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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 03.09.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189909037
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990903
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990903
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- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-09
- Tag 1899-09-03
-
Monat
1899-09
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 03.09.1899
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H 205. Freiberger Anzeiger und Lageblatt. Sette 8. — 8. September. ISb» bezv. .Sultane" zu gestatten. Die Bewohner dieses Theiles der Philippinen sind Wohl bereit, die amerikanische „Ober hoheit', welche für sie nichts weiter als ein leeres Wort ist, an- zuerkennen und den Amerikanern zur Noth auch das kleine von den Spaniern erbaute Fort Jolo zu überlasten, das sie über haupt nicht als zu ihrem eigentlichen Territorium gehörend be trachten. Die Spanier unterhielten daselbst eine einzige Gar nison, welche sich um die Einwohner ebensowenig kümmerte, wie diese um jene, und die dem umliegenden Gebiet nur Vor theil brachte, indem die Eingeborenen Vieh und Gemüse an die Garnison verkauften. Diesen für sie vortheilhaften Handel mochten die Leute sich auch weiter gefallen lasten, darüber hin aus aber nichts. Auf den übrigen Inseln fand ich überall den Haß; selbst da, wo bisher nicht gekämpft wurde und wo wir den Eingeborenen noch keinen Schaden zugefügt, ihnen nicht einen einzigen Mann getödtet, ja nicht emmal versucht haben, in ihr gegenwärtiges Regierungs- und Verwaltungssystem, so weit von einem solchen die Rede sein kann, einzugreifen, hasten uns dieselben. In der Stadt Manila selbst wie in Jloilo (that- sächlich den beiden einzigen in Betracht kommenden Punkten, wo wir im Besitz der Macht uns befinden) steigt die Feindselig keit der gejammten Bevölkerung gegen uns fortwährend und von Tag zu Tag. In Manila waren die dortigen Filipinos uns anfänglich freundlich zugethan; wenn sie uns heute so bitter Haffen und mit solcher verbissenen Ungeduld unser Joch tragen, so geschieht das nicht nur, weil wir im Kampfe mit den ihrigen uns befinoen, sondern weil die Einwohner der Stadt selbst that- sächlich unter dem amerikanischen Regime schwerer leiden und arger bedrückt sind, als jemals zur Zeit des spanischen Joches. Die Besteuerung ist auf das Doppelte gestiegen, die Lebens mittelpreise ebenso, und da, wo die Spanier in der Hauptsache noch Eingeborene in untergeordneten Verwaltungsstellen ließen, haben wir sie überall aus diesen verjagt und bis zum Nacht wächter hinunter durch Amerikaner ersetzt, d. h. Hunderten ihr bisheriges Brod genommen. Die Verwaltung ist tyrannisch, ungenügend und unfähig; die amerikanischen Beamten ver mögen in fast keinemFalle sich mit denFilipinos zu verständigen, deren Interessen sie zu schützen und zu wahren berufen sind. Die städtischen Abgaben und Zölle, welche früher zum Besten der Stadt verwandt wurden, werden jetzt ausschließlich für Heeresaufgaben verbraucht, und die Stadt und deren Bedürf- niffe weroen sich selbst überlassen. Alles das ist nur geeignet, den Kriegszustand zu verlängern und es ist eitel Schönfärberei und hohle Phrase, wenn offiziell behauptet wird, irgend ein Theil der Filipinos sei bereit, sich dem amerikanischen Regime zu unterwerfen. Die offiziellen Meldungen über Verluste des Feindes beruhen lediglich auf leerem Hörensagen und unkon- trollirbaren Angaben in Schrecken gesetzter Eingeborener. Wie wenig irgend ein Theil der Eingeborenen des Archipels unsere Herrschaft wünscht, beweist der Filipino - Bürgermeister von Baliang, welcher von General Otis in diese Stellung eingesetzt wurde, angeblich, weil er ein großer Freund der Amerikaner sei. Der Mann befindet sich heute im Gefängniß, weil man ihn dabei ertappte, wie er rmt verschiedenen Jnsürgentenführern einen Ueberfall auf die Stadt und deren Wegnahme verabredete. Es bleibt uns nichts übrig, als mit einem mächtigen Schlage und gewaltiger Uebermacht den Widerstand der Filipinos, d. h. des gesammten Volkes der Insel, zu brechen oder unsererseits klein beizugeben. Halbe Maßregeln werden zu nichts führen." — Dieser Bericht des sonst imperalistischen und durchaus nicht filipinofreundlichen Blattes hat in New-York wie Washington einen sensationellen Eindruck gemacht. Die ge jammte Presse beschäftigt sich mit demselben und fordert kate gorisch von der Regierung Aufschluß. VEcheS und Sächsisches. Freiberg, den 2. September. — König Albert wird sich, wie drahtlich schon kurz ge meldet wurde, heute Abend ab Niedersedlitz über Leipzig—Frank furt nach Straßburg begeben. Der König reist zunächst bis Frankfurt a. M., steigt daselbst im Hotel „Frankfurter Hof" ab und besucht morgen Vormittag den Gottesdienst in der Lieb- srauentirche. In den Nachmittagsstunden wird alsdann die Reise bis Straßburg i. E. fortgesetzt. In Straßburg nimmt der König nebst Gefolge und Ehrendienst im Statthalter-Palais Quartier. Am Montag, 4. September, wird Se. Majestät der Parade des XV. Armeecorps bei Straßburg (Polygon) beiwohnen und so dann das Frühstück im Osfizierskasino des 6. königlich sächsischen Infanterieregiments Nr. 105 „König Wilhelm ll. von Württem berg" einnehmen. Nachmittags */,7 Uhr beabsichtigt der König an der Paradetasel theilzunehmen und Dienstag, den 5. Septbr., einer Einladung des Kaisers zur Tafel Folge zu leisten. Am Mittwoch, 6. September, gedenkt Se. Majestät Mittags Straß burg zu verlassen und sich nach Stuttgart zu begeben. (Quartier im königlichen Schlosse daselbst.) Donnerstag, 7. September, wird Se. Majestät der Parade des XIll. Armee-Corps bei Stutt gart (Cannstatt) beiwohnen und Nachmittags ^5 Uhr an der Paradetasel theilnehmen. Nach dem Besuche des Theaters erfolgt die Weiterreise Sr. Majestät von Stuttgart nach Karlsruhe, wo derselbe im großherzoglichen Schlosse absteigen wird. Freitag, 8. September, gedenkt der König der Parade des XIV. Armee- CorpS bei Karlsruhe (Forchheim) beizuwohnen. Sonnabend, 9. September, Mittags wird Se. Majestät Karlsruhe wieder ver lassen und sich nach Leipzig begeben, woselbst die Ankunst Abends 9 Uhr 40 Min. zu erwarten steht. Der Monarch wird in Leipzig das königliche PalaiS beziehen und daselbst bis Montag, 11. Sep tember, verbleiben. Von Leipzig aus gedenkt der König sich nach Borna zum Manöver der 2. Division Nr. 24 und nach Be endigung desselben mittels Sonderzuges nach Annaberg zu be geben, um dort am Dienstag, 12. September, dem Manöver der 4. Division Nr. 40 beizuwohnen. Die Rückkehr nach Dresden wird an diesem Tage Abends erfolgen. Am Donnerstag, 14. Sep tember, gedenkt der König alsdann noch dem Manöver der 3. Division Nr. 32 bei Kloster Marienstern und am Freitag, 15. Sep tember, dem Manöver der 1. Division Nr. 23 bei Dippoldiswalde beizuwohnen. M ^önig Albert «nd Prinz Georg jagten gestern auf Grillenburger Revier. Nach beendeter Jagd kam der König zu nächst ins Residenzschloß, wo auch die Königin Nachmittags ein traf. Abends fand im Nesidenzschloß königliche Tafel statt, nach welcher sich das Königspaar und die Prinzen Georg und Friedrich August nach dem Parke der Deutschen Kunstausstellung zum Besuche ves Brockschen Feuerwerkes begaben. Nach Schluß deS- selben kehrten die Majestäten wieder nach dem Sommerhoflager Pillnitz zurück. , "^drinzetz Friedrich August feiert heute ihren Gebnrts- W' Die Prinzeß ist bekanntlich am 2. September 1870 geboren. Montag früh begiebt sich die hohe Frau nach Münster am Stein, wo die drei vnnrlicken Kmder bereits weilen. — Heute vor 25 Jahren fand in unserem Freiberg unter entsprechenden Feierlichkeiten die Enthüllung des Krieger denkmals statt, welches die dankbare Stadt Freiberg ihren im deutsch-französischen Kriege gefallenen Söhnen widmete. Die Enthüllung erfolgte unter allgemeiner Theilnahme der hiesigen Bürgerschaft. Früh leitete GlockengelSute, Reveille und Festaktus in den Schulen den Tag ein. Vormittags */,12 Uhr fand die Enthüllung deS Denkmals statt, der ein Festzug durch die Straßen der Stadt oorausgegangen war. Herr Bürgermeister Clauß hielt die Begrüßungsrede, während Herr Superintendent Merbach die Weihe des Denkmals vollzog. Den Weihefeierlichkeiten schloß sich Nachmittags ein Volksfest auf der Kinderwiese an, mit dem ein großer historischer Festzug verbunden war. Am Abend wurden einzelne Partien der Promenaden vom neuaeweihten Kriegerdenkmal an bis zum Schwedendenkmal festlich illuminirt. Fast alle Häuser der Hauptverkehrsstraßen trugen Flaggenschmuck. Das Denkmal ist, wie auS einem damals dem „Freiberger An zeiger" beigegebenen Gedenkblatt hervorgeht, einschließlich der Stufen, 7,10 Meter hoch, wovon auf die Stufen 0,70 Meter, auf daS Postament 2,3 Meter und auf die Pyramide inkl. Sockel 4,05 Meter Höhe kommen. Es nimmt eine Grundfläche von 16 Quadratmetern ein. Die zwei um daS Denkmal herumlaufenden Stufen sind von Lausitzer Granit, während daS Monument selbst von Grillenburger Sandstein ist. Die vier eisernen Bomben auf den Ecke« des Postaments sind Geschenke deS Königlichen KriegS- ministeriumS und die in den Eichen-, Epheu- und Lorbeerkränzen auf der Pyramide befindlichen Embleme sind auS Metall von eroberten französischen Kanonen gegossen. Das Ganze ist nach dem Entwürfe des Stadtbaumeisters Börner und unter dessen spezieller Leitung durch Bildhauer Schimmel in Freiberg auSge- führt worden. — AuS Anlaß des Rattonalfesttages trugen heute sämmt- liche öffentliche Gebäude und viele Privathäuser unserer Stadt Flaggenschmuck. Früh von 6 bis 7 Uhr ertönte von allen Kirchen der Stadt feierliches Glockengeläute und von 7 bis 8 Uhr erfolgte Weckruf durch das Stadtmusikchor. Während desselben versam melten sich Deputationen der drei hiesigen Militärvereine, um zum 25. Male die Schmückung des Kriegerdenkmales vorzunehmen. Die Feier war eine einfache, aber würdige und ernste. Nachdem die Deputationen am Denkmal Aufstellung genommen hatten, hielt Herr Bezirksvorsteher Stohwasser eine kurze Ansprache, in der er die Bedeutung des Sedantages hervorhob und der ruhm reichen Thaten unserer Armee in dem glorreichen Kriege von 1870/71 ehrend gedachte. Hierauf wurden von den Deputationen zahlreiche Blumengewinde am Fuße deS Denkmals niedergelegt. StädtischerseitS war das Denkmal bereits gestern sinnig mit Blumen geschmückt worden. Herr Bezirksvorsteher Stohwasser brachte nach der Schmückung ein dreifaches Hoch auf König Albert aus. Böllerschüsse und patriotische Weisen deS BergmusikchoreS um rahmten die Feier. Von dem Kriegerdenkmal marschirten die Deputationen nach der Wettin- und der FriedenSeiche und nahmen auch dort die Schmückung vor. — Von 11 bis 1 Uhr fand Frei konzert deS Stadtmusikchores auf dem Schneckenberg statt. — Im Laufe des Vormittags fand in den Schulen Festaktus statt. Die Knabenbürgerschule hielt ihre Sedanjeier in der festlich geschmückten Schulturnhalle ab. Außer einigen Ange hörigen der Schüler hatte sich Herr Stadtrath Braun als Ver treter der städtischen Schulbehörde eingesunden. Die Feier begann mit einem Allgemeingesange und einem von Herrn Oberlehrer Beyer gesprochenen Gebete. Lehrer und Schüler der Anstalt sangen in gemischtem Chor „Mein Deutschland steht so stolz und groß" von Schorndorf. Alsdann trugen vor die Schüler Herberger aus LIV „Siegesfeier" von Bodenstedt, Riedel aus LI „Graf Moltke und Fürst Bismarck" von Nedwitz und Häse aus XIII „Ueber der Walstatt." Diesen Deklamationen folgte der gemischt- chörige Gesang des Liedes „Gott sei mit Dir, Du deutsches Land" vom Herrn Kantor W. Stein. Herr Lehrer Schmieder hielt die Festrede. Er entwarf in großen Zügen ein Bild des Lebens und Wirkens unseres Siegers von Sedan, deS Grafen Helmut von Moltke. Herr Schmieder zeigte, welch harte Schule der frühver waiste, vermögenslose Knabe Helmut durchgemacht, wie er durch eisernen Fleiß und festen Willen, unter der Anregung und Leitung tüchtiger Leyrer zu einem der gebildetsten Offiziere heranreifte. Redner begleitete Moltke im Geiste auf seiner Orientreise und kennzeichnete seine Wirksamkeit im Dienste des Sultans, gedachte auch rühmend seiner inhaltreichen und formvollendeten Reise briefe. Nach einem Blicke aus v. Moltkes hohes, aber kurzes Familienglück, schilderte der Redner das rasche Emporsteigen des begabten und fleißigen Offiziers bis zum Chef des Generalstabes und würdigte seine Bemühungen um Gliederung, Erziehung und Ausbildung des preußischen Heeres, sowie um das wissenschaftliche Leben unter dessen Offizieren. Er entwickelte die Grundsätze, welche ihn als Feldherrn geleitet, und wies deren klare, feste, erfolgreiche Ausführung an den Ereignissen der Kriege von 1866 und 1870/71, insbesondere am Siege bei Sedan nach. Nach einem Hinweise aus die außerordentlichen Ehrungen, welche dem größten Feldherrn des Jahrhunderts zu Theil wurden, und nach einer Schilderung seines Lebensabends schloß die Festrede mit den Worten des Helden: „Allezeit treubereit für des Reiches Herrlichkeit!" Mit dem allgemeinen Gesänge des Liedes „Deutschland, Deutschland über alles" endigte die Feier. — In der Mädchenbürgerschule fand die Feier deS vater ländischen Festtages heute Vormittag zehn Uhr in Anwesenheit des gesammten Lehrerkollegiums und der oberen Klassen beider Abtheilungen im festlich geschmückten Prüsungssaale der Schul anstalt statt. Weihevolle Harmoniumklänge leiteten zum All gemeingesang deS Liedes „Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut" über, worauf Herr Oberlehrer Lehnert II ein ties empfundenes Gebet sprach. Dem Gesänge der Strophe „Der Herr ist noch und niemals nicht —" folgte die fesselnde und durch die Mit- theilung von Citaten aus historisch denkwürdigen Dokumenten besonders interessirende Festrede des Herrn C. Schmidhuber über „Bismarck". Redner entwarf in gedrängter Kürze ein Lebens bild des großen Kanzlers, schilderte in dem Verständniß der Kinder sich anfügender Weife seine hohen staatsmännischen Ver dienste, namentlich um die Erhaltung des europäischen Friedens, daS Scheiden Fürst Bismarcks von seinem Lebenswerke, die stillen und durch unzählige Erweisungen der Liebe und Verehrung ver schönten letzten Lebensjahre in Friedrichsruh und den Tod Bis marcks und ließ seine Ansprache in die Mahnung ausklingen: „Vergesset, Deutsche, eueren Bismarck nicht! — Ihr deutschen Stänime, laßt die Banner wehen! — Gelobt in heil'gem Schwur. — Den Vätern gleich im Glück und Noth stets einzustehen zum deutschen Kaiser und zum deutschen Reich!" — Der Vortrag ward durchbrochen von Deklamationen von Schülerinnen beider Ab theilungeil. („Am 3. September 1870" von E. Geiler, die lapidaren Verse E. v. Wildenbruchs „Du gehst von deinem Werke —" und „Ein deutsches Lied" von E. Thieme. Der Ge sang der „Wacht am Rhein" beschloß die vaterländische Gedenkfeier. — Morgen Vormittag findet Schncckenbergkonzert des Stadtmufikchore» mit folgendem Programm statt: Lothringer Marsch von Ganns; Jubel-Ouverture von Bach; Traufll deS Jägers, Fantasie von ClarenS; Alt-Wien, Perlen apS LainmerS Walzern von Kremser; LieblinaSklänge, Potpourri von Franz; Unter der Kaiserstandarte, Marsch von Friedemann. — Sonderzug Lommatzsch-Nossen. Anläßlich deS morgen in Lommatzsch stattfindenden Schützenfestes wird Abends 9 Uhr 20 Min. von Lommatzsch ein Sonderzug nach Nossen ab gelassen, der an allen Unterwegsstationen hält und in Nossen Anschluß an die nach Dresden, Döbeln und Mohorn (nicht aber nach Freiberg!) verkehrenden Züge erhält. — Rezitation Jouffret. Die Rezitation deS Herrn Professor Jouffret auS Marseille erfreute sich eines für Freiberger Verhältnisse recht guten Besuches. Nicht bloß, daß die Schüler der oberen und mittleren Klassen unserer beiden höheren Nnter- richtsanstalten fast vollzählig erschienen waren, hatte sich auch eine stattliche Zahl von Damen und Herren einaefunden, die mit Spannung den Darbietungen deS Herrn Jouffret entgegensahen. Die in den Vortragenden gesetzten, hohen Erwartungen sollten denn auch in jeder Hinsicht in Erfüllung gehen. — Nachdem Herr Professor Kallenberg als Vorsitzender der Ortsgruppe Freiberg des Sächsischen Neuphilologenverbandes die Anwesenden und besonders den Redner, eine stattliche sympathische Erscheinung, herzlich begrüßt und Herrn Rektor Professor vr. Preuß für die freundliche Ueberlassung der Gymnasialaula gedankt hatte, begann Herr Jouffret seine Darbietungen mit der Traumscene auS der Athalie Racine'S. Hierauf folgten die beiden Fabeln Tv Oordeau st Iv Renarä und Ts Obßu« et 1s Roseau von Tukoutaln«, die, wie alle Meisterwerke dieses volksthümlichsten Fabeldichters der neueren Zeit, ihre Wirkung nicht verfehlten, woran sich Proben auS zeitgenössischen Dichtern schlossen. Unter diesen hinterließ die ergreifende, den StreikterroriSmuS so trefflich schildernde Dichtung 6oxxäe's „Ta Orövs äss Rorgsrous" entschieden den tiefsten Eindruck. Von den beiden Gedichten Viktor Hugo'S „Tes vjüum" und „Torsgus I'Lnkaut paraR" zeichnet sich das erstere durch die prächtige, an Musik erinnernde Tonmalerei, daS zweite durch eine herrliche, blumenreiche, poetische Sprache aus. Den Schluß bildete der Vortrag der kleinen Prosaerzählung „Ta (Lövrs äs Ll. Lsguin" aus den „Tettres äs mon Lloulin" von X. vauäet, einem Südfranzosen, der als der bedeutendste Humorist des heutigen Frankreichs gilt. — Herr Jouffret entledigte sich seiner Aufgabe mit Gewandtheit und großem Geschicke. Mit schönen Stimmmitteln ausgerüstet, befleißigt er sich, ohne seinem füdsranzösischen Temparamente irgendwie Zwang aufzuerlegen, einer edlen Maßhaltung, die ihm die Steigerungsfähigkeit der Stimme bis zum höchsten Affekte erhält und die nicht immer beim französischen Schauspieler oder Rezitator anzutreffen ist. Dabei bewies Herr Jouffret, daß er in den Geist der Literatur seines Landes tief eingedrungen ist, sodaß der Vortrag nicht bloß als eine gewöhnliche Rezitation, sondern auch als eine geistreiche Interpretation hervorragender französischer Dichtungen gelte» konnte. — Herr Jouffret ist Südfranzose; wenn hie und da die Eigenthümlichkeiten seiner heimischen Mundart nicht unbemeickt blieben, so trugen dieselben dafür in der Erzählung Daude^s, seines großen Landsmannes, umsomehr zur Steigerung der Wirk ung und des Erfolges bei. Man merkte sofort, daß Herr Jouffret sich hier in seinem heimischen Elemente, auf heimischem Bode» fühlte, und jo dürfte wohl auch der meisterliche Vortrag der köst lichen kleinen Erzählung als die Perle des Abends bezeichnet werden! — Die Darbietungen des Herrn Vortragenden fanden bei der Zuhörerschaft ungetheilten, zum Theil geradezu begeisterten Beifall. Zum Schluffe sprach Herr Professor Kallenberg dem geschätzten Redner noch den besten Dank der Versammlung für den genußreichen Abend auS. SäT — Zu den in den letzten Wochen renovirten Restaurants unserer Stadt gehört, wie IN Ergänzung der kürzlich ge brachten Notiz berichtet sei, auch das Gewerbehaus, dessen großes, im Parterre gelegene Gastzimmer einer vollständigen Renovation unterzogen wurde. Rothe Tapete mit großen Phan tasieblättern reicht von der hohen Holzverkleidung der Wände bis zur Decke. Eine breite, vorwiegend in blassem Gelb gehaltene Kante bildet den Uebergang zu der Dekoration der Decke, die in den einzelnen Feldern wieder durch schmale geschmackvolle Kanten umrahmt wird. Auch im Hausflur des gern besuchten Etablisse ments wurden einige vortheilhaste dekorative Verbesserungen vor- genommen. Die gesammten Arbeiten hat Herr Malermeister Hahn mit anerkennenswerther Sorgfalt ausgeführt. — Auch in den Restaurationslokalitäten des Rathskellers war, wie schon kurz erwähnt, in den letzten Wochen die verschönende Hand des Dekorationsmalers thätig. Die Wände erhielten rothen Oelsarben« anstrich; die einzelnen Felder, in die sie getheilt sind, werden von mehrfarbigen Kanten begrenzt. Der anmuthige Wandfries, der bisher die Räume zierte, blieb erhalten; er wurde gereinigt und wäsentirt sich nun in neuer Frische. Die Decke ist in WachS- arbe gehalten. Die gesammte Dekoration, von Herrn Maler meister Hertwig ausgesührt, ist trefflich gelungen; sie wird b« allenBesuchern des renommirtenRestaurantsAnerkennungfinden.— Nach umfassenden, sich bis auf die kleinsten Details erstreckenden Erneuerungsarbeiten, die etwa drei Wochen in Anspruch nahmen, wurden Donnerstag Abend die Räumlichkeiten des Original Wiener Casäs dem Verkehr wieder übergeben. Der Besitzer des Etablissements, Herr O. Prüfer hat nicht allein die dekorative Ausstattung der freundlichen Lokalitäten, sondern auch daS ge jammte Restaurationsmobiliar einer vollständigen Erneuerung und Verbesserung unterzogen. Der vornehme Eindruck, den die Räumlichkeiten seit Bestehen deS Etablissements machten, ist durch die Umgestaltung nur erhöht worden. Kostbare Tapete, in modernem englischen Styl gehalten, bildet die Wanddekoration, die nicht minder geschmackvoll gewählt ist als die farbenprächtige Ausstattung der Decke. Die Holzverkleidung in den Fenster nischen trägt reiche Goldverzierung. Die gesammte Dekoration ist bei aller Vornehmheit nicht überladen, und gerade die einfache, ruhig wirkende Farbenzusammenstellung verleiht dem Ganzen eine Harmonie, die den Besucher angenehm berührt. Herr Maler meister Hertwig, der sich hier seiner Ausgaben in so vortrefflicher Weise entledigte, wird mit diesen Arbeiten nur Ehre einlegen können. In der übrigen Ausstattung der Räume tritt überall die reiche Goldverzierung hervor, die sich in der glänzenden Abendbeleuchtnng besonders vortheilhast ausnimmt. Für die Billards wurde ein größerer Raum geschaffen; die Tischgestell« erhielten neue Broncirung, die Polstermöbel wurden aufgepolstert, der Fußbodenbelag theilweise erneuert und auch die Ventilation erfuhr eine Verbesserung. Mit der Vergoldung des Mobiliars n. s. w. war Herr Vergolder Fickert beauftragt, während Herr Tapezierer Grimmer die gesammten Topezierarbeitrn ausführte. Weiter waren bei dem Erneuerungsbau die Metallwaarenfabrik Max Nudelt und Herr Schlossermeister Weinhold beschäftigt. Der Leistungsfähigkeit der betheiligten Freiberger Firmen und Geschäftsinhaber stellt der ganze Umbau ein überaus ehrendes Zeugniß auS. Di« Lokalitäten d«S Wiener Casss, die für Einheimische und Fremd« ein« Sehens würdigkeit bilden, find künftig wieder Tag und Nacht ununter«
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