark angeschwollene Mulde gefallen war, der Todesgefahr entrissen hat, ist von der Kreishauptmannschaft Zwickau eine Belohnung von 30 Mk. zuerkannt worden. — Am Sonntag logirte sich bei einer Wittwe in Glauchau ein Schlosser unter dem Namen Brösecker ein, stahl in der darauffolgenden Nacht seinem Schlaf kollegen 44 Mark und verschwand dann. Die Polizei konnte sich jedoch noch rechtzeitig dieses Burschen versichern und fand bei ihm gestohlene Legitimationspapiere auf die Namen Brösecker, Mach und Winkelmann, außerdem noch verschiedene Pfandscheine, goldene Ringe u. s. w. Jetzt nennt sich der Mensch Weber. — Nachdem am Dienstag Vormittag 46 Rekruten fläche des Gartens. In üppiger Fülle fluthet da« Sonnenlicht darüber hin, doch kein Strahl davon fiel in Margareths unruhig bewegtes Herz. Sie gedachte jenes Tages vor fünf Jahren, da Wolf gang von feiner Reise zurückkehrte. Wochenlang hatte sie sich darauf gefreut. Mit eigenen Händen hatte sie sein Zimmer geordnet, mit selbstgewundcnen Blumen ketten und Sträuchern geschmückt und unter die Nippe» aus dem Schreibtisch die sorgfältig bewahrte drollige Bärenfigur gestellt, die er dem Kinde einst scherzend al« sein Conterfei geschenkt ... und das Alles halb in fröhlichem Uebermuth, halb verschämt zaghaft. War sie doch kein Kind mehr; die schwellende Knospe begann zur Jungfrau zu reifen und das unbewußt sehende Mädchen herz seine ersten Ideale zu träumen. Glückliche Backfisch, zeit, wo alle Helden aus der Literaturstunde oder au» heimlich verschlungenen Romanen in eleganten Lieute nants und langhaarigen Klavierlehrern wiedergefunden werden . . . selige Zeit der Tagebücher, der ersten Ge dichte „An Ihn," der Tanzstunden und der ewigen Freundschaftsbündnisse, die durchschnittlich noch ein halbe» Jahr nach dem Verlaffen des Pensionat» fortdauern! Margarethe lächelte nur über die Schwärmerei der Freundinnen, was sie in den Verdacht einer unnatür lichen Gefühllosigkeit brachte . . , und doch barg auch ihr erblühendes Herz, sich selbst noch unbewußt, das Bild eines Manne»: Wolfgang TieffenbachS! Geweint hatte sie, da der Vater sie nicht mit zum Hafen nahm: jubelnd, mit ausgebreiteten Armen flog sie den beiden Männern entgegen, al» sic endlich, endlich in den Gartenweg einbogen, und Wolfgang — trat einen Schritt zurück, machte ihr eine Verbeugung und sprach mit seiner tiefen, müde und kalt klingenden Stimme: „Ich freue mich, Sie so wohl wiederzusehen, gnädige Cousine." Da war e» wie ein erstarrender Frosthauch über da» warme, knospende Mädchenherz gegangen. 7,. (Fortsetzung folgt.)