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sehr wichtig bei Aufklärung der Urgeschichte unserer Gegend werden können. Aus dem SachsenLands. — Se. Majestät der König hat zu Ehren der gegen wärtig im Königl. Landhause in Dresden tagenden 6. ordentlichen evangelisch-lutherischen Landessynode eine Königl. Tafel für nächsten Montag, den 12. d., nach mittags 5 Uhr im Schlosse zu Pillnitz anbefohlen. Zu derselben sind Einladungen ergangen an die in LvauA«- 1iei8 beauftragten Herren Staatsminister, an die Herren Commiffare des Königl. Kultusministeriums und des Evangelisch-lutherischen Landesconsistoriums, sowie an die Mitglieder der Landessynode. Für die Gäste wird ein Extra-Dampfschiff der Sächs.-Böhm. Dampfschifffahrtsge sellschaft zur Fahrt nach Pillnitz zur Verfügung gestellt werden, welches am genannten Tage nachmittags '/«4 Uhr vom Landungsplätze am Terraffenufer in Dresden abfahren wird. — Sachsen wird das Land der Schulen genannt, trotzdem hat beinahe die Hälfte der Orte keine Schulen. Es finden sich im Lande 1772 Orte — viele von ihnen bestehen allerdings nur aus wenigen Häusern — ohne Schulen, sie sind auf die 1902 anderen Ortschaften an gewiesen, in denen sich Schulen befinden. Jnsgesammt giebt es in Sachsen 2312 Volksschulen, an diesen wirkt eine Armee von 9186 Lehrern. Die Zahl der Schul kinder beträgt 604,600. Unter diesen überwiegt das weibliche Geschlecht ganz bedeutend, 310,380 Mädchen stehen 294,220 Knaben gegenüber. Dieser Umstand ist damit zu erklären, daß ein großer Theil der Knaben vom 10. Jahre an höhere Schulen besucht (Realschulen, Gymnasien), die in vorstehende Angaben nicht mit ein geschloffen sind. — Jnsolge des außerordentlich lebhaften Geschäfts ganges der Stickerei- und Wäsche-Industrie sind ver schiedene Steppereien und Plättereien im östlichen Vogt lande neu gegründet und vorhandene erweitert worden, doch macht sich noch ein Mangel an weiblichen Arbeits kräften recht fühlbar. — Das von der großen Leipziger Actien-Gesellschaft mit einem Kapital von mehreren Millionen Mark in Adorf entstehende Etablissement tritt in seinen Umrissen immer imposanter hervor und ist eines der Fabrikgebäude mit 6000 (M. Bodenfläche, in dem 100 Webstühle zur Ausstellung gelangen sollen, nunmehr ziemlich fertig. Im nächsten Frühjahr wird dann in denselben Größenoer- hältnissen ein gleich imposanter Bau sich erheben, der zur Aufnahme der Spinnerei und Färberei bestimmt ist. Diese Aktiengesellschaft hat inzwischen auch schon weitere Pläne ins Auge gefaßt und zwar im Interesse ihres jedenfalls sehr zahlreichen Arbeiterpersonals. Auf dem vorgelagerten Areal des Etablissiments sollen nach und nach in sreier Lage Wohnhäuser im Villenstil zur Auf nahme von Arbeiterfamilien erbaut werden, so daß in wenigen Jahren sich auf dem weit ausgedehnten Wiesen plan unterhalb des Bahnhofes ein förmlicher Stadttheil neu entwickeln dürfte. — Der Kreisausschuß in Dresden genehmigte in seiner letzten Sitzung den Bau eines neuen großen Varste-Theaters in Dresden. Dasselbe wird in der Nähe des Kreuzungspunktes der Prager und Seestraße auf dem Areal der ehemaligen Boxbergschen Villa der Waisenhausstraße errichtet. — Bei der am Sonntag in Dresden stattgehabten Versammlung der sächsischen Consumvereine wurde fest gestellt, daß bis jetzt schon in nachstehenden Gemeinden des Leipziger Bezirkes Umsatzsteuer von den Consum- vereinen bezahlt wird: Leutzsch 4 Proz, Zwenkau 2 Proz., Lausigk 3 Proz., Waldheim 2 Proz., Großzschocher 2 Proz., Burgstädt 2 Proz. Die Einführung der Umsatz steuer ist beantragt in den Gemeinden Leipzig, Altschöne- seld und Möckern. — Der Aufwand für das städtische Schulwesen in Leipzig hat auch im Jahre 1895 wiederum eine be deutende Steigerung erfahren. Der von der Stadtge- meindc zu leistende Zuschuß belief sich insgesammt auf 3,50 t.ooo Mk., das sind 150,000 Mk. mehr als im Jahre 1894. Bon diesem Mehr entfielen reichlich 140,000 Mk. auf di« Volksschulen und nur etwas über 9000 Mk. auf die höheren Schulen. Gestern Freitag Nachmittag gegen 2 Uhr ist in der Nähe des Leipzig-Gohljser Friedhofes eine so- genannte Luftscheune, in welcher sich große Quantitäten Roggen und Hafer befinden, in Flammen ausgegangen. Da ein Löschen zwecklos gewesen wäre, hat sich die Feuerwehr nur darauf beschränkt, eine Brandwache aufzustellen. Ob gleich der Eigenthümer der Scheune, der in der Aeußeren Halleschen Straße zu Leipzig-Gohlis wohnhafte Oeconom Neumann versichert hat, soll derselbe trotzdem noch einen Schaden von ca. 1500 Mk. erleiden. Zwei noch straf unmündige Knaben kommen als Brandstifter in Frage. — Der Haushaltplan der Stadt Leipzig auf das Jahr 1897 weist eineGesammtausgabe von 20,983,301,39 Mk. auf. Demgegenüber beträgt die Gcsammteinnahme 10,820,242,32 Mk. Der zu deckende Fehlbetrag beläuft sich also auf 10,163,059,07 Mk. Dieser Fehlbetrag soll gedeckt werden durch die städtische Grundsteuer mit 1,580,000 Mk., die Grunderwerbssteuer mit 300,000 Mk. die Hundesteuer mit 100,000 Mk. und die städtische Einkommensteuer mit 8,183,059,07 Mk. Gegen den Haushaltplan für 1896 hat der Fehlbetrag eine Steigerung von 367,000 Mk. erfahren. Von diesem Mehr sollen gedeckt werden 30,000 Mk. durch Einkommensteuer. — In Leipzig fand am Freitag in Gegenwart des Präsidenten des Reichsversicherungsamtes, Boediker, die Begründung einer Fleischerei-Berufsgenoffenschaft statt. Anwesend waren 212 Theilnchmer aus allen deutschen Staaten, welche zusammen 5596 Betriebe vertraten. Der Sitz der Genossenschaft wurde nach Lübeck gelegt. — Die Stadtverordneten von Chemnitz haben be schlossen, daß jeder im Handelsregister eingetragene oder nicht eingetragene Inhaber eines Geschäftes einschließlich der Marktfieranten verpflichtet ist, an seinem Geschäftsraum eine deutlich lesbare Aufschrift anzubringen, welche außer der Firma, falls er eine solche führt und diese nicht mit seinem Vor- und Zunamen übereinstimmt, seinen persön lichen Namen einschließlich eines ausgeschriebenen Vor namens, sowie das dem Namen vorzusetzcnde Wort „In haber" enthalten muß. — Die Zittauer Handels- und Gewerbekammer be schäftigte sich in ihrer Sitzung am Mittwoch unter Anderem auch mit der Einführung der Bahnsteigsperre in Sachsen. Nach den Informationen des betreffenden Referenten sei eine Aenderung nicht mehr zu erwarten, vielmehr müsse man gewärtig sein, daß die Bahnsteigsperre bald überall in Sachsen eingesührt werden wird, wie es in Preußen bereits der Fall ist. Die Bahnverwaltung habe durch Umsragen sestgestcllt, daß die Sperre eine erhebliche Ent lastung der Stationsbeamten und des Zugpersonals be deute und im Interesse des Dienstes nothwendig sei. — In der Nähe von Riugenhaitt, auf dem Wege zwischen Steinigtwolmsdorf und Putzkau bei Bischofs werda hat sich am Dienstag Abend ein schwerer Un glücksfall ereignet. Um der auf dem Wege nach Putzkau begriffenen Dampfstraßenwalze ein besseres Fortkommen zu ermöglichen, ging der Straßenwärter August Schöne von Steinigtwolmsdorf mit einer Laterne voraus. Dabei dürfte Schöne der Walze zu nahe gekommen und von derselben erfaßt worden sein, sodaß sie jedenfalls über ihn hinweggegangen ist. Wie sich das Unglück ereignet hat, ist noch nicht mit Sicherheit zu ermitteln gewesen. Schöne, dessen Leichnam in seine Wohnung gebracht wurde, hinter läßt eine Frau mit drei noch unversorgten Kindern, so wie seine hochbetagten Eltern. — Die im vorigen Jahre gegründete Ztvickanr Werdauer Ziegelconvention, die eine Gesammtproduk- tion von etwa 68 Millionen Ziegeln deklarirt hat, konnte bereits im letzten Halbjahre 1895 die Ziegel- preise, die bis zum Mai vorigen Jahres nur 13 Mk. für das Tausend betrugen, auf 17 Mk. erhöhen und vermochte im Laufe der letzten Bausaison noch bessere Preise zu erzielen. Die Einrichtung, daß die Bauunter nehmer die Bestellungen sür Ziegel bei einer Central stelle zu bewirken haben, hat namentlich den unsoliden Bauunternehmungen den Boden entzogen, ist aber für die Baumeister sehr angenehm, va sie nicht mehr mit den unvorhergesehenen Preisschwankungen zu rechnen haben. Die Kundschaft, die zuerst mit der Neuerung unzufrieden war, hat sich nunmehr daran gewöhnt. — Der 15. Congreß des Erzgebirgisch-Vogtländischen Schachbundes wird am 30., am 31. October und am 1. November d. I. in Plauen i. B. tagen. Die Lei tung des Congresses und der am 31. October und 1. November abzuhaltenden Schachtourniere wird der lang jährige Präsident des Bundes, Herr Patentanwalt Otto Theuerkorn (Chemnitz) übernehmen. — Der am 8. Februar 1859 geb. Bergzimmerling Ernst Louis Biber in Gersdorf war angeklagt, sich eines Betrugsversuchs insofern schuldig gemacht zu haben, als er über seine Arbeitsfähigkeit, die infolge eines im Mai 1892 erlittenen Betriebsunfalls beeinträchtigt wor den war, unwahre Angaben gemacht und wahre That- sachen unterdrückt hatte in der Absicht, dadurch eine höhere Unfallrente zu erhalten, als ihm gesetzlich zukam. Wegen dieses Betrugsversuchs verurtheilte ihn das Königl. Landgericht Zwickau auf Grund von HZ 263, 43 des Strafgesetzbuchs zu einer Gefängnißstrafevon drei Monaten. — In der Ortschaft Ralbitz in der Lausitz wüthete ein großes Schadenfeuer, das sich in kurzer Zeit auf 11 Grundstücke ausdehnte und dieselben mit den reichen Erntevorräthen vollständig vernichtete. Viel Vieh und Mobiliar ist mit verbrannt, gerettet wurde soviel wie nichts, da sich die Eigenthümer zur Zeit des Brandes aus ihren Feldern befanden. Der Schaden wird auf über 100,000 Mk. berechnet. Leider haben die wenigsten Brandkalamitosen versichert. — Aus Eisenberg läßt sich die „Altenb. Ztg." Folgendes berichten: „Ein Arbeiter in der hiesigen Kunsttischlerei von Knobloch L Knopfe, der katholisch ist, wollte ein Eisenberger evangelisches Mädchen heiraten und verlangte zu diesem Zwecke von seiner Heimatsbe hörde bezw. Pfarrer in einem Orte bei Würzburg seinen Geburts- und Taufschein. Darauf fragt der dortige Kaplan an, wozu er denselben brauche. Nachdem ihm der Grund dafür angegeben worden ist, schreibt er zu rück, daß er nur unter der Bedingung den Schein aus stellen wolle, wenn der betreffende Mann verspräche, seine Kinder katholisch taufen und erziehen zu lassen. Der Arbeiter schreibt daraufhin wieder, daß dies in einer rein evangelischen Stadt schon wegen der Schule nicht gut anginge rc. Bald darauf erscheint ein in der Nähe unserer Stadt wohnender katholischer Geistlicher und setzt dem Manne zu, das Versprechen zu geben, doch ohne Erfolg. Da wendet sich der Kaplan seines Heimats ortes an die betagte Mutter des Heiratslustigen und macht ihr die Hölle so heiß, daß diese dem Sohne mit Verstoßung und Enterbung droht, wenn er den Willen des Geistlichen nicht erfülle. Der Sohn läßt kurz ent schlossen seine Mutter einmal nach Eisenberg kommen, um ihr zu zeigen, daß die Evangelischen doch nicht so schlimm wären, wie sie dächte und wie sie ihr der dortige Pfarrer geschildert haben mochte. Nachdem die Mutter hier angekommen war und sogar einmal den Gottes dienst in der hiesigen Schloßkirche besucht hatte, gab sie ihrem Sohne die Einwilligung und den Segen zur Heirat. Nun mußte nothgedrungen wohl der fehlende Taufschein ausgestellt werden. Wie es aber wohl der armen Mutter in ihrem Dörfchen gehen wird — wer wird es wissen? So tritt Rom auf und so wird's gemacht." — Am Mittwoch wurde der Gerber Hoffmann in Plauen i. B. wegen Vertriebs gefälschter Staatsprä- mien-Loose zu 1 '/r Jahren Gefängniß verurthcilt. Nach den Angaben Hoffmann's sind diefe Papiere in Leipzig hergestellt worden, es besteht jedoch die Vermuthung, daß sie aus einer kleinen österreichischen Druckerei her vorgegangen sind. — Im vergangenen Jahre war in Meerane auf dem Bahnhofe durch Explosion eines Pulverkörpers, welcher sich auf einer mit altem Eisen beladenen Lowry befand, eine Person tödtlich verunglückt und eine Person verletzt worden. Es sind nun jetzt den Betheiligten sei tens des bayerischen Militärfiskus einmalige Abfindungen zutheil geworden. — Ein werthvolles Geschenk ist der Oberlausitzcr Webschule in GrotzschöNKU durch Vermittelung ihres Leiters zu Theil geworden. Dasselbe besteht in einem in Baumwolle gewebten Bilde, welches das Niederwald denkmal darstellt. Das Geschenk wurde von der Firma H. L. Dienst L Sohn in Elberfeld gestiftet und ist von der englischen Baumwollwaarenfabrik von Bar lon and Sons Ld. Bolton gefertigt. Das Bild ist ein vorzügliches Kunstwerk, das von 4 Musterwebmaschinen mit 1800 Platinen und 20,400 Jacquardkarten fertig gestellt wurde. — Das Gesammtvermögen der Stadt Frankenberg betrug Ende 1895 1,467,976 Mk. 81 Pf., die Schulden bezifferten sich auf 722,300 Mk. 64 Pf., sodaß ein reines Vermögen von 745,676 Mk. 17 Pf., außer dem Stiftsvermögen, vorhanden war. — Nach der am 3. d. erfolgten Weihe des neuen Rathhauses in Adorf wurde in Gegenwart der Ehren gäste in diesem Gebäude die erste gemeinschaftliche Sitzung des Stadtrathes und der Stadtverordneten abgehalten. Der Vorsitzende verlas in Erledigung des einzigen Gegen standes der Tagesordnung ein Schreiben unseres jüngsten Ehrenbürgers, des Fabrikanten Louis Uebel, nach welchem dieser der Stadt ein Kapital von 10,000 Mark als Fonds zur Errichtung einer Kinderbewahranstalt gestiftet hat. Mit freudigem Danke wurde diese Stiftung von beiden Collegien einstimmig angenommen. Die gesammte Stadtvertretung sendete zum Schluß der Sitzung ein Huldigungstelegramm an. Se. Majestät den König. — Ein Herr Moritz Schüller in OkderltU erläßt folgendes Inserat: „Nccepte und Geschäftsvortheile aller Art, die gewinnbringendsten Haupt- und Nebengeschäfte rc. erfährt Jeder durch unser Buch gegen 20 Psg. in Briefmarken. Schüller's Bureau, Oederan i. S." ES handelt sich hier um ein von Herrn Schüller herausge gebenes Büchlein „Praktische Anleitung für den Weg zum Wohlstand," in welchem der Herausgeber 811 Re- cepte anpreist, die er gegen Einsendung von 3—30 Mk. abgeben will. Recept Nr. 810 „Was hat man zu thun, wenn man zahlungsunfähig ist und nicht in Concurs ver fallen will und wie sängt man es an, um mit seinen Gläubigern aus außergerichtlichem Wege fertig zu werden?" kostet 20 Mk. Recept 802 „Die Geheimnisse des Pserde- handels" wird für 25 Mk. geliefert. Hoffentlich fallen nicht allzu viele von der Sorte, die nicht alle werden, darauf herein. — In LeisMg wurde in dec letzten Stadtverord netensitzung mit 10 gegen 5 Stimmen einer zu erheben- den Umsatzsteuer von 3 Proc. von Consum- und Pro- ductenvertheilungsvereinen beigetreten. Der Consum- verein in Leisnig hat zu Mitgliedern: 96 Wittwen, 443 Arbeiter, 117 Gewerbetreibende (?!) und 108 ver schiedener Berufe, hat einen Umsatz von ca. 125,000 Mk., gab 11 Proc. Dividende. Sonach würde betr. Consumverein mit einer Umsatzsteuer von ca. 4000 Mk. betroffen. Laut Bundesbeschluß des Königl. Sachs. Mili- tärvcreinsbundes dürfen Mitglieder beider dortiger Mili- tärvcreine dem Consumvereine in Leisnig als Mitglieder nicht angehören, ebenso haben dem Consumverein als Mitglieder angehörende städtische Beamte und Lehrer zu folge Aufforderung des Rathes ihren Ausritt aus betr. Consumverein erklären müssen.