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Leiche des Fürsten Lobanow bleibt bis zur weiteren Entscheidung der Familie in Kiew. Der so jäh aus dem Leben geschiedene russische Staatsmann wurde als Nachfolger des langjährigen Ministers v. Giers Anfang März 1895 zur Leitung der äußeren Politik des nordi schen Reiches berufen und hat durch sein Wirken das in ihn gesetzte Vertrauen in vollstem Maße gerechtfertigt. Fürst Alexei Borissowitsch Lobanow-Nostowski war am 30. December 1825 geboren und begann seine diploma tische Laufbahn 1844. Er war als Legationssekretär und als Lcgationsrath auch längere Jahre der russischen Botschaft in Berlin zugetheilt; als Botschafter fungirtc er in Konstantinopel, London und Wien. Die ausge breitete Geschäftskenntniß, der Reichthum an Erfahrungen und an einflußreichen persönlichen Beziehungen, verbun den mit hervorragenden Charaktereigenschaften sicherten dem Dahingeschiedenen einen hervorragenden und ver dienstlichen Antheil an den Bestrebungen zur friedlichen Schlichtung der Orientwirren und machen seinen Verlust gerade im gegenwärtigen Augenblick zu einem doppelt fühlbaren. An den Reisedispositionen des Zarenpaares tritt durch den plötzlichen Tod des verdienten Ministers, Fürsten Lobanow, keine Aenderung ein. Ueber den Nachfolger des Ministers ist noch kein Entschluß des Zaren bekannt geworden. In Paris hält man den dor tigen russischen Botschafter v. Mohrenheim für den künftigen Minister des Aeußeren. Auch der Botschafter in Konstantinopel Nelidow, sowie der Warschauer Gouverneur Graf Schuwalow, einstmaliger Botschafter in Berlin, werden genannt. Das Zaren paar ist am Montag von Wien aus in Kiew zur Einweihung der Kathedrale eingetroffen. Die Stadt ist auf das Glänzendste geschmückt. Viele Land bewohner sind angekommen. Die Gasthöfe sind überfüllt. Atts -em MuldettthaLe "Waldenburg, 1. September. Der Sedantag wird in hiesiger Stadt in folgender Weise begangen werden: früh von 6 bis 7 Uhr findet Weckruf durch die Straßen der Stadt und mittags von halb 12 bis halb 1 Uhr Festmusik auf den Marktplatze statt. Die öffentlichen Gebäude werden mit Fahnen geschmückt. Seitens des Stadtraths werden die Einwohner ersucht, ebenfalls die Häuser zu beflaggen. Abends feiert der hiesige Krieger verein im Saale des Schönburger Hofes sein dies jähriges Stiftungsfest. *— Es kommt häufig vor, daß Paffagiere, welche be hindert waren, die Rückreise auf einer Rückfahrkarte recht- zeitig anzutreten, erst dann um die für die eventuelle Rückerstattung des entfallenden Betrages erforderliche Be scheinigung des Stationsbeamten der Abgangsstation nach suchen, wenn die Giltigkeitsdauer der Fahrkarte bereits erloschen ist. Es wird daher in Erinnerung gebracht, daß der betreffende Beamte nicht befugt ist, den ent sprechenden Vermerk auf der nicht ausgenützten Fahrkarte noch nachträglich nach Ablauf der Giltigkeit derselben an zubringen. *—. Zur Erleichterung des Besuchs der Dresdner Hand werks- und Kunstgewerbe-Ausstellung wird am Sonntag, den 20. September dieses Jahre« ein Snnderzug zu be deutend ermäßigten Preisen von Oelsnitz i. V. über Falkenstein-Zwickau nach Dresden-Altstadt verkehren. *— Nach dem neuen Entwürfe des Handelsgesetzes soll im Einsührungsgesetz bestimmt werden, daß die Ge werbeordnung durch folgenden neuen Z 15 a ergänzt wird: Gewerbetreibende, welche einen offenen Laden haben, sind verpflichtet, ihren persönlichen Namen an der Außen seite oder am Eingang des Ladens in deutlich lesbarer Schrift anzubringen. Ist eine Frau die Inhaberin des Geschäfts, so hat sie in der Aufschrift ihrem Zunamen mindestens einen ausgeschriebenen Vornamen hinzuzufügen. Kaufleute, welche eine Handelsfirma führen, haben zu gleich die Firma in der bezeichneten Weise an dem Laden anzubringen; ist aus der Firma der persönliche Name des Geschäftsinhabers und, sofern eine Frau die Geschäfts inhaberin ist, zugleich ein Vorname derselben zu ersehen, so genügt die Anbringung der Firma. *— In Altstadtwaldenburg ertönten gestern Abend in der 8. Stunde plötzlich Feuersignale. In einem am Wege nach Langenchursdorf gelegenen Wohnhause war infolge der Explosion einer Petroleumlampe ein Stuben brand ausgebrochen, der indessen durch die schnell herbei- eilende Hilfe alsbald gelöscht werden konnte; einige Möbel sind durch den Brand beschädigt worden. Leider hat hierbei auch ein einjähriges Kind, welches sich in der Stube befand, nicht unerhebliche Brandwunden erlitten, so daß es in ärztliche Behandlung gegeben werden mußte. — Der Verein Sächsischer Schuldirectoren wird seine Hauptversammlung Sonnabend den 5. und Sonntag den 6' September in Glauchau (Theaterlokal) abhalten. Außer inneren Vereinsangelegenheiten sind zwei Vorträge auf die Tagesordnung gesetzt worden: „Ist eine Sich tung des Lehrstoffes für den Geschichtsunterricht noth- wendig, und nach welchen Gesichtspunkten hat dieselbe zu geschehen?" (Director Czerwenka in Döbeln) und „Die Phonetik m der Volksschule" (Director Härtig in Schwarzenberg). Vorsitzender des Vereins ist Director Georg Richter in Freiberg. — Der große neue Anbau an das Rathhaus in Zwickau ist vollendet und nunmehr der westliche Flügel desselben, dessen Erdgeschoß mit Laubengang versehen wird, zum Erneuerungsbau in Angriff genommen worden. — Or. weck. Kurze in Planitz ist an den Folgen einer Morphium-Einspritzung, die er sich gegen Schlaf losigkeit gemacht hatte, gestorben. Er blieb 2 Tage lang bewußtlos und erwachte trotz ärztlicher Hilfe zum Be wußtsein nicht wieder. Atts dem SachsenLattde — Gegenwärtig sind im Schlosse Sibyllenort chinesische Stickereien ausgelegt, welche Ihre Majestät die Königin jüngst in Frankreich angekauft hat. Es befinden sich prachtvolle große Wandbekleidungen, Decken u. s. w. da runter. In einem der oberen Zimmer befindet sich eine prachtvolle echt chinesische Bettdecke mit reichen Stickereien mit figürlichen Darstellungen. Diese Decke hat vor meh reren Jahren ein Besucher dadurch beschädigt, daß er ein Stück davon abschnitt und entwendete. Sie ist aber wieder ergänzt worden, und zwar so gut, daß es schwer ist, das neue Stück herauszufinden. — Dem Vernehmen nach wird die evangelisch-luthe rische Landessynode auf den 5. October einberufen wer den. Der vorliegende Berathungsstoff ist ein so umfang reicher, daß die Verhandlungen 4 bis 5 Wochen in Anspruch nehmen werden. — Am 9. September d. I. findet wieder eine Aus- loosung sächsischer Staatspapierc statt. Die Rückzahlung der am 9. März d. I. ausgeloosten, am 30. September d. I. fällig werdenden Staatspapiere erfolgt vom 15. September ab gegen Rückgabe der zahlbaren Kapital- und Zinsscheine. Die Auszahlung geschieht bei der Staatsschuldenkaffe in Dresden, der Lotterie-Darlehns- kasie in Leipzig, den Bezirkssteuereinnahmen, bei den Hauptzollämtern, den Hauptsteuerämtern, der Sächsischen Bank und deren Filialen, bei Herrn Eduard Bauermei ster in Zwickau, Herrn G. E. Heydemann in Bautzen und Löbau, der Vogtländischen Bank in Plauen, der Döbelner Bank in Döbeln und deren Filialen in Roß wein und Waldheim, bei Herrn Sarfert L Co. in Wer dau, bei der Vereinsbank in Frankenberg, der Neustädter Bank in Neustadt i. S. und bei der Dresdner Bank in Berlin. — Mit Herstellung des eisernen Oberbaues der fünften Elbbrücke in Dresden wird nunmehr begonnen werden. Die Elsenconsiruction dieser viergleisigen Brücke im Ge wichte von 4,511,000 Kilogramm (zum Preise von 1,354,921 Mk.) ist der Firma Aug. Klönne in Dort mund übertragen worden, die für die sächsischen Staats bahnen in Dresden schon große Aufträge ausgeführt und zur Zeit die großen Bahnhofshallen von 59 und 32 Meter Spannweite baut. — Wie vorsichtig man mit der Behandlung der zeit weise, namentlich im Gesicht auftretenden Pusteln sein muß, zeigt wieder einmal ein Fall, der sich mit einem 18jährigen Kücschnergehilfcn in Leipzig ereignet hat. Der junge Mann kratzte sich eine solche Pustel auf, und alsbald schwoll das Gesicht so bedenklich an, daß er so fort in ärztliche Behandlung gegeben werden mußte, wo eine Blutvergiftung durch Milzbrandpustel constatirt wurde. In die offene Wunde war Haarstaub eingedrungen. — Am Montag begingen die Socialdemokraten Leips zigs den Todestag Lassalles durch Abhaltung zweier Versammlungen im „Gantheon" und im „Felsenkeller", in denen die Referenten Geyer und !)p. Schönlank Lassalle als den Begründer der socialdemokratischen Ar beiterpartei Deutschlands feierten. Die Versammlungen waren von 600 bezw. 1200 Personen besucht. — Am Sonntag Mittag gegen 12 Uhr ertränkte sich in Meerane der etwa 35 Jahre alte Weber Seifert von dort in Finzels Teich. Seifert, der ledig war, soll häufig in trunkenem Zustande gesehen worden sein. Die Leiche wurde gegen 1 Uhr von passirenden Leuten auf gefunden. — Der „Dr. Anz." schreibt: Das Gerücht, in Donaths „Neuer Welt" in Tolkewitz sei nach Schluß des Con- certes die Buffetmamsell räuberisch augesallen und der Kaffe im Betrage von 100 Mk., sowie mehrerer Werth- sachen beraubt worden, bestätigt sich nach einer Mitthei- lung des Gemeinderathes von Tolkewitz nicht. Nach genauer Durchsuchung seitens der Gendarmerie ist ein Theil des Geldes, sowie Uhr und Kette wieder ausge funden worden. Das betreffende Mädchen, das das Ge rücht als schwer verwundet bezeichnet hatte, ist bei bestem Wohlsein. — Am Donnerstag früh war in das Gutsgehöst des Herrn Kaufmann in MiHelfrohlM ein Fuchs einge schlichen, vermuthlich zwecks Jnspicirung des Federviehes. Der treue Hüter des Hauses aber, ein sehr wachsamer Hund, vereitelte das Vorhaben dieses Eindringlings, packte und hielt ihn so lange fest, bis die hinzugekommenen Gutsbewohner sich seiner versichert hatten. — Die Turngemeinde in Werdau wird die Feier des 50jährigen Jubiläums ihres Bestehens in diesem Jahre in den Tagen vom 19. bis 21. September in großartiger Weise begehen. Mit dieser Feier wird zu gleich ein Schauturnen verbunden sein. Die Vorberei tungen zu diesem Feste sind lebhaft im Gange. — Am 29. und 30. August wurde in Gersdorf der 29. Chemnitzer Kreisfeuerwehr-Verbandstag abgehalten. Sonnabend Nachmittag fand Empfang der Hauptleute und Delegirten statt, worauf eine mehrstündige Sitzung folgte. Abends war im Gasthof „Zum grünen Thal" großer Fest-Commers. Kurz nach Mitternacht erschallte in die allgemeine Festfreude hinein plötzlich das Signal: Feuer! Wohl infolge Brandstiftung stand die Scheune des Guts besitzers G. in Flammen, und das hölzerne, mit Stroh gedeckte Gebäude wurde sammt dem daneben stehenden massiven Schuppen trotz kräftigsten Eingreifens der Gers- dorfer, sowie der Lugauer und Oberlungwitzer Feuer wehren ein Raub der Flammen. Direct von der Brand stelle hinweg trat mit noch geschwärzten Gesichtern am andern Morgen die Gersdorfer Feuerwehr zur Reveille an. Im Laufe des Vormittags trafen noch ca. 2000 Feuerwehrleute von 118 Wehren des Bezirks ein. Um halb 10 Uhr fand Hauptversammlung im Gasthof „Zum blauen Stern" statt, und nachmittags 3 Uhr bewegte sich der stattliche Festzug durch den festlich geschmückten Ort. Mit Concert uno Ball fand das Fest seinen Abschluß. — Der Gemeinderath zu Oelsnitz i. E. hat be schlossen, Herrn Musikdirector Carl Henne bis auf jeder zeitigen Widerruf eine jährliche Beihilfe von dreihundert Mk. vom 1. Juli 1896 ab, zu gewähren. — Die der Jahreszeit nach etwas rauhe Witterung, die auch im Tieflande nun längere Zeit hindurch ange halten hat, macht sich im Voigtlande, noch mehr aber in den höher gelegenen Theilen des Erzgebirges recht un angenehm bemerkbar. Am Freitag früh zeigte das Ther mometer in der Nähe von Moldau nur 1 Grad Wärme. Wiesen und Aecker zeigten so starken Reif, daß man sich in den Winter versetzt fühlen konnte. — Das 400jährige Jubiläum der Stadt Annaberg vollzieht sich am 20. und 21. September dieses Jahres. 1496 wurde der Grundstein zur Stadt gelegt und ein Stadtbezirk angewiesen, nachdem im Jahre vorher Ab geordnete des Landesherrn, Georg des Bärtigen, es für unmöglich erklärt hatten, in dieser Wildniß eine Stadt zu gründen. Die ganze mit Wald bedeckte Gegend wurde vorher „die wilde Ecke" oder „das Hungerland" genannt. Der Anbau mit neuen Häusern erfolgte so schnell, daß schon am 28. October der „neuen Stadt am Schrecken berge", wie man sie hieß, Stadtprivilegien ertheilt wur den. Den jetzigen Namen Annaberg erhielt sie 1501 durch Kaiser Maximilian. 9 Jahre später wurde sie mit Wall und Graben umgeben. Das 300jährige Jubiläum wurde 1796 mit dreitägiger Feier durch Gottes dienst, öffentliche Aufzüge, Musik und Tanz begangen und auch eine silberne Denkmünze geprägt. — In der Nacht zum Montag ist auf dem Bahnhofe tn Gößnitz ein Act brutalster Roheit insofern verübt worden, indem nicht weniger als 13 Gänsen theils die Hälse herumgedreht, theils die Beine herausgerissen wur den u. s. w. Die Gänse wurden Montag morgen noch warm aufgefunden und dürste die That erst in den spä ten Morgenstunden verübt worden sein. Die Gänse be fanden sich in einer Lowry, deren Wände bekanntlich lattenartig sind und es deshalb möglich war, die Gänse bequem zu erlangen; mit welcher Gewalt diese rohe Thierquölerei verübt worden ist, davon sprechen die zahlreichen Blutspuren, welche weit von dem Wagen weg sichtbar waren. Vermischtes. Allerlei. Bei Lippa (Ungarn) fanden manöverirende Truppen eine Granate, welche bei dem Versuch der Ent ladung krepirte. Ein Kanonier wurde getödtet und zwei andere tödtlich verletzt. — Aus Graz meldet die „Voss. Ztg.": Der Fabrikant Salcher stürzte von der Eisenstraße bei Groß-Reifling sammt Wagen und Pferden 30 m tief hinab und blieb sofort todt. Seine Frau, zwei Töchter, sowie der Kutscher wurden schwer verletzt. — Unwetter herrscht gegenwärtig in den Alpenländern. Stürme richteten große Zerstörung an. Aus den Küsten ländern werden Ueberschwemmungen durch unablässige Regengüsse gemeldet. Bei Fuzin stürzte ein Eiscnbahn- tunnel ein. Bei Böhmisch-Kalitz schlug der Blitz in eine Scheune, in die sieben Arbeiter sich geflüchtet hatten; vier wurden getödtet und drei erlitten in der nieder brennenden Scheune schwere Verletzungen. — Schnee fälle werden aus zahlreichen, natürlich hauptsächlich im Gebirge belegenen französischen Ortschaften gemeldet, so aus Bonneville (Savoyen) dessen Bergabhänge Buet und Bargy bereits ihr glänzend weißes Wintergewand angelegt haben, aus Albertville, aus Chamböry, wo die Schneefälle bis auf nur 1000 m Höhe ausgetreten sind und wo der frühzeitige Frost großen Schaden an der Ernte anrichtet. Auch aus Mittelsrankreich und der Auvergne vorzüglich werden überaus niedrige Tempera turen mit Schnee und Nachtfrösten gemeldet. — In der Dunkelheit ergriff in Königshütte der Arbeiter Maniura nach seiner Heimkehr ein Glas, in das seine Schwester eine Anzahl Nähnadeln gelegt hatte, füllte es mit Wasser und trank es gierig aus, wobei er alle Nadeln nrit- schluckte. Mehrere Nadeln blieben in der Kehle stecken. M. starb nach schweren Leiden. — Der Belgrader Ban kier Baruch wurde aus der Straße von Obrenovatz nach Valjevo von sieben Räubern überfallen und nach Ab-