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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 30.09.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189909305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990930
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990930
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-09
- Tag 1899-09-30
-
Monat
1899-09
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 30.09.1899
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HS! Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Seite L. — 20. September L8N ich Nachmittags elzgtes Brod u einen männischen Angestellten das zweifellos größte Bedürfniß. Die Beschränkung der Arbeitszeit auf 10 oder 9 Stunden mit zwei stündiger Mittagspause und Sonntagsruhe ist unerläßlich. Wir halten uns für berufen, diese Forderung zu stellen, denn außer den kaufmännischen Angestellten selbst ist Niemand mehr durch diese unglücklichen Einrichtungen geschädigt, als die Krankenkasten. Wir sind aber auch der Ueberzeugung, daß sich Aenderungen bei einem einigermaßen guten Willen des Prinzipals insbesondere in größeren Geschäften, denen das zahlreichere Personal Schichten wechsel und Arbeitstheilung gestattet, durchführen lasten. DieHLuserderBotschaftenundGesandtschaften in Berlin gehören zu den bevorzugtesten. Aber das schönste von ihnen ist das Haus der spanischen Botschaft i» der Regentenstraße 15. Schon das prächtig geschmückte Eisengitter ' mit dem herrlichen Portal, das den Vorgarten von der Straße > abschließt und die in Sandstein ausgeführte Renaistancefront mit 1 dem meisterlichen Fries zwischen Erdgeschoß und erstem Stock werk lasten ahnen, daß im Innern des Palais, das einst von Ebe und Benda für den Freiherrn v. Tielc-Winckler erbaut wurde, Kunst und vornehmer LuxuS einen Bund geschlossen haben. Die spanische Regierung hat zu Anfang dieses Jahr- , zehnts den Bau von dem Vorbesitzer für ihre Botschaft erworben. Wer die Räume des Erdgeschosses betritt, das Vor- und Biblio- ! thekzimmer, das Herrenzimmer, den Speisesaal, den großen Salon den in Weiß und Gold gehaltenen Speisesaal, der sich nach dem kleinen Garten öffnet, staunt über die Pracht, die hier entwickelt ist. Edle Holzarten, meist tief gebräunt, bedecken die Wände, Intarsien schmücken die Füllungen, buntfarbiges Email ziert die Griffe der Thüren und Fenster, Schnitzereien beleben das Holz- werk. Im Speisesaal zieht sich unter der Decke ein wundervoll gemalter Kinderfries hin und im Salon hat Gustav Gräf, der run schon längst zu den Todten zählt, reizvolle allegorische Dar- tellungen an den Wandflächen hingezaubert. Auch im ersten Stockwerk setzt sich die feine, stimmungsvolle Pracht fort, ganz besonders in den Damenzimmern, von denen namentlich ein Bou- wir eine Perle seiner Art ist. Eigenartig und stimmungsvoll chließt sich dem Bau der kleine Hof an, dessen eine Wand Wil- icrg, der gleichfalls zu den Toden zählt, mit einer südlichen Landschaft geschmückt hat. Wenn hier der Springbrunnen rauscht und perlt und die Sonne scheint, kann man wähnen, sich in einer Villa zu befinden, die fern im Lande der Kastanien liegt. Auch die russische Botschaft Unter den Linden, ein Bau, den einst Knoblauch vor fast 60 Jahren ausgeführt hat, birgt schöne Räume, die mit allem Luxus ausgestattet sind, ebenso die eng lische Botschaft in der Wilhelmstraße 70, in der einst Strous- berg residirte und glänzende Gesellschaften gab, sowie die fran zösische Botschaft am Pariser Platz, in deren Räumen die edelsten französischen Bronzen, Sevresporzellane und eine Serie kostbarer Gobelins der Manufakturen zu Paris, Beauvais und Au- buston zu finden sind. Aber an einheitlicher und geschlossener Wirkung stehen sie den Räumen der spanischen Botschaft nach. Einfacher, aber durchaus vornehm sieht es in der öster reichisch-ungarischen Botschaft, Moltkestraße 3, aus, deren Räume sich bis nach dem Kronprinzenufer 14 erstrecken, und sehr intim und behaglich in der bayerischen Gesandtschaft in der Voßstraße 3, wo die warme barocke Pracht verschiedener Gcsellschaftsgemächer besonders durch alte Oelgemälde, die in die Decken eingelassen sind, wirkungsvoll gesteigert wird. Viele Ge sandten wohnen noch zur Miethe, selbst der italienische Bot schafter, aber auch für die weitgehendsten Bedürfnisse der Diplo matie fehlt cs in Berlin nicht an Miethswohnungen, die den höchsten Ansprüchen genügen und mit dem Innern mancher Schlösser an Glanz und Schönheit wetteifern können. Der Kämmerer und Oberleutnant Frhr. Kuno v. d. Ketten burg in Oesterreich, ein Sohn des bekannten Welfen, beantragte bei dem Landrath zu Fallingbostel die Ausstellung eines Jagd scheins für 15 Mark. Diesen Betrag haben Inländer und solche Ausländer zu zahlen, die in Preußen Grundbesitz haben, andere Ausländer haben 40 Mark für den Jagdschein zu ent richten. Kuno v. d. Kettenburg chatte von seinem Vater einige Ar Land für 20 Mark erworben und behauptete, einen Jagd schein für 15 Mark beansprnchen zu können, da er in Preußen Grundbesitz habe. Der Landrath erklärte aber, es handele sich hier nicht um Grundbesitz im Sinne des Jagdscheingesetzes und weigerte sich, für 15 Mark einen Jagdschein auszustellen. Der Bezirksausschuß entschied aber zu Gunsten des Freiherrn v. d. Kettenburg. Gegen diese Entscheidung legte der Landrath Berufung beim Oberverwaltuugsgericht ein. Ein Kommissar des Ministers für Landwirthschaft suchte nachzuweisen, daß es sich hier nicht um einen Grundbesitz im Sinne des Gesetzes vom 31. Juli 1895 handle; der Antragsteller suche ohne Zweifel das Gesetz zu umgehen, um einen billigen Jagdschein zu erlangen. Ein anderer Sohn des alten Freiherrn v. d. Kettenburg habe von seinem Vater für 1 Mark Grundbesitz gekauft, um ebenfalls einen billigen Jagdschein zu erlangen; beide Söhne seien vom Vater expatriirt, um in Deutschland keinen Militärdienst zu thun. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte aber die Vorentscheidung, da der Wortlaut des Gesetzes klar sei, und das Oberverwaltuugs gericht nicht befugt sei, das Gesetz zu korrigiren. Oesterreich. Mehrere Blätter nennen den ehemaligen Ministerpräsidenten Frei Herrn v. Gautsch als für die Kabinetsbildung in Aussicht genommen. Authentisches liegt nicht vor. Frankreich. Von der Rue Chabrol erzählt der Pariser Korre spondent der „Straßb. Post": Wie sehr der Handel der „belagert" gewesenen Straße unter dem Fastnachtsscherze Gusrins gelitten hat, haben Sie bereits gehört. Die einzigen Leute, die sich nicht beklagen, sind die ehrenwerthen Schnapswirthe, für die sich der Spektakel allerdings zu einer prachtvollen Einnahmequelle ge staltet hat. So lange Menschenansammlungen noch in der Um gebung des „Forts" geduldet waren, besuchie der vom langen Warten dnrstig gewordene Bürgersmann diese Erfrischungs anstalten gar fleißig, denn — Antisemitismus schützt vor Dur nicht! Als dann das Volk im schlichten Rock durch das Volk i Waffen ersetzt wurde, wurden die Vaterlandsvertheidiger zu ebenso vielen Stammgästen des „'ebanäs äe vins", und neuerdings haben letztere, oder doch einige von ihnen, ein probates Mittel gefunden, das Interesse am Schnapsen wach zu halten. Zwei dieser findigen Köpfe haben nämlich an ihre Ladenfenster „Bilder aus der Belagerungszeit" in Oel malen lassen, die an Natur treue nichts zu wünschen übrig lasten. Aus dem einen Von den laMagsmhlen. Das Ergebniß der Wahlmäunerwahlen in unserer Stadt, das schon in der dritten Abtheilung ein überaus befriedigendes war, hat sich noch bedeutend erfreulicher gestaltet durch die gestern stattgefundeue Abstimmung der zweiten Abtheilung, deren Resultat wir bereits gestern mittheilten. Bon 983 abgegebenen Stimmen lauteten 978 auf die von den Ordnungsparteien ausgestellte» Wahlmänner, die übrigen fünf waren zersplittert oder ungültig. In der zweiten und dritten Abtheilung stimmten in Freiberg nach vorläufigen Feststellungen 1693 Urwähler für die ordnungS- parteilicheu Wahlmänner und nur 455 für die Sozialdemokratie. Bei der Landtagswahl im Jahre 1893 wurden in unserer Stadt 1470 Stimmen für den Kandidaten der Ordnungsparteieuabgegeben; diese Zahl wird also erfreulicherweise in diesem Jahre um mehrere Hundert überflügelt. Dagegen ist der Niedergang der Sozial demokratie in Freiberg nunmehr dauernd besiegelt. Dieselbe hat, obgleich die Wählerschaft um nahezu 400 Stimmen zugenommcn hat, einen Verlust von gegen 50 Stimmen zu verzeichnen, I schon bei der Reichstagswahl im vorigen Jahre hat es sich gezeigt, daß die Si Mn ist. dieses Resi Sachsenlan loyaler kö Freiberg. In Th Abtheilung gewählt. ! von 69 St Nachrich Die Nc (für die II sie noch a Wahlresult Mtheilun waren, ni wählen de, 5. K r 8 Bezirken (kons.) gew 3. Kr, SIS Stimr Die Wahli Enke (kons. sich gewäh sind wahlb !>. h. rund 5. Kr Stimmen, der zweit, rath 0r. Z die für He haben. N Wahlbcthei d. h. rund Wahl nationallib Urwählern 4. stä! vr. Spieß 7. stä! Ordnungs 8. stä! KreiseS w, Muthmaßl für Eich ho 10. st Wahlmänn der Ordnu nungSparti gesichert. 14. stä nationallib liberale W< liberale W 28. l ä jetzt bekam zewählt. - Bef .Revier. O Mutterwil! Grillenbur zur Strecke Hirsche un ender, ein ein Gabler Hauptstreck im Grillen! Bild; der Stimmung seiner Beg und dem L wesenden i Herr nur kam nicht - In kammer Besserung -Vw wonach A bestimmter zur Fahrt Bestimmui Zügen mi! verkehren, Wohnorte gelten, nn solche Kart hinaus od auf Weite auf den Z — Un genden Fö auch mit s zu bringe» den Berke bieten, des Postanstal dicnststunk nächsten von 20 P ein Beam außerhalb Befördern Hellen, als richtung t Gebühr v - L 1899. (f Nllgeme - 15. A der Niede nur e'mi, warm un Berichts» 12.» dem Zentrum die Aufrechterhaltung des Bestandes der sozial- , demokratischen Partei behufs Sicherung der eigenen „ausschlag- , gebenden" Stellung nothwendig erscheine. Der „Vorwärts" be- ! merkt zu der Lieber'schen Kampfansage ironisch: „Herr Lieber wünscht eben an der maßgebendsten Stelle den üblen Eindruck vergessen zu machen, den das Wahlbündniß des bayerischen , Zentrums mit den „Todfeinden" und „Kerlen" hervorgerufen - hat." Vielleicht hat das sozialdemokratische Zentralorgan mit dieser Bemerkung nicht so ganz unrecht. Zum Beweise besten, wie die p o l n i s ch e G e i st l i ch k e i t > in der Ostmark aufs Eifrigste bemüht ist, das Deutsch-, thum zu bekämpfen, wird der „Danz. Allg. Ztg." aus , dem Kreise Neustadt in Westpreußen folgender Fall mitgetheilt: > Ein katholischer Deutscher hatte auf das Grab seiner Tochter , einen Kranz mit deutscher Inschrift niedergelegt. Als der pol- > nische Geistliche dies erfuhr, wurde der Mann ernstlich dieser- > halb zur Rede gestellt, der Kranz mußte sofort entfernt werden. Derselbe polnische geistliche Herr machte auch einen, deutschen katholischen Lehrer Vorstellungen, weil er es gewagt habe, einem Kriegerverein oeizutreten, trotzdem diese Vereine doch nur be strebt sind, die Liebe zu König und Vaterland zu pflegen und gute Kameradschaft unter den alten und jungen Soldaten zu erhalten. Leider sind derartige Fälle typisch für das Verhalten der polnischen Geistlichkeit. Die „Nordd. Allgem. Ztg." hört: Die in der „Post" ver öffentlichte Erklärung deS Freiherrn v. Zedlitz entspreche den Wünschen der Staatsregierung, welche auch ihrerseits der Ansicht ist, daß eine derartige journalistische Thätigkeit, wie sie von v. Zedlitz ausgeübt worden ist, mit der Stellung eines Beamten sich nicht verträgt. Der bayerische Landtag wurde Donnerstag Nachmittag Vom Prinz-Regenten mit einer Thronrede eröffnet. i Wie die „Nat.-Ztg." hört, ist die Ernennung deS Herrn Viktor Schoultz zum landwirthschaftlichen Attachs in Petersburg thatsächlich erfolgt. Das links-nationalliberale Blatt bemerkt dazu: „Ein früherer Angestellter des Bundes der Landwirthe, den man dann von dieser Seite bei einer Land- wirthschastskammer unterbrachte, wird also von der Negierung für den geeigneten Mann gehalten, sie über Verhältnisse zu unterrichten, welche beim Abschluß der Handelsverträge sehr wesentlich in Betracht kommen müssen! Das paßt ja vortrefflich zu der Art, wie der Kampf gegen die Kanalgegner geführt wird." Der Börsenrednkteur der „Nat.-Ztg.", die wie kein anderes Blatt die Hetze gegen die Landwirthschaft betreibt, wäre dem Blatte wahrscheinlich als die geeignetere Persönlichkeit zur Ver tretung landwirthschastlicher Interessen erschienen! Der 20. deutsche Protestantentag beschloß folgende Resolution über die protestantische Bewegung in Oester reich: „Mitten in schweren nationalen Kämpfen hat sich unter den Deutschen Oesterreichs eine religiöse Bewegung erhoben, die in der evangelischen Kirche Befriedigung sucht. Im Verein mit vielen anderen kirchlichen Gruppen und Richtungen begrüßt auch der 20. deutsche Protestantentag herzlichst diese höchst beachtens- werthe Bewegung und fordert die Gesinnungsgenossen aus, den deutschen Protestanten Oesterreichs in dieser ernsten Zeit im An schluß an den vom Superintendenten Meyer-Zwickau geleiteten Hilfsausschuß die thatkrästige Theilnahme der deutsch-evangelischen Protestanten zu erweisen." Cin bemerkenswertstes Circular versendet die Münchener Ortskrankenkasse III. Es heißt darin u. A.: Das eingehende Studium des gesammelten Materials der nunmehr seit 12 Jahren bestehenden Ortskrankenkasse III für das kauf männische Personal hat ergeben, daß eine große Zahl der Krankheiten, insbesondere nervöse Erschöpfung, Blutarmuth und in der wetteren Entwicklung Tuberkulose :c. auf Schädlichkeiten des Beruses znrückznführen sind. Insbesondere hat eine im Juli 1897 erfolgte Umfrage bei un seren Kastenärzten dies in weitgehendstem Maße nachgewiesen. Ohne Zweifel ist die jetzige Arbeitszeit in den meisten kauf männischen Geschäften eine zu lange. Sie erstreckt sich selbst für die halbwüchsigen, schwächlichen Mädchen nicht selten auf 12 Stunden. Hierzu kommt, daß trotz der seinerzeitigen Agitation in vielen Geschäften noch das sogenannte Sitzverbot, d. h. das Verbo', in nicht beschäftigten Momenten sitzen zu dürfen, besteht. Die Mittagsvause ist größtentheils nur eine einstündige. Es reicht diese kurze Zeit oft nur knapp hin, den weiten Weg nach Hause und zurück zu machen und ein heißes oder abgestandenes Essen rasch hinunterzuschlingen. In vielen Fällen besteht sogar noch die sehr verwerfliche Uebung, den Mädchen das Mittagesten im Geschäfte selbst zu verabreichen. Es entbehren die Betreffenden hierbei für den ganzen Tag der frischen Luft und Bewegung und die Mittagspause wird thatsächlich illusorisch. In einigen Ge- bedauerlich zu bezeichnen. Sehr häufig erlischt das Hungergefühl, wenn es nicht zur rechten Zeit befriedigt wird; dazu ist die Möglichkeit der Nahrungsaufnahme bei den Abends übermüdet nach Hause Kommenden eine sehr geringe, eS fehlt überhaupt die Lust zu essen. Eine Regelung der Arbeitszeit in den kaufmän nischen Betrieben ist im Interesse der Gesundheit der kauf- kupferstücke springen, um feuchten Mundes dem „malerischen" Wirthe seine Erkenntlichkeit zu beweisen. Wenn Frau Fama nicht ausgeschnitten hat, haben die Einnahmen eines dieser Schnaps-Mäcene neulich das runde Sümmchen von 200 Franken an einem Tage erreicht. „Nun, die Farbe und das „Künstler honorar" hat der Biedermann reichlich wieder herausgeschlagen!" bemerken etwas neidisch der Schlächter und der Wurstmacher nebenan und überschlagen dabei die Sumine, die sie als Ent- chädigung von der Regierung fordern werden. Wie gestern kurz gemeldet, sagte Hauptmann Des michels, vom Dragoner-Regiment in Compisgne, als er seinen Leuten den Tagesbefehl Gallifetts erklärte: „Der Minister will, daß wir die unS angethanen Beschimpfungen vergeßen, hoffen wir, daß er verstehen werde, uns künftig gegen diejenigen zu vertheidigen, deren Schmähungen er bisher unbeachtet ließ; denn ich kann mir nicht vorstellen, daß wir gezwungen sein sollen, uns leibst zu vertheidigen". — Der Kriegsminister ordnete auS Anlaß tteser Aeußerungen an, daß eine Untersuchung gegen den Haupt mann eingeleitet werde. Serbien. Ueber die Vorgänge in Belgrad wird noch berichtet: Die Begnadigung Pasitschs wird als ein sehr ge- chickter Coup betrachtet, um denselben als Partei-Chef der Ra- fikalen ein- für allemal unmöglich zu machen. Es gewinnt den Anschein, daß Pasitsch mit seiner Rede vor dem Standge richte, in welcher er zerknirscht seine Reue ausdrückte und Besse rung versprach, eine ihm gestellte Bedingung erfüllte, um die Begnadigung zu erlangen. Der wegen Hochverrathes ebenfalls zu zwanzigjährigem schweren Kerker mit schweren Ketten ver- urtheilte Äntonije Uroschewitsch ist Bahnhof-Restaurateur in Bukarest und dort reich begütert. Er ist zwar noch immer ser bischer Staatsbürger, hat aber schon seit Jahrzehnten Serbien nicht betreten. Seine Schuld am Hochverrathe beschränkt sich auf die Thatsache, daß er dem Attentäter Knezewitsch, als er ihn anbettelte, 20 Francs schenkte. Ein schüchterner Versuch der serbischen Regierung, seine Auslieferung zu erlangen, wurde von rumänischer Seite entschieden abgelehnt. Der Angeklagte Krefsowitsch, der als Belastungszeuge fungirte und erwiesener maßen als Spion bei der Polizei in Verwendung stand, dürfte wohl nur zum Scheine zu zwanzigjährigem schweren Kerker verurtheilt worden sein und bald wieder in Freiheit gesetzt wer den. Die größte Verwunderung hat die Verurtheilung des ehemaligen Sektions-Chefs Protitsch wegen Hochverrathes zu zwanzigjährigem schweren Kerker mit schweren Ketten hervor gerufen. Gegen Protitsch lagen eigentlich nur Zeitungsartikel als belastendes Material vor. Seine Hauptschuld war, daß er im radikalen Blatte „Odjek" den König Milan nur als „Kom mandanten der serbischen Armee" bezeichnete, ohne den Titel „König" hinzuzufügen. Die deutschen Schulen in Brasilien, wo wir 400000 Landsleute haben, sind in erfreulicher Blüthe begriffen. Selbst in kleinen Siedlungen, wo nur deutsche Handwerker sitzen, ist die deutsche Schule der Mittelpunkt aller heimathlichen Bestrebungen und wird mit vielen Opfern hochgehalten; so in dem kleinen Hafenort Santos, wo 1000 hart arbeitende Deutsche eine drei- klassige Schule in einem eigenen freundlichen Häuschen unter halten. In den größeren Kolonien sind die deutschen Volks schulen bereits regelmäßig zu Mittelschulen erwachsen; die 10000 Landsleute in S. Paulo z. B. besitzen eine sünfklassige Schule mit einem Oberlehrer, vier ordentlichen Lehrern, einem HülsS- lehrer, einer Hülsslehrerin und 200 Kindern. Der Zuschuß des deutschen Reiches für die Auslandsschulen und die Unterstützung des Allg. deutschen Schulvercins für das Ausland haben hierin schöne Früchte getragen; denn die Schule erweist sich bei unserem Volke als das festeste Bindeglied zwischen überseeischen Siedlungen und dem Mutterlaude. Es machte einen merkwürdigen Eindruck, als am 25. März d. I. der Vertreter des Allgemeinen deutschen Schulvereins fern im südamerikanischen Lande, in Contulmo bei Valparaiso, ein neues Schulstaus dem Lehrer — einem Württem berger Namens Pfaff — übergab, damit „in seinen Räumen unsere schöne Muttersprache erklinge und Deutschlands Name stets verherrlicht werde". Im geräumigen Schuljaale hinge» die Bilder unserer Reichsgründer; das Hoch galt „Kaiser Wilhelm II. und unserem lieben, theueren Vaterlande", der Dank . wurde all' den verschiedenen Spendern vom Allg. deutschen Schul verein in der Heimath ausgedrückt, und die Feier schloß mit dem Absingen von „Deutschland, Deutschland über Alles". Es ist tröstlich, zu sehen, wie unserem Volksthum für die vielen Ver luste an der Donau jenseits des Meeres einiger Ersatz heran wächst. Der Wunsch der Deutschbrasilianer geht jetzt dahin, die deutschen Unterrichts-Verwaltungen möchten ihren Lehrern, wenn sie für einige Jahre in jene Kolonien gehen wollten, weniger Hindernisse in den Weg legen. „Oelgemälde" sieht man das „Fort" im Belagerungszustand* md zwar im Großen, denn fast mit Porträt-Aehnlichkeit er" cheinen darauf die wackeren „Oipaur" mit ihrem dicken Wacht" neister in der Mitte, »nährend Puybarauds „Geheime" sich fentlich in die Ecke drücken. Auch Gusrin gewahrt man am euster, und das Dach hütet einer seiner Getreuen, während die chwarze und die dreifarbige Fahne zu den Dachluken hcrauS- ;ängen und das weiße bas Iss trmtre»"-Plakat effektvoll ein rahmen. Das andere Bild zeigt uns das „Fort" und dessen ehemalige Insassen in dem „historischen" Augenblicke der Kapi tulation. Im Vordergründe steht Guerin zwischen Löpine und dein Hanptmanne der republikanischen Garde, dahinter folgen die Mannen der Besatzung, wie sie gerade von dem Felde ihrer un vergeßlichen Thätigkeit Abschied nehmen, und ganz hinten drängen ich die dichten reisigen Schaaren der staatlichen Gemalt, Jnfan- erie, Kavallerie, Pioniere und Feuerwehrleute, froh des un blutigen Ausganges. Natürlich stehen die Menschen zu Dutzenden vor den also „decorirten" Schnapsbuden, und zum Danke für >en gratis gebotenen Kunstgenuß läßt man dann ein paar Namentlich aber scheint der „Reichsregent" mit verschiedenen schäften mit sehr langer Arbeitsdauer besteht daS Verbot, während dunklen Hinweisen großen Eindruck gemacht zu haben. Herr der Arbeitszeit sowohl Vormittags als auck ' Dr. Lieber weiß viel, aber er kann „nicht alles sagen, was er kleinen Imbiß (eine Tasse Milch, Kaffee, belrgtes Brod u. s. w.) weiß" — wer soll da nicht vor lauter Respekt und vor gewalti- zu sich zu nehmen. Wir können nicht umhin, dies als äußerst nämlich nach den Andeutungen des Zentrumsführers für seine«...„—"»kam ihre Politik carte blanche geben! Die politische Lage ist nämlich nach den Andeutungen des Zentrumführers für seine Partei bedrohlich; ein großer Feind derselben „sitzt im preußi schen Ministerium", mit offenen Karten also darf das Zentrum nicht spielen; darum mögen die Katholiken der Parteileitung blind durch Dick und Dünn folgen! So ungefähr läßt sich in Kürze der Kernpunkt der Lieber'schen Rede wiedergeben. Daß der Redner nebenbei das „Wiederkommen" des Kulturkampfes an die Wand malte und dem Herrn Reichskanzler Weihrauch darbrachte, daß er entschieden erklärte, in Sachen der „Zucht hausvorlage" fest bleiben zu wollen, aber doch eine „Verbesser ung" des Entwurfs in Aussicht stellte, war keinesfalls geeignet, auf die politische Lage, die Herr Dr. Lieber zu schildern ange kündigt hatte, irgendwie einen klärenden Schimmer zu werfen. Dunkel muß es um ihn her sein und verworren, wenn der „Reichsregent" das „Zerbrechen von Töpfen" verhindern soll. Mit seinen Bemerkungen über das Verhältniß der Zentrums- Partei zu den übrigen Parteien hatte Herr Dr. Lieber ebenfalls nicht Mel Glück. Er lobte nämlich die Nationalliberalen und muß nun aus deren Presse ersehen, daß ihnen das Lob aus sol chem Munde „unheimlich" erscheint. Die „Kölnische Zeitung" wird vielleicht eine Ausnahme machen; denn ihr ist jeder Bun desgenosse gegen die Konservativen willkommen. Und auf die Konservativen ist Herr Dr. Lieber schlecht zu sprechen: er er blickt in ihnen nämlich das Gegengewicht gegen die endgiltige Ausgestaltung der Zentrumsherrschaft im Reiche und in Peußen. Unzweifelhaft undankbar zeigte sich dagegen der „Rerchsregent" gegen die Sozialdemokraten. Sie, die soeben erst in Bayern dein Zentrum die „herrlichsten" Dienste geleistet, bezeichnet er als Todfeinde und nannte sie „Kerle", denen ge zeigt werden solle, wo Barthel den Most hole. Schade nur, daß man im Zentrum diese Todfeindschaft nicht endlich einmal bethätigt. Bis jetzt hat man auf jener Seite davon nichts wahrgenommen; man tonnte eher den Eindruck gewinnen, daß
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