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Schönburger Tageblatt Nr. 228 Donnerstag, den 30. September 1926 49. Jahrgang Französische Angst wegen der Reparationszahlungen R«ichspriifi»e«t »» Hi«de»r«r, hat Berlin veUasse», wie ven scn. der Dolitifehe Akundsehau Deutsches Reich. Das Reichskabinett hielt am Montag eine Sitzung ab, in der es sich mit laufenden Angelegenheiten, insbe sondere finanztechnischen Fragen, beschäftige. Reichskanzler Marx wohnte der Sitzung nicht bei, da er sich auf Urlaub in Bad Harzburg aushält. Auf Wunsch der polnischen Delegation ist die Fort setzung der Handelsvertragsverhandlungen (Niederlassungs- und Zolltariffragen) auf den 11. Oktober verschoben worden. Am 1. Oktober wild eine Zusammenkunft der Delegierten der Schwerindustrie stattfinden. Man glaubt, daß der Eisenpakt diesmal endgültig gebildet werden kann. Die Reden PoincarSs will man in Berlin unbe antwortet lassen. Man will die Behandlung der ganzen Kriegsschuldfrage in der Art und Weise, wie Poincarös dies tat, nicht weiterführen, weil man sich mit Poincart ja doch auf die gewichtigen Argumente, die sich gegen seine Darstellung vorbringen lassen, nicht einigen würde, Durch eine Erwiderung würde nur die Stellung Briands erschwert werden, und ebenso die deutsch-französischen Ber- ständigungsversuche. Der Vertreter des Reichskommissars für die besetzten Gebiete, Graf Adelmann, hat gestern bei der interallier- ten Rheinlandkommission Vorstellungen wegen des Vor falles in Germersheim erhoben. Die Berliner Gewerbetreibenden haben beschlossen, als Protest gegen die Ueberlastung mit Steuern am 3- November ihre Geschäfte zu schließen. Vor dem Schöffengericht in Gero hatten sich vier Mit- glieder des roten Frontkämpferbundes wegen gemein schaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu verantworten. Drei Angeklagte wurden zu je 4 Monaten Gefängnis Zugleich weit verbreitet in den Ortschaften der Standesamtsbezirke Altstadt Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba- Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwieta, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Anzeigen bis vorm. 9 Uhr am Ausgabetag erdeten Ausgabe nachmittags '/«3 Uhr in der Geschäftsstelle " Waldenburg Sa., Obergaffe 38. Erfüllungs ort Waldenburg. Filialen in Altstadt Waldenburg bei Lerrn Otto Förster; In Callenberg bei Lerrn Friedr. Lermann Richter; in Langenchursdort bei Lerrn Lermann Esche; in Wallenburg bei Lerrn Linus Friedemann; in Penig bet Firma Wilhelm Dahler; in Ziegelheim bei Lerrn Eduard Kirste«, zm Soll« Sherer Gewalt, Krieg, «treit, Uutsperrung'Maschin«^ brach, Sttzrungen Im »«trieb der Druckerei oder unser Lieser« hat Ler »«,jeher keinen Anspruch auf «rhal, der Zeitung ob« Nückzahlnng de« «„ugtpr-ise«. Für Richtigkeit der durch gern, wr-ch-r aufgegebenen Anzeigen übernehmen wir keine Gew«»» sich. Die Regierung habe' mit allen Kräften versucht, zu vermitteln und zu verhandeln. Baldwin kam dann auf die von Churchill wähl rcnd seiner Abwesenheit geführten letzten Verhandlung gen mit den beiden streitenden Parteien zu sprechen und erklärte, er habe mit Churchill in täglicher Verbiw düng gestanden. Churchill werde wohl über diese Dingt selber berichten. Jedenfalls habe Churchill das eint erreicht, daß die Möglichkeit einer Konferenz zwischen Bergarbeitern, Regierungsvertretern und Grubenbesit- zern wieder in greifbarere Nähe gerückt worden sei. Dit Grubenbesitzer hätten dann aber doch Verhandlungen abgelehnt und er, Baldwin, sei der Ueberzeugung, daß die Grubenbesitzer damit einen schweren Fehlet begangen und wenig Weitsichtigkeit und bessere Ein- sicht für die schwierige Lage des Landes bewiese« Hütten. Nach seiner Rückkehr aus Frankreich habe er int Einvernehmen mit seinen Kollegen die bekannten neuen Vorschläge der Regierung gemacht. Die Bergarbeiter hätten sofort Gegenvorschläge gemacht, der erste be merkenswerte Fortschritt seit vier Monaten. Die Bor« schlage der Regierung seien aber damit wiederum ak> gelehnt gewesen, und die Regierung beabsichtige vor läufig nicht, neue Schritte zu tun. Sie englische dergbaukrise. Erklärungen Baldwins und Churchills. Das englische Unterhaus trat am Montag zu einer Sondersitzung zum Zwecke der Verlängerung der Aus nahmebestimmungen zusammen. Dabei gab der Pre mierminister Baldwin einen Bericht über die augen blickliche Lage im Bergbau und erklärte, die Berg bauindustrie sei schon in vergangenen Jahren des öf teren nicht in der Lage gewesen, ihre eigenen An gelegenheiten in befriedigender Weise zu regeln. Bei der sozialen Schichtung der beteiligten Kreise sei eL unvermeidlich gewesen, daß die Regelung der Bergbau fragen allmählich ins Politische übergegangen sei. Diese Wendung habe aber keineswegs eine Besserung der strittigen Fragen mit sich gebracht, und er halte auch beute eine varlamentariscbe Intervention für aekäkr- um seine« Gehnrist«- am 2. Oklsver ans de« 8an»e zn verleben. Der auswärtige »««schütz »es ReichiagS ist zn« 7. Ok- tsHer einberufrn. Lie »entsche Lelegatis« ist gestern früh an« Vrnf nach Berlin zukückgekehrt. Generalfeldmarschall van Mackensen besichtigte bas für den Reiq«threnhm« bei Bad Berka in Aussicht geusmmene Gelände. Der sächsische Hanshaltplau für 1S2K zeigt eine« Kehl betrag van 72 Millionen RMk Ler Polnische Ministerpräsident Bartel drohte, im Kalle eine« nenen Mitztrauenvotnms, da« Parlament ans- znlösen. Primo de Rivera will sich ans dem politische» Leben znrückzichen. Ler KSnig von Jugoslawien ist in Pari« eingetroffe«. Pvaldenburg, 29. September 1926. Die Rede Poincarös in Bar-le-Duc hat in Pa ris und in London eine recht verschiedenartige Be urteilung gesunden. Während in Paris erklärt wird, daß die Rede nach Ansicht der französischen diploma tischen Kreise in keiner Weise der Außenpolitik Briands entgegengerichtet sei, ist die „Volontü" der Ansicht, die Rede ende in einer verschleierten Desavouierung Briands. Potncaro komme immer wieder aus die Rolle Deutschlands bet Kriegsausbruch zu sprechen. Man merke, daß sich Poincarv seit der Ruhr nicht ge ändert habe. Die Sprache Poincares sei geeignet, aufs neue die deutsch-französischen Beziehungen zu verschärfen. In der Tat ist durch die beiden letzten Reden Poincares die Kriegsschuldfrage, die Dr. Stresemann, als durch die Aufnahme Deutschlands in den Völker bund im Sinne Deutschlands erledigt, aus den künf tigen Erörterungen ausschalten wollte, wieder in den Mittelpunkt der Debatte gerückt morden. Die Pari ser Presse hatte die Darstellung Stresemanns, daß die Schuldlüge nach der Aufnahme Deutschlands nicht mehl aufrechterhalten werden könnte, da sich doch die an deren Staaten nicht mit Deutschland an einen Tisch setzen würden, wenn sie es noch immer für den Schwerverbrecher hielten, der es nach dem Versailler Vertrag sei« sollte, sogleich mit dem Hinweis zurück- gennesen, daß die Aufnahme Deutschlands ja schon im Versailler Vertrag vorgesehen sei, mit dessen Be hauptungen über die Kriegsschuld Deutschlands alsc nicht in Widerspruch stehen könne. Man hatte auch von eine Klarstellung gefordert und viesen rym zugcworfenen Ball hat Poincarö be reitwillig ausgenommen. Dabei Ä/S U"^mein bezeichnend, daß diese Neu- aufrollung KAssschuldfrage Parrs, sondern auch rn London gutgeheißen wird. So be zeichnet die „Times di Sonntag gehaltene Red« als eine feste "Ä Lichte aber wohl erwogene Kom- mentierung zu Stresemanns unkluger Behauptung we- E* Deutschlands Kriegssckuld. Während Poincarö di< Stellung Frankrelchs in Lieser Frage klargelegt habe eine Stellung, die von d^. öffentlichen Meinung Eng lands und allen anderen alliierten und assoziierten Ländern geteilt würde, habe er zugleich erklärt das Frankreich seinen Ariden gAenüber keim Politik des Hasses und der Rache führen werde. Nach dem der deutsche Außenminister tue Schuld Deutsch lands am Kriege abgestritten habe, eine Aeußerung, du von der deutschen Presse und vielen Prominenten deut schen Politikern viel zitiert worden sei, sei Poincar( gezwungen gewesen, Behauptungen zurückzuweisen, du als Mittel für die Unterminierung von Bestimmungen des Versailler Vertrages benutzt werden könnten, falU man sie unerwidert gelassen hätte. Die Schuld Deutsch lands am Kriege sei die moralische Basts zahlreicher Be stimmungen, die der Vertrag Deutschland auferlegi habe. Hier wird also klar und deutlich ausgesprochen daß auch die öffentliche Meinung Englands nach wir vor an dem Dogma von Deutschlands Kriegsschule fesihält, und zwar aus dem höchst materiellen Grunde In der Aussprache wurde sowohl von Macdonald Von Llohd George auf die Widersprüche zwische« Vorschlägen Churchills und Baldwins hingewie- Darauf erklärte Churchill, daß er im Namen Regierung niemals den Bergarbeitern oder den Vertretern eine parlamentarische Intervention verspro chen, noch ihnen die Möglichkeit einer neuen Vorhand- lung mit den Grubenbesitzern in Aussicht gestellt habe. Er sei der Ueberzeugung, daß niemand mehr habe tun können, als die Negierung getan habe. Er wies di« Gerüchte von Differenzen zwischen ihm und Baldwin rntschieden zurück. Wenn die Grubenbesitzer auf sein Angebot einer neuen gemeinsamen Konferenz mit de« Bergarbeitern eingegangen wären, würbe man sicher lich heute schon eine vollkommen klare Situation vor sich haben. Als zum erstenmale eine deutsche Stimme in diesem Saale erklang, da hat doch mancher von Ihnen die Empfin dung gehabt, daß darin eine Genugtuung lag gegenüber den moralischen Anklagen, die man uns gegenüber erhoben hat. Das sollte empfunden werden gegenüber manchen kleinen Klagen» mit denen einzelne wieder auftreten und sagen: „Da sitzest du mit denen dort zusammen, die einst deine Feinde waren". Diese Ausführungen sind in der Tat nicht derart, daß sie die chauvinistischen Reden Poincares irgend wie rechtfertigten. Auch sonst enthält die Rede nichts von dem, was sie nach den entstellenden französi schen und italienischen Berichten enthalten sollte. weil der Versailler Vertrag Deutschlands Verpsltchtuno zu Reparationszahlungen auf dieser angeblichen Kriegs schuld aufgebaut hat. Das einzige Zugeständnis, das man in Paris und London machen will, ist, daß mar zwischen dem verbrecherischen Deutschland von 1914 und dem tugendhaften von 1926 zu unterscheiden be reit ist. Das hat Poincaro in seiner Rebe vor der Kriegsbeschädigten ganz besonders deutlich ausgespro chen. In ähnlichem Sinne meint der „Temps", da? Deutschland von 1926 würde besser tun, nicht dar auf Ku bestehen, das Deutschland von 1914 von der Kriegsschuld zu befreien. Die Annäherung vorzuberei ten auf der Grundlage eines Mißverständnisses über dii Vergangenheit, wäre eine schlechte Methode. Sie würdi >ie Wahrheit fälschen und würde Unstimmigkeiten in rer Zukunft verursachen. Die beiden Pölker bekämpfen sich seit vielen Jahrhunderten. Sie müßten sich selbst and der ganzen Welt, die durch ihre Streitigkeiten leidet, den unendlich großen Dienst erweisen und über )ie Vergangenheit schweigen und sich selbst in Zu kunft verständigen. Der „Temps" vergißt hierbei nur, daß gerade Potncarö die Schuldfrage wieder aufgerührt hat, die Stresemann durch seine diplomatische Redewendung in Gens in einer Weise hatte ausschalten wollen, mit !>er sich Frankreich sehr wohl hätte zufrieden geben können. Man soll in Paris doch nicht vergessen, )atz auch der deutsche Außenminister auf die öffentliche Meinung in Deutschland Rücksicht zu nehmen hat. Je denfalls wird die deutsch-französische Annäherung durch solche Reden, wie sie Poincaro jetzt wieber gehalten öat, nicht gefördert. Stresemanns „Gambrinus-Rede". Was Stresemann wirklich gesagt hat. . Die „Köln. Ztg." hat jetzt den Wortlaut aus der viel umstrittenen „Gambrinus-Rede" Stresemanns aus Grund stenographischer Aufzeichnungen veröffentlicht. Von besonderem Interesse ist daraus der Passus, der sich auf die Krtegsschuldlüge bezieht, da er zu den Aus führungen Poincares in Bar-le-Duc den Anstoß ge geben hat. Er sei deshalb nachstehend im Wortlaut wiedergegeben: Wenn man uns vorgeworsen hat, wir seien die mora lische» Urheber des Weltkrieges, so sagen wir: das waren wir nicht. Wenn Ihr gesagt habt, wir seien nicht fähig, andere Völker zu kolonisieren, so sagen wir Euch: wir haben dasselbe Recht dazu wie irgendeine andere Nation der Erde. Wir sind keine Ehauvinisten, aber wenn es sich darum handelt, andere Völker zu kolonisieren, so wollen wir mit Euch in der gleichen Linie stehe». Und diese Er klärung hat man doch schließlich gelten lassen an jenem Mor gen, als wir eintraten, als der Beifall uns rutgcgentrat, der »nseren Eintritt begrüßte. Erscheint Werktag!. Nackm Bezugspreis monat lich im voraus 1bv R.-Psg. freibl., auSschl.Trägeri. Einzelne Nr. IO Reichsps., Sonntags-Nr. 20 R.-Pf. Anzeigenpreise: 6 gesp. Petitzeile 0,IL N.-Mark, v. außerhalb des Bezirkes 0,2V R.-Mark, Zgesp Retlamezeile 0,45 R.-Mark, Linweise auf Anzei gen und Eingesandte 0,10 R.-Mark, Nachweise- und Offertengebühr 0,20 R.-Mark, Rabatt nach Tarif. Schwieriger Satz (Tabellen) mit Aufschlag Gegründet 1878. 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