Volltext Seite (XML)
uns den Stolz auf unsere Armee als solche schmälern zu lassen, es wird für die jungen Leute eine Ehre stets und ständig sein, der Armee anzugehören. Deutschlands Armee ist das deutsche Volk in Waffen, als solche soll sie auch ständig geschützt und geehrt werden. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Reichskanzler Fürst Hohenlohe hielt am Freitag dem Kaiser einen längeren Vortrag. Drc letzten Krisengerüchte sind nirgends besonders ernst genommen, zumal ihnen jede reelle Vorbedingung fehlte. Um eine große Marine vorlage konnten keine Differenzen entstehen, weil eine solche Vorlage überhaupt nicht geplant ist. Die Nachricht, daß der deutsche Bundesrath in seiner Sitzung vom 23. Januar beschloßen hat, der Währungs resolution des Reichstages vom Jahre 1895 keine weitere Folge zu geben, ist nunmehr vom preußischen Landwirthschastsminister ausdrücklich bestätigt worden. Ausgeschlossen sind freilich keine vertraulichen Besprechun gen mit anderen Staaten, aber ein nahes Resultat wird wohl kaum erhofft werden. Der BundeSrath beabsichtigt, die Wiederkehr des Tages, an dem diese Körperschaft vor 25 Jahren zum ersten Male zusammengetreten ist, nämlich bis 20. Fe bruar, durch ein Festessen zu feiern. Die Einzelheiten sind noch nicht sestgestellt. In der Budgetcommission wurde Freitag die Bcrathung des Militäretats fortgesetzt. Zur Erwerbung eines Truppenübungsplatzes für das Gardecorps und Errichtung eines Lagers auf demselben werden als vierte Rate 1,900,000 Mk. gefordert. Die Gesammtkosten sollen sich nach neuerer Berechnung auf 10,640,000 Mk. be laufen, während vorher nur 7 Mill, in Aussicht genom men waren. Bei der Abstimmung wird die Forderung gegen die Stimmen der Freisinnigen und Socialdcmo- kraten angenommen, mit einem Antrag Gröber (Ctr.), den Platz auf 4500 Hektar zu beschränken. Eine Reihe weiterer Forderungen wird sodann genehmigt. In der Commission für das Margarincgesetz wurde folgender A 2 b angenommen: „Auf je 100 Kilo Mar garine ist 1 Gramm Phenalphtalein zuzusetzen; die Ein fuhr von Margarine ohne diesen Zusatz ist verboten; der Zusatz von Färbemittelm zur Margarine ist unter sagt." Nach der „V. Z." erhielt die „Freis. Ztg." folgendes Schreiben: „Der Expedition der „Freis. Ztg." danke ich verbindlichst für Uebersendung des zweiten Bandes der Erinnerungen des Herrn Eugen Richter, von denen ich mit Interesse Kenntniß nehmen werde, v. Bismarck." Der „Reichsanzeiger" schreibt: Das Kriegsministerium hat Veranlassung genommen, in Verbindung mit der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt Versuche darüber anzustellen, ob die Röntgen'sche Erfindung für kriegschirurgische Zwecke dienstbar zu machen und zum Nutzen kranker und verwundeter Soldaten zu vcrwerthen sein wird. Infolge dessen ist eine Reihe photographischer Aufnahmen von anatomischen und kriegschirurgßchen Präparaten gemacht, in denen Geschosse und Geschoßtheile in den Weichtheilen und Knochen steckten. Die Photo gramme geben ein deutliches Bild der stattgehabten Knochenverletzungen und ließen den Sitz des steckenge bliebenen Projectils mit Sicherheit erkennen. Die Ver suche werden m größerem Maßstabe fortgesetzt, und wir hoffen bald darüber Näheres berichten zu können. Am Kaisergeburtstage an der Festtafel im Reichstags gebäude erregte es vielfach Aergerniß, daß der Reichs tagsrestaurateur Schulze am Geburtstage des deutschen Kaisers den Rcichstagsabgeordneten Champagner mit einem ellenlangen Etikett in französischer Sprache vorsetzte, in welchem selbst der Hoflieferantentitel des Herrn Schulze noch ins Französische übertragen war. Es wäre ganz gut, wenn man Herrn Schulze von der fetten Krippe der Reichstags-Restauration einmal ab halfterte, damit er wieder richtig Deutsch lernte und was für den deutschen Reichstag sich gehört. Die Aussichten auf ein Zustandekommen des neuen bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich noch in dieser Reichstagssession sind schwach, obgleich die ver bündeten Regierungen die Fertigstellung bekanntlich leb haft wünschen. Fast alle Parteien, ohne Ausnahme, sind für Commissionsberathung, und die erfordert bei dem Umfange des Gesetzes sehr viel Zeit. Wenn man den Reichstag im Frühjahr vertagt, statt ihn zu schließen, so kann in der nächsten Session Alles zurecht kommen. Die wegen vorzeitiger Veröffentlichung des Amnestie-Erlasses vom 18. Januar von der preußi schen Militärbehörde eingeleitete Untersuchung hat ergeben, daß ein Beamter unter keinen Umständen in die Ange legenheit verwickelt ist, daß dagegen ein Abzug des Er laßes aus der Druckerei entwendet worden. In die wegen Diebstahls eingeleitete Untersuchung dürften seyr zahlreiche Personen verwickelt werden. Wegen dieser Veröffentlichung wurden am Freitag zehn Redacteure, Mitarbeiter und Angestellte des „Vorw." gerichtlich ver nommen. Sie konnten aber unter Eid nur aussagen, daß ihnen der Einsender des Schriftstückes unbekannt sei. ^efrerreich-Ungsra. Kaiser Franz Joseph wird Ende Februar zum Be such seiner Gemahlin nach Cap St. Martin reisen. Die „N. Fr. Pr." meint, da zur selben Zeit Präsident Faure sich in Nizza befinden wird, sei es selbstverständlich, daß bei dieser Gelegenheit zwischen den beiden Staatsober häuptern die üblichen Höflichkeitsbesuche werden ausgc- tauscht werden. KTSNkrcexch. Neue Scandalenthüllungen bringt jeder Tag. In dem soeben begonnenen Verleumdungs-Proceß gegen die „France," welche letzthin 104 Personen der Bestechung im Panamasccmdal beschuloigt hatte, wurde ausgesagt, daß auch die heutigen Minister Bourgeois und Lockroy dem Blatte hätten Geld zukommen lassen. Bei einer genauen Controlle der Schuldenverwaltung hat man entdeckt, daß die Verwaltung von Tonkin dem französischen Staatsschätze 10 Millionen nicht zurück zahlte. Die Sache ist einfach — vergeßen. Starkes Stück. Italien. Aus Rom kommen noch Berichte über den Empfang der ColonneGallianos im italienischen Hauptquartier. Baratieri selber umarmte und küßte Galliano vor den Augen seiner abessynischen Begleiter, die bis zum Schluß ausgehalten hatten. Italienische und abeßynischc Vor posten stehen in Entfernung von nur wenigen Stunden einander gegenüber, man sieht beiderseits Lager, Feuer und Rauch. Was weiter geschehen soll, ist unbekannt. Spanien- Als der spanische Marschall Martinez Campos den Oberbefehl auf Cuba übernahm, erklärte er, er werde mindestens ein Jahr gebrauchen, um des Aufstandes Herr zu werden. Nach noch nicht drei Vierteljahren war die Geduld der Regierung und der öffentlichen Meinung in Spanien erschöpft, Campos wurde abberufen. Sein Nach folger, General Weyl er, ist noch vorsichtiger, er hat in seiner Abschiedsansprache in Cadix erklärt, er werde min destens zwei Jahre zur Niederwerfung des Ausstandes benölhigcn, indem er, gleichsam zum Tröste, darauf ver wies, daß der vorige große Aufstand ja volle zehn Jahre gedauert habe. Das ist ein übler Trost, denn Spanien, das schon bisher über 250 Millionen Peseten für die Bekämpfung des Ausstandes ausgcwendet hat und dem jeder weitere Tag eine runde Million kostet, kann diese finanzielle Anstrengung nicht lange mehr aushalten. Macht doch schon jetzt die Bank von Spanien Schwierig keiten, weitere Vorschüsse zu leisten. Aber auch das Menschenmaterial Spaniens ist nicht unerschöpflich. Bulgsrien. Fürst Ferdinand von Bulgarien soll sich nach langem Hin- und Wider-Ueberlegen nun doch entschlossen haben, seinen Aeltesten, den Prinzen Boris, zur griechisch-ortho- doxcn Kirche übertreten zu laßen. Wenn er es annimmt, wird Kaiser Nikolaus von Rußland Pathe sein. Gespannt kann man jetzt nur auf die Haltung des Vatikans in Rom sein; es ist nicht ausgeschlossen, daß Fürst Ferdi nand für seinen Wortbruch — er hat die katholische Er ziehung seiner Kinder früher gelobt, nun excommunicirt wird. In Bulgarien soll nach Wiener Meldungen eine Ministerkrisis bevorstehen. Die Stellung des gegen wärtigen Cabinets gilt als unhaltbar, weil osficielle De peschen aus Sofia, welche von dem unmittelbar bevor stehenden Uebertritt des Prinzen Boris als sicherer That- sache sprachen, ohne Vorwissen des Fürsten versendet waren, wie auch gegen seine Devise, daß der Act der Umtaufe eine private und keine politische Angelegenheit sei. Fürst Ferdinand ist jetzt in Sofia wieder eingetroffen. Türkei. In verschiedenen Bezirken der Provinz Wan und Bitbis in Armenien drohen neue Gewaltthätigkeiten der Türken gegen die Christen. Es war voraus zu sehen, daß beim Näherkommen des Frühlings der Spek takel von Neuem überall beginnen würde, wo keine türkischen Truppen in genügender Zahl vorhanden sind. Hoffentlich sorgt man von Konstantinopel aus nun bald für das Erforderliche. Der Sultan läßt England doch merken, daß er die britischen Aufhetzereien in Armenien recht wohl kennt. Nachdem die Londoner Regierung selbst hat zu geben müssen, daß die Schilderungen englischer Zeitungen über die Gräuelthaten in Armenien weit übertrieben waren, fußt man in Konstantinopel hierauf. Der Fall zeigt auch, zu welchen zweifelhaften Schritten sich die britische Regierung ohne Weiteres entschließt, um ihre Zwecke zu erreichen. Sie hat recht gut gewußt, wie ver logen die Zeitungsberichte waren, hat sich aber in keiner Weise gerührt. 1 Aus dem Muldenthale, "Waldenburg, 1. Februar. Ueber die Witterung vor 50 Jahren wird dem „Gl. Tgbl." von Herrn Gärt ner Kurth in Glauchau folgende höchst interessante Auf zeichnung mitgetheilt: Der Januar endete schon mit sehr gelindem Wetter, und anfangs Februar fingen be reits die Ziersträucher an zu treiben und Blätter zu zei gen, sogar Pfirsich und Aprikosen am Spalier fingen unter der Bedeckung an zu blühen. In der zweiten Hälfte des Monats waren fast alle Tage 10 Grad Wärme, welch letztre sogar bis 12 und 14 Grad stieg. Man konnte in den Gärten Erbsen, Petersilie, Möhren und verschiedenes andre säen. Die ältesten Leute konnten sich eines so gelinden Februars nicht erinnern. * — Nunmehr sind auch die beiden elektrischen Bogen lampen auf dem hiesigen Kirchplatz und dem Platze an ver Otto Victorstraße installirt und seit einigen Tagen in Betrieb gesetzt, sodaß die elektrische Straßenbeleuchtung unserer Stadt nunmehr durchgängig zur allgemeinen Zu friedenheit functionirt. Auch im Saale des Schönburger Hofes werden gegenwärtig zwei Bogenlampen installirt, sodaß derselbe nächsten Dienstag zum Maskenball des Gesangvereins in elektrischem Lichte erstrahlen wird. * — Nach der am 18. Decembcr vorigen Jahres vor genommenen Auszeichnung der im Lande vorhandenen Pferde und Rinder ist zur Erstattung derjenigen im Jahre 1895 verlagsweise aus der Staatskaße bestrittenen Beiträge, welche an Entschädigungen für die wegen Seuchen getödteten und gefallenen Thiere zu gewähren gewesen sind, auf jedes der ausgezeichneten Rinder ein Jahresbeitrag von dreizehn Pfennigen zu erheben, wäh rend aus die Pferde ein Beitrag diesmal nicht entfällt. * — Die erste diesjährige Bezirksausschuß-Sitzung findet Sonnabend, den 8. d., nachmittags 3 Uhr, im Pcrhandlungssaale der kgl. Amtshauptmannschaft Glau chau, Königstraße Nr. 3, statt. — In Glauchau findet in der Zeit vom 16. bis 18. Februar eine Geflügelausstcllung statt. Schluß der Anmeldungen 5. Februar. — Recht beachtenswert ist der Beschluß der Stadt verwaltung in Glauchau, daß für die von den dortigen Militärvereinen zu veranstaltenden patriotischen Festlich keiten am 27. Januar, 23. April, 18. August, 2. Sep tember und 2. Decembcr die üblichen Gebühren und Armenkaßenbeiträge nicht mehr erhoben werden. — In einem Glauchauer Geschäft ist wiederum ein falsches Einmarkstück mit der Jahreszahl 1891 und dem Münzzeichen verausgabt worden, ohne daß die Per son, die es als Bezahlung gab, sich ermitteln ließ. Dai Falsifikat ist jedenfalls gegossen, sehr leicht zu biegen, greift sich fettig an und ist 960 mxr leichter wie ein echtes. Die Gußstelle befindet sich jedenfalls über den Buchstaben LL8 im Worte „Deutsches", da an dieser Stelle die Riefen am Rande nachgeseilt, diese drei Buch staben auch durch einen schwarzen Fleck im Guß deutlich von den anderen unterscheidbar sind. Im klebrigen ist die Prägung gut, nur der in der Mitte des Reichsadlers befindliche Adler etwas verschwommen. Darum Vorsicht! — Herr Rechtsanwalt Schraps von Zwickau hat am 1. Juli v. I. in Nr. 151 des Hofer Tageblattes eine Erklärung in der Perncrschen Erbschaftsgeschichte ver öffentlicht und in diese Erklärung einen wörtlichen Aus zug aus einer Anklageschrift verflochten, die der Staats anwalt am König!, sächsischen Landgericht Zwickau gegen den Rechtsanwalt Schraps wegen Beleidigung des Amts richters I)r. Ernst von Feilitzsch zu Hohenstein-Ernstthal verfaßt hat. Da Anklageschriften nun nach Z 17 des Preßgesetzes „nicht eher veröffentlicht werden dürfen, als sie in öffentlicher Verhandlung kundgcgcbcn worden sind oder das Verfahren sein Ende erreicht hat", wurde gegen Herrn Rechtsanwalt Schraps Anklage erhoben. Die am Montag anstehende Verhandlung wurde vertagt, da in Zwickau noch einige Zeugen commißarisch zu verneh men sind. Aus dem Sachsenlande — In der 1. Kammer wurde am Freitag der An trag des Herrn v. Burgk u. Gen., die Regierung zu er- suchen, bei Staatsbauten betreffs der architektonischen und künstlerischen Ausschmückung, sowie der nicht nutzbringen den Verschönerung möglichste Einschränkung und Spar samkeit eintreten zu laßen, ohne daß dadurch an der so liden Ausführung des Baues gerüttelt werde, bcrathen. Nach längerer Debatte wurde nach Streichung der Worte „und künstlerischen Ausschmückung" der Antrag gegen 5 Stimmen angenommen und einstimmig die 2. Kammer um Beitritt zu diesem Beschluße zu ersuchen beschloßen. Nächste Sitzung Donnerstag. — Die 2. Kammer berieth am Freitag über die Er weiterung des Bahnhofes Arnsdorf und beschloß einstim mig den Vorschlägen der Deputation gemäß. An zwei ter Stelle ließ die Kammer die Petition des Diaconus Frenzel in Geringswalde u. Gen., die Alterszulage der ordinirten Hilfsgeistlichen betr., auf sich beruhen. Nächste Sitzung Montag. — Wie verlautet, hat der Kaiser aus ergangene Ein ladung seinen Besuch zur Dresdener Gartenbau-Aus stellung in Aussicht gestellt. Er wird voraussichtlich am 9. Mai nach Dresden kommen. — Wenn der neueste Antrag der Conservativen durch geht, wird allein der große Consumvercin „Vorwärts" in Dresden und Vororten nach seinem vorjährigen Betriebsergebniße berechnet 67,500 Mk. Umsatzsteuer zahlen müßen. — DaS bekannte Restaurant „Alt-Gaßmeycr" zu Dresden, Schloßstraße, ist sammt Hausgrundstück von dem bisherigen Besitzer, Herr Schmidt, für 550,000 Mk. an die Culmbachcr Actienbrauerei von Nizzi ver kauft worden. Vor acht Jahren wurden für dasselbe Grundstück 246,000 Mk. gezahlt. — Der Siedemeister einer Leipziger Seifenfabrik