Volltext Seite (XML)
des Bild über die umfangreiche Thätigkeit auf diesem Gebiete giebt. Da es sich im Wesentlichen um einen Rückblick auf bisherige Erörterungen und Maßnahmen handelt, so erhält die Denkschrift nur wenig Neues. Die Schrift giebt zunächst eine Uebersicht der Gründe, auf welche die ungünstige Lage der Landwirthschaft zu rückgeführt wird: Die niedrigen Getreidepreise, die wach sende Verschuldung zum Theil infolge des Ankaufs von Gütern mit unzureichenden Geldmitteln; das bestehende Erbrecht rc. Ueber die verlangten „Großen Mittel" wird bemerkt: Der Antrag Kanitz in seinen verschiedenen Modificationen hat wegen seiner Unvereinbarkeit mit den Handelsverträgen und wegen der bei der heutigen Ordnung unseres Wirtschaftslebens unüberwindlichen Schwierigkeiten seiner Durchführung und schließlich wegen der Zweifel, ob die durch ihn zu erreichende Preissteige rung auch den Landwirthen wirklich zu Gute kommen werde, weder in Staatsrathe noch im Reichstage eine Majorität auf sich vereinigen können, und ebenso ist die Staatsregierung mit der Mehrheit des Reichstags einig darin, daß der Bimetallismus und die dadurch erhoffte allgemeine Preissteigerung nur auf dem bis jetzt wenig aussichtsvollen Wege internationaler Abmachung und nicht ohne den Zutritt Englands für uns durchführbar sei. Noch größere Bedenken stehen den Ansichten ent gegen, welche das Heil der Landwirthschaft in einer allgemeinen Auftheilung des Grund und Bodens in Kleinbesitz befürworten. Im Hinblick aus diese Erwä gungen beschränkt sich z. Z. die Aufgabe der Staatsver waltung gegenüber der herrschenden mißlichen Lage der Landwirthschaft auf solche Maßnahmen der Gesetzgebung und der Verwaltung, welche die Rentabilität der Land wirthschaft dadurch zu heben trachten, daß die landwirth- schastliche Production in allen ihren einzelnen Theilen gehoben und auch dadurch verbilligt wird, daß der Land wirthschaft möglichst billige Betriebsmittel zur Verfügung gestellt uud die auf ihr ruhenden Lasten gemindert werden. Ein Berliner Bäckermeister hatte mit seinen Ge sellen vereinbart, die Arbeitszeit in seinem Betriebe der gestalt zu regeln, daß zwar nicht mehr als 12 Stunden gearbeitet, diese Zeit aber vertheilt und mehrfach durch längere Pausen unterbrochen werden sollte. Auf ein diesbezügliches Gesuch an das Polizeipräsidium ist ihm nun ein ablehnender Bescheid zugegangen mit dem Be merken, daß eine regelmäßige Verlängerung der Arbeits zeit unter keinen Umständen gestattet werden könne, wo bei es gleichgültig sei, ob die Gehilfen freiwillig hieraus eingehen und welcher Art ihre Beschäftigung in den Ueberstunden sei. Bei der Publikation des Depotgesetzes sollten sich, wie neuerdings in der „Deutsch. Juristen-Ztg." zu lesen war, verschiedene Jrrthümer bemerkbar gemacht haben. Der eine dieser Zufälle wurde darin gefunden, daß das publicirte Gesetz nur 13 Paragraphen enthält, obwohl der Reichstag 14 Paragraphen angenommen habe. Die „Berl. Pol. Corr." macht dem gegenüber darauf auf merksam, daß die Commission von den 14 Paragraphen des Regierungsentwurfs einen, den 14., zu streichen be schlossen hatte. Indem der Reichstag die CommissionS- vorlagc unverändert genehmigte, hat er zwar über 14 Paragraphen Beschluß gefaßt, aber nur 13 genehmigt. Was die von der erwähnten „Juristen-Zeitung" erwähn ten Berichtigungen betrifft, so handelte es sich bei der einen Berichtigung um einen Druckfehler, bei den beiden anderen um ein Versehen, die bei der Ausfertigung der Reichstagsbeschlüsse untergelaufen waren. Feuilleton. Bozena Matuschek. Roman von Caroline Deutsch. (Schluß) Hanka hatte kaum auchttausend Gulden von ihrem väterlichen Vermögen zurückersetzt bekommen, und daß der Doctor für die Summe bei Fekete eingestanden war, wußte er auch. Dieser edle Mann hatte genug an ihm gethan, er sollte nicht auch noch an Geld geschädigt werden. Im Anfang des dritten Jahres gewann er in der Lotterie einige Tausend Gulden, aber auch davon behielt er nichts für sich. Er beglich den Rest bei Petras Fekete, dem letzten Gläubiger seines Vaters, das übrige Geld theilte er in zwei Hälften. ' Die eine war noch für Hanka bestimmt, die andere schickte er an das Waisenamt in Tura als theilweisen Ersatz für die anderen geschädigten Waisengelder . . . Einige Zeit später reiste er selber nach Tura, und cs kam eine Stunde, wo zwei Menschen, die unendlich ge litten, ein unendliches Glück fanden. Eine stille Hochzeit wurde gefriert, aber nicht im Orte, sondern in einem nahen Dorfe. Doctor Nawadny gönnte Pfarrer Matras die Einsegnung dieses Paares nicht. Er gedachte wohl der Worte, die er Bozena gesagt, daß, so lange er Geistlicher in der Gemeinde sei, die Glocke seiner Kirche keiner Matuschek weder zu Grabe noch zu etwas anderem läuten werde. Nein, dieser Mann durfte sie nicht trauen! Er gönnte aber auch den Leuten in Tura keinen Theil an dem Ehrentage des Mädchens. „Ihr wäret zu niederträchtig gegen sie," sagte er, als ^efterreich-Ung«üv. Die sogenannte Ouotenregulirung, d. h. die Fest setzung der Beiträge, welche jede der beiden Reichshälften zu den gemeinsamen Ausgaben beizusteuern hat, ist trotz aller Bemühungen nicht gelungen; die Ouotendeputationen haben sich bei ihren Berathungen beiderseits so fest ge fahren, daß man als letzten Ausweg ein ganz neues Verfahren einzuschlagen genöthigt war. Durch einen kaiserlichen Schiedsspruch wird nämlich auf ein Jahr die Regulirung festgelegt werden und zwar so, daß Oester reich 65 und Ungarn 35 Procent in die gemeinsame Reichskaffe abzuführen haben wird. Mit dieser Regelung kann Ungarn wohl zufrieden sein und dieselben auch für die Zukunft freiwillig acceptiren. Frankreich. Alle Gemeinden Frankreichs bis zu den kleinsten Ort schaften hinab rüsten sich, die Zarenwoche mit Schmuck und öffentlichen Lustbarkeiten zu feiern. Ein kuriose Auffassung hat der Wiener Zaren besuch in Paris gefunden. Man stellt dort keinen Augenblick in Abrede, daß der Empfang, der den hohen Gästen bereitet wurde, ein glänzender war, und legt dem Umstande, daß ihn der Zar in seinem Toaste nur einen „charmanten" nannte, keine Bedeutung bei. Dem nach ist man über den guten Empfang keineswegs un gehalten, denn in jener Verblendung, die für die Fran zosen, zumal bei der Beurtheilung der Gründe für ein gewisses Entgegenkommen der Ruffen charakteristisch ist, fürchtet man keinen Augenblick, daß Kaiser Franz Joseph den Zaren dem Dreibunde nähern könnte, sondern hofft im Gegentheil zuversichtlich, daß der Zar Oesterreich vom Dreibunde abzichen und dadurch dessen Zusammen bruch bewerkstelligen werde! Man malt sich darum auch die Annäherung zwischen beiden Kaiserreichen in rosigsten Farben aus und betont, daß zwischen Oester reich und Frankreich immer gute Beziehungen geherrscht hätten. (Man könnte die großen politischen Kinder in Paris um ihre Naivetät beneiden.) Rußland. Das russische Kaiserpaar ist wohlbehalten in Kiew angekommen und besuchte alsbald die neu restaurirte Sophienkathedrale. Sodann fuhren die Majestäten im offenen Wagen nach dem Schloß, von einer zahllosen Menge jubelnd begrüßt. Infolge des Ablebens des Fürsten Lobanow ließ der Kaiser die beabsichtigte Illu mination der Stadt abbestellcn. Am Sarge Lobanow'S, wo wiederholt Trauerandachten stattfanden, legten die Majestäten prachtvolle Kränze nieder. Die amtliche russische Zeitung „Nowoje Wremja" er klärt, daß die Zarin mit ihrem Gemahl in Paris eintreffen werde, wo das Kaiserpaar Gast der französi schen Nation sein werde. Was die in Umlauf befind lichen Nachrichten über die Dauer der Anwesenheit des Zarenpaares in Paris unc über das Palais, das ihnen dort zur Residenz dienen wird, anbelange, so seien diese sämmtlich als vorzeitige zu bezeichnen, da über alle diese Dinge noch keinerlei endgiltige Bestimmungen getroffen seien. Das russische Reichsamtsblatt bringt zu der Reise des Zarenpaares einen Artikel, in dem es heißt: Die gesammte Preffe des Auslandes stimmt darin über ein, daß die Zarenreise als ein sehr erfreuliches Ereigniß erscheint, das den allgemeinen Glauben an die Uner schütterlichkeit des europäischen Friedens kräftigt, und daß sie unvergängliche Spuren im politischen Leben des Westens zurücklaffen wird. Zum Schluffe der für Europa bedeutsamen Tage wird seine Aufmerksamkeit sich auf Frankreich concentriren. Von der Gehobenheit man ihm dann Vorwürfe darüber machte. „Selbst wenn sic das gewesen, wofür Ihr sie hieltet, war Euer Vorgehen ein verdammenswertheS. Man darf selbst einem Verlorenen nicht derart alle Wege versperren. Wie soll er denn aus dem Abgrund herausfinden, wenn man um ihn die Steine bis zum Himmel thürmt?" . . . Stefan berührte Tura nicht; er fuhr direct aus dem Dorfe mit seiner jungen Frau nach seinem Bestimmungs orte, wo er sich in der Nähe des Bahnhofes eine kleine einfache Wohnung eingerichtet hatte. Jedes Jahr kam der Doctor auf einige Wochen, um sich in dem Glücke seiner Schützlinge zu sonnen, und al« später Kinder hinzukamen, verlängerten sich seine Besuche. „Siehst Du, Stefan," pflegte er zu dem jungen Bahn- bcamten zu sagen, „wärst Du nicht gewesen, so wär' e» vielleicht mein eigen Fleisch und Blut, daS da an mir herumkrabbelt . . . aber so ist es, wenn einen fremde Interessen näher angehen als die eigenen." Seine Schlußworte waren aber dann immer: „Und doch, Gott segne Euch! Mir ist's als wär's da» Glück meiner eigenen Kinder." * * Auf dem Mühlenberge erhebt sich wieder ein neues Gebäude; e» ist aber kein solch stolzes, stattliches Herren haus mehr, sondern ein niedriger Bauernbau mit einem gewöhnlichen Strohdache. Auch der Strom ist wieder ein Gefangener an dieser Stelle .... er roll t nicht mehr glatt und ruhig seine Wellen über die Kiesel am Grunde, sondern staut sie zischend und ächzend zu Gischt und Schaum auf und springt in tausend tollen Ringen und Wirbeln über das alte Räderwerk . . . Sie heißt der Stimmung, die im französischen Volke durch die Ankunft ihrer Majestäten in Cherbourg und in Paris hervorgerufen werden wird, kann man annähernd bereits ein Bild sich machen nach den Aeußerungen und der Haltung der französischen Blätter . . . tc. Der russische Minister des Aeußeren Fürst Lobanow ist einem Herzschlage erlegen. Ueber die näheren Um stände des Todes wird gemeldet: Auf der Station Schepetoffka ließ der Zar den Zug halten (man befand sich auf der Reise von Wien nach Kiew), um mit seiner Gemahlin einen Spaziergang zu machen. Er war hier bei u. A. auch vom Fürsten Lobanow begleitet. Dieser wurde plötzlich unwohl; er wollte in den Wagen zurück kehren, allein, es war ihm nicht mehr möglich; er mußte fremde Hilfe in Anspruch nehmen. Kaum war er in den Wagen wieder eingetreten, als ein Schlaganfall seinem Leben ein Ende machte. Der Zar weinte heftig, ebenso war die Zarin erschüttert. Ueber Lobanow'S Befinden waren seine Freunde schon in Wien besorgt. Als er in der italienischen Botschaft den Grafen Nigra besuchte, erlitt Lobanow beim Treppensteigen einen An fall von Herzkrampf, so daß die Anwesenden, darunter auch der deutsche Botschafter, völlig erschreckt waren. Lobanow äußerte, er habe öfter diese Anfälle, doch pfleg ten sie Kalo vorüberzugehen; er werde demnächst nach Dresden oder Breslau zur Kur gehen, um einer be ginnenden Arterienverkalkung vorzubeugen. Doctor Guyon in Paris, welcher Lobanow im Jahre 1892 von einem Steinleiden operirte, stellte damals eine ziemlich ent wickelte Herzkrankheit fest. Er rieth dem Fürsten, den Geschäften zu entsagen und in der Landwirthschaft Zer streuung zu suchen. Lobanow sagte lächelnd: „Gut, ich will verbauern, aber langsam, geben Sie mir noch fünf Jahre Zeit, dem Vaterlande als Staatsmann zu dienen, bevor ich mich als Kartoffelveredler auszeichne." Bulgarien. An der bulgarischen Grenze griffen türkische Truppen bulgarische Posten an. Die Türken wurden zurückge schlagen. Die öffentliche Meinung in Bulgarien ist über diesen Friedensbruch außerordentlich erregt, die Regierung in Sofia beschloß wegen der Grenzverletzung ein Memo randum an die Mächte zu richten. Spanien. Der Aufstand auf den Philippinen hat noch weitere Ausdehnung gewonnen. Die Rebellen wagten einen Sturm auf Manila, über das der Belagerungs zustand verhängt ist. Die Telegramme der spanischen Generäle auf Cuba strotzen zwar noch immer von Sicges- nachrichten; aber selbst in den spanischen Regierungs kreisen verschließt man sich nicht mehr der Ueberzeugung, daß die Lage drohender denn je ist. Zahlreiche Fahnenflüchtige sind von Spanien auf französischem Gebiete eingetroffen. Sie erklären, gute Spanier zu sein, und bereit für ihr Vaterland zu sterben, doch nur, wenn diese Pflicht für alleSpanier gleich sei. Da aber die Reichen sich freikaufen und nur die Armen dienen, wollen sie ihre Knochen nicht für die Besitzenden opfern. Türkei. Etwas bester scheint die Lage in Konstantinopel geworden zu sein; die offiziellen Berichte erzählen nur noch von vereinzelten tumultuarischen Scenen und nicht mehr von blutigen Massenmorden. Auch der Namens tag des Sultans soll ohne Ruhestörung verlaufen sein. Die Straßen zeigen im Allgemeinen wieder das gewohnte Bild, die Läden freilich, in denen überall Armenier be schäftigt sind, blieben noch immer geschlossen. Ganz so günstig dürfte die Lage übrigens nicht sein, wie sic die wie zuvor die Semanysche Mühle, obwohl der Besitzer einen ganz anderen Namen führt. Jozi Barkas war die Mitgift von kaum achttausend Gulden zu klein. Er hatte gedacht, als ihm damals die große Spekulation so unter den Händen zerrann, zwei Drittheile oder wenigsten« die Hälfte ihres Vermögen» herauszubekommen. Daß Stefan später nahe an 5000 Gulden ersetzte, konnte er nicht wissen. Und wegen der lumpigen paar Tausend Gulden an ein Bauernmädchen sich wcgzuwerfen, da« lohnte nicht, da« konnte ihm kein Mensch zumuthen, ihm — dem Jozi BarkaS. Die moralische Verpflichtung hatte sein niedriger Strebergeist sehr bald überwunden. Warum war sie so leichtgläubig? Warum war sie ihm in allem entgegen« gekommen? Es war ihre Schuld! Und so verschwand er eine« Tage« . . . Doch was in den Augen des Herrn BarkaS so gering fügig war, schien einem Turarr Bauern ein riesiges Ver mögen. Es war dies ein armer Tagelöhner, aber fleißig und nüchtern. Und Hanka Holup war in ihrer Ver lassenheit froh, daß sich ihr eine rettende Hand bot. Der Platz auf dem Mühlenberg wurde ihnen noch gerichtlich zucrkannt und dort erhob sich die neue Mühle. Der Müller ist ein resoluter Mann und hat Hanka die städtischen Flausen und Mucken, wie er es nennt, bald herausge bracht, und da er sich über — die Vergangenheit hin weggesetzt, hat er sonst nicht viel an der hübschen tüch tigen Frau auszusetzen, und so heißt e« bei den Leuten, daß e» keine unglückliche Ehe sei.