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2. Beilage zum Schönbarger Tageblatt. Ein Interview Witzmanns durch den Vertreter der bekannten illustrirten Halbmonats schrift „Vom Fels zum Meer'") (Union Deutsche Verlags- gesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig; Preis des Heftes 75 Pf.), Herrn vr. Klitscher, bietet gerade jetzt, wo v. Wißmann sich zur Rückkehr nach Afrika bereit erklärt hat, besonderes Interesse. Die Unterredung fand in Wiesbaden statt und berührte eine Menge persönlicher und allgemeiner Fragen. Ueber das Aussehen Wißmanns berichtet vr. Klitscher: „Den ,Afrikaknacks', den ja jeder Europäer aus jenen gesegneten Gegenden mitbringt, bemerkte man an seinem Aenßern er freulicherweise nicht. Der Dreinndvierzigjährige sieht eher jünger aus, als er wirklich ist. Es war einer von jenen er- guicklichcn Tagen, wie sie uns die zweite Hälfte dieses Som mers so zahlreich beschcerte, an denen kalte Regenschauer mit kurzen, flüchtigen Sonnenblicken abwechselten. Die Fenster des weiten Gemaches, durch die man auf die prächtigen, alten Buchen des Kurparks blickt, standen weit offen, so daß mich hin und wieder, während ich still auf meinem Platze saß und meinem Wirthe zuhörte, ein Frösteln ankam. Aber der Mann der tropischen Sonne schien die Unbill des Wetters nicht zu empfinden. Sichtlich in bester Stimmung spazierte er im Zimmer umher, das kurze, eng anliegende Sommer jackett zugeknöpft, die Hände in den Hasentaschen. Mit dem kleinen, aufgedrehten Schnurrbart, dem nicht übermäßig ge bräunten Gesicht und dem scharf blickenden Auge bot die nur mittelgroße, aber augenscheinlich muskulöse und gelenkige Gestalt das Urbild eines preußischen Offiziers in Civil. Auch die Art zu sprechen, welche nicht erst lange nach einem schrift gemäßen Ausdruck sucht, sondern mit einer gewissen sorglosen Verachtung des Correcten Worte und Bilder, wie sie sich ge rade bieten, dem Alltagsleben entlehnt, verstärkte den Ein druck. Und doch liegt etwas Außerordentliches, ganz Be sonderes in diesem Typus: etwas Sicgfriedhaftes möchte ich sagen, das ans dem Wesen des Mannes in charakteristischer Deutlichkeit hervorleuchtet. Mit jeder seiner Bewegungen, mit jedem Blick ist es, als sagte er: ,Jch will!' Und das klingt hier gleichbedeutend mit: ,Jch kann!' Nicht finstere, ziel bewußte Energie spricht aus diesen Zügen, aber eine sieg frohe Thatkraft, die den Erfolg wie selbstverständlich durch den Willen zwingt; nicht tollkühnes Wagen, aber der echte, fröhliche Mannesmuth, der im entscheidenden Moment weiß, was noththnt, dann aber auch die ganze Persönlichkeit un erschrocken einsctzt." Für die Zukunft der ostafrikanischen Kolonie hat Wiß mann gute Hoffnungen. Freilich eine Auswanderung aus Deutschland nach Ostafrika zu lenken, daran ist nicht zu denken, ehe nicht die hygieinischen Einrichtungen an der Küste und die Transportmittel nach den Berggegenden im Innern bedeutend verbessert sind. Dagegen verspricht er sich viel von Plantagcnbetrieb mit einheimischen Arbeitern. Der Kaffee gedeiht gut, und für Tabakkulturcn glaubt er neuerdings im Rufidschi-Delta einen .sehr günstigen Boden gefunden zu haben. Das ist aber alles Zukunftsmusik, so lange sich das deutsche Kapital an derartigen Unternehmungen nicht in ganz andrer Weise betheiligt als bisher. „Allerdings", so lauten seine eigenen Worte, „in den ersten fünf Jahren ist auf eine Ver zinsung kaum zu rechnen, und schließlich kann man's keinem Menschen verdenken, wenn er so sein Geld nicht anlegen will. Aber nach meinerUeberzeugung werden dieSachen später dreißig bis fünfzig Procent bringen. — Die Araber hält Wißmann für ausgesöhnt mit den bestehenden Verhältnissen; besonders seit er einen Proceß für den in der Kolonie ziemlich bekann ten Rumalisa gegen den von einem englischen Advokaten ver tretenen Tippu Tipp gewonnen hat, ist die Vorliebe der Araber für die Deutschen gegenüber den Engländern sehr ge wachsen. Wißmann hofft, sie würden als Plantagenbesitzer, später vielleicht als Unternehmer von Eisenbahnarbeiten und andern Dingen noch einmal nützliche Staatsbürger werden. Einige Episoden aus seinen! Leben zeigen, welcher Muth und welche Energie Wißmann innewohnen: so verdiente er sich schon 1875 die Rettungsmedaille dadurch, daß er einen Mann, der beim Schwimmen verunglückte, ans Land brachte. Ein Jahr darauf ward ihm eine noch bemerkenswerthere Ge legenheit, seinen Muth und seine Geschicklichkeit zu zeigen: Ein Ertrinkender hatte seinen Helfer, der ihm nachgesprungcn, mit in die Tiefe gezogen, und Wißmann, der jetzt folgte, hatte dasselbe Schicksal. Ein Unteroffizier rettete ihn ledoch. Kaum war er wieder bei Athem, so sprang er auch schon znm zweitenmal in die Wellen, und es gelang ihm wirklich, die beiden ans Licht und dann zum Leben zurückzubringen. Die Verleihung des Kronenordens belohnte ihn für diese schöne That. Auch ein Erlebniß auf Madeira gehört hier her, das nicht allgemein bekannt geworden ist. Um der Ein ladung einer Familie rasch folgen zu können, hatte Wißmann sich von einem russischen Freunde dessen Pferd ausgeborgt. *) Wir empfehlen diese treffliche Zeitschrift, die werthvollen literarischen Inhalt mit vornehmer Eleganz vereinigt, auf das wärmste unsern Lesern. Sonntag, den 11. October 1896. Zwar warnte ihn der Freund vor dem bösartigen Hengst, der zudem 14 Tage gestanden hatte, aber Wißmann vertraute seiner Reitkunst. Dennoch ging das Thier mit ihm durch, in rasendem Lauf einen Basaltabhang hinab, der am Ende in steiler Wand zum Meere abfiel. Fünfzig Schritt vor dem tödtlichen Abgrund gelang es dem Reiter noch, in mächtigem Anprall das Pferd gegen eine Mauer zu werfen, im Sturz verletzten sich Mann und Pferd schwer. Mit dem allein heil gebliebenen rechten Arm gelang es ihm nur schwer, sich gegen die Angriffe des bösen Hengstes zu vertheidigen. Lebensgefährlich verwundet brachte man Wißmann ins Hotel, dort setzte der Herzschlag aus, man gab ihn auf. Doch durch ein Glas eiskalten Champagners konnte die Herzthätigkeit wieder angeregt werden, und die Folgen des Sturzes wur den langsam überwunden. Der Artikel ist mit hübschen Bildern versehen, die v. Wiß mann und seine Familie, ferner zwei seiner Hanptfeinde, Bwana Heri und Buschin zeigen. Sehr originell sieht der berühmte Afrikaner auf dem Bilde aus, das ihn mit ganz langem Haar darstellt, eine Erinnerung an jene Zeit, da er zwei volle Jahre unter den Negern wie ein Neger gelebt hatte. Berauschtes. Ei» niedliches Aranksurter „Stillleben" entnehmen wir dem dortigen „Gen.-Anz.": Fünf Burschen, alle so im richtigen Alter, im Anfänge der Zwanziger, hatten sich am vorigen Sonntag zu einer Bierreise durch die feuchten Ge biete Frankfurts verschworen. Alle entsprachen so ziemlich der Vorstellung, die man sich in Frankfurt von „Gute Kinner" macht, und der geneigte Leser kann sich also die Verfassung denken, in welcher die Fünfe des Abends an ihrer letzten Station, einer Wirthschaft in der Vorstadt, an langten. Allen voran schritt, wenn diese Bezeichnung für seine Vorwärtsbewegung am Platze ist, der „Heinrich", der ällcste und — sagen wir, der am wenigsten nüchterne der Gesellschaft. „Herr Werth", rief er, nachdem der erste Schoppen vor ihm stand, „Herr Werth, lasse Se doch emal Ihne Ihre Hauscapelle los", indem er auf den an der Wand hängenden Musikautomaten zeigte. „Fimf Fennig", entgegnete der Wirth lakonisch, und assbald begann die Ge sellschaft ihre sämmtlichen Fünfer dem Automaten in den gierigen Schlund zu werfen, indeß der Wirth vergnüglich schmunzelte. Auch als die Fünfer alle waren, hörte das Musikbedürfniß der Gesellschaft noch nicht auf und der Wirth mußte noch geraume Zeit wechseln. Endlich, als auch ihm der Nickel ausging, sprach er gelassen: „Ei, werfe Se doch Einsennigsticker enei!" — „Ei, duht er's dann doderfor aach?" fragte aus's höchste verwundert der Heinrich, und sein Er staunen verwandelte sich in höchste Wuth, als der Automat in der That auch auf Kupfer reagirte. Des Wirthes Tücke, der erst Allen die Fünfer aus der Tasche lockte, mußte, so schwuren die würdigen Genossen, gerächt werden. Rasch lief einer in die Nachbarschaft und holte für eine Mark Ein pfennigstücke zusammen. Eine neue Walze wurde auf den Automaten gesetzt und bald erklang die wohlbekannte Weise von der „Male, Male, lebt denn meine Male noch!" durch das Gastzimmer. Den Refrain sangen die Fünfe wacker mit. Alles athmete erleichtert auf, als der Gesang zu Ende und für einen Pfennig Musik genossen war. Wer beschreibt aber das Erschrecken der Gäste, als der Heinrich nun mit größter Seelenruhe einen zweiten Pfennig hineinwirft und abermals die Klänge der „Male" ertönen, der Refrain von fünf hei seren Bierstimmen begleitet. So ging's ein drittes, viertes, fünftes Mal, und beim sechsten Male war schon kein Gast mehr in der Stube. „No, wi oft soll dann deß noch so weiter gehe?" poltert der Wirth, und „Hunnertmol!" rief der Heinrich, der breit vor dem Automaten saß, indem er mit den übrigen Pfennigen klimperte. Flugs sprang der Wirth zur Thür hinaus, um einen Schutzmann zu holen Währenddessen wurde die „Male" unaufhörlich und gewissen haft weiter execntirt und beim fünfundzwanzigsten Male öff neten sich schon — es war so uin zehn Uhr nachts — alle Fenster der Nachbarschaft und belebten sich mit besorgten und betrübten Gesichtern. Nach dem sechsunddreißigsten Male kam der Wirth nach Hause. Er hatte keinen Schutzmann getroffen, hörte aber schon von Ferne die grausige Melodie durch die Stille der Nacht. Rasch entschlossen schellte er seinen Nachbar, einen Metzger, heraus, der nun ini Verein mit seinen zwölf Burschen die fünf Musikfreudigen nach langem Kampfe und nach dem zweiundsiebzigsten „Male" an die Luft setzte. Die Nachbarschaft aber athmete, wie von einem Alp befreit, auf und legte sich auf die anderen Ohren, um den unterbrochenen Schlummer fortzusetzen. In ihren Träumen aber hörten sie lange Zeit nichts als „Male, Male, lebt denn meine Male noch" . . . Vom Clephaute». Die Zeit dürfte nicht mehr fern sein, wo der afrikanische Elephant zu den ausgestorbenen Thieren gehört. Im letzten Jahre kamen 13,220 Tons (ä 2000 Pfd.) Elfenbein auf den Markt in London, Liverpool und Ant werpen. Davon waren 11,650 Tons neue Einfuhr; den Rest bildeten alte Vorräthe. Da ein Elephant durchschnittlich 30 Pfd. Elfenbein liefert, so mußten 42,300 Dickhäuter ihr Leben lassen, um den Bedürfnissen an Elfenbem in einem Jahre zu genügen. Es giebt z. Z. in Afrika nur noch etwa 200,000 Stephanien. Es ist also einleuchtend, wie nahe die Aus rottung dieses Thiergeschlechts ist. Aus dem Kongostaat kam im letzten Jahre mehr als die Hälfte alles nach Europa eingeführten Elfenbeins. Mozambique und Deutsch-Afrika sandten 1840 Tons, das Niger-, Benone-, Gabun- und Ka- merungcbiet etwas weniger, der Sudan 1140 Tons. Die Sachverständigen sind darüber einig, daß das Anssterben des afrikanischen Elephanten nur dadurch verhindert werden kann, wenn man ihn zähmt und als Hausthier benutzt. Sobald die eingeborenen und weißen Jäger einsehen, daß der Ele phant Ms Hausthier unendlich viel mehr werth ist, als seine beiden Stoßzähne, werden sie ebenso sehr bemüht sein, ihn zu erhalten, nne sie jetzt darauf ausgehen, ihn anszurotten. Eine russisch-fran»öfische Allianzpostkarte ist in Paris hergestellt worden. Die Karte zeigt in Buntdruck die Bilder des Zarenpaares, weniger porträtähnlich zwar als vielmehr in äußerst schmeichelhafter Ausführung, und über Beiden schwebt ein Brustbild Faure's, umgeben von Lorbeerreifern. Während der Zar in goldstrotzender bunter Uniform abgebildet ist und die Kaiserin in pelzverbrämtem Purpurgewande mit lang herabwallendem Haupthaar, trägt Herr Felix Faure den schwarzen Frack, und nur ein breites Ordensband legt sich neben der eleganten kleinen weißen Kravatte über das tadellose Chemiset. Unter den drei Por träts sind zwischen Lorbeerzweigen die Fahnen Rußlands und Frankreichs entfaltet. Geschäfts-Bericht der städtischen Sparkasse zu Waldenburg auf den Monat September 1896. Einnahme. 32,464.71 Kassenbestand am 1. September 1896 Einlagen in 101 Posten Zurückgezahlte Kapitale Zinsen Insgemein 14,927.63 11,698.78 625.— 5205.25 8.05 32,464.71 L. Ausgabe. Rückzahlungen in 36 Posten 4841.55 Ausgeliehene Kapitale 13,799.80 Zinsen an Einleger 4.91 Verwaltungsaufwand 54.65 Kassenbestand am 30. September 1896 13,763.80 Eröffnet wurden 12 Einleger-Konten. Erloschen sind 6 Einleger-Conten. Waldenburg, am 1. October 1896. Die Verwaltung der städt. Sparkasse. Kretschmer, B. Rchtr. Kirchliche Nachrichte». Am 19. Sonntag nach Trinitatis. Waldenburg. Vormittags predigt Herr Oberpfarrer Harleß über Joh. 9, 1—5 (Lied 578). Motette: Herr, den ich tief im Herzen trage rc. von Wilh. Tschirch. (Der Se minarchor.) Nachmittags Confirmandengottesdienst. Wochen amt: Herr Diac. Walter. Altstadtwaldenburg. Frühgottesdienst V-9 Uhr. Nach mittag V-2 Uhr Eröffnungsgottesdienst für den Confirmanden- Unterricht. Schwaben. Vormittags 9 Uhr Gottesdienst. Oberwinket. Vorm. 10 Uhr: Gottesdienst. Grumbach. Vorm. '/-8 Uhr: Gottesdienst. Langenchursdorf. Vorm. 9 Uhr Predigt (Text: Jes. 55, 8-9). Nachm. 2 Uhr Fest des luth. Gotteskastens. Predigt: k. Bretschneider aus Flemmingen. Motette. Nach- versammlung 4 Uhr in der Turnhalle der neuen Schule, Berichterstatter: U. Landgraf aus Wildbach. W killMle illiizti'ikrlk D v. krodedvtt« änrek ulla Kn«-»,- ? do Vsr!»x äsr Lühsruburvksrkv „Llinorv»- WM" "HW ^8edöxruvgsu vov 8ckillsr, 6oetks, V.iLmisro, XIei8t,UklLn6.8kske5ps2se sto. ^Ue8'Iu.« IIskL korwur. 16 Zeiten, rsiek illuZtriei't. Out. ?»pisr. voMtLllL.ii>30»ll<i.oa.roNskt. LU« L «-sokeillt Sill NoN la . IieiUioa-voramt, 32 Seit«» reich Ulest» kur our H ! »O kk. >