Volltext Seite (XML)
Schulbuch eingeführt gewesen und ein Oberrath der Israeliten habe es nach vorgenommener Prüfung als für die Schule nicht geeignet bezeichnet. Da über einzelne Stellen Meinungsverschiedenheit herrsche, liege eine Ueber- fctzung im allgemeinen Interesse und er beantrage, die Petition der Negierung zur Kenntnißnahme zu überweisen. Abg. Theuerkorn (deutsch soc.) behauptete, der 8clmlestu.n irruust habe als Gesetzbuch jetzt noch Geltung und er berufe sich auf das Zcugniß des Rabbiners l>r. Cramer in Magdeburg. Aus verschiedenen Bestimmungen dieses Gesetzbuches, besonders insofern sie das Verhältniß zu den Andersgläubigen betreffen, erkenne man, daß es doch nicht ganz unschuldiger Natur sei. Man habe es hier nicht mit einer Religionsgemeinde, sondern mit einem Geheimbunde zu lhun, der über die ganze Erde ver breitet sei. Der Antrag des Redners, Vie Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen, konnte nicht ausgenommen werden, da er nicht ausreichend unter stützt war, obgleich, wie die Kammer unter großer Heiter keit bemerkte, auch der Abg. Goldstein ihn unterstützte. Abg. Nr. Schill (ntl.) erinnerte daran, daß ein gleicher Antrag vor Kurzem in der badischen 2. Kammer aus sich beruhen gelassen wurde. Anfang der 80er Jahre sei aus Anlaß zweier Strafprocesse m Münster und Bonn wissenschaftlich erörtert worden, ob die Gesetzesbestimmungen dieses Buches jetzt noch für die Juden bindend seien, und Professor Gildemeister in Bonn habe festgestellt, daß diese Vorschriften nicht mehr durch führbar seien. Eine Ucbersttzung auf Staatskosten ver fehle ihren Zweck, denn wenn selbst dadurch schlimme Dinge zu Tage gefördert würden, so würden die Israe liten erklären, dieses Buch wäre nicht mehr für sie maß gebend. Auch könne der Staat keine authentische Inter pretation geben, es würde sich immer wieder um eine wissenschaftliche Arbeit handeln, die wie jede andere der Kritik unterliege. Das orientalische Seminar in Berlin beschäftige sich nur mit den modernen orientalischen Spra chen und werde kaum diejenigen Kräfte besitzen, welche die Uebesetzuna leisten können. Abg. Goldstein (Soc.) ist der Meinung, daß zu diesem antisemitischen Vorstoß gerade für Sachsen, welches nur 8- bis 9000 Juden zähle, keine Veranlassung vorliege. Mit demselben Rechte könne man eine Uebersetzung des Korans und der indischen Gesetzbücher verlangen. Viel nöthiger sei es, daß unsere deutschen Gesetzbücher in einem ver ständlichen Deutsch und keinem solchen Kauderwelsch mehr geschrieben werden. Abg. v. Minckwitz (freisinnig) meint, wenn man den 8etiulelrnn urncd aushängen wollte, könne man eben so gut die Vorschriften über Hexenpro- zesse und Foltergerichtc aushängen. Wenn ein Jude auf Grund dieses Buches es für erlaubt halte, ihn über's Ohr zu hauen, so werde ihn dafür das bürgerliche Ge setzbuch schon beim Ohre nehmen. Wenn das Buch so undeutlich geschrieben sei, daß cs Niemand verstehe, so sei das ganz famos. Die Forderung der Uebersetzung aber stelle sich als ein Mißtrauensvotum gegen einen Theil unserer Bevölkerung dar. Abg. l'r. Mehnert verwundert sich, daß die Nationalliberalen gegen Schul bücher gesprochen hätten, die einen socialdemokratischen Charakter trügen und hier solle auf einmal der Staat nicht mehr in Gefahr sein. Sein Antrag bezwecke die Berufung einer Commission, welche den Stempel der Objektivität an der Stirn trage. Hierauf wurde der Mchnerl'jche Antrag aus Ueberweisung zur Kenntniß nahme mit 40 gegen 29 Stimmen abgelehnt und der Deputationsantrag, die Petition auf sich beruhen zu lassen, einstimmig angenommen. Nächste Sitzung Mitt woch 11 Uhr. — Im Königl. Palais zu Leipzig wird jetzt Tag und Nacht gearbeitet, um die innere Ausschmückung der Räume zu vollenden. Zwei weitere Tage sind noch für diesen Zweck gewonnen worden infolge der Thatsache, daß die Königl. Majestäten nicht am 2, sondern erst am 4. Februar dort eintreffen. Se. Maj. der König wird die Vorlesungen der neu in ihr Amt eingetretencn Professoren (Trendelenburg, Hering rc.) besuchen und im Physikalischen Institut wird in Gegenwart des Monar chen mit den Röntgenschen Lichtstrahlen experimentirt werden. Beide Majestäten werden auch der Dauernden Gewerbeausstellung einen Besuch abstatten. — Ein beklagcnswerther Unfall ereignete sich am Sonnabend im Schützenhause zu Scheibenberg bei den Geralheübungcn des dortigen Turnvereins. Eine zur Befestigung des ausgestellten Recks dienende Kette riß in dem Augenblicke, als der in Turnerkreisen bekannte Vorturner Lehrer Estler, aus Ehrenfriedersdorf gebürtig, eben eine Uebung an demselben vornahm. Mit größter Wucht stürzte der Bedauernswerthe auf den Hmterkopf, während die schwere eiserne Reckstange auf die Stirne desselben aufschlug. Besinnungslos wurde er aufgehoben und in seine Wohnung gebracht. Bis Sonntag war das Bewußtsein noch nicht wieder zurückgekehrt; der Un glückliche dürfte infolge einer Gehirnerschütterung auf längere Zeit dienstunfähig sein. Altenburg, 28. Januar. In Großstöbnitz feierte der Handarbeiter Georg Tänzler mit seiner Ehefrau das Fest der diamantenen Hochzeit in voller Frische und Gesundheit. — Schon seit einer Woche wird die aus Oberzetscha gebürtige Dienstmagd Namens Prüfer ver ¬ mißt, ohne daß trotz eifrigster Nachforschung bisher eine Spur auf die Lösung des Räthsels hätte führen können. Anfangs glaubte man, das etwa 16 Jahre alte Mädchen könne in dem Gerstenbache oder in der Blauen Fluth, die nahe bei Unterzetscha, ihrem jetzigen Dienstorte, zu sammenfließen und zu jener Zeit angeschwollen waren, ein Grab gefunden haben. Aber wiewohl in den nächsten Tagen alle Mühlenwehre des Gerstenbachs bis nach Regis hin gezogen wurden, konnte nirgends eine Spur von der Vermißten entdeckt werden. An einen Selbst mord ist auch nicht zu glauben, da das Mädchen bis zu ihrem Verschwinden in Rasephas einem Gesellschaftsballe beigewohnt und sich sehr vergnügt gezeigt hatte. Die bekümmerten Eltern des vermißten Mädchens würden jedem zu großem Danke sich verpflichtet fühlen, der ihnen auf die Spur ihrer Tochter helfen könnte. — Ein Volontär am hiesigen Hostheater, kaum 17 Jahre alt, jagte sich eine Kugel in den Kopf, wurde aber noch lebend aufgefunden und in das Krankenhaus gebracht. Die Kugel hat noch nicht aus dem Kopf entfernt werden lönnen. — Daß die neue Zuckersteuervorlage im alten- burgischen Ostkreise allgemeine Zustimmung erfahren werde, ließ sich wohl denken, zumal unter der bäuerlichen Be völkerung. Bereits liegen zwei Beweise vor, die für die Richtigkeit unserer Behauptung sprechen. Der landwirth- schaftliche Verein zu Meuselwitz nahm gleich dem hiesigen Brudervereine eine Resolution an, wonach man dankbar anerkennt, daß die Reichsregierung durch die neue Ge setzesvorlage ihr Wohlwollen für die deutsche Landwirth- schaft kund gegeben hat. Die Vereine stimmen dem Gesetzentwürfe in seinen Grundzügen bei, sehen namentlich in der Erhöhung der Exportprämien und in der Con- tingentirung der Zuckerproduction wirksame Mittel, der bedrängten Zuckerindustrie und der mit ihr unlösbar verbundenen Landwirthschaft eine bessere Verwerlhung ihrer Producte zu ermöglichen, wodurch die Nothlage vieler sich mit Zuckerrübenbau abgebenden Landwirthe abgeschwächt werden kann. Allerdings betonte der hiesige Verein gleichzeitig, daß die Bekämpfung des landwirth- schaftlichen Noihstands im altenburgischen Lande in wirk samer Weise nur durch Hebung der Getreidepreise möglich ist, weil die Bauern des Ost- und Westkreises in ihrer Gesammtheit vorzugsweise auf Körnerbau angewiesen sind. — Der Braunkohlenversandt aus dem Meuselwitzer Kohlenrevier betrug im 3. Quartal 1895 im Ganzen 278,970 Tonnen und ist gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahrs um 6093 Tonnen (-- 2'/4 "/<>) gestiegen. Es wurden verfrachtet in Meuselwitz 248,450 Tonnen, in Rositz 19,390 Tonnen, in Rehmsdorf 6470 Tonnen und in Altenburg 4660 Tonnen. Die bedeutendsten Empfangsstationen waren Leipzig mit 90,685, Gera mit 29,719, Altenburg mit 13,026, Crimmitschau mit 7070, Lehndorf mit 6966 und Gößnitz mit 5340 Tonnen. — Ueber das Vermögen des Hornknopfsabrikanten Bern hard Jahr in Schmölln, alleiniger Inhaber der Firma Bernhard Jahr daselbst, ist das Concursverlahren eröffnet und Herr Fabrikant Robert Rüger in Schmölln zum Verwalter ernannt worden. Die Forderungen sind bis zum 29. Februar anzumelden und werden am 12. März geprüft werden. Die endgiltigc Wahl eines Verwalters sowie eines Gläubigerausschusses erfolgt am 13. Februar. DkMschrr Neichstng 25. Sitzung vom 28. Januar. 1 '/r Uhr. Präsident von Buol theilt mit, der Kai ser habe die Glück oünsche des Reichstages zum Geburts tage huldreich entgegengenommen. Das Haus setzt die am letzten Sonnabend abgebrochene Berathung des Reichs amtes des Innern fort, und zwar bei den Resolu tionen der Abgg. Hitze (Ctr.) und Auer (Soc.) betr. die Revision resp. die Erweiterung der Alters- und Invali denversicherung. Abg. Staudy (cons.): Wie schon College Schall erklärt hat, werden wir für die Resolution Hitze stimmen. Dabei muß ich aber bestreiten, daß die Unzufriedenheit mit dem Al ters- und Jnvaliditäts-Versichcrungs-Gcsetze abgenommen hat, wie der Herr Staatssekretär behauptete. Das Gesetz ist furcht bar unpraktisch eingerichtet. Und wie unleidlich und schwer zu begreifen es ist, beweist die Thatsache, daß in den, einen Jahre 1894 bei einer einzigen Versicherungsanstalt 2000 Be strafungen vorgekommen sind. Redner giebt dann nach den Befürwortern der Resolution Auer zu bedenken, daß zu den wirthschaftlich Schwachen heute nicht allein die Arbeiter zu rechnen seien. Der Bauer im Osten stehe heute wirthschaft- lich schwächer da, wie der industrielle Arbeiter, ja sogar wie der bäuerische Knecht. Für Salzsteuer-Zuschläge zur Deckung des Versicherungsbeitrages ist Redner nicht, er empfiehlt zum Schluß Abänderung des Beweisverfahrens und Abschaffung des Markenwesens bei der Alters- und Invalidenversicherung. Staatssekretär von Bötticher: Die Mängel des Marken systems erkenne auch ich an, aber erst muß doch ein besseres gefunden werden. Einzelne Verbesserungen sind auch schon bei Aufrechthaltung des Markensystems möglich. Die An nahme, daß dies unter allen Umständen aufrecht erhalten werden soll, ist jedenfalls unbegründet. An meiner princi- piellen Behauptung, daß das Gesetz an Sympathieen ge winnt, halte ich fest, an eine Zurückziehung der Verheißun gen, die wir den Arbeitern mit diesem Gesetze gemacht haben, ist jedenfalls gar nicht zu denken. Da fortlaufend sogar An träge auf Erweiterung der Alters- und Invalidenversicherung einlaufen, so kann doch die Unzufriedenheit damit gar nicht so groß jein. Wir bleiben aber natürlich stets bereit, die bes sernde Hand anzulegen. Abg. Pach nicke (freis.): Wir erblicken in dein Anträge Hitze nur sine Aufforderung an die Regierung zur Prüfung des Gesetzes, und diese Prüfung kann in der That nicht ost genug eintreten. Früher find sehr große Worte über die Wohlthaten gemacht, welche die Alters- und Invalidenver sicherung bringen soll. Das Hal nun freilich aufgehört, sprach doch sogar der Abg. Staudy von der großen Unzufriedenheit, welche das Gesetz erregt hat. Sehr erfreulich ist es, daß der Abg. Gamp mit seinen Vorschlägen einer Erhöhung der Salz steuerzuschläge ganz allein dasteht. Alls die Vorschläge, die zur Revision des Gesetzes gemacht sind, sind noch nicht ge nügend gereift und durchgeprüft. Alle die beklagten Mängel liegen an dem ganzen System. In England versichert der Arbeiter sich selber, während er bei uns versichert wird; aber daß er in England sich schlechter steht, habe ich noch nicht gehört. Was die socialdemokratische Resolution fordert, ist offenbar nur der Anfang. Der Schluß wird sein: Allgemeine Besteuerung behufs Gewährung von Renten an jeden Ar beiter. Wir haben diese Entwicklung von Anfang an vor ausgesagt. Es darf aber nicht dahin kommen. Wenn ivir die wirthschaftlich Schwachen wirklich stärken wollen, so müs sen wir ihnen vor Allem Coalitionsfreiheit geben. Abg. Enneccerus (natlib.): Mit der freiwilligen Ver sicherung, welche der Vorredner wünschte, würden wir nie das Große erreicht haben, welches uns zu erreichen gelungen ist. Ich habe keinen Anlaß, gegen den Antrag Hitze zu stim men, wenn mir auch nicht alle seine Anregungen gefallen, da ich ihn für einen im Wesentlichen nur informatorischen Antrag halte. Innerster Linie möchte ich Wittwen- und Waisen-Fürsorge, und sodann Erleichterung der Erlangung von Invalidenrente, aber nicht in der Weise des Antrages Auer. Redner betont, einzelne Versicherungsanstalten glaub ten schon jetzt, mit Einführung der Wittwen- und Waisen- Fürsorge Vorgehen zu könne». Abg. v. Roon (cons.) versichert, die Conservativen ließen sich in der Fürsorge und Liebe für die wirthschaftlich Schwa chen von keiner Partei übertreffen. Am allerwenigsten von den Socialdemokralen, und nicht von den jungen Strebern und Schwarmgeistern, die sich innerhalb der sogenannten christlich-socialen Partei finden, und die sich anschicken, den conservativen Boden zu verlassen. Redner bezeichnet als Hauptmängel des Alters- »nid Jnvalidenversicherungsgesetzes das Markenwesen und die Verwaltungskosten, sowie den Um stand, daß eine Reihe wirthschaftlich schwacher Individuen, so kleine Handwerker, bausindustriell Beschäftigte, Wittwen u. s. w. bisher unberücksichtigt geblieben seien. Abg. Singer (Soc.): Die Herren Conservativen versichern, sie ließen sich in der Fürsorge für wirthschaftlich Schwache von keiner anderen Partei übertreffen. Auch bei den Wahlen sagen Sie das immer. Aber bei Abstimmungen über For derungen der Arbeiter kommt das praktisch nie zum Ausdruck. Sie sagen auch, der Antrag Auer sei undurchführbar, was er aber nach unserer Ueberzeugung nicht ist. Wir würden gern auf die ganze Versicherung verzichten, wenn Sie uns Coalitionsfreiheit geben wollten, aber für diese sind die Con servativen ja gar nicht zu haben. Lehnen Sie den Antrag Auer ab, müssen wir nothgcdrungen für den Antrag Hitze stimmen. Staatssekretär von Bötticher: Die Hitzesche Anregung ist entbehrlich, da wir schon mit entsprechenden Vorarbeiten für eine Revision der Versicherungs-Gesetzgebung beschäftigt sind. Die Schmierigkeiten, die dabei obwalten, werden meist unterschätzt, mit Reden allein ist hier nichts gethan. Die gegenwärtig aufkommenden Beträge sind zur Wittwen- und Waisen-Fürsorge bei Weitem nicht ausreichend. Unsere Be rechnungen ergeben, daß, wenn wir bis zum Jahre 1900 jeder Waise 36 Mark und jeder Wittwe 60 Mark pro Jahr geben wollten, dies 349 Millionen Mark mehr erfordern würde. Dann würden aber bis 1900 alle Ueberjchüsse und Reserven verzehrt sein und eine bedeutende Beitragserhöhung erforderlich werden. Abg. Staudy (cons.) erwidert dem Abg. Singer, die Ar menpflege auf dem Lande und in den Gutsbezirken stehe hoch über der in den Städten. Was die Coalitionsfreiheit betrifft, so werden die Arbeiter gerade von den Socialdemokraten tcrrorisirt. Abg. Singer entgegnet, vor Allem auf dem Lande wür den die Freiheiten der Arbeiter total unterdrückt. Die Armen pflege in Berlin und in anderen großen Städten stehe thurm hoch über der ländlichen. Abg. von Stumm (frcicons.) betont, die Coalitionsfreiheit habe er den Arbeitern nie beschränkt, er wolle sie nur be wahren vor der socialdemokratischen Tyrannei. Bezüglich der städtischen und ländlichen Armenpflege sei er der Ansicht des Abg. Staudy. Abg. Stadthagen (Soc.) bittet nochmals um Annahme womöglich beider Resolutionen. Abg. Hitze (Ctr.) führt aus, daß in seiner Resolution alle nur wünschenswerthen Anregungen gegeben seien. Die Re solution Auer könne doch keinen Erfolg haben, weil die zur Durchführung erforderlichen Mittel fehlten. Damit schließt die Debatte. Die Resolution Auer wird abgelehnt, die Resolution Hitze einstimmig ange nommen. Beim Tstel für Ueberwachung des Auswan dererwesens erklärt auf Befragen des Abg. Hammacher der Staatssekretär von Bötticher, ein neuer Entwurf zu einem Auswanderungsgcsctz sei ausgcarbeilet und im Colonialrath schon begutachtet. Bei Titel „Commission für Arbeiterstatistik" beklagt Abg. Bebel (Soc.), daß von Seiten des Ncichsamtes des Innern noch nichts geschehen sei, die Beschlüsse jener Com mission gesetzgeberisch zu verwerthen. Die Verheißungen des Kaiserlichen Erlasses von vor 6 Jahren seien noch so gut wie unerfüllt. Vor Allem müßten im Bäckercibetriebe Ab kürzungen der Arbeitszeit einlretcn. Wie steht es hier mit einem Gesetzentwurf? Es scheint, als hapere es mit der Socialreform recht bedenklich, wenigstens hört man gar nichts inehr. Der jetzige Reichskanzler scheint für die Socialreform erheblich weniger Interesse zu haben, als sein Amtsvorgänger. Redner verlangt Untersuchungen ferner über die Lage der Confsctions-Arbeilerinnen, deren Verhältnisse recht traurig seien. Staatssekretär von Bötticher: Die Wünsche nach einem schnelleren Tempo auf dieseni Gebiete theile auch ich, aber die gegen die verbündeten Regierungen nnd mein Ressort gerichteten Vorwürfe sind unbegründet. Es gehört doch Zeit dazu, um Verordnungen oder Gesetze zu erlassen. Die Com mission hat etwas pausircn müssen wegen der Erkrankung des hochverdienten Unterstaatssekrelärs von Rottenburg, der übrigens nicht seinen Abschied erhalten hat und auch nicht aus dein Reichsamt des Innern hinausgegrault ist. Es ist bedauerlich, daß sein Gesundheitszustand ihn allerdings hin dert, weiter im Amt zu bleiben. Die Verzögerungen bei der weiteren Behandlung der Bäckereifrage sind keinen Beamten zur Last zu legen, sondern höchstens den vorhandenen Mei-