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CeiLe . . S4. Abend-Ausgabe Borläufige Klärung V*n unterrichteter parlamentarischer Seite wird uns geschrieben: Nächdam aestern Graf Hertling tm HauotauSschuß Erklärungen darüber abgegeben Hal, welch« Schrille er einruschlagrir geunkt, uin oie bisherigen stark«! Rerdungen Mischen Ziviloerwaituirge:» und mili- tärisch« Kommandos künftighin beseitigcir, hält man oie Regierung«- Krise für bcigelegt. Aber dies gilt nur für den gegenwärtigen Zustand. Es wird al» unzweifc-ihajt angesehen, daß, wenn auch augc.rdlicklic»), solange der Hauptausschuh tagl, von einer Konzierkrije nicht mehr ge sprochen werden kann, Graf Hertling dach über kurz oder lang di« Konsequenzen aus der Gcsamtlage ziehen und seinen Rücktritt nehmen wird. Alit Ausnahme der Rechlcn stehen sämtliche Partei?» auf dem Standpunkt, das; eine Ergänzung des Kabinetts durch Eintritt der Sozialdemokraten vorgcnommen werden mühte. Lies wäre aber nicht anders zu erreichen, als indem der Parlaincirtarriicrun» der Regierung die Wege geebnet werden, wenn auch die bürgerlichen Parteien, mit Ant- nakme eines Teiles der Fortschrittler, eine Paiiamenlarisierung nach westeuropäischem Muster nicht wünschen. Hb es zu einer Aushebung des 8 9 der Versajjuirg konimi, steht noch dahin, immerhin wird e>» solcher Schritt als ziemlich waluscheinilch detrachiel. Die Sozialdemo kratie wünscht jedoch nicht, in ein Kabinett Hertling «inzutrcten, und diese Forderung wird von den anderen Parteien mit Verständnis aus genommen. Freilich läht eS sich nicht verhehlen, das; es als aus- geschlosf« gelten muh, dah dieses sozialdemokratische Programm von sechs Punkten ohne Einschränkungen bet den tivrlgen Parteien Zur An- nähme gelangt. Ader allem Anschein nach ist die Sozialdemokratie zu Kompromissen bereit. Das Zentrum geh« in seinem Entgegenkommen so weit, dah es von seinem bisherigen Standpunkt, den Grafen Herlling unter allen Umständen zu hallen, abgeioicben und gewillt ist, sich mit den übrigen Parteien zu verständigen. Zn der preuhtschen Wahlrecht infrage will Graf Hertling. wie et heisst, noch die Abstimmung dt2 Herrenhauses ubwarten, um sich dann »ach dem Ergebnis zu richten Sollte diese Abstimmung nur eine ge ringe Mehrheit gegen das Wahlrecht ergeben, jo würde Graf Herlling eine zweite Abstimmung abwarten, irr der Hoffnung, dah dann ein an deres Resultat sich ergäbe. Werden aber seine Hoffnungen in bezug auf die erste Abstimmung enttäuscht, so würde er unverzüglich zur Aus lösung des preußischen Abgeordnetenhauses schreiten, waä jedoch, wie in parlamentarischen Kreisen versichert wird, nicht hindern würde, dah man einen neuen Kanzler sür notwendig erachtet. Zusammenfassend läht sich sagen, dah augenblicklich die Kris? auSgeg ichen ist, dah aber die Tage d«S Grasen Hertling trotzdem gezählt sind. Taten, nicht Worte Di« .Liberale Korrespondenz' schreibt: Aus die Forderungen dec Führer der Mehrheit Parteien in der Mrttrvochslhung des HauptauSschrrsscs de« Reichstages l>at der Reichs kanzler am Donnerstag mit Versprechungen geantwortet. Ader er kann sich nicht dazu verstehen, das liebe! an der Wurzel anzugreifen. Die Führer der Mrhrheitsparteien haben am Mittwoch einmütig betont, doh es ohne eine Abänderung des BrlaqerungSzustandsg « s e tz e t , La» sic» wie eine spanische Wand zwischen Regierung und Volk «inschiebt, nicht geht. Gras Hertling jedoch will davon nichts wissen. Er er!', ärtc am Donnerstag, dah an den materiellen Befugnissen, welche das Belagcrungszustandsgcsetz der vollziehenden Gewalt überträgt, mcht gerüttelt werden kann. Dann wird schließlich alles beim alten b e ben, wenn der Reichstag die Regierung nicht zum Nachgeben zwingt. Gras Hertling bat um Geduld. Beim nächsten Zusammen tritt lm November werde eine allen berechtigten Klagen entsprechende Milderung in die Wege getestet sein Seine Andeutungen, wie er allen berechtigten Klagen abhelsen will, klangen aber nicht sehr tröst lich. Er sprach von einer Einschränkung der Zuständigkeit der Militär befehlshaber, von einer Teilung der disner allein militärishen Instanzen zugewiesenen Ausgaben zwischen militärischen und den in Friedenszelten berufenen bürgerlichen Behörden, sowie von der Lin- fr gung bürgerlicher Elemente in die zur Entscheidung berufenen militärischen Stellen. Dieser letztere Gedanke ist am wenigsten diS- liutabel. Di« armen IlnglückSwürmer, die verurteilt würden, as Zivilisten militärisch: Stellen zu deeinslusfen, würden Gegenstände allgemeinen Mitleids oder Spottes jein. Wie weit, die beiden anderen Vorschläge des Grafen Hertling annehmbar sind, wird /ich zeigen. Mit kleinen Mlltelchen wird nicht geholfen werden können. Der „Vorwärts- zur gestrigen Kanzlererklärrmg E Berlin, 27. September (Drahtbericht unserer Ber liner Schriftleitung.) Zu der gestrigen Erklärung des Kanz lers bemerkt der .Vorwärts': .Man muh schon sehr bescheiden sein, um sich von dieser Erklärung befriedigen zu lassen. Selbst das Höchstmaß, was sie zu versprechen scheint, bleibt hinter dem Mindestmaß der sozialdemokratischen Kardinalfordcrungen weit zurück. Da» ent- scheidende Problem bleibt, Garantien dafür zu schaffen, dah Deutschland in Zukunft nach dem Willen seines eigenen Volke» und nicht nach dem einer Militärkast« regiert werden wird. Dies ist der Punkt, in dem die beiden Zugeständnisse gemacht werden können, weil sie letzten Endes dem Wohl des deutjchen Volke» selber dienen. Di» Erkenntnis bricht sich unhaltbar Bahn, dah ein demokratische» Deutschland am stärksten im Widerstand und in der günstigsten Lage bei Friedensverhandlungen sein wird. Ein demokratisch?» Deutschland haben wir aber noch nicht, wenn ein paar Sozialdemokraten Minister werden. Die De- LeiPziger Tageblatt mokralie darf nicht «in Regenmantel sein, den «au bei besserem Wetter wieder oblegt. Sie mutz mit denn Wes« des deutsch« Volkes und keiner Verfassung verwachsen. Wa» will, waS kann HerEng dazu Irin? Vielleicht darf man als Antwort in gewissem Sinne «raschen, was die .Nordd. Allg. Z:g." heut« au» der parleiofstziell« ^jentvum»- parlansentSkorresponbäuz übernimmt. Pa heißt «S wirlAch: .Wir stch« nicht auf dem Standpunkt, datz für jod« politischen Fehler «ln Minister, kopj fallen muh, und wir halten die Führung unser« Reichsgeschäft« ll» ganzen s!) nicht für so fehlerhaft und unzulänglich, dah et» Wechsel i» dec obersten Reichsleitung notwendig wäre. Die im Hauptausschuh VE Zentrum -»übte Kritik beweist, dah die Partei dem Reichskanzler, der ou, ihren Reiben hervorgeqangen ist, völlig objektiv gegenüberstehk, ihm zugleich aber auch die loyale Besinnung «kgegenbringt, -ah sie sich nicht dazu bereit findet, aus Gründen und zu Zielen, die nicht ausschließlich im valerländijchen Zntorejse begründ«! liegen, ihn zu stürzen. Decken diese Beschwerden und Forderungen des Zentrumsführer» rtelmehr in weitem Umfange sich mit den Ausstellungen und den Wünsch« -er anderen Parteien der RelchstagSmchrheit, so ttsgt der Gedanke nahe, dah bei so weitgehender Uebt-reinstimmu-ng sich leicht bei dieser «ine Linie finden lieh«, aus der sich die Mehrheit» pari ei en zu gemeinsamer Arbeit zusammensinden können.' Der Nachfolger Capelles Vizeadmiral Edler von Man»? Köln, 27. September. (Eigener Drahtbericht.) Wie die .Köln. Zig.' aus zuverlässig parlamentarischen Kreisen er fahren haben will, soll zum Nachfolger des Staatssekretärs das I Reichsmarineamleb von Capelle der Vizeadmiral Edler von Mann ausersehen sein. Der künftige Staatssekretär des Reichsmarlnenmtes steht zurzeit an der Spitze der U-Bvots- ableilung !m Neichsmarineamt. Er war vor dem Kriege einige Zeit am> dem Reichsinarineamt ausgeschiedeir und als seemännischer Direktor auf der töermaniawerft tätig. 28 oa« Tonnen versenkt Mb. Berlin, 26. September. (Amtlich.) Im Atlantik ver senkten unsere Ü-Baote 28Ü0Ü Br.-A.-To., darunter drei Tank dampfer von zusammen etwa 18V00 Br.-N.-Tv., von denen einer als Amerikaner festgestellt wurde. Der Chef des Admiralfiades der Marine. * . * Schon in FriedenSzeitev spielt? die Oelfeuerung neben oder an Stell« der Kohlenfeuerung eine erheblich« Rolle. Die Bedeutung der Oelfeuerung für unsere Feinde ist während de» Kriege» in hem Vcr- hältnisie gewachsen, in dem dre Schwierigkeiten infolge de» Mangel» an Bergarbeitern und der Schwierigkeiten im Abtransport der Kohlen infolge des Schiffsraummangels zunahmen. 3m Zusammenhang hier- mit trat der Bau von Lankdampsern in den Vordergrund, die der Ver schiffung der flüssigen Brennstoffe dienen. Da da» O?l unmittelbar in den Dampfer hineingcpumpl und nicht, mehr wie früher in einzelnen Fässern befördert zu werden braucht, so bedeutet der Orltransport durch Tankdampfer eine erhebliche Raum wie Kostenersparnis. Ein Nachteil der Tankdampfer besteht jedoch darin, dah sie an die Genauigkeit der Konstruktion und Arbeitsaussührung große Anforderungen stellen, mithin bedeutend wertvoller al» gewöhnliche Fiachtdampfer sind. Die Ver- senkung einet jeden Tankdampfers stellt daher für unsere Feinde einen schweren Verlust dar, der In der Schiffahrtspresse regelmäßig in beweg lichen Klagen über den Untergang von Schiff und Ladung zum Ausdruck komm»; denn der Verlust jedes einzelnen Tankdampfer» hat zugleich c>ne Steigerung des immer drückender werdenden Oelmangels b?i unseren Feinden zur Folge. Britischer Hilfskreuzer versenkt Zürich, 27. September. (Eigener Drahtbericht.) Die .Neue Züricher Zeitung" meldet: .Corriere della Sera" berichtet, dah am 12. September ein kritischer Hilfskreuzer, dcssen Name nicht genannt wird, von einem deutschen U-Boot versenkt wurde. Bon der Besatzung werden 58 Mann, dar unter 6 Offizier«, vermißt. Veftandsausnahme des neutralen Schiffsraums in Amerika Haag, 27. September. (Eigener Drahtbericht.) Die «Moriring Post" meldet aus Washington: Wilson ordnet die Bestandsaufnahme aller in amerikanischen Häfen befind lichen neutralen Schifte an. Eine neue Verfügung Wilsons, wonach weitere dieser Schiffe für TrvnSportzwecke der Alliierten oerfttbar gemacht werden sollen, wird erwartet. * Präbent WUso» wird nächstens von der Universität Pari» der Titel «ine» Ehrendoktors verliehen werd«». Er wird drr erste sein, welcher den Titel eines Doktors honoris causa erhalten wird. * Laillaux vor dem Staaisgerichtshof. Die Agentur Radio meldet aus Paris, dah di« Negierung die Anklage gegen Caillaux jetzt end gültig dem StaalsgerichtShof überwiesen habe. * Großfürst Michael Romano« und sein Sekretär sind im Gouver nement Perm verhaftet worden. Freitag, L7. September 1V18 - Politische Nachrichten * Duchch-österrrlchttch« MrkschtrftHvsrhandkmM» k Drst-en. Unter dem Vorsitz vou Exzellenz Dr. Mehnert, dem MttgUede d«r Erst«« sLchstfcha» Kammer, hoben henke i» Dresden wichtige Berhandlonge» zwtsche» Verirrter« de-r deut schen >«d her österrrtchtsch-ungartschen Land wirtschaft Eber Kragen der wirtschaftliche« Hilfeleistung »Ehrend des Krieges und über die «Regelung wlrlschasts- pslttischer Verhältnisse für die Friedrnszett ihren Anfang genommen. Von deutscher Seite nehmen an der Konferenz u. a. teil: Der Vorfitzende des Bundes der Landwirte Freiherr von Wangenheim als Präsident der Landwirt- schastskammer, und Landtagsabgeordneter Professor Schlitten- dauer aus Regensburg, der in seinen wirtschaftspolitischen An schauungen dem bayerischen Bauernführer Dr. Heim nahestehl. Von dsterreichisch-ungarischer Seite nehmen u. a. teil: Der Vor sitzende der österreichischen Landwirtschastsgesellschaft Baron von Ehrensels, Direktor von Nubinek, dec ehemalige Staatssekretär von MikloS, Direktor von Mehely, der auch die österreichische Großindustrie vertritt, und Kaiserlicher Rat von Bosanyl. Die Verhandlungen werden voraussichtlich einige Tage dauern und sind in ihren Einzelheiten zunächst vertraulich. St« erstrecken fich besonders auch auf den möglichst schnellen Wiederaufbau der ge samten Produktion nach dem Kriege, nicht nur auf landwirtschast- iichem, sondern auch aus industriellem Gebiet. Einen wesentlichen Raum nehmen dabei Erörterungen über zollpolittsche Ver hältnisse ein. Namentlich gelangt aber auch di« schwierig« Frage der galizischen landwirtschaftlichen Arbeiter zur Erörterung. Galizien braucht zu seinem Wiederaufbau auch nach dem Kriege zahlreiche Arbeitskräfte, nus die jedoch auch die deutsche Land wirtschaft, namentlich nach Heimkehr der Gefangenen, angewiesen ist. Hier soll ein Ausgleich gesucht werden, der wahrscheinlich auf dein Wege gefunden wird, daß man in Galizien und den in Be tracht kommenden nichtöeutschen Gebieten di« ost mit nicht ein wandfreien Mitteln geförderte Auswanderung nach Ilebersee er schwert, jedoch die Freizügigkeit innerhalb des Gebietes der heu tigen Mittelmächte unbedingt freigibt. In mancher Beziehung bilden die Dresdner Verhandlungen eine Ergänzung der in Salz bürg gepflogenen. * Der sächsische Landesverband der deutsch«» Sparkast«beamte» »eranstaltete gelegentlich jcinor Gründung eine Kundgebung zur neunten Kriegsanleihe und nahm folgende Entschließung an: Die Feinde Deutsch' land» wollen keine Verständigung, ihr Ziel ist die Vernichtung der poiittschen und wirtschaftlichen Machtstellung -es Deutschen Reiches. Angesichts eines solchen Vernichtungswtllens müssen alle Kräfte zur Behauptung Deutschland» und des Deutschtums tu d« WeÜ eingesetzt werden. Dazu gehört auch die Verfügdarmachusg aller Getdmittel im deutjchen Vaterland. Die bevorstehende 9. Kriegsanleihe muß ein glänzendes Zeugnis eiserner Zähigkeit und unbeugsamen Willens zum Ausharren bis zur ehrenvollen Beendigung -es unS aufgedrungenen Kampfes geben Di: in Dresden versammelten Sparkassenbeamten aus dem Königreich Sachsen geloben im Einverständnis mit -em Sächsischen Sparkasienverbande, für d'eses Ziel mit ganzer Kraft tätig zu sein und sazu bnzutragen, daß auch die 9. Kriegsanleihe eine finanzielle Großtat wird. 3n einem solchen Erfolg «rbtickt die Versammlung «in trulgliche» Mittel zur Abkürzung des Krieges. ' Aufruf -er Vaterlandspartei. Die Partei sammelt wieder einmal Unterschriften zu einer offenbar für den November geplanten Kund gebung und sagt dabei über ihre jetzigen Kriegsziel«: .Keine Einmischung unserer Feinde in den Ostfrie-en! Treue -en Zlament Dolle Koloniai- nnd Seegcltung! Volle Wiederherstellung ungehinderten Waren, und Rohstoffverkehrs! DoS Land unserer Bundesgenossen ebenso unversehrt und gesichert wie unser eigenes! Erleichterung unserer finanziellen Kriegslast! ' Alan sich!, sie ist inzwischen bescheidener geworden. * Der Kaiser in Wiihelmshöhe. Gestern vormittag ist der Kaiser zu kurzem Aufenthalt z» Schloß WilhelmShöhe eingetroffcn. Wie dem .Kastrier Tageblatt' berichtet wird, holte die Kaiserin ihren Gemahl am Bahnhof ab. Die Kaiserin Ist wieder wohlauf. * Die Antwort 'Portugals auf die österreichisch« Frtedensaote soll nach der .Morning Post' den Wunsch nach Frieden ausgesprochen haben, doch nur in Ucbereinstlmmung mit -en Alliierten und auf der Grundlage des Rechts und der Freiheit der Völker. * Militärstreik i» Norwegen. Der skandinavisch« Korrespondent der .Neuen Zürcher Zeitung" meldet: Seit längerer Zeit ist in Nord norwegen für den Mililärstrelk agitiert worden. In diesen Tagen ist er nun inszeniert worden. Von den aufgebokenen Rekruten hak sich ein großer Teil geweigert, dem Aufgebot nachzukommen. Au» -er Gruben stadt Sulrtelma sind nur zwei Leute von 250 erngerückt. ' Die deutsche Regierung hat der schweizerischen Gesandtschaft in Berlin eine Protestnote zur Uedermiltlung cm die Regierung der Vereinigten- Staaten ttbe-rrcicht, in -er Verwahrung gegen die Benutzung von Schrotflinten durch amerikanische Soldaten eingelegt wird. * Ein englische» F ugzeug ist auf holländischem Boden, in Breskens, gelandet. Seine beiden Insassen wurden interniert. St. Michael «Nb da» Engelfeft Die Legende berichtet von St. Michael, dem Erzengel, -er -en Satan brsiegte, als der Böse den geheiligten Körper Most» seiner Grab- fiä'te entführen wollte, viel Wunderbares. Schon sein Sieg über den Teufel machte ihn zum Schutzengel dcS jüdischen Volkes, das ihm noch seinen Gesetzen hohe Verehrung zollte. Von -en Christen wurde er wegen seiner Tapferkeit schon frühzeitig zum Schutzpatron des Militärs erhoben, so namentlich in Rom, wo er als .himmlischer Arzt' galt, w«shald auch besonder» die verwundeten Krieger in seinen Schutz ge stellt wurden. Sine andere Sage erzählt, daß Michael aus einem Felsen eine sehr heilkräftige Quelle habe entspringen lassen, die vielen Kranken Genesung bracht«. Eines Tage» kamen jedoch -!e Heiden, um den Felsen zu zerstören, und die Quelle war schon in hoher Gefahr, als Michael den Felsen selbst sprengte und dafür an anderer Stelle eine ebenso heilkräftige Quelle fließen ließ. Al» Arzt scheint man Michael auch in Konstantinopel betrachtet zu Haden, da ihm Kaiser Konstantin eine Kirche erbaut haben soll. In der viele Kranke Heilung sanden. Die «rsten Christen Aegypten» machten Michael sogar zum Schutzheiligen des NiiS. 3n der Normandie gilt St. Michael übrigen» heute noch als Beschützer der Seeleute. Die große Verehrung, die dem Erzengel fast allgemein entgegen gebracht wurde, war denn auch de Veranlassung daß die Kirche ihm zu Ehren ein Fest einjehte, das in Deutschland zum erstenmal von den Rcichsständen zu Mainz im Jahre 813 erwähnt wird. Ursprünglich al» .Kirchweihfest des heiligen Michael' gestiert, führt e» jetzt jedoch nur mehr den Namen Engel- oder Echrihengelfest. Auf dem Londe wird es häufig als »in« Art Erntedankfest gefeiert. — Auch in Deutschland hat St. Michael eine interessant« Vorgeschichte, denn ein deutscher Forscher hat seinerzeit ziemlich einwandsre nachgewiesen, daß der Heilige hier einfach de« Nachjolge, Wotan», de« Kampsgoites und „wil den 3ciger>' geworden ist. Nach einer neueren Forschung soll sogar d«r Name Samte! des bdsen Iägergeistes in der deutschen DolkSsage picht au» Sommael entstanden sein, sondern «ine sprachlich« Verstüm melung des dem wilden Jäger Wotan nachfolgenden St. Michael dar stellen. Dah dre Verehrung des Heiligen ursprünglich einer andere» Per son zugekommen sein muß und somit viel ättrr ist, als bt« Periode der christlichen Zeitrechnung, beweisen nnS auch die vielen uralten Sprich wörter, die sich an St. Michael knüpfen, ohne aber in irgendeiner Be ziehung zu se'ner eigentlichen Wirksamkeit als Kämpfer und Arzt z» stehen. So gilt St. Michael als der Tag, an dem die Wintersaat geftrext werden muß, weil die Erde an diesem Tag besonder» gesegnet Ist, und ebenso kaust man sein Sieb am vorteilhaftesten am dlüchaell- sag. St. Michael segnet ferner die Hand, die an seinem Gedenktag «rnlet. Aach das Aussehen b«r Kartoffelpflanzen — in Oesterreich wirb Id« gleich« Ab«rglaub« «ms die Eichengollen bezogen — dafitzt m» Michaelstag eine besonder« Bedeutung, weshalb der Dauer sie genau betrachten muß. Sind st« nämlich von Spinnen beseht, so folgt etn Jahr voller Unglück, während Fliege» »nd FItegenmaden auf den Blättern Gutes bedculen. Findet sich überhaupt keine Spur von Ungeziefer auf den Pflanzen, so wirb der Tod im Hause des Dauern Einzug halten. Menn die Vögel um St. Michael schon fortgezogen sind, kann man auf einen strengen Winter rechnen. Regen am Michaelstag bedeutet eine lange Regenzeit und zugleich einen milden Winter, denn wenn der Erzengel .seine Flügel badet', dauert -er Regen bi» zu Weihnachten. In Mailand läßt eine poetische Wetterregel am Tage St. Michael die „Hitze zum Himmel steigen", so datz es von nun an nur mehr kühl sein kann. Alt« und neue Auffassung du dramatisch« Kunst. Dem hier vor Jahresfrist qe<,ründet«n Verein zurFörderungder deutschen Schaubühne, d«r eifrig -«strebt ist, seine Mitglieder zahl zu erweitern, dürft« mit einem Vortrag, wie -em am Donnerstag in der Alten Handels börs« von Herrn Professor Dr. Dinger aus Jena gehaltenen, nicht recht gedient sein. Wer eine tiefere, in -en Kern der Ding« dringende Dar legung über .alte und n«u« Auffassung der dramatischen Kunst" er wartete, wurde enttäuscht. Herr Professor Dinger, einst Dramaturg am Meininger Hoftheater, erging sich in breiten Erklärungen von allerlei Bc griffen: er behauptete schon am Anfang seines Vortrages, datz die theoretischen Erörterungen nicht umgangen werden könnten, ader aus dies« Umwea« bi» zum Kernpunkt war man doch nicht gefaßt. 3n einer mehr temperamentvollen als sachlichen Weise wandt« sich der Redner gegen dir alt«, rein literarische Auffassung, durch die wir gegen das Dramatische abgestumpft würden. Dt« dramatische Kunst ist kein« Misch kunst, sondern eine « rnzige Kunst, die niemals au» zwei sich gegenseitig gar nicht vertragenden Teilen bestehen kann. Dl« Möglrchkcit einer wirk lichen Theaterkultur l»egt erst in -er Erkenntnis, datz Las Drama ein ein heitliches Kunstwerk ist, datz sein Wesen aus der konkreten 'Darstellung beruht, die eine lebendige Sprache erfordert. Herr Professor Dinger war sehr schlecht aus die modernen Dramatiker zu sprechen. Er nannte keine Namen. Aber der Kündige wutzt« Bescheid, als d«r Redner von .Schmus- stücken" sprach, die kein« echt« Handlung hätten. Es war nur allzu wenig Reue«, was man an -em Mend zu hören bekam. Dah et im dramatischen Schaffen -er Gegenwart auf Qualität und nicht auf Quantität ankäm«, war nicht gerade überraschend. LS ft-hlle auch nicht an anfechtbaren Be hauptungen. Und wenn H«rr Professor Dinger als einzige Kritik der modernen Dramatiker erklärte, doh si« .schmusen", so war das doch etwas allzu leicht an -en Dingen vorbeigeredet. N. k. Städtisch« Th«aier. In Ludwig Fuldas Lustspiel .Jugend freunde", das Sonntag, den 29. d. M. Im Alten Theaier wieder in den Sptelpla» aufgenommen wird, find die Roll« der Amelie Sie bert »nd des Waldemar Scholz mit Lais« Prevher und Eugen Aderer »« besetzt. Im.Biberpelz" ist bekanntlich Waschfrau Wolffen die Hauptperson, und sie hat niemals .Walschen" geheißen, wie heute morgen so hart näckig zu lesen war. Klein« Mitteilungen. Die Bibliothek des kürzlich verstorbenen Leipziger Musikhistoriker» und Musikschriststellers Dr. Georg Kaiser, die reich an Musikliteraiur jeder Art ist, wird von Qsrvold Weigcl in Leipzig zur Versteigerung gebracht werden. — Max Rein hardt kann am 1. Oktober sein 2Sjähriges Künstlerjudi- läum feiern. An diesem Tage vor 25 Jahren betrat er zum ersten Male die Breiter. Es war im Stadithecrter zu Salzburg, das am 1. Oktober 1893 eröffnet wurde. Ein Jahr später kam der Künstler nach Berlin. Der Oberhefflfche Kunstvdret« beabsichtigt in Gletzen eine Au», stellung von Merken obrrhessischer Motive aus dem Vogelsberg zu veranstalten. Zu dieser Ausstellung, welche am 10. No vember eröffnet werden soll, haben schon eine Anzahl Künstler aus Darmstadt, Frankfurt, Hamburg und Karlsruhe die Beschickung zugesagt. Anmeldungen zu derselben werden noch entgegen- genommen. Dor derselben soll im Oktober eine Ausstellung graphischer Kunst gezeigt werden, zu welcher ebenfalls noch Anmeldungen erfolgen können. * Der Foehnbund, von dessen Gründung in Leipzig durch die Herren Rodenstein und Hüfner-Berndt (Geschäftsstelle: Turner straße 12 I) wir bereits kürzlich Mitteilung machten, versendet die erste Nummer seiner BundeSzeitjchrist .Der Fochn'. In einem wunder schönen Satze, den wir leider nicht vollständig Mitteilen können, weil «der Nachdruck irgendwelcher Teile de» Inhaltes dieser Zeitschrift, auch im Auszug" verholen ist und gerichtlich geahndet wird, verspricht die .Monatsschrift sür di? neuen geistigen Strömungen der Geg:nwart' das, was der moderne Expressionismus in radikaler Umwälzung beabsichtigt, in stark gemäßigter Form zum Ausdruck zu bringen. Ein andrrcs hie siges Blatt wird streng getadelt, weil es sich schon vor Erscheinen des .Foehn" ironisch« Bemerkungen erlaubt haben soll. Nach gewisscnhas- ter Prüfung seines Inhaltes glauben wir es jedoch unsererseits wagen zu dürfen, unseren Lesern zu erklären, daß wir diesen poetischen und prosaisch« Inhalt gleichermaßen nicht sowohl .stark gemäßigt" als vielmehr äußerst mäßig finden und der unerschütterlichen Meinung sind, der Fochnbnnd möge künftig im Verborgenen blühen. .Dl« Weihen Blätter' (Verlag d«r Meißen Blätter, Bcrn-Bümplih) bringen in ihrem neuesten Hcst (Jahrgang V, 2) wieder einen politischen Aufsatz von dem Dänrn Svend Bor berg Tranm und W'lkiichkeit', Betrachtung« des Herausgebers Rent S ch i <' c l e zur Zeitgeschichte (.Der Konvent des Intellektuellen'). Ferner rine kurze, vortreffliche Novelle «Die Gnade" von Georges Düh a m el au» einem französischen Milttärlazartt, ein Gedicht von Theodor Dä übler .An das Stern bild: Die Fische" u. a. m. — Die Geschäftsstelle der .Meißen Blätter' für Deutschland ch jetzt: Berlt» V. ViktoriostrofM ;