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Weise zu erreichen, nämlich wenn die Ausschankapparate so angebracht würden, daß hierdurch das Einlassen in die Gläser vor den Augen der Gäste bewirkt werden wüßte. Die „lichtscheuen" Bierwirthe sollten zu dieser Einrichtung von Polizeiwegen angehalten werden. — Die Gebeine Christian Fürchtegott Gellert's und Johann Sebastian Bach's werden in je einem besonderen Sarge in der Krypta beigesetzt werden, die zu diesem Zwecke in der Johanniskirche in Leipzig neuerbaut und jetzt fertig gestellt worden ist. Die im edelsten Spitz bogenstile gehaltene Gruft ist durch eine Treppe zugäng lich gemacht, sie wird mit elektrischer Beleuchrung versehen werden. Für das Bach-Denkmal, das bekanntlich eben falls in der Johanniskirche errichtet wird, sind bis jetzt 15,000 Mk. eingegangen. So erfreulich die Höhe dieser Summe auch ist, so bildet sie doch nur etwa die Hälfte dessen, was die Errichtung des Denkmals kostet. Es werden somit die Sammlungen für das Denkmal noch fortgesetzt und es bleibt nur zu wünschen, daß sie einen recht guten Erfolg haben. — In Verbindung mit der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung in Leipzig soll auch eine Ausstellung von Werken im Ausstellungsgebiete ge borener oder zur Zeit ansässiger Künstler stattfinden Bei dieser Kunstausstellung handelt es sich nicht darum, die neuesten Schöpsungen auf den Kunstmarkt zu bringen, sondern vielmehr darum, von dem rein künstlerischen Schaffen des Ausstellungsgebietes ein anschauliches Bild zu geben. Es sollen deshalb die hervorragendsten unter den in Betracht kommenden Künstlern zur Veranstaltung von Collectivausstellungen der besten ihrer Werke, mögen diese auch theilweise auch älteren Datums sein, eingeladen werden. Ueber die Aufnahme der Kunstgegenstände ent scheidet eine aus berühmten Künstlern gebildete Jury. Durch diese Kunstausstellung wird der Leipziger Aus stellung ein neues Feld eröffnet, welches sicherlich in den weitesten Kreisen reges Interesse erwecken wird. — Große Vorbereitungen sind getroffen worden, um den Theilnehmern am zehnten sächsischen Gastwirthstage den Aufenthalt in Leipzig so angenehm wie möglich zu gestalten. Am Montag Abend findet im Hotel „Stadt Nürnberg" Empfangsfeier statt, wobei die Capelle Curth ein Concert geben und die Sängergruppe des Vereins Leipziger Gastwirthe verschiedene Lieder vortragen wird. Im Laufe des Abends gelangen vom Turnverein in Connewitz turnerische Reigen, sowie Marmorgruppen zur Aufführung. Nach der Hauptversammlung am Diens tag vereinigten sich die Theilnehmer bei einem Fest mahle im großen Saale der „Centralhalle"; mit diesem Festmahle wird eine kleine, aber sehr interessante Neu- Heiten-Ausstellung verbunden werden. Am dritten Tage, Mittwoch, den 23. September, erfolgt ein Ausflug nach Connewitz, wo im Waldcastz des Herrn Wagner der Verein Leipziger Gastwirthe ein Frühstück giebt, bei welchem u. A. tafelfertige Fleischconserven, die von Mitgliedern de« Internationalen Kochkunstoereins vor Monatsfrist eingesetzt wurden, aus den Dosen aufge tragen werden. Nachmittags 3 Uhr versammeln sich die FesttheilnehmeL im „Charlottenhos"; für den Abend ist ein Besuch der Festvorstellung im Etablissement Batten- berg vorgesehen. — In der Nacht zum Freitag in der 2. Stunde wurde ein in Leipzig am Matthäikirchhof wohnhafter Schneidermeister in der Nähe seiner Wohnung von zwei Unbekannten, anscheinend Colporteuren, angesprochen, und ihm eine Broschüre mit dem Titel „Der Mädchenspiegel" zum Kauf angeboten. Der Meister hat auch ein Heft gekauft. Als er kurz darauf seine Hausthür aufschließen wollte, versetzte ihm einer der Unbekannten einen heftigen Stoß gegen den Leib und riß ihm seine goldene Remon- toir-Uhr mit Gewalt von der Kette los. Ehe der Be raubte wieder richtig zur Besinnung kam, waren die Un bekannten verschwunden. Der Thater ist ca. 26 Jahre alt, mittelgroß, schmächtig, hat kleinen Schnurrbart und ist u. A. mit Hellem Jaquet und dunklem Hut bekleidet gewesen. — Am Donnerstag Vormittag cxplodirte in einer mechanischen Weberei in Chemnitz (Stadttheil Alt- chbwn'tz) aus noch nicht aufgeklärter Ursache eine zu emer Schlichtmaschine gehörige Trommel. Durch die der letzteren entströmenden Dämpfe wurde ein an der Maschine beschäftigt gewesener 15 Jahre alter Arbeiter im Gesicht und am Oberkörper so erheblich verbrüht, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird, während ein anderer Arbeiter weniger schwer betroffen wurde. Außerdem ist den Inhabern der Fabrik noch bedeuten der Materialschaden entstanden. — In der Aula des Realgymnasiums in Chemnitz fand am 17. d. Mittag 12 Uhr die feierliche Einweisung des Herrn Oberbürgermeister Or. Beck durch Herrn Kreishauptmann v. Welck statt. Das im Anschluß an die osficielle Feierlichkeit veranstaltete Festmahl der Bür gerschaft im Kasinosaale hatte sich einer äußerst zahlrei chen Bctheiligung zu erfreuen. — Dem „Dr. Journal" geht von bestuntcrrichteter Seite die Mittheilung zu, daß der seitherige Bürger meister von Riesa, Herr Klötzer (Mitglied der i. Stände- tammer) in die Direction der Creditanstalt für Industrie und Handel in Dresden eintritt. — Der Stadtrath in Plauen i. B. gab zu der Ausführung elektrischer Anlagen seitens der Allgemeinen Elektricitätsgesellschaft gegen Beisteuer seine Zustimmung und beschloß für Erweiterung des Kabelnetzes der Elek- tricitätsanlage die Bewilligung eines Berechnungsgeldes von 50,000 Mk. — Namentlich die zahlreichen auf dem Pfaffenstein bei Königstein vorgefundenen Urnenscherben ließen die Ansicht aufkommen, daß der Berg früher eine alt heidnische Opfer- und Begräbnißstätte gewesen sei. Ebenso beweisen eine Anzahl vorgefundener Mahlsteine aus Granit und Sandstein, sowie ein erst kürzlich gefundener Bronzegegenstand, daß der Pfaffenstein bereits in den frühesten Zeiten bewohnt gewesen ist. Die damaligen Bewohner des Berges haben nun den Berg auch gegen feindliche Angriffe zu schützen versucht und führten am Fuße desselben einen gewaltigen Erdwall auf, durch den heute der Weg auf die Höhe des Berges hindurchführt. Der Wall ist jetzt fast ganz mit Kiefern bewachsen und läßt sich deshalb oft schwer weiterverfolgen. Er findet seine Fortsetzung in einer gewaltigen Mauer, deren Reste noch heute deutlich erkennbar sind. In einigen „Führern durch die Sächsische Schweiz" findet man die Ansicht vertreten, die Mauer sei früher einmal als Schutz gegen die Abschwemmungen vom Berge errichtet worden. Nun aber ist das Terrain innerhalb der Mauer, also nach dem Berge zu, an den meisten Stellen flach und nicht abschüssig, so daß eine Schutzmauer gegen Abschwemmun gen vom Berge hier überhaupt keinen Zweck gehabt hätte. Man hat es hier thatsächlich mit einer uralten Vertheidigungsmauer zu thun, welche den Felsen und seine Bewohner gegen feindliche Angriffe schützen sollte. Auch das Verfolgen dieser Mauer hat seine Schwierig keiten, denn dieselbe ist an vielen Stellen von dichtem Gestrüpp und Farrenkraut gänzlich überwuchert und manchmal hören die Steine plötzlich auf, um sich erst später wieder sortzusetzen. Es mag dies daran liegen, daß die Landleute von Pfaffendorf viel Material von der alten Steinmauer mit zum Bau ihrer Häuser ver wendet haben mögen, ebenso dürsten die in der Nähe des Berges befindlichen Wege viel mit den Steinen der Mauer gepflastert worden sein. An einer nach dem Lilienstein zu gelegenen Stelle beträgt die Höhe der Mauer heute noch etwa 1 Meter. Welches Interesse die Erforschung des Pfaffensteins überall erregt, geht schon daraus hervor, daß das Königl. Museum für Völkerkunde in Berlin einen genauen Bericht über den Stand der Ausgrabungen rc. eingefordert hat. Da die Forschungen im Spätherbst, wenn der enorme Touristen verkehr auf dem Berge wieder etwas nachgelassen hat, fortgesetzt werden sollen, so darf man noch manche in teressante Nachricht vom Psaffenstein erwarten. — Die Festung KÜUigftetU wird auf Beschluß der Militärbehörden vom 15. November d. I. ab wieder zur Besichtigung sreigegeben, wenn auch mit gewissen Ein schränkungen. — Von einer imitirten Jndianerbande, aus 20 grö ßeren Knaben bestehend, wurde in SchltUMg bei Leip zig ein Ueberfall auf einen im Gange befindlichen Mo torwagen markirt. Mit unheimlichem Geheul, alle mög lichen Waffen schwingend, kam die Bande aus einem Hinterhalt hervorgestürzt und umschwärmte den Wagen. Nur mit Mühe gelang es Polizeibeamten, die Ordnung wieder herzustellen. Hierbei wurde ein Polizist mit einer eisernen Stange verletzt. — In Schlettau feierte der Gesangverein „Lieder- kranz" sein 50jähriges Fahnenjubiläum. Nicht uner wähnt mag bleiben, daß es dem ersten Fahnenträger und Mitbegründer des Vereins, dem im 83. Lebens jahre stehenden Posamentiermeister Schröcke vergönnt war, am Jubelfeste wiederum die Fahne tragen zu können. — Der Stadtgemeinderath zu Scheibenberg hat be schlossen, dem Bau eines neuen Rathhauses näher zu treten, da sich die Räumlichkeiten in dem alten Rathhaus seit längerer Zeit bereits als unzulänglich erwiesen haben. — Ueber die geplanten Bahnhofserweiterungsbauten in Hohenstein wird folgendes bekannt: Das Güterver waltungsgebäude ist geplant gegenüber dem Hauptstations- gcbäude, die Unterführung der Lungwitzstraße durch die Eisenbahn soll auf 12 Meter verbreitert werden, sodaß diese und die noch zu erweiternde Antonstraße als Zu fuhrstraße für die Fuhren ost- und nordwärts berechnet ist. Der Uebergang der Goldbachstraße über die Geleise wird beseitigt, dafür Verbindung mit derselben unter den Geleisen hindurch am Puschmann'schen Grundstück her beigeführt werden. Der Uebergang am Schweizerhause soll ebenfalls beseitigt, die jetzige Fußweguntersührung daselbst jedoch so eingerichtet werden, daß sie auch für Handwagenverkehr benutzbar ist. Von der Goldbach straße nach der Schützenstraße ist ein Fahrweg vorge sehen. Aus alledem ist wohl ersichtlich, daß man gesucht hat, den Interessen aller auf den Bahnhof Hohenstein- Ernstthal Angewiesenen Rechnung zu tragen. — In OelzschrGantzsch wurde dieser Tage ein Post- pecket auf der Post geöffnet, in welchem sich ein Kindes leichnam befand. Das Packet war in Hohenstein-Ernst thal aufgegeben worden. Verdachtsmomente führen nach Bad Hohenstein. Die Untersuchung dürfte bald den Thäter ermitteln lassen. — Nicht weniger als 230 Stück Kreuzottern hat ein Reptilienfänger in Reichenbach i. V. in diesem Jahre bis Ende August lebend und unbeschädigt eingefangen; allein 198 Stück waren davon weiblichen Geschlechts. Da jede weibliche Kreuzotter 8—18 Junge zur Welt bringt, so kann man sich den Schaden berechnen, den diese Thiere anzurichten vermögen. Wo der Hafer jetzt noch nicht ganz abgeerntet ist, dürfte Vorsicht für die dort Beschäftigten anzurathen sein, da die Kreuzotter jetzt vielfach den Feldmäusen als Beute nachstellt. — Am Mittwoch Abend stieß ein in Krippen be dienstetes, aus Reinhardtsdorf gebürtiges 17jähriges Dienstmädchen im Schlafzimmer eine brennende Petro leumlampe um. Durch das breitfließende brennende Petroleum singen die Kleider des Mädchens Feuer, wo durch demselben schwere Brandwunden am Unterkörper, an den Händen und Armen beigebracht wurden. In der Angst ist das Mädchen durch das ganze Haus bis unter die im Keller befindliche Wasserleitung gelausen, wodurch daS Feuer immer mehr angesacht worden ist. Die Bedauerswerthe ist nach Dresden ins Carolahaus gebracht worden. -- Der historische Festzug zur 400jährigen Jubel feier der Stadt Annaberg am 21. September zerfällt in 6 Abtheilungen, deren jede wieder sich aus verschiedenen Gruppen zusammensetzt. Besonders erwähnenswerth ist wohl die erste Gruppe, in der die Darstellung des Berg segens durch mythische Gestalten (Gnomen rc.) und die Entdeckung des Bergreichthums durch Kaspar Nietzold die Glanznummern bilden. — Die landwirthschastliche Schule zu Altenburg beginnt mit nächsten 19. October ihren 15. Win terkursus. Mehr und mehr hat sie durch ihre, den jetzigen Bedürfnissen der Landschaft angepaßte Einrich tung sich die Anerkennung der praktischen Landwirthe er worben, was sich am besten dadurch ausspricht, daß bis her fast in jedem Kursus auch solche Schüler eintraten, deren Brüder schon vorher vie Schule besucht hatten. Da es unter den heutigen Verhältnissen für jeden Land- wirth unentbehrlich ist, sich über den geschäftlichen Stand seiner Wirthschaft Klarheit zu verschaffen, insbesondere auch das Einkommen sich richtig ausrechnen zu können, wird das Hauptgewicht auf landwirtschaftliches Rechnen und Buchführung gelegt. Außerdem wird der Chemie eine weitgehende Berücksichtigung zutheil, da es gegenwärtig dringend nothwendig ist, daß der Landwirth auf dem Gebiete der Fütterungslchre und der Düngerlehre be wandert ist, um vor Schädigungen bewahrt zu bleiben. Die Anstalt wurde im vergangenen Winter von 56 Schülern besucht; auch diesen Herbst gehen die Anmel dungen, entweder auf 1'/r Jahr, oder auf zwei Winter, in recht erfreulicher Weise ein. — Se. Hoheit Herzog Ernst von Sachsen-Altenburg hat bestimmt, daß die ihm aus Anlaß seines 70. Ge burtstags aus Landesmitteln zur Verfügung gestellte Summe von 50,000 Mk. zur Errichtung eines Ge nesungsheims für männliche bedürftige Genesende Ver wendung finden soll. Ferner läßt der Herzog folgenden Dank veröffentlichen: „Der heutige Tag, an welchem es Mir durch GotteS Gnade vergönnt gewesen ist, Mein 70tes Lebensjahr zu vollenden, hat sich für Mich durch die zahlreichen und mannichfachen Beweise warmer Theil- nahme und treuer Anhänglichkeit, welche Mir in herz lichen Glückwünschen, in künstlerisch ausgestatteten Adres sen und in sinnigen Geschenken von Einzelnen und von Corporationen dargebracht worden sind, zu einem wahren Fest- und Freuden-Tage gestaltet. Insbesondere hat Mich das von Gebern aus allen Landestheilen und aus allen Kreisen der Bevölkerung gewidmete gemeinsame reiche Geschenk, das Ich bewegten Herzens entgegenge nommen habe, hoch beglückt, zumal da Ich darin den freundlichen Wunsch so zahlreicher Geber erblicken darf, Mir persönlich zu Meinem Geburtstage eine Freude zu bereiten. Tief bewegt spreche Ich allen Betheiligten, sowie überhaupt Allen, welche heute Meiner in Liebe durch Geschenke und gute Wünsche gedacht haben, Meinen aus dem Herzen kommenden innigen Dank aus. Hum melshain, den 16. September 1896. Ernst." Vermischtes. Allerlei. Die überseeische Auswanderung aus Deutschland bleibt andauernd gering. Nach amtlichen Nachrichten sind im August d. I. 2933 Personen aus gewandert gegen 3697 im August 1895. — Während der Vorstellung brach im „Theatro Costanzi" zu Rom Feuer dadurch aus, daß dieTraperie des vierten Ranges durch Kurzschluß der elektrischen Leitung in Brand ge- rieth. Sofort entstand eine Panik. Um das Publikum zu beruhigen, wurde die Königshymne gespielt. Das Feuer wurde alsdann gelöscht, brach aber darauf in dem selben Range wieder aus und verursachte eine neue Panik. Mehrere Frauen wurden ohnmächtig. Das Publikum verließ das Theater, während das Feuer schließlich ge löscht wurde. — Vier Kamerun-Neger aus der Ber liner Colonialausstellung, welche in Deutschland zu blei ben gedenken, haben bereits Stellung erhalten. Zwei bilden sich in Berlin zu Herrenschneidern aus, ein dritter tritt bei einem Schuhmacher in Charlottenburg in die Lehre, während der vierte in eine Maschinenfabrik in