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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 18.10.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189910183
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18991018
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18991018
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-10
- Tag 1899-10-18
-
Monat
1899-10
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 18.10.1899
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Mittwoch, de» 18. Oktober. 18S9 Schmied benahm sich ziemlich gelassen. Man merkte kaum die in ihm aufgestiegcne Verbitterung, als er das Wort wieder er griff: „Glaubst wirklich noch, daß ein redlicher, ehrliebender Mensch in Euerm Dorf bleiben kann? Was hab' ich Euch — was hab' ich denen Kindern zu Leid gethan? Nichts, gar nichts! Die wenigsten von Euch kennen mich, — ich bin nur selten aus dem Haus 'gangen, und doch zieht man gegen mich los, wie gegen einen Verbrecher, — man hetzt mich, als wär' ich ein schädlich's Thier. Sag' nicht", fuhr er mit erhobener Stimme fort, weil er wahrzunehmen glaubte, daß Rosl eine Einwendung machen wollte, — „sag' nicht, das wären nur unverständige Kinder, auf deren Gethu' man nichts zu geben brauchet! Wie die Alten sungen, so zwitschern die Jungen, und wenn's die Kinder da heim von den Eltern nicht hören thäten, könnten sie die Spott- liedel auf der Straß' nicht nachsingen." Rosl's Brust hob sich unter einem tiefen Seufzer. Sic wußte, daß der Vorwurf des Schmieds gegen die erwachsene Einwohnerschaft des Dorfs nur allzu berechtigt war. „Ich bin in Euer Dorf 'kommen", spann Gottfried seine Rede fort, „weil ich in den Jahren bin, wo man sich eine eigene Heimath sucht und sein eigenes Nest bauen möcht'. Ich hab' den besten Willen g'habt, mir da als Schmied mein rechtschaffe nes Stück Brod zu verdienen, ich glaub', ich hätt' auch 'was vor wärts 'bracht. Denn so verkommen das Häusl ausschaut, — ich hab' von meinemEinstandsgeld noch so viel übrig, daß ich's zu einer braven, zu einer hauptguten Schmieden hätt Herrichten können. Zudem lieqt's an der Straß', auf Stunden herum giebt's keine andereSchmieden und ich prahl' mich nicht, wenn ich behaupt', daß ich mein Handwerk tüchtig g'lernt hab'. Auch die Pirker Bauern hätten damit zufrieden sein können, daß sie die Schmieden in's Dorf und dazu einen ordentlichen Meister be kommen hätten. Aber die machen's einen ehrlichen Burschen schon darnach, daß er gern wieder geht! Die verdienen keinen solchen, sondern nur Lumpenpack undBaaaschiwaar', die sich von ihnen verachten und mit Füßen treten läßt. Das hab' ich in den paar Tagen, die ich in Euerm Dorf haus', genau kennen g'lernt, und für diese Lehr' ist dem Gottfried Federspiel das Reugeld von dreißig Gulden nicht zu theuer. — So, Madl! Jetzt weißt es, warum ich in die weite Welt geh'." — (Fortsetzung folgt.) Verschiedenes. * Bös angeführt wurden am Freitag Vormittag in Berlin Weinhändler, Restaurateure und andere Leute, die für wenig Geld einen guten Wein zu kaufen gedachten. Der Gerichtsvoll zieher Hautsch hatte angezeigt, daß er am Freitag Vormittag um II Uhr in dem Auktionslokale in der Neuen Schönhauser straße 16 Weiß- und Rothweine, Malaga und Cognac zwangs weise öffentlich versteigern werde. Im Ganzen kamen 433 Flaschen uner den Hammer. Es waren die feinsten Marken, alle Flaschen gut verkorkt und schön gekapselt noch in der Ori ginalstrohverpackung in Kisten. Außer den Weinhändlern und Restaurateuren boten auch die Stammhändler der Versteige rungshallen, und ein Theil des Weines wurde an Ort und Stelle sofort weiter verkauft. Jeder glaubte, ein gutes Ge schäft gemacht zu haben, und begab sich zufrieden auf den Heim weg. Als man aber zu Hause an die Probe ging, da gab es eine arge Enttäuschung. Die schönen Etiketts mit den stolzen Namen und die Originalpackung waren nur trügerischer Schein. Der feurige Weißwein war klares, medizinischer Rothwein ge färbtes Wasser, desgleichen der Portwein, Malaga und Sherry, der Cognac gar denaturirter Spiritus mit gefärbtem Wasser. Ob dieser Entdeckung gab es nun ani Sonnabend in dem Auk tionslokal eine bedeutende Aufregung. Die Geprellten kamen, um zu erfahren, wer sie hineingelegt hatte, da aber der Gerichts vollzieher nicht zu treffen war, so konnte noch nicht festgestellt werden, wer die Schwindelversteigerung veranlaßt hat. Die Geschädigten nahmen die Hülfe der Kriminalpolizei inAnspruch. Ohne Zweifel hat man es hier mit einem neuen, eben so sinn reichen als einträglichen Gaunerkniff zu thun. Betheiligt sind dabei zwei Personen. Nachdem diese ihre „Weine" zurechtge macht und schön verpackt haben, erhebt der eine Gauner eine er dichtete, von dem andern aber anerkannte Forderung und macht sie bei Gericht geltend. Die Geschichte ist bald geregelt und kostet nicht viel, da der Beklagte nicht streitet. Mit dem vollstreckbaren Erkenntnisse geht der Kläger zum Gerichtsvollzieher, und nun kommt das Weinlager des Verurtheilten unter den Hammer. Die „feinen Marken" bringen immerhin Geld, vorgestern gegen 600 und da das Master garnichts und Farben und Flaschen auch nicht viel kosten, so bleibt für die beiden Gauner nach Ab zug der Gerichts- und Versteigerungskosten immer noch ein schönes Stück Geld übrig. Ob in diesem Falle der Gerichts vollzieher den Erlös schon abgeführt hat, steht noch nicht fest. * Der ausgcmesscne Schmerz. Ein Mitglied des Bureau of Education der Vereinigten Staaten, Dr. Macdonald, hat, wie dem Lancet aus New-Port geschrieben wird, ein eigentüm liches Instrument erfunden, das er „Schläfen-Algometer" (Schmerzmester) nennt. Er hat hcrausgefunden, daß die Em pfindlichkeit gegen Schmerzen mit dem zunehmenden Alter ab nimmt. Die linke Schläfe ist empfindlicher als die rechte, und dieses Erqebniß befindet sich in Uebereinstimmung mit der schon durch frühere Experimente sestgestellten Thatsache, daß die linke Hand des Menschen gegen Schmerz empfindlicher ist als die rechte. Vom 10. bis zum II. Lebensjahre nimmt die Schmerz empfindlichkeit ab, vom 11. bis zum 12. wieder zu, dann bis zum 13. nochmals ab. Vom 13. bis zum 17. Jahre vollzieht sicheineWandlung insofern,als die rechteSchläfeinihrerSchmerz- empfindlichkeit ab-, die linke zunimmt. Auffallend ist die Erfah rung, daß Mädchen aus Privatschulen, die gewöhnlich aus wohl habenden Familien stammen, weit empfindlicher gegen Schmerz sind als Mädchen aus öffentlichen Schulen; das härtere Leben, das die Majorität der weniger Wohlhabenden führt, scheint also gegen den Schmerz abzustumpfen. Am bedeutendsten wurde der Gegensatz, als Dr. Macdonald die Schmerzempfindlichkeit von weiblichen Studenten mit der von Waschfrauen verglich, die den ganzen Tag über harte körperliche Arbeit hatten, letztere besaßen eine weit geringere Empfindlichkeit gegen Schmerz. Auffallender Weise jedoch schienen die weiblichen Studenten immerhin noch weniger empfindlich zu sein als Handelsfrauen. Es scheint also keine nothwendige Beziehung zwischen geistiger Entwicklung und Schmerzempfindlichkeit zu bestehen. Wahr scheinlich hangt letztere von der Lebensweise in den jungen Jah ren ab. Macdonald stellt zum Schluß folgende Reihe auf: am empfindlichsten gegen Schmerz sind Mädchen aus Wohlhabenden Klassen, dann die Frauen eigener Erziehung, dann die Handels ¬ erwartete das Resultat. sicher wäre, Niemand im Auditorium kätte jemals schon den Geruch dieser chemischen Mischung kennen gelernt, die ich auf die Baumwolle gegossen hatte, und ich sprach die Hoffnung aus, daß, wenn auch der Geruch stark und merkwürdig sein sollte, er jeden falls Niemand unangenehm berühren würde. Nach Ablauf von 15 Sekunden erhoben die meisten der Anwesenden, die in den vordersten Reihen saßen, die Hand, und nach 40 Sekunden hatte der „Geruch" sich bis in den hintersten Theil des Saales verbreitet. Drei Viertel ungefähr des Auditorinms erklärte zu diesem Zeitpunkt, den Geruch zu empfinden. Wahrscheinlich wäre noch eine größere Zahl der Anwesenden der Suggestion zum Opfer gefallen, wenn ich nicht genöthigt gewesen wäre, das Experiment zu unterbrechen, weil einige der Zuhörer in den vordersten Reihen „infolge des strengen Geruchs"! — anfingen, sich übel zu befinden und den Saal verlassen wollten!" ... * Die verkannte Natter. Aus Ehingen wird der „Ulmer Ztg." folgendes Geschichtcheu mitgetheilt: „Do Bua!" sagte ein Bauer in Mundingen zu feinem Sohn, „bring de Säu amol die Kartofle do!" Der Junge gehochte und ging in den Hof. Als er jedoch eben im Begriffe war, die Thür des Schweinestalls zu öffnen, sah er aus einer Nitze ein mächtig langes, gelbes Ding herausbaumeln, daS verdächtig hin- und herzüngelte. Entsetzt ließ er seine Erdäpsel fallen und lies zurück in die Stube. „Herr Jeses, Herr Jeses!" schrie er feinem Vater entgegen, „im Saustall ischt a wüthig grauße Natter!" Dem Bauern blieb bei dieser Nachricht ei» Rädle Stuttgarter Wurst, das er eben zum Nacht brot verzehren wollte, im Halse stecken. Doch faßte er bald wieder Muth und ging, mit einer Heugabel und einem Beil versehen, auf den Schweinestall los. Richtig, da schwänzelte das verwünschte Ding immer noch aus der Nitze heraus. So groß und so giftig hatte er es sich aber doch nicht gedacht und der Gedanke, eS ohne Beihilfe umzubriuge^ verging ihm bei flauen, dann die weiblichen Angehörigen der Universität unö schließlich, am wenigsten, die Waschfrauen. * Der Trick mit Dem Zwetrade. Auf eigenartige Weise brandschatzen seit einigen Tagen zwei Gauner Pariser Hotels. Sie verfahren dabei auf folgende Art und Weise: Zuerst kehrt der Eine von ihnen, welcher eine Maschine fährt, im Radfahrer-Anzuge in einem Hotel ein. Kurze Zeit darauf, nachdem er ein Zimmer erhalten, verläßt er ohne das Zweirad das Hotel, um Einläufe zu machen. Nach einer Stunde etwa erscheint der zweite Gauner auf der Bildfläche, ohne Rad, aber in demselben Anzüge und mit demselben Haar- und Bartschnitt. Auch er verläßt nach kurzer Zeit das Hotel, kommt jedoch bald wieder, bezahlt seine Rechnung und verlangt vom Portier sein Zweirad, welches er ihm zur Aufbewahrung gegeben. Der Pförtner, welcher sich des ähnlichen Aussehens wegen in der Person irrt, übergiebt ihm das Rad. Am nächsten Morgen bezahlt der erste Gauner, welcher mit dem Zweirade erschienen ist, seine Rechnung und verlangt ebenfalls seine Maschine. Der Pförtner merkt nun zu seinem Schrecken, daß er sich geirrt hat, der Gauner flucht und schimpft, der Wirth wird geholt, und dieser bezahlt schließlich dem Diebe, um jedes Aufsehen zu vermeiden, zwei- oder dreihundert Francs Schadenersatz. Hinter- ber, wenn es zu spät ist, kommt man erst zu der Einsicht, daß man zwei abgefeimten Spitzbuben zum Opfer gefallen ist. * Bedauernswerthe Opfer der Mode. Im nächsten Winter soll wieder viel Sealskin getragen werden. Die Vertreterinnen des zarten Geschlechts wird es darum interessiren, wie es beim Fang der Robben zugeht, die dieses schöne glänzende Pelzwerk liefern. Kapitän Borchgrevink, der wohlbekannte Polar forscher, sagt z. B.: Das Fangen, Tödten und Häuten der See hunde ist eine äußerst interessante und angenehme Beschäftigung, die ganz besonders zart besaiteten Menschen zu empfehlen iväre. Selten nur stirbt ein Seehund von den zwei oder drei Schlägen, die man ihm verabfolgt. Wenn das Thier auch noch nicht ganz todt ist, wird ihm doch schon das Fell abgezogen. Die Robben- sänger behaupten sogar, daß sich das Häuten am besten be werkstelligen lasse, ,o lange das Geschöpf noch am Leben ist und fühlt, was mit ihm vorgeht. In seinen furchtbaren Qualen zieht der Seehund alle Muskeln zusammen und erleichtert dadurch unwillkürlich dem grausamen Jäger die Arbeit. Ein anderer Forscher erzählt sogar, daß er es mit eigenen Augen gesehen habe, wie brutale Matrosen den leicht verwundeten Thieren daS werthvolle Fell Herunterrissen und die bluttriefenden lebenden Körper in das Meer zurückwarfen. Das von den eleganten Schönen am meisten begehrte feinhaarige, seidenglänzende Fell soll, wie Prof. Gambier Bolton sagt, von den noch ungeborenen Thieren herrühren, die der Mutter entrissen werden, ehe sich diese ielbst dem gräßlichen Häuten unterwersen muß. Ju einem soeben von der „Humanitarian League" verössentlichten Blättchen schil dert Dr. William Gavitt das grausige Handwerk der Robbenschläger in beredten Worten. Da heißt es u. A.: Nachdem die bedauerns- werthen Geschöpfe mit einigen Schlägen aus den Kopf halb betäubt worden sind, versetzt man ihnen noch einen Messerstich in die Brust und beginnt dann mit dem Häuten. Zn sehen, wie die getroffenen Thiere die Augen verdrehen, das Krachen der Schädel und das wie Schluchzen klingende Stöhnen der sterbenden Geschöpfe zu hören und Zeuge des blutigen Hantirens der rohen Menschen zu sein, ist gerade;» furchtbar Diese grauenvolle Arbeit, die ja gethan werden muß, um die Launen putzlicbender Frauen zu erfüllen, ließ mir — gesteht Dr. Gavitt — den Aufenthalt in Alaska wie einen langen, beängstigenden Traum vorkommen. Während des Spätsommers 1896 wurden in der Nordpacific- und der Behring-See mehr als 600 000 Seehunde ihres Felles beraubt. Das bedeutet den Tod von 200 000 männlichen und 400 000 weiblichen Thieren, außerdem das Ver hungern von mindestens 300000 jungen Geschöpfen, deren klägliches Geschrei die einsamen Schneewüsten erfüllt. * Der Psychologe Slosson berichtet in der „Psychological Review" über ein seltsanies Experiment, das beweist, welche Rolle Vic Suggestion im Urtheil einer grösseren An zahl von Menschen spielen kann. Das Experiment wurde iil der Universität von Wyoming gemacht. „Ich hatte — erzählt Slosson — eine mit destillirtem Wasser gefüllte Flasche, die sorg- sältig in Baumwolle verpackt und in einer Kiste eingeschlossen war. Nach einigen anderen Experimenten im Lause eines populärwissenschaftlichen Vortrages erklärte ich, daß ich mir über die Schnelligkeit, mit der sich ein Geruch in der Atmosphäre deS SaaleS verbreiten würde, klar zn werden wünschte, und ich bat die Anwesenden, die Hand zu erheben, sobald sie einen Geruch gewahr würden. Ich packte dann die Flasche aus und goß das Wasser auf die Baumwolle, während ich den Kopf dabei weg- drehtc; dann nahm ich eine Uhr mit Sekundenzeiger und Ich erklärte, daß ich absolut st Fortsetzung.) Nachdruck verboten.) er-r-srs, l8SS. » , darunter, die Heuer zur ersten heiligen Kommunion geh'n. Aber > «. Theam? führen sie sich auf jetzt auf dem Schulweg? Horch einmal 6 lieben DM wenig zu." )urch den A ndoiK vdi«. igSvoll irmer Mmr Okt. IM l «. mg. Heist bÄH a etrrten hch. ich damit K auch vatich Pt snterstijp len Wz, uh uh ch» Der Schmied vo» Pirk. Erzählung aus der Oberpfalz von Jos. Bairrlein. MM IS KD* *) So viel wie anlernen. **) Thatsache, und wörtlich Du hast doch die „Bi " „Sag's nur! Sprich's nur aus das Wort!" rief der Bursche heftig, da das Mädchen zögerte und die schimpfliche Be- zeichnung nicht über die Lippen bringen konnte. „Weil ich die Hingges-Hütten" mir hab' an den Hals hängen lassen, glaubst, ich müßt' im Dorf bleiben! Gott sei Dank, so weit g'fehlt ist's doch nicht: ich zahl' Reugeld und hab' die Sach' wieder los. , Wer hör' einmal, Madl, meinst denn ich blieb hier, auch wenn i sichanzuM H djx Hütten b'halten müßt'?" 99. „Warum nicht?" rtt, „Du magst noch fragen, warum? Weil ein rechtschaffener elt geb. nicht bei Euch aushalten kann! Weil Ihr Kraut und Rüben in einen Topf werft und einen unbescholtenen Bur schen, ohne ihn näher zu kennen, schon verlästert und verdammt partout wegen nichts anderem, als wegen dem, daß er Besitzer von der „Bingges-Hütten" ist. Weil in derselbigen Beziehung die Alten, und vor allen Dein Vater, den Jungen das böseste g, Beispiel anrottiren.*) Hörst Du eben jetzt, wie die Buben und ^^h Melz Madeln vor der Hütten schreien? In die Schul' wollen sie gehen und dort Unterweisung empfangen in vielen schönen Din gen und auch in den zehn Geboten. G'wiß sind auch etliche 9. „Hab' ich mir's doch gleich denkt, Du arm's Huscherl, daß Du noch nicht ganz richtig bist! Vorhin hast 'zittert und jetzt wird Dir gar schwach, daß Du zusammenbrichst. Ja, j a! Einem solchen Schlangenbiß ist nicht zu trauen, der hängt den Leuten oftmals lang nach. Aber wart' nur, sobald jetzt ein wenig g'sessen bist und ausg'ruht hast, wird Dir wohl wieder Gr werden." So suchte der Schmied das halb ohnmächtige, an seine Brust U schmiegende Mädchen zu trösten. Als sie ehre feucht schim- mernden Augen aufschlug und auf sein über sie gebeugtes Ge sichtrichtete, fuhr er fort: „Meinst nicht, Du könntest Dich allein ^stecht erhalten, nur so lang, bis man Fünf zählt? Ich möcht' Dir gern einen Schemmel heraustragen aus den Stuben, da mit Du sitzen kannst; denn hinein in das schmutzige Loch führ' ich Dich nicht, Rosl! Das ist kein Aufenthalt für Dich." Das Mädchen nickte nur; dann machte es sich los aus den Armen des Schmiedes und stellte sich tapfer auf die Füße. Der letztere aber warf das Bündel, das er noch immer auf demRücken getragen, zur Erde und eilte davon, den versprochenen Sitz zu holen. Nach wenigen Augenblicken kam er zurück. „'s ist das einzige Möbel im aanzen Haus, das wenigstens dier g'sunde Beine hat", sagte er, einen Stuhl mit Rosl hatte mittlerweile unter dem Strauch Platz ge nommen. „Was hat's 'geben zwischen Dir und meinem Vater?" fragte sie zaghaft. „Dre Mutter hat mir 'was erzählt davon, aber nichts Halb's und nicht Ganzes. Es wär' mir recht, wenn ich dir Sach' g'nau erfahren thät. " „Was wird's geben haben?" meinte er mit einem Anflug von Verdruß. „Einen hochmüthigen Bauer hab' ich kennen g'lernt, der mich ang'schrieen hat, als wär' ich ein Galgenvogel, und dem Henker g'rad noch auf dem Richtplatz davong'laufen. Aber Du, In der That hörte man von der Dorfstraße her das Lärmen und Schreien einer nahenden Kinderschaar. Sehen konnten die hinter dem Häuschen befindlichen zwei Leute die Herankommen- den nicht; aber ganz deutlich merkten sie, daß der Haufen vor üer: Snuiö" der Hütte stehen blieb, und dann ertönte mit einem Mal, zuerst seiber«. - b* einer einzelnen Stimme ausgestoßen der Ruf „Schnurrax- cktiomllw Binages!" und der ganze Chorus wiederholte aus Leibeskräften: -deburz. „Schnurrax-Bingges, Schnurrax-Bingges!" Wagner Damit war es aber noch nicht genug: man hatte den Kindern bereits neue Bosheit angelernt. Wiederum begann zuerst gl uL die einzelne Stimme, diesmal jedoch mit einer Art Knittelvers: c-sl«: Lapp „Schnurrax-Bingges! Wichs Dein' Bart Vis auf Christi Himelfahrt!"**) — Herrgott, gab's jetzt ein Gaudium! Wieherndes Gelächter, ^ndes Schreien, Heulen, Johlen erfüllte die Luft; zehnmal — swanzigmal wurde der Spruch wiederholt; die Kinder glichen n- "ner Schaar losgelassener Unholde. Erst nach Minuten, als Abdruck W E Häuschen nichts rührte, und sic denken mußten, sie hätten in« berky^ Are Produktion und Provokation ungehört verschwendet, zogen cägeu kam,ft ab. > schr » ?osl während des peinlichen Vorfalles bald roth, bald ' °lah geworden. Ihr Herz krampfte sich zusammen; sie fühlte » Lpu " die Schmach, als wäre sie ihr angethan worden. Doch der zerbrochener Lehne herbeitragend, „Du mußt halt vorlieb neh- - men damit. Wir stellen das Ding dorthin unter die Hollundcr- staud'n am Rain, da hast Schatten und kannst Dich erholen. Menn Dich alsdann kräftig g'nug fühlst, begleit' ich Dich heim bis an Deines Vaters Hof. Beschreiten thu' ich denselben frei lich niemals wieder; denn der Bauer hat mich behandelt wie ei- nen Lumpen und Gaudieb, hat mich g'schimpft und mich hinaus- Madl, kannst m nichts dafür, daß Dein Vater grob ist, wie un- , . . gebleichte Sackleinwand; drum sollst Du auch hören, wie sich die nSÜMkl Sach'zu'tragen hat." . .... " Und nun erzählte Gottfried wahrheitsgetreu, wie es ihm in des Vorstehers Haus ergangen war. . - »Am meisten ärgert mich", schloß er seinen Bericht, „daß ich theilweis selbst schuld bin an dem Skandal. „Hätt' ich mich E dm demselben Korbflechter nicht übertölpeln lassen, so hätt' ich das Häusl auch nicht kauft, weil ich dann noch vor dem Kauf ge wahr worden wär', in welchem Ruf es steht. Für's Geld geigt man, und für mein Geld würd' ich anderswo wohl auch eine Heimath g'funden haben. Ich wär' dann niemals nicht nach Pick und Deinem Vater nicht unter die Augen 'kommen. Frei lich hätt' ich alsdann auch Dich nicht kennen g'lernt, Rosl! Und wenn ich das bedenk', so mein' ich schier, ich bin doch nicht ganz umsonst da g'wesen im Dorf. Wenigstens nehm' ich die schönst', — .»E die üebfte Erinnerung jetzt mit mir hinaus in die weite Welt." HM hatte pen Schmied ruhig zu Ende sprechen lassen, ohne , — seine lange Auseinandersetzung zu unterbrechen. Als er nun schwieg, sagte sie: „Du hast schon zweimal davon g'redet, daß Du in die weite Welt geh'n willst. Wie soll ich das versteh'n? UM. Meilage zum Ireiberger Anzeiger und Tageblatt.
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