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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 24.11.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189911240
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18991124
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18991124
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-11
- Tag 1899-11-24
-
Monat
1899-11
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 24.11.1899
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18»». geblieben und habe dadurch der deutschen Politik de» Weg vor geschrieben, den sie jetzt einschlage. Der Bize-Präsident der Bereinigten Staaten Hobart ist Dienstag srüh in Paterson gestorben. In Samoa ist Alles ruhig. Streitigkeiten im Stadtrath sind durch den Vorsitzenden vr. Sols geschlichtet worden. — Der britische Kreuzer „PyladeS" ist am 7. d. M. nach Sydney in See gegangen. An Bord desselben befindet sich der Ex-König Tanu, welcher sich zu einem Besuch bei seiner Schwester «ach den Fidschi-Inseln begiebt. Der Krieg ii Südafrika. Die Lage auf dem Kriegsschauplatz wird in folgendem Brief der „Kabeltorrcspondenz" beleuchtet: „London, 20. November. Heute sind 24 000 Mann des englischen Armeekorps in Kapstadt, Durban und East London gelandet und ein Theil davon bereits an die Front vorgescho ben. Die Operationen sollen theilweise sofort beginnen, und wenn ein Theil der gelandeten Truvpen vorläufig noch zur Jn- aktivität verurtheilt bleibt, so liegt das theils an dem fast gänz lichen Fehlen der Artillerie, theils an dem traurigen Zustande, in dem die wenigen bisher gelandeten Zuathiere sich befinden, sodaß selbst die vorhandene Artillerie nicht aktionsbereit ist. Wie unsere Spezialtorrespondenten in Kapstadt und Dur- -ban bereits ausführlich dargelegt haben, hat General Buller seinen Feldzugsplan vollständig ändern müssen, ja vorläufig ganz aufgegcben. Anstatt mit dem gesammten Armeekorps nach Kimberley hinauf zu gehen und von dort aus Bloemfon tein, die Hauptstadt des Oranjefreistaates, zu nehmen und da nach sich gegen Johannesburg und Prätoria zu wenden, hat der englische Obergeneral seineTruppenin drei klei nere Korps zersplittern müssen, und bereits Leute erklären die kompetentesten militärischen Beurtheiler in England selbst es für mindestens fraglich, ob die Buller zur Verfügung stehenden dergestalt zersplitterten Truppen auch nur genügen werden, um deren allernächste Aufgabe zu lösen. Diese ist heute schon nicht einmal mehr schlechthin die Entsetzung von Ladysmith, Kimberley und Mafeking (noch vor 8 Tagen defi- nirte man hier in dieser einfachen Werse das zu lösende Pro blem), sondern es handelt sich jetzt darum, zuvor das vor den belagerten Städten liegende Land vom Feinde zu befreien und sich oessen wichtiger strategischer Positronen zu bemächtigen. In diesen aber dürften die Buren den jetzt zum Angriff ge zwungenen Engländern einen um so gefährlicheren und nach haltigeren Widerstand leisten, als sie ihre bominirenden Stellun gen rn offenbar gar nicht zu verachtender numerischer Stärke mnehaben. Zuverlässige Ziffern über die Stärke der einzelnen BurenkorpS sind zur Stunde nicht erhältlich. Die englischen Quellen geben offenbar übertriebene Ziffern an, denn nach ihnen müßten in dem Eisenbahn-Oktogon Aliwal, North Stormberg, Middelburg, Colesberg und längs deS südlich vom Oranjefluß gelegenen Gebiets der Kavkolonie mindestens 14 000 bis 16 000 Transvaal- und Oranjeburen operiren, während auf der Linie Eastcourt—Durban, d. h. zwischen Ladysmith und den zu dessen Entsetzung gelandeten englischen Truppen einige 20 000 Mann stehen, ganz ungerechnet die Ladysmith belagernden Bu- reutommandos. In Durban sind bis heute 10 624 Mann in zehn Trans- portbampfern gelandet, von denen indeß nur einer, die „Armi nia", eine Batterie brachte. Zu diesen Mannschaften kommen -noch etwa 3 000 lokale Freiwillige, ohne größeren militärischen Werth, und aus Ladvsmith versprengte Reguläre. Die Avant garde dieses Korps kommandirt General Hildyard; in East court befehligt unter ihm Oberst Long. In Pietermaritzburg steht Generalleutnant Clery, während General Wolfe Murray die Sicherung der Verbindungslinie zu überwachen hat. Ihnen Pehen gegenüber (nach englischen Angaben) 10 000 Mann un ter General Jouvert selbst und Louis Botha und zwar mit ihrem Hauptkorps zwischen Colenso und Eastcourt, ihren rech ten Flügel gegen Westen vorgeschoben und mit dem linken Flü gel über Weenen und dem Mooifluß Fühlung mit General Lu cas Meyer nehmend, welcher über Greytown mit angeblich 4 bis 5000 Mann sich auf dem Pompoen Nek, gegenüber Maretz- burg, festgesetzt hat. Oestlichvon Meyers Kommando zieht Erasmus mit angeblich 2000 Mann auf der Straße von Grey- town nach Durban, seinerseits die Verbindung mit Schafk Bur ger herstellend, welcher von Vryheim und Eshowe über Stanger auf der Eisenbahnlinie nach Durban vorrückt. Vom Westen her bedroht angeblich ein weiteres starkes Kommando unter Biljone (?) die Verbindungslinie Eastcourt-Maretzburg. Wie dem nun auch im einzelnen sei, so liegt es doch auf der Hand, daß die hier operirenden 10 000 Mann Engländer auf ihrem Vormarsch gegen Ladysmith sich durch angeblich gleich starke Burenkommandos fortwährend in ihrer Flanke bedroht sehen würden. Sie werden ebenso gezwungen sein, starke Besatzungs korps in Durban und Maretzburg, wie Weston und Eastcourt zurückzulassen, die ihrerseits wieder der Gefahr ausgesetzt sind, abacschnitten und eingeschloffen zu werden, und schließlich wür de dem von diesen 10 000 Mann verbleibenden Reste, nach An gabe jener Garnisonen und der nöthigen Truppen zur Siche rung der Verbindung mit ihrer Operationsbasis, sich bei East court, wenn nicht schon vorher, ein ihm numerisch überlegenes Burenkorps auf beherrschenden Positionen entgegenstellen und ihm den Weg nach Ladysmith verlegen. An dieser allgemeinen Lage würde sich auch nicht viel ändern, wenn während der näch sten Wochen weitere 10 000 Mann in Durban landen sollten. Die ersten Fehler bei Beginn des Krieges werden sich auch dann noch mit logischer Nothwendigkeit weiter rächen und die eng lischen Truppen zwingen, mit stürmender Hand in ihrem eige nen Lande die von den Buren so geschickt besetzten und befestig ten Höhen erst wieder zu nehmen, ehe sie auch nur daran denken können, den Krieg durch die Pässe in das Gebiet der südafrika nischen Republiken selbst hinüber zu tragen." Soweit die „Kabelkorrespondenz". Den bisherigen englischen SiegeSnachrickten reiht sich eine Mittheilung der Londoner Abend blätter aus Estcourt vom letzten Montag Abend an, wonach die Buren die Aussichtslosigkeit ihrer Bemühungen um Ladysmith eingesehen und den Kamps aufgegeben haben. Nach diesem her vorragendsten aller Siegesnachrichten sei „nunmehr bekannt ge worden", daß General Joubert mit seiner gesammten Streitmacht südwärts nach Estcourt vorrückt; die Belagerung von Ladysmith sei wahrscheinlich ausgegeben worden. Das wäre selbstverständlich nur möglich, wenn Ladysmith eben überhaupt nicht mehr belagert zu werden brauchte, d. h. wenn es kapitulirt hätte. Soll, wenn Ladysmith sich noch hält, die Meldung überhaupt einen Sinn haben, so könnte man nur etwa annehmen, daß sie besagen soll, die Belagerung sei in eine bloße Cernirung verwandelt worden, da von der Besatzung eine Gefahr überhaupt nicht mehr zu be sorgen wäre und General Joubert zunächst dem englischen Ent- sstzheer entgegentreten wolle. Nicht viel günstiger für die Engländer liegen die Dinge am Oranjefluß. Von den in Kapstadt bis heute gelandeten 12123 Mann (darunter nur eine halbe Batterie und 179 Artilleristen, der größte Theil der Pferde und Maulesel in dienstuntauglichem Zustande) sind vorläufig am Oranjeflusse, d. h. in den Lagern von de Aar und Hopetown erst die Garden eingetroffen, d. h. die 2. Gold Streams, die Scots Guards, die Grenadiere, daS erste Gold Stream Bataillo«, ein hälbes Bataillon NorthamptonS und ein Bataillon Uorkshire. Train und Artillerie fehlen noch gänzlich, die Kavallerie ist nur theilweise beritten. Die Marinebrigade, welche dieses vorgeschobene Korps komplektiren soll, wird erst nächste Woche erwartet. Andererseits besteht es zweifellos aus der Blüthe der englischen Regimenter, denen di« Aufgabe zufällt, Kimberley um jeden Preis und so schnell als möglich zu entsetzen. Kimberley gilt offenbar sür die Perle, die vor Allem gerettet werden muß; auch hier sieht man wieder den Einfluß der Grubenbesitzer und ihres Schutzherrn Rhodes. Die Lage der Buren ist auch durch die zahlreich von ihnen unternommenen Brückensprengungen erheblich gebessert. Denn durch diese wird der Augenblick hinausgezögert, in dem die Eng länder zum Angriff übergehen können. Mit Pontonbrücken können die Engländer wegen des Charakters der dortigen Wasserläufe nichts an fangen; es bleibt nur die Heranschaffung vonErsatzmaterialanStelle der zerstörten Brücken übrig, und dieses muß in den englischen Eisenwerkstätten erst hergestellt und dann nach seinem Bestim mungsorte verschifft werden. Denn abermals, wie in Sachen der Nilbrücken im Sudan, seine Zuflucht zu amerikanischen Lieferanten zu nehmen, hat sich das Londoner Kriegsamt nicht entschließen wollen, auch haben sich einheimische Firmen zur unverweilten Herstellung des benöthigten Brückenbaumaterials bereit erklärt. Dies kann aber erst mit Ende des laufenden Jahres zur Ver frachtung gelangeu, d. h. es kann vor Anfang Februar kaum am Kap eintreffen. Bis dahin müßte also jedenfalls der Vormarsch in daS Gebiet der Burenrepubliken verschoben werden, da die strategisch wichtigen Wasserläufe nach Zerstörung der Brücken sür eine Armee mit Geschützen und einem so ungeheuren Troß, wie ihn die Engländer in Südafrika benöthigen, schlechterdings unpassirbar sind. Man dürfte daher auch nach vollzähliger Versammlung des nach Südafrika unterwegs befindlichen Armee corps noch nicht sobald von einem Hinüberspielen deS Krieges in daS Burengebiet hören. Nun die Einzelmeldungen: Pretoria, 21. November. Ein auS dem Hauptquartier ein gegangener telegraphischer Bericht von gestern wurde heute früh dem KriegSrath vorgelegt, welcher eine zweistündige Berathung abhielt. Der Bericht besagt, daß am Sonnabend auS der Richtung von Estcourt starkes Geschützfeuer vernommen wurde und daß man südlich von Ladysmith andauerndes Gewehrfeuer hörte. Eine kleine Abtheilung der Engländer machte heute früh (20. November) einen Ausfall, wurde aber zurückgetrieben. In der Nähe von Waschbank wurden fünf Karabiniers gefangen genommen und nach Pretoria abgesandt. Die schweren Trans vaal-Geschütze warfen heute Nachmittag eine Anzahl Granaten in die Stadt. Estcourt, 20. November. Der Feind (die Buren), welcher 10 Meilen nordwestlich von Estcourt Ausstellung genommen hat, ließ sich nicht aus seinen Stellungen locken. Am Mooiflusse soll ein Gefecht in der Richtung nach Süden im Gange sein. Die südlich von Ladysmith stehenden Buren sind eifrig mit Fouragiren aus den Gehöften beschäftigt. London, 21. Nov. Aus Ladysmith meldet ein „Times"- Lelegramm vom 16., anfänglich sparsames Umgehen mit der Munition habe bewirkt, daß wenigstens von diesem Kriegsbe darf noch genüqender Vorrath vorhanden sei. Offenbar also sind Lebensmittel bereits sehr knapp London, 21. Nov. Nach einer „Reuter"-Meldung aus Kapstadt vom 15. November ist der Einfall der Buren m die Kapkolonie jetzt eine vollendete Thatsache. Es besteht lein Zweifel, daß Versuche gemacht werden, die Fahne des Aufruhrs in der ganzen Kolonie zu entfalten. Die Aussichten der Buren auf Erfolg sind schwer zu beurtheilen, viele Holländer sind ohne Zweifel aufgeregt durch die Anwesenheit der Buren. Darunter befinden sich zahlreiche, welche, solange die Buren noch auf der anderen Seite des Flusses sich befanden, nie daran gedacht Ha den würden, zum Feinde überzutreten. Näheres über ihre Hal tung muß abqewartet werden, bevor sich irgend etwas hinsicht lich der Möglichkeit eines holländischen Aufstandes sagen läßt. Die Militärbehörden am Kap halten jede Vorwärtsbewegung der Truppen möglichst geheim. Das Publikum bleibt vollstän- l ig im Dunkel über den Bestimmungsort einzelner auf den Kriegsschauplatz gesandten Regimenter. London, 21. Nov. Ein Kapstädter Telegramm besagt, daß die Buren bei Kuruman (Britisch-Betschuanaland) von den britischen Truppen geschlagen wurden. Einzelheiten darüber werden nicht gemeldet. Der Einfall der Buren in die Kapkolo nie nehme größern Umfang an. Aliwal North, Burghersdorp, Colesberg und Campbell sind in Feindeshände gefallen. Die Besetzung von Jamestown wird erwartet. Die besetzten Städte würden systematisch unter die Herrschaft des Freistaates gestellt. Der Aufruf an die Afrikander, sich den Buren anzuschließen, sei bislang ergebnißlos (?) geblieben. — Kuruman liegt etwa 200 Kilometer westlich von der Transvaal-Grenze. Daß die Buren so weit nach Westen vorgedrungen seien, erfahren wir hier zum ersten Mal. Durban, 20. November. Nach einem Telegramm des „Natal Advertiser" aus Estcourt besetzten etwa 700 Buren von Weenen kommend, gestern eine starke Stellung bei Turners Farm auf dem Hochlande etwa 14 Meilen südlich von Estcourt, nordwestlich deS Mooi-Flusses. Britische berittene Infanterie und Carabiniers auS Estcourt verwickelten den Feind in ein Ge fecht. Der Feind, der einen Verlust von 3 Mann einschließlich des Führers gehabt haben „soll", zog sich zurück und nahm 200 Stück Vieh von der Farm mit. (Wahrscheinlich wollte er fouragiren.) Kapstadt, 16. November. Der in Johannesburg er scheinende „Standard and Diggers News" erklärt die Meldung, daß die Regierung der südafrikanischen Republik die Goldminen zerstöre, für unbegründet und bemerkt, die Minen seien im Betrieb und das Gold werde für den Zweck der Vertheidigung der Unabhängigkeit des Landes benutzt. Nach Beendigung des Krieges werde das Geld zurückgezahlt, und die Aktionäre in Europa könnten beruhigt sein, daß dann keine Minen zu Grunoe gerichtet seien. Kapstadt, 21. November. „Midland News" meldet, die beiden Mitglieder des Kapparlaments van der Walt und Gober hätten sich in Colesberg den Buren angeschlossen. Drei deutsche Offiziere, Oberst v. Braun, Leutnant Brüsewitz und Leutnant v. Kunze trafen in Prätoria ein. Offi ziell wird abgeleugnet, daß Deutsche die Burenartillerie be dienten; alle Artillerieoffiziere seien Eingeborene. Der 2. Las der Etatsberath»ns i« der Wtiteu Kammer. Abg. Niethammer (nat.-lib.) eröffnet die Debatte: Durch die Schmalspurbahnen werde unser Eisenbahnnetz un- günstrg beeinflußt. Man solle zur Normalspur zurückkehre». Er halte es für grundfalsch, zwischen vorhandenen Normalspm- linien Schmalspurbahnen hineinzulegen. So hätte z. B. die Linie Potschappel-Nossen für keinen Fall schmalspurig gebüt werden dürfen. Die Schmalspur genügt nur einem sehr ein geschränkten Verkehrsbedürfniß. Redner sucht ziffermäßiz die Richtigkeit seiner Anschauungen nachzuweisen. Nicht das sei das Richtigste, was am wenigsten toste, sondern was seine» Zweck am vollendetsten entspricht. Eine unangebrachte Spar- amleit im Eisenbahnwesen halte er für einen Fehler. Mit Be- riedigung habe er in der Presse gelesen, daß auch die große onservative Partei der Meinung sei, daß wir Normalspurbah nen bauen müssen, und er bitte die Finanzdeputation 8, diese Frage in einer Weise zu erledigen, wie sie seiner Auffassung entspreche. Durch die Einführung der B a h n st e i gs perre seien Verkehrserloichterungen nicht geschaffen worden. Der außerordentliche Etat lege Zeugniß dafür ab, daß in unsere» Eisenbahnwesen nicht die erforderliche Voraussicht gewaltet ha be. Das beweise, daß man jetzt an so vielen Stellen nachhelfe» müsse. Wir seien früher gegen die Privatbahnen viel zu kon- ciliant gewesen. Jetzt kommen wir dazu, eine Fülle von Weg überführungen bauen zu müssen. Er wies dabei insbesondere auf die Linie Dresden—Leipzig hin. Ob die Regierung nicht der Vorwurf treffe, daß sie schon seit Jahrzehnten die jetzt zu treffenden Maßregeln hätte ergreifen müssen, wolle er nicht un- ! tersuchen. Wenn der Technilermangel zur Verlangsamung des Bahnbaues führe, so dürfe man doch nicht versuchen, dies da durch auszugleichen, daß die technischen Beamten im Betriebe mit Arbeiten belastet würden, welche eigentlich zum Baue und nicht zum Betriebe gehörten. Es dürften die Aufgaben des Betriebes, für die Betriebssicherheit der Passagiere und der Gü- > ter zu sorgen, nicht beeinträchtigt werden. Redner wendet sich hierauf gegen den Abg. Fräßdorf. Die Behauptungen des Ab- geordneten Fräßdorf hätten ihn (den Redner) aufs neue dadon überzeugt, daß uns der Begriff Sozialdemokratie eigentlich ver loren gegangen sei. Die Ziele der Sozialdemokratie seien mit einem geordneten bürgerlichen Staatsleben überhaupt unver einbar, und es sei eine solche Begriffsverwirrung eingetreten, daß es für ganz richtig gehalten werde, daß Leute in unseren Volksvertretungen säßen, welche Reich und Staat bekämpften und sie abschaffen wollten. Die Sozialdemokratie möge sich fragen, ob ihr die Reichseinheit nicht erst die Möglichkeit ge geben habe, in der Weise aufzutreten, wie es geschieht. (Sehr richtig!) Die Führer der Sozialdemokratie hätten den Arbei termassen leinen Dienst geleistet, indem sie sie im Gegensatz zu den Arbeitgebern gebracht hätten. Arbeitgeber und Arbeitneh mer gehörten untrennbar zusammen. Redner weist noch daraus bin, daß der Reichstag soeben das Gesetz zum Schutze der Ar beitswilligen abgelehnt habe. Man begehe leider damit ein Unrecht gegen die Arbeiter und er bedauere, daß das Gesetz im Interesse der Arbeiter nicht zu stände gekommen sei. Eine Koa lition der Arbeiter könne man sich gar nicht denken ohne einen gewissen Terrorismus. Redner schließt hierauf mit der Be merkung, daß wir auf dem gegenwärtigen Wege zu einem Ziele gelangen würden, das uns allen als ein ganz unrichtiger Aus gang der Dinge erscheinen müsse. Abg. Heitzig- Zwickau (nat.-lib.) wendet sich gegen den Titel 10 des Etats, die neu zu errichtende Kreishauptmann schaft Chemnitz betreffend. Er glaubt zwar selbst, daß es sich um eine vollendete Thatsache handelt, an der nichts mehr zu ändern sei, bestreitet aber die Nothwendigkeit. Er bittet schließ lich, Glauchau bei der Kreishauptmannschaft Zwickau zu be lassen und Zwickau einigermaßen dadurch zu entschädigen, daß man die geplante neue Erziehungsanstalt für Blinde und Schwachsinnige nach Zwickau lege. Abg. Hertwig (kons.): Eine unangenehme Ueberraschung habe der Etat gebracht durch die Forderung neuer Amtsgericht! in Dresden und Leipzig. Erfreut sei er dagegen durch di! Forderung der Errichtung eines Landgerichtes in Riesa. Ei erkenne das Entgegenkommen der Regierung gegenüber dm Wünschen der Kammer an. Es sei wiederholt der Wunsch aus gesprochen worden, nicht alle größeren Institute in die Haupt städte zu verlegen, sondern auch die Provinz gleichmäßig zu bedenken. Wenn im Etat etwas zu streichen sei, so könne ks nur das geplante zweite Landgericht Dresden sein, für welches Grund und Boden so viel losten würde, als in der Provinz eia ganzes Landgericht. In der Zunahme der direkten Steuern sei ein sicheres Zeichen der Zunahme des Wohlstandes zu finden. Man müsse aber das Wachsthum der Steuerkraft in einer län geren Periode erblicken. Von den Städten werde jetzt mehr Grundsteuer entrichtet als vom Platten Lande. Auch die übri gen Steuerleistungen, sowie die Bevölkerungszahl hätten sich zu Ungunsten des platten Landes verschoben. Es sei das Be denken naheliegend, daß in Bezug auf die Vertreterzahl in der Kammer das Platte Land gegenüber den Städten bevorzugt er scheine. Die Verhältnisse und die Zeit würden es mit sich brin gen, daß hier Wandel geschaffen werden müsse. Gegenwärtig ' aber sei schon aus räumlichen Gründen an eine Vermehrung der städtischen Abgeordneten nicht zu denken. Diese Frage sei deshalb zu vertagen bis zur Errichtung des neuen Landhauses, in dem ja auch 120 Sitze für die zweite Kammer vorgesehen seien. Abg. Behrens- Dresden (kons.): Er bedauere, daß die Ueberschüffe aus den Eisenbahnen eine Verminderung zeigen, er freue sich aber darüber, soweit dies auf eine Erhöhung dee Löhne und Gehälter zurllckzuführen sei. Bezüglich der Perron sperre, deren Kosten ja auch an der Verminderung der Ueber- schüsse betheiligt seien, bemerkt er, daß diese Einrichtung aber trotzdem im Interesse der Sicherheit der Bahnbediensteten mit Freuden zu begrüßen sei. Der Finanzdeputation R wolle er ans Herz legen, besonders bei den Neubauten zu sparen. So bedauere er, daß man ein so theures Gebäude für die Polizei errichtet habe. (Sehr richtig!) Bezüglich der 80-Millionen-An- leihe könne er sein Erstaunen nicht unterdrücken, wie Herr Bice- präsident Georgi erklären konnte, daß der Regierung in keiner Weise Vorhaltungen zu machen seien. Der Herr Staatsmi- nister habe gebeten, nnt Ruhe und Objektivität an diese Ange legenheit heranzutreten. Er halte auch dafür, daß Ruhe uno Objektivität jede Sache fördern könne. Die Regierung sei ganz gelinde ausgedrückt — bei Begebung der Anleihe nicht gm oerathen gewesen. Die Nationalliberalen seien leider nicht fu eine genaue Prüfung, er halte sie aber für nothwendig, um w Zukunft ähnlichen Vorkommnissen vorzubeugen. (Sehr richtig.- 8ier Monate früher habe die Deutsche Bank 200 Millionen zu 92 Prozent begeben. Es müsse möglich gewesen sein, mim bestens 85 Prozent bei der sächsischen Anleihe zu erzielen. CH' rakteristisch sei die Auslassung eines hiesigen geachteten Ba
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