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Der Pariser Preßverein hat nunmehr sein Rundschrei ben erlassen, das alle Zeitungen Frankreichs einladet, 10 Francs für eine Ehrengabe an den Zaren zu zeichnen. Spanien. Unlängst hatte der cubanische Jnsurgentenführer Maceo sich bitter bei der amerikanischen Regierung beklagt, daß ihm zur erfolgreichen Fortsetzung des Aufstandes das Dynamit ausgegangen sei. Der Rebellenhäuptling ist über Erwarten schnell zufrieden gestellt worden. Ein Dampfer, der die größte Dampferladung enthält, die je ein Schiff getragen, ist von Philadelphia nach Cuba unterwegs. Die Tynamitattentate werden also binnen Kurzem wieder ausgenommen werden. «KilgiaUd. England gefällt sich darin, gegen Deutschland zu Hetzen. Londoner Blätter erzählen gegenwärtig ihren Lesern, die Buren, welche sich in Deutsch-Südwestafrika niedergelassen hätten, wanderten in ganzen Schaaren aus dem deutschen Gebiete aus, um sich in Transvaal nieder zulassen, angeblich weil die Herrschaft der Deutschen zu hart und grausam sei. Diese Meldung ist echt englisch, d. h. sie ist aus kleinlicher Bosheit erlogen. In Deutsch- Südwestafrika sind nur ganz vereinzelte Buren einge wandert, diese können also jetzt nicht „schaarenweise" das deutsche Gebiet verlassen. Außerdem wird mitgetheilt, daß die in Südwestafrika grassirende Rinderpest in die deutsche Kolonie eingedrungen sei. Das wäre sreilich sehr böse; hoffentlich ist diese Meldung aber ebenso un begründet, wie die von dem schaarenweisen Auswandern der Buren aus Deutsch-Südwestasrika. Lihungtschang, der geriebene Chinese, hat England verlassen und die Reise nach Amerika angetreten. Die Zustimmung zur Revision des gegenwärtigen chinesischen Zolltarifs hat er von der englischen Regierung nicht er langt, da er die von dieser verlangte Entschädigung zu gewähren sich weigerte. Türkei. Die Verfolgung der Geschichte des kretensischen Aufstandes ist ein Geduldspiel. Täglich neue Metzeleien und täglich Verhandlungen und Berathungen, so geht es nun schon Wochen und Monate, und wer weiß, wie lange noch hinaus in die Zukunft. Schon wiederholt glaubte man die endgiltige Entscheidung gekommen, aber immer wieder wurde die Lösung durch widrige Zwischen fälle hintertrieben oder in die Ferne gerückt. Nun darf man ja zweierlei nicht verkennen: einmal ist der gegen seitige Haß zwischen den sich befehdenden Kretensern und Muhamedanern so groß, daß diese so gut wie keine Garantie für eine friedliche Lösung der bestehenden Wirren bieten, andrerseits ist die Entscheidung der Mächte von äußerst schwerwiegender Bedeutung. Herrscht nicht in jedem Punkte eines thätlichen Eingreifens der Mächte die vollste Uebereinstimmung unter denselben, so ist ein euro päischer Krieg von unübersehbaren Folgen entfesselt. Fürst Bismarck griff gewiß überall furchtlos an, wenn es galt, Schäden zu beseitigen. Von der orientalischen Frage hielt er die Finger fort; er sah es stets für einen Gewinn an, wenn die Entscheidung über das Schicksal der Türkei aufgeschoben werden konnte. Die Theilung des osmanischen Reichs ist nur in einem europäischen Blutbade denkbar; so lange aber ein türkisches Reich in Europa besteht, wird Mord und Aufruhr die Signatur der Balkanländer sein. Im Großen und Ganzen ist die Eonstellation augenblicklich eine friedliche zu nennen. Von Athen aus ist man angeblich bestrebt, darauf hinzuwirken, daß die christlichen Deputaten in Kandia die Berathun gen des Landtages fortsetzen und mit dem türkischen außerordentlichen Gesandten Zichni Pascha in Verhand lungen treten. Weniger Entgegenkommen scheint man allerdings von türkischer Seite zu beweisen. Dagegen sollen die Mächte die kretensischen Forderungen in ihren wesentlichsten Punkten gebilligt haben und in Konstan tinopel auf eine autonome Verfassung für Kreta hin- arbelten. So weit es sich um Worte handelt, sind die Aussichten recht erfreuliche; die einstweiligen Thatsachen geben sreilich ein ganz andres Bild der Lage. Bewaffnet bis an die Zähne stehen Tausende und aber Tausende von Insurgenten ebenso zahlreichen Muselmännern gegen über, um bei gegebener Gelegenheit ein mörderisches Blutbad zu beginnen. Aus dem MuldeuLhale Waldenburg, 24. August. Trotz aller Beleh rung ist die irrige Meinung noch immer verbreitet, man könnte erst Rente bekommen, wenn man das 70. Lebens jahr erreicht habe. Es ist aber nicht die Gewährung der Altersrente mit dem 70. Lebensjahr, sondern die Ge währung der Invalidenrente der Hauptzweck des Ge setzes, betr. diese Jnvaliditäts- und Altersversicherung vom 22. Juli 1889. Diese Invalidenrente erhält ohne Rücksicht auf sein Lebensalter derjenige, der im Stande ist, 5 X 4? ---285 Wochen durch Beitragsmarken oder bescheinigte Krankheit oder militärische Dienstleistung nach zuweisen. Als Altersrente erhält der Versicherte diese mit dem 70. Lebensjahr, ohne daß der Fall der Er werbsunfähigkeit vorzuliegen braucht. Es ist dringend erforderlich, daß allmählich allen Versicherten diese ein fachen Grundlagen des Gesetzes bekannt werden. * — Vorsicht bei Bestellungen in Ungarn und Gali zien! Aus dem oberen Vogtlande wird dem „Vogtl. Anz." geschrieben: In einer großen Anzahl von Zei tungen erscheinen im Herbste regelmäßige Anzeigen gali zischer oder ungarischer Händler, die Geflügel oder Honig zu beispiellos billigen Preisen anbieten. Zu Nutz und Frommen aller derjenigen, die einen Versuch mit den Angeboten der galizischen und ungarischen Juden machen wollen, seien hier die Erfahrungen einiger Hereingefalle nen mitgetheilt: Ich bestellte bei einer Firma in Püs- pök-Ladäny 8 Tage vor Weihnachten eine fette Gans — wie angeboten zu 4 Mk. — franco. Die Gans kam am Tage vor dem Feste an und zwar belastet mit einer Nachnahne von 6 Mk. 80 Pfg. Da keine andere mehr aufzutreiben war, wurde sie angenommen. Die Kosten für Zoll und Verpackung betrugen 60 Pfg., so daß der Bratenvogel nicht 4 Mk., sondern schon 7 Mk. 40 Pfg. zu stehen kam. Die Gewichtsermittelung ergab, daß das Pfund Fleisch 80 Pfg. kostete. Dafür hätte ich zu Hause auch eine feine junge, und — was hier nicht mehr der Fall war — frische Gans bekommen. — Im Sommer d. I. bestellte ich Bruteier von einem Händler aus Verespatak (Siebenbürgen). Wie gewöhn lich war der Nachnahmebetrag höher als beim Angebot: 3 Mk. 40 Pfg. statt 3 Mk. — die Verpackung war frei. Die Eier kamen in elender Verfassung an. Von 24 Stück konnte ich nur 13 unterlegen. Das Brutre sultat war, wie vorauszusehen, gleich Null. Ich schrieb dem Händler den Sachverhalt und wirklich war der Bie dermann sofort bereit, mir den Schaden zu ersetzen; nur hatte die Sache den Haken, daß, während zuerst die Eier bei freier Verpackung 3 Mk. kosteten, bei der Er satzsendung die Eier zwar srei waren für Verpackung aber 3 Nik. in Anrechnung gebracht wurde. Ich ver zichtete natürlich aufs „Geschästche." — „Honig, garan- tirt rein, 10 Pfund 4 Mk. 25 Pfg. franco," so lautete die Anzeige des biederen Ungarn im dritten Fall. Die Rechnung eines Hereingefallenen stellt sich wesentlich anders: Die Nachnahme beträgt 4 Mk. 46 Pfg. (nicht 4 Mk. 25 Pfg.), Zollgebühr 2 Mk., zusammen 6 Mk. 46 Pfg. Anstatt 10 Pfund enthielt die Büchse 8'/« Pfund, es kostete also das Pfund Honig 78'/r Pfg. Emen Vergleich mit meinem selbstgezogenen Honig hielt die ungarische Waare nicht aus — eine andere Frage ist's, ob es überhaupt reiner Honig war. Zum Preis von etwa 80 Pfg. liefern unsere Hannoverschen Imker aber jedenfalls eine weit bessere Qualität. Also Vor sicht bei den Einkäufen in Ungarn und Galizien! * — Allen auf dem 5. Deutschen Sängerseste in Stutt gart durch Fahnendeputationen vertretenen Gesangvereinen ist seitens der Stadt Stuttgart eine an der Fahne zu tragende größere Denkmünze verliehen worden. Dieselbe ist aus Kosten der Stadt gefertigt, das Metall hierzu vom König von Württemberg geschenkt worden. Aus der einen Seite zeigt die Denkmünze die Stuttgartia mit der Widmung: „Deutsches Banner, Lied und Wort eint in Liebe Süd und Nord!" Die andre Seite ist durch einen Eichen- bezw. Lobeerkranz geziert, welcher die Inschrift trägt: „5. Deutsches Sängerbundesfest Stuttgart, 1. bis 3. August 1896." * — Auf ein 50jähriges Bestehen können in diesem Monate auch die deutschen Bahnhofswirthschasten zurück blicken; im August 1846 sind nämlich die ersten Bahn hofs-Restaurationen im heutigen Sinne entstanden. Im Laufe eines halben Jahrhunderts haben sie sich, dank zahl reicher Aenderungen und Besserungen zu einer volkswirth- jchaftlich fast unentbehrlichen Einrichtung entwickelt. * — Alljährlich, wenn die Halmfrüchte geborgen sind, vergnügt sich unsere Jugend mit dem Drachensteigen. Es ist ein harmloses Spiel, so lange es im freien Felde geschieht, als Unfug muß es aber doch bezeichnet werden, wenn das Vergnügen in den Straßen oder in der Nähe von Telegraphen- und Telephondrähtrn ausgeübt wird. Die Bmdfadenreste hängen gebliebener Drachen sind bei Regenwetter die Ursache zahlreicher Störungen nament lich im Fernsprechbetriebe. Ihre Entfernung aus den Drähten macht der Verwaltung viele Schwierigkeiten und Kosten. Die Eltern solcher Kinder, welche Störungen dieser Art verursachen, können nicht nur für die Instand setzungskosten, sondern auch strafrechtlich verantwortlich gemacht werden. *— In Wolkenburg erhängte sich am Freitag Mittag der 70 Jahre alte Hausbesitzer A. H. in seiner Scheune. Derselbe war infolge von Krankheit schwermüthig ge worden. — Den in Glauchau lebenden Erben eines in Amerika verstorbenen Goldonkels namens Rockstroh steht eine reiche Erbschaft in Aussicht. Wie es heißt, soll es sich um einen Nachlaß von 22 Millionen Dollars han deln, in welchen sich 3 Erbberechtigte zu thcilen hätten. Hoffentlich erfahren die Letzteren keine Enttäuschung. — In Zwickau sind in neuerer Zeit falsche Ein markstücke wieder mehrfach angehalten worden. Die Falsifikate waren gut gearbeitet und mit einem doppelten als Münzzeichen versehen. — Im Schlachtviehhof zu Zwickau wurden im vorigen Monat 2769 Schlachtthiere nach auswärts verkauft und 2269 geschlachtet, 14 Stück aber vernichtet. — Die Dipththeritis, der heimtückische Feind unserer Kinderwelt, hat sich in Cainsdorf eingefunden und in vier Häusern bis jetzt verbreitet. Für die denselben an gehörenden Kinder lst bezirksärztlicherseits der Schulbe such bis auf Weiteres beanstandet worden. — Herr Oberjustizrath B. v. Scheibner in Chemnitz, Theilnehmer an der 1. und 2. Meerturnfahrt, hat über die Verunglückung des Kaufmanns Bruno Jähne aus Peuig folgendes zu Protokoll genommen. (Das Proto koll, das erst nach geraumer Zeit festgestellt werden konnte, befindet sich in Händen des deutschen^Consulats zu Nea pel.) g,) Jähne ist am Abend des 20. Juli zwischen 10 bis 12 Uhr auf dem Achterdeck von Zeugen gesehen worden, b) Jähne war am nächsten Morgen nicht mehr an Bord, o) Herr Saube-Altenburg hat gesehen, wie Jähne in der Nacht vom 2O.jzum 21. Juli zwischen 12 und 2 Uhr früh ein Bein über die Rampe gestellt hat und kurz darauf in stockfinsterer Nacht verschwand." Trotz sofortiger Meldung beim Kapitän war an Rettung nicht zu denken. Das will ich später zu beweisen suchen. Nach meiner Meinung ist das Unglück geschehen, weil die krästige Seeluft den Jähne schlaftrunken gemacht. Jähne befand sich in guten Verhältnissen und war in der Reiseunfall-Versicherung. Man hat bis jetzt keine Spur von ihm gefunden, wahrscheinlich ist er das Opfer von Haifischen geworden. Das Unglück geschah auf der Höhe von San Remo. — — In Rochlitz haben die städtischen Collegien die Erbauung eines Realschulgebäudes beschlossen. Die Kosten belaufen sich auf 150,000 Mk. Aus dem Lachsen laude. — Die neuerbaute Johanniskirche in Leipzig wird am 31. October dieses Jahres, dem Reformattonsfeste, feierlich eingeweiht werden. Die Gebeine Johann Sebastian Bach's befinden sich jetzt noch in der Anatomie in der Obhut des Geheimen Medizinalrathes Professors Or. His; in kurzer Zeit werden die irdischen Ueberreste des berühmten Thomascantors nach der Johanniskirche ge bracht und dort beerdigt werden. Das Grab wird mit einem Denkmal geschmückt werden, welches von Bildhauer Seff- ner's Meisterhand entworfen nnd ausgesührt wurde und für welches aus dem In- und Auslande von den Freun den Bach'scher Musik insgesammt 15,000 Mark Bei träge eingegangen sind. — Der Einbrecher Kretzschmar aus Freiberg, wel cher bekanntlich in der dortigen Bergakademie den Ein bruchsdiebstahl beging und bald darnach in Hamburg festgenommen wurde, ist der eigene Sohn des Haus manns der Bergakademie, bei welchem die gestohlenen Gegenstände ausbewahrt wurden. Kretzschmar, welcher bereits vorbestraft ist, hatte die goldene Remontoiruhr >n Chemnitz versetzt, während der größte Theil der Werthpapiere noch bei ihm vorgesunden wurde. — Vom 24. Juni bis Ende Juli des nächsten Jah res findet in Grotzenhaiu bekanntlich eine Ausstellung für Gewerbe, Industrie und Laudwirthschast statt, die das Interesse weiter Kreise verdient. Die Großenhainer altangesefsene Textilindustrie, die feinste schwere Tuche und Damentuche fabricirt, genießt einen Weltruf. Am Sonnabend vollzog sich in Platte« b. Dr. die volle Abrüstung des im Westendpark dem Fürsten Bis mark zu Ehren errichteten Bismarck-Thurmes. Der 25 Meter hohe Bau zeigt sich nunmehr in seiner vollen Schöne. Die festliche Weihe soll am Sedantage statt finden und dürste dann so mancher Besucher auch aus der Residenz dem unvergleichlich schönen Aussichtspunkte zugeführt werden. — In Kirchberg kam am Dienstag im Gasthof zum „Deutschen Haus" Feuer aus, das durch böswillige Brandstiftung entstanden ist; daß es der bis jetzt noch nicht ermittelte Brandstifter auf das „Deutsche Haus" abgesehen hatte, beweisen die nach der Einäscherung deS Malzhauses im „Deutschen Hause" auf die frechste Weise angelegten Brände, die im Stalle und unter vem Saale von Hausbewohnern noch zur rechten Zeit bemerkt und gedämpft wurden. Man hat nicht weniger als 8 Brand herde gesunden. — Der Obst- und Gartenbauverein in OberlttUgs Witz veranstaltet auch in diesem Jahre eine Obstaus stellung. Dieselbe soll am 4. und 5. October im Salon von Drechslers Restaurant stattfinden. — Wie verlautet, sind einleitende Schritte gethan, um eine elektrische Bahnverbindung zwischen Zwenkav und Leipzig herzustellen. Als ausführbar in's Auge ge faßt ist entweder eine Linie über Eythra-Knauthaln oder über Gautzsch-Connewitz. — Eine Feuersbrunst hat in der Nacht zum Sonn abend in Netzschkau das erst im Jahre 1891 neuer baute Wohn- und Fabrikgebäude des Herrn Hermann Dotzauer dort in Trümmer gelegt. In diesem unweit des Weges nach Lambzig belegenen Neubau wurde Pa pierfabrikation betrieben. Außerdem hatte dort die Firma Müglitz L Co. eine Rollbandmaß, und Wasserwaagen- Fabrik. Das Feuer ist etwa '/r3 Uhr morgens in den oberen Räumen des Gebäudes ausgebrochen und hat so schnell um sich gegriffen, daß an ein Löschen nicht hat gedacht werden können. Feuerwehr war rasch zur Stelle. Das Gebäude ist bis auf die Umfassungsmauern nieder gebrannt. Die Entstehungsursache ist unbekannt. Die