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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 03.10.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189910036
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18991003
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18991003
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-10
- Tag 1899-10-03
-
Monat
1899-10
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 03.10.1899
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^230 fassenden Raum ist eine vorzügliche. Bei dem Umbau und bei der geschmackvoll ausgeführten dekorativen. Ausstattung der Bühne waren bctheiligt: Herr Malermeister Paul Neumann (Malerarbeiten), Herr Dekorateur Bruno Blinkler (Dekoration), Herr Ernst Liebschner (Lichtanlagen). — Am Sonnabend wurde di« Wmtersaison durch die Gesellschaft Willy Krahmann eröffnet. Die Darbietungen derselben, namentlich der Wiener Duettisten Geschwister Osten, des Salonhumoristen umd Soloschauspielers Bredow, des Balancekünstlers Paolo Feroni und der musikalischen Elowns Lorins und Miß Ellen, fanden wohlverdienten, lebhaften Beifall. Die Gesellschaft tritt noch während einiger Tage in den Reichshalleu aus. — Nach dem hundertjährigen K alender ist es am 1. und 2. Oktober schön, dann folgt Regen und unfreundliches Wetter. Vom 10. an ist eS wieder schön bis gegen Ende, wo es windig und trüb wird. Wenn daS nur zntrifft! — Die heurige Rebhuhnjagd, welche in Oesterreich am 1. August, in Preußen in der zweiten Hälfte des August und in Sachsen am 1. September ihren Anfang nahm, hat überall, namentlich in den Niederungen mit schwevem Lehmboden rc., wo lie brütenden Feldhühner durch die im Mai und Juni anhaltend herrschende regnerische und naßkalte Witterung gestört worden sind und vielfach ihre Gelege vollständig verlassen mußten, sehr dürftige Ausbeute ergeben, denn eS sind in den bezeichneten Jagd gebieten häufig 2 alte Hühner auf nur 1 junges gekommen. Wesentlich besser aber sind die Erträgnisse in hügeligem und bebuschtem Terrain, wo die Hühner mehr Schutz vor dem Wasser hatten. Hier sind bis jetzt fast durchgängig 4 und 5 junge Hühner auf das Paar alter gekommen, aus welchem Grunde denn auch die Preise zur Zeit noch kein«: übermäßig hohen sind. — Königliches Landgericht Freiberg. Der Handarbeiter Paul Hermann Heynemann, geboren am 1. August 1877 zu Großopitz bei Tharandt, in Tharandt wohnhaft, wurde vorigen Sonnabend von der ersten Strafkammer wegen Widerstands, Bestechung und Beleidigung zu 4 Momiten 1 Woche Gefängniß verurtheilt. Erbisdors, 1. Oktober. In der hiesigen Gemeinde- Sparkaffe wurden im Monat September an Einzahlungen 8535 Mark 70 Pf. geleistet, dagegen ersohgteu an Rückzahlungen 6649 Mk. 65 Pf. 1t Weitzenborn, 2. Oktober. Äm gestrigen Sonntage land in unserer Kirche, welche mit Er/jeugnissen auS Feld und Harten, sowie Kränzen und Guirlandcn aufs Schönste auSge- schmückt war, unter zahlreicher Betheilugung der Einwohnerschaft das Erntedankfest statt. Seiner Festpncdigt legte Herr Pastor Zchnster das Schriftwort Psalm 119 Ve rS 19 zu Grunde. Außer dem erfreute Herr Kantor Blöß die Anwesenden mit dem Vortrag ter Mottete „Alles was Odem hat, loche den Herrn". Neuhausen, 1. Oktober. In dem Bericht über Trau- ,mg des Herrn Oberleutnant von Egidy mit Frl. v. Schönberg- Purschenstein in der vorigen Numme r muß es heißen: Bruder der verwittweteu Frau Kammeirherr von Schönberg. Der Leichnam deS seit dem 11. v. Mts. in Keuern bei Döbeln vermißten 27 Jahre alten Zimmermanns Hofmann wurde in Fischendorf aus der Mulde gezogeu. Ungünstige Vermögens- verhilltniffe sollen die Ursache deS Selbstmordes gewesen sein. Die Eisenbahnbetriebsdirektion zu Dresden sichert Demjenigen eine Belohnung von 150 Mk. zu, der den Thäter verschiedener Bahnsrevel, die auf der Linie Hainsberg-Kipsdorf verübt wurden, zur Anzeige bringt. Gestern Sonntag Vormittag gegen 8 Uhr ist auf Bahnhof Potschappel in einem in der Ruchtung nach Hainsberg vor- rückenden, 40 Wagen starken Güterzuge der 21. Wagen in einer Weiche entgleist. Hierdurch wurde» 4 Wagen zum Theil um- gmorsen und stark beschädigt sowie beide Gleise gesperrt. Ein Bremser, der aus einem der beschädigten Wagen saß, erlitt leichte Berletzungen am Kopse und an der rechten Hand. Der Verkehr der Personenzüge wurde zunächst durch Umsteigen aufrecht erhalten und konnte um 10 Uhr vormittags eingleisig und um 11 Uhr 40 Min. zweigleisig wieder ausgenommen werden. Die Unter suchung über die Ursache des Unfalles ist im Gange. Bon der seitens der Stadt Dresden für den Ankauf der Landsleischerhallen bewilligten Kaufsumme von 320000 Mk. kommen auch 51000 Mk. nach Glashütte, wovon 15000 Mark in die Fleischerinnung ausgezahlt werden sollen. Dohna erhält etwa 200000 Mark. Dresden wird nunmehr einen massiven CirkuS erhalten. Zur Eröffnung ist die Wintersaison 1900 vorgesehen. Es ist auch der Pachtvertrag mit dem Cirkusdirektor Albert Schumann abgeschlossen worden. In den letzten Tagen ging eine Notiz durch verschiedene Blätter, der zufolge in Dresden neben einem zweiten Land gerichte auch ein zweites Amtsgericht errichtet und zu diesem Zwecke zwei Justizgebäudi: auf einem Platze im englisch- ameritanischen Viertel erbaut werden sollten. Dieke Nachricht entspricht jedoch nicht den Thatsachen, denn eine Theilung des Dresdner Amtsgerichts erscheint schon deshalb nicht nothwen dig, als sich dessen Leiter, Herr Amtsgerichtspräsident Kunz, seiner allerdings schwierigen Aufgabe vollständig gewachsen suhlt. Auch von einem Amtsgerichtsneubau kann keine Rede sein, denn dem Amtsgerichte stehen in dem Gerichtsgebäude in Dresden-Neustadt, im Justizpalast an der Pillnitzer Straße und in dem erst vor sieben Jahren bezogenen Amtsgerichtsge- baude an der Lothringer Straße genügend Räume zur Verfüg- UNA, ja in dem letztgenannten Gebäude sind noch eine ganze Reihe Reservezimmer vorhanden. Was die Abtrennung des Landbezirls vom Dresdner Landgerichte und die Zutheilung des ersteren zu einem neu zu begründenden Landgerichte anlangt, st ist zu konstatiren, daß die Frage, wohin der Sitz des neuen Gerichts gelegt wird, noch vollständig unentschieden ist, also von der Erwerbung eines entsprechenden Bauplatzes heute noch keine Rede sein kann. Man plante, das neue Gericht nach Riesa zu Wn und einige Amtsgerichtsbezirke vom Landbezirke des Dresdner Landgerichts abzutrennen und dem Landgericht in Bautzen zuzutheilen. Dagegen erhob sich in den betreffenden Bevöllerungskreisen viel Wiöerspruch und so manche Petition Mi Errichtung des neuen Landgerichtes in Dresden statt in Riesa wurde an das Königliche Justizministerium abgesandt, infolgedessen hat man an maßgebender Stelle die Frage aufge- worfen, ob der im Dresdner Landgerichtsbezirke wohnenden Landbevölkerung nicht am Bosten gedient sein würde, wenn man °as neue Landgericht in Dresden in einem Gebäude in der Nähe P^sonenhauptbahnhofes unterbrächte. Die Erwägung siEgung ist jedoch noch nicht zu Ende und eine definitive fsa. > der schwierigen Angelegenheit keineswegs er- Mt,ja man spricht in eingeweihten Kreisen sogar davon, daß Landgericht doch nach Riesa kommen werde. Allem rMeme nach scheint man sich im königlichen Justizministerium vl ^^"dgiltigen Beschllußfaflung über den Sitz des neuen Landgerichtes sehr richtigerweise durchaus nicht überstürzen zu n>Mn, denn im Landgerichtsgebäud^ an der Pillnitzer Straße werden gegenwärtig durch das Aufsetzen eines Stockwerkes zehn neue Zimmer und zwei Verhandlungssäle geschaffen. Am Sonnabend Nachmittag fand im Ratbbausgebäude zu Leipzig die Verabschiedung des Oberbürger meisters Dr. Georgi vom Rathskollegium und den Rathsbeamten statt. Am Schluß seiner Abschiedsrede gab Dr. Georgi bekannt, daß er zu Gunsten verschiedener Stiftungen für die Rathsbeamten die Summe von 12 000 und dem Nikolai- gymnasium die Summe von 3000 gestiftet habe; die Zinsen von letzteren sollen für Schülerprämien verwendet werden. Bürgermeister Dr. Tröndlin erwiderte darauf mit einer An sprache, in der er im Namen der Beamten den Dank für das Vermächtniß aussprach und im Namen des Rathes die Annahme und Verwaltung der Stiftung erklärte. Mit einem Schluß wort Dr. Georgis fand die Sitzung und damit die Amtsthätig- keit des bisherigen Oberbürgermeisters ihr Ende. Nachmittag um 4 Uhr begann zu Ehren Dr. Georgis ein Festmahl, an dem gegen 300 Personen, unter ihnen die Spitzen der Militär- und Civilbehörden, theilnahenm. Am Abend wurde dem scheiden den Oberbürgermeister ein Lampionzug dargebracht. Der achtjährige Sohn eines Gewerbetreibenden in Meisten hatte dieser Tage von dem in der Nachbarschaft wohnenden Ääckermeister eine große Menge Pflaumenkerne geschenkt bekom men und diese mit nach Haufe genommen. Hier hatte er sich einen stillenWinkel aufgesucht, wo er ungestört die ganzen Kerne zerschlug und dann mit einem Male die große Menge der inne ren Kerne aufaß. Bald darauf stellte sich Unwohlsein und Müdigkeit ein und als der Knabe deshalb von seiner Mutter ins Bett gebracht worden war, zeigten sich krampfartige Zuckun gen. Die besorgte Mutter schickte sofort nach einem Arzt und diesem mußte der Knabe beichten, was er genoffen hatte. Glück licher Weise kam-die Hilfe noch zur rechten Zeit. Durch An wendung von Gegenmitteln konnte die Gefahr beseitigt werden. Der Knabe ist aber noch sehr schwach und muß das Bett noch hüten. Möge dieser Vorfall zur Warnung dienen. Am Freitag Vormittag ereignete sich auf dem Bahnhof zu Dahlen ein Eisenbahnunfall. Ein von Riesa angekommener Gllterzug sollte eine Lowry Bretter mit nach Leipzig nehmen. Die Lokomotive stieß vier Wagen ab nach dieser Lowry zu. Auf dieser Fahrt, die auf stark fallendemGleise vor sich ging, versagte die Bremse vollständig. Die Wagen fuhren mit großer Schnellig keit auf die Bretterlowry los. Der Bremser rettete sich durch Abspringen, der Koppler erkannte auch rechtzeitig die Gefahr und sprang eine Sekunde vor dem Zusammenprall aus dem Gleise heraus. An der Lowry wurde die Stirnseite eingedrückt. Die fünf Wagen rannten auf einen nicht weit davon stehenden Wagen, aus dem drei Mann Thonröhren abluden. Dieser wurde fortgeschoben und die fünf Wagen stießen auf einen sechsten Wagen, der über den Prellbock des todten Gleises hin ausfuhr, diesen vollständig demolirend. Von den drei Per sonen, welche Chamotteröhren ausluden, rettete sich der eine durch Herausspringen, wobei er sich den Fuß verstauchte, wäh rend die zwei übrigen glücklich davonkamen. Ein großer Theil der Chamotteröhrenladung war zerschlagen. Das von dem Rittmeister Freiherrn von Milkan in Tharandt seiner Geburtsstadt Zwickau geschenkte große Grundstück soll nach Beschluß der Stadtvertretung in einen öffentlichen Prome naden-, Spiel- und Tummelplatz mit Unterkunftsstätte rc. umge wandelt werden, wozu 9180 Mark bewilligt worden sind. Der Platz erhält den Namen „Milkau-Platz". — Der Rath zu Zwickau hat endgiltig die Verträge mit der dortigen Straßen bahngesellschaft wegen einiger neuen Bahnlinien abgeschlossen und dabei bestimmt, daß die Gesellschaft auf diesen Linien während der ersten drei Betriebsjahre keine Abgaben vom Gewinn an die Stadt bezahle. Auch ist für die Pölbitzer Linie für später die Beförderung von Briesen und Packeten vorgesehen worden. Ein Jubiläum eigener Art feierte kürzlich der Gutsbesitzer P. in einem Orte bei Ostritz. Er war in Gemeinschaft mit seiner Frau daS 100. Mal als Tanfzeuge herangezogen worden. Stanzer Müller in Schwarzenberg erlitt, indem er in daS Stanzwerk einer Friktionspresse kam, Zermalmung der rechten Hand. Er verstarb an der erlittenen Verletzung. Der Zustand des bei der Gasolin-Explosion im Briest- Nitzer Gasthofe verletzten Hausdieners Kresse ließ anfänglich für das Augenlicht des Verletzten fürchten. Wie eS sich jetzt heraus stellt, ist nur das linke Auge leicht verletzt. Man hat bereits wieder den Apparat in Betrieb gesetzt. Die städtischen Kollegien zu Aue haben die Erhöhung des Sparkafsenzinsfußes für Einlagen auf 3*/-, Proz. beschlossen. Dieselbe Erhöhung wird die Verwaltung der städtischen Spar kasse zu Schwarzenberg vom 1. Januar 1900 ab eintreten lassen. Kunst, Wissenschaft, Literatur. ** Stadttheater. Die gestrige Aufführung des fünfaktigen Schauspiels „Ein Kind desGlücks" fand vor gut besetztem Hause eine sehr freundliche Aufnahme. In der Titelrolle erzielte Frl. Calliano lebhaften Beifall, von den Vertretern der übrigen Rollen sind noch Frau Klinder als Herzogin, Frau Schybilski als Caton, Herr Seder, der den Anatole gab, Herr Horwitz in der Rolle des Abbö und Herr Schybilski als Marquis besonders lobend zu erwähnen. Eine Wiederholung des immer noch be liebten Stückes dürfte sich gewiß empfehlen. ** Stadttheater. Morgen, Dienstag, findet eine Auf führung des lustigen Moserschen Schwankes: „DasStiftungs- fest" statt. — Die erste Aufführung der besonders beachtens- we rthen Novität: „Fuhrmann Henschel", Schauspiel in 5 Akten von Gerh. Hauptmann, wird Ende dieser Woche vor sich gehen. Verschiedenes. * Ueber die neuesten Erdbeben in der Türkei schreibt man der „Schles. Ztg.": Erst nach und nach treffen hier aus führlichere Mittheilungen aus Aidin und Smyrna ein, aus wel chen hervorgeht, daß das Erdbeben, welches am 18. und 20 d. M. in den beiden genannten Städten und Umgebung stattfand, eine wahre Katastrophe verursacht hat. Um 4 Uhr Morgens des erstgenannten Tages wurden die Einwohner Smyrnas durch einen heftigen, 40 Sekunden dauernden Erdbebenstoß aus dem Schlafe geweckt und in Schrecken versetzt. Während Smyrna selbst mit dem bloßen Schrecken davongekommen zu sein scheint, hat jedoch daS Erdbeben, das gleichzeitig in Aidin und längs des Mäander thales verspürt wurde, in nahen Ortschaften des bezeichneten Thales zahlreiche Opfer an Menschenleben gefordert und bisher noch unabschätzbaren Schaden verursacht. Die Erschütterung in Aidin und Umgebung war so heftig, daß sich an mehreren Stellen des Mäanderthales überaus große Erdrisje bildeten, welche Häuser und Menschen verschlangen, heiße Wasserquellen neu ent standen und die Schienen der Smyrna-Aidin-Bahn zum Theil aufgerissen wurden. Einzelne Orte, wie Artaxe, wurden gänzlich zerstört, in allen Städten und Ortschaften des Thales, Aidin mit inbegriffen, wurden zahlreiche öffentliche und private Gebäude, Mosckeen und Schulen mehr oder weniger beschädigt. Die Zahl der Menschenleben, welche daS Erdbeben gekostet hat, ist noch immer nicht genau bekannt, doch muß sie sehr groß sein, denn, wie aus den Berichten hervorgeht, wurden in vielen Orten die Einwohner von den einstürzenden Häusern geradezu verschüttet. Die Bergungs- und Rettungsarbeiten sind sofort in Angriff ge nommen worden, aber bisher kann man sich nur eine ungenaue Vorstellung von der Größe des Unglücks machen, da die Nach richten noch immer zu spärlich fließen. Auch in Bruffa und Jsmid wurden dieser Tage Erdbebenstöße verspürt, die jedoch glücklicherweise keinen Schaden angerichtet haben. * Aus Bremerhaven, 28. September, wird geschrieben: ES klingt unglaublich, ist aber Thatsache, daß noch auf unsere» Nordsee Fälle regelrechter Seeräuberei vorkommen. Ein solcher wird von dem davon betroffenen Führer der augenblick lich hier im Kaiserhafen liegenden deutschen Tjalk „Georgine", Schiffer C. Albers, mitgetheilt. Derselbe befand sich am 15. August auf der Fahrt von Morrisonhaven in England nach Horumersiel in Ostfriesland, westlich von der Doggerbank, als ein großes, zu einem holländischen Fischerfahrzeug gehöriges Boot auf sein Schiff zuruderte. In dem Boot befanden sich vier mit langen Messern bewaffnete Personen und ein großer Hund. Unter Todesdroh ungen versuchten sie, den deutschen Schiffer zum Beidrehen seines Fahrzeuges zu zwingen. Der geängstigte Seemann holte schnell ein doppelläufiges Gewehr, welches er glücklicherweise an Bord hatte, lud dieses vor den Augen der Piraten und hielt sie da durch vom Aufentern ab. Der zweite an Bord des deutschen Schiffes befindliche Mann setzte währenddessen alle Segel, und so entkam das Schiff seinen Verfolgern. Am Abend desselben Tages wurde ein zweiter, auf gleiche Weise vereitelter Angriff versucht. Während der folgenden Nacht segelte die Tjalk aus Furcht vor einem neuen Ueberfall ohne Lichter. Schiffer Albers ist bereit, die Wahrheit seiner Mittheilung zu beschwören. * Ein Riesen-Anzeigenauftrag. Das Waarenhaus Wanamaker in Philadelphia hat mit dem „Philadelphia Record" einen Annoncenvertrag abgeschlossen, wonach es dem genannten Blatte für die Benutzung des Raumes einer Seite auf ein Jahr die Summe von einer Million Dollars (4 Millionen Mark) zahlt. Die Firma, die auch in New-Dark ein großes Waarenhaus hat, inserirt außerdem noch in vielen anderen Zeitungen. * Mne kaiserliche Ringkämpferin. Es dürfte nur wenig bekannt sein, daß die auch in mancher anderen Hinsicht sehr interessante Kaiserin-Mutter von China eine pasfionirte Ringkämpferin sein soll. Ein französisches Journal, dem die Verantwortung für diese Behauptung überlassen bleibt, erzählt, daß die Kaiserin mehrere Stunden am Tage den Uebungen des Ringens mit bloßer Hand widmet. In ihrem neuen Palast in Tientsin ist ein nur für diesen Sport bestimmter Saal ent sprechend eingerichtet. Hier unternimmt die Kaiserin mit zwei bis drei Kammerfrauen Muskelkrastproben, auS denen sie natür lich stets als Siegerin hervorgeht. Vor kurzem gab man der Mutter des Beherrschers des himmlischen Reiches den Rath, sich Unterricht im Fechten ertheilen zu lassen, um einige Abwechselung in die Sache zu bringen. Man ließ auch sogleich die erforder lichen Gegenstände aus .Europa kommen, und als Nappiere, Masken, Handschuhe, Brustleder rc. angelegt waren, begann man den Unterricht. Aber gleich in der ersten Stunde wurde die Kaiserin ungeduldig und erklärte die Fechtkunst für entnervend und langweilig. Indem sie das Floret weit von sich warf, faßte sie ihren Fechtmeister um den Leib und nach kurzem Kampfe warf sie ihn der Länge nach zu Boden. Und dabei ist die iebenswürdige Dame bald 64 Jahre alt! * Auf dem Pilatus wurde die Leiche des seit 1. September vermißten 19jährigen Ludwig Boeckl ans München aufgefunden. Er war abgestürzt. Neueste Nachrichten. Berlin, 1. Oktober. Wie dem „L. A." aus Rio de Janeiro gemeldet wird, bestreiten die Eheleute Gönczi immer noch, den Mord an der Rentiere Schultz und Tochter begangen zu haben. Als sie seiner Zeit Berlin verlassen haben, waren beide noch am Leben und sie (hätten nur Schulden halber die Flucht ergriffen. Gönczi sagt, er habe erst bei seiner Verhaftung von dem Morde Kenntniß bekommen, während die Frau über den Mord in den Brüsseler Zeitungen gelesen hätte. Nur aus Furcht, in falschen Verdacht zu kommeu, hätten sie ihren Namen gewechselt. Breslau, 1. Oktober. Gestern Abend wurden hier zwei Personen mit Namen Christoph Hein und Friedrich Wüsthof ver haftet; das Gerücht, dieselben seien die Mörder des Berliner Bildhauers Valentini, wird vom hiesigen Polizeipräsidium als unrichtig bezeichnet. Es handele sich vielmehr um zwei Hoch stapler, welche in Haynau gesehen und hier verhaftet wurden. Dieselben suchten unter der Angabe, Mitglieder einer verkrachten Sängergesellschaft zu sein, in Musikerkreisen Geld zu erlangen. Frankfurt a. M., 30. September. Die „Frkf. Ztg." meldet aus New-Jork: Nachdem der Dampfer „Scotsman" bei Belle Isle aufgefahren war, wobei 15 Frauen ertranken, plünderte die aus Engländern bestehende Mannschaft das Gepäck der Passagiere, insultirte die Frauen und zog ihnen die Ringe von den Fingern. Wien, 1. Oktober. Die Kabinettsbildung ist vollendet, die Ministerliste ist folgende: Graf Clary Vorsitz und Ackerbau, v. Körber Inneres, v. Wittek Eisenbahnen, Graf Welsersheimb Landcsvertheidigung, Oberlandesgerichtspräsident v. Kindinger Justiz, Sektionschef Freiherr von Kolbensteiner Leiter des Finanz ministeriums, Sektionschef von Hartel Leiter des Unterrichts ministeriums. Die Publikation der neuen Ministerliste soll am Dienstag erfolgen. Prag, 30. September. Die gesammte czechische Presse kündigt der Regierung den Kampf an. Die „Lidove Novine" schreibt: Die Rechte betrachtet die Aufhebung der Sprachenver ordnungen als einen gegen sie geführten Streich. Freilich würden die einzelnen Gruppen der Rechten die Opposition nicht gleicher Weise ausüben, sondern je nach ihrem Temperament. Die ent schiedenste Opposition sei von Seiten der Czechen und der Süd slaven zu erwarten. Auch sei die Hoffnung vorhanden, daß sich die Rechte noch enger zusammenschließen werde. Der für Montag einberufene Jungczechenklub wird die Parole ^zum Kamps" aus- theilen. London, 1. Oktober. Dem „Reuter'schen Bureau" wird aus Dundee gemeldet, es sind Anzeichen vorhanden, daß die Buren zur Offensive übergehen. 5000 Mann derselben sind ganz nahe an der Grenze concentrirt. London, 1. Oktober. Das Blatt „Westerland News" be richtet Folgendes über den kommenden Ausbruch des Krieges: Angenommen, die Feindseligkeiten in Transvaal dauern sechs Monate, was ungefähr sicher ist, so ist zu erwarten, daß während dieser Periode die gesammten afrikanischen Goldgruben niHts erzeugen werden, während England gleichzeitig mehrere Millionen Pfund Sterling pro Monat ausgeben wird, um den Krieg zu
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