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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 12.09.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189909122
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990912
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990912
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-09
- Tag 1899-09-12
-
Monat
1899-09
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 12.09.1899
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September. 18*9 , sie nach Neida zurückgefahren, wo ihnen auf den Fahrkarten vermerkt wurde, daß sie auf die gelöste Fahrkarte hin von Weida aus nach Gera reisen könnten. Die preußische Bahn verwaltung in Weida erkannte aber die Zulässigkeit dieser Fahr- larte nicht an, so daß die Reisenden wohl oder übel noch eine weitere Fahrkarte lösen mußten. In der Angelegenheit dürfte vch nicht das letzte Wort gesprochen sein. Kunst, Wissenschaft, Literatur. - Wochenspielplan ver Kgl. Hoftheater in Dresden, illtstadt: Dienstag : Carmen. — Mittwoch: Fra Diabolo. — Donnerstag: Der Bajazzo. Sizilianische Bauernehre. — Freitag: Margarethe. — Sonnabend: Oberon. — Sonntag: Der Barbier M Sevilla. Ballet-Divertissement. — Neustadt: DienStag : Au einstudirt: Es war einmal. — Mittwoch: Der zündende Funke. In Behandlung. — Donnerstag: Zum ersten Male: Lons. — Freitag: Hans. — Sonnabend: Es war einmal. — Sonntag: Egmont. Berg« und Hüttenwesen. V Bergarbeiterstreik im Plauenschen Grunde. Von »n Belegschaft der Freiherrlich von Burgkschen Kohlenwerke streikt etwa der dritte Theil. Vor der Hand ist auch keine Aus sicht vorhanden, die Ausständigen zur Wiederausnahme der Arbeit zu bewegen. Die Kohlenförderung erfährt durch den Streik nur mnig Abbruch, da der bei Weitem größte Theil der Bergarbeiter seiner Arbeit nach wie vor nachgeht. Auf den Schächten deS Michener Steinkohlenbauvereins, woselbst vor 2 Jahren ein Streik ausgebrochen war, sind (wie schon berichtet) sämmtliche Mann der Belegschaft angefahren. Auch auf die königl. Stein- lohlenwerke in Zaukeroda hat der Ausstand übergegriffen, es sind ober hauptsächlich nur junge Leute, die sich an dem Streik be theiligen. Die Direktion deS königlichen Steinkohlenwerkes hat ihren Arbeitern Folgendes bekannt gemacht: „Wie der Mannschaft des königlichen StemkohlenwerkeS durch Anschlag vom 12. v. M. bereits bekannt gegeben worden ist, hat das königliche Finanz ministerium eine anderweite mäßige Steigerung in den Löhnen der königlichen Bergarbeiter angeordnet. Die genauere Regelung wird sogleich nach der voraussichtlich in wenigen Tagen — spätestens am 15. d. M. — stattfindenden Rückkehr deS Werk direktors erfolgen. Es liegt daher für die Mannschaft keinerlei Anlaß vor, in den AnSstand zu treten. Diejenigen, welche dies dennoch gethan haben, werden hierdurch zur sofortigen Rückkehr zur Arbeit ousgesordert. Erfolgt die Wiederaufnahme nicht bis zum 11. d. M., so werden die Betreffenden als freiwillig abge gangen betrachtet." In ähnlicher Weise ist auch die Direktion der Freiherrlich von Burgker Werke verfahren, i Verschiedenes. * Ein MorV bei Berchtesgaden? Das Verschwinden Les Kanzleiraths Schulz auS Spandau ist noch immer in tiefes Dunkel gehüllt. Kanzleirath Schulz machte von Berchtesgaden aus, wo er mit seiner Familie zur Sommerfrische weilte, einen Ausflug nach Reichenhall und ist seit jener Zeit, etwa 8 Wochen, nicht mehr gesehen worden. Obgleich seitens der bayerischen und auch der österreichischen Behörden die Nachforschungen nach seinem Verbleib sofort mit regstem Eifer ausgenommen und fortgeführt wurden und auch die Familie des Verschwundenen alles ausbot, Licht in die dunkle Angelegenheit zu bringen, gelang es bisher nicht, die geringste Spur zu finden. Es hat nunmehr die An nahme Platz gegriffen, daß KanzleirathSchulz daS Opfer «ines Verbrechens geworden ist, zumal er am Tage seines Ver schwindens eine größere Baarsumme bei sich trug. * In drei Tagen Deutsch gelernt hat in Samter ein Dominialvogt Namens Nowaczyk. Wegen Körperverletzung an geklagt, gab er vor dem Schöffengericht an, nur Polnisch zu ver stehen, und weigerte sich beharrlich, trotz mehrfacher Vorhaltungen, und Ermahnungen, Deutsch zu sprechen. Da er drei Jahre beim Militär gedient hatte und den Schöffen bekannt war, daß er Deutsch sprechen kann, stellte der Amtsanwalt den Antrag, den Nowaczyk wegen Ungebühr vor Gericht mit einer sofort zu voll ziehenden Haftstrafe von zwei Tagen zu bestrafen. Das Schöffen gericht ging noch über das beantragte Strafmaß hinaus und ver- urtheilte ihn zu drei Tagen Haft, der höchsten zulässigen Strafe. Nach dieser Strafe konnte Nowaczyk gut Deutsch sprechen, so daß die Verhandlung bis zu Ende in deutscher Sprache geführt wurde. Neueste Nachrichten. Berlin, 10. September. Fast sämmtliche Morgenblätter vesprechen in längeren Artikeln die Verurtheilung Dreyfus'. Nur die „Nordd. Allg. Ztg.", die „Krzztg." und die „Deutsche Tagesztg." drucken die Telegramme aus Rennes ohne jedem Kommentar ab. Die antisemitische „Staatsbürger-Ztg." ist das einzige Blatt, welches die Verurtheilung billigt. Dreyfus habe nicht für Deutschland, sondern für Rußland spionirt und deshalb seien ihm auch mildernde Umstände zugebilligt worden. Das fanatische Antisemitenblatt vertritt die Meinung, daß die 5 Richter, welche für Dreyfus' Verurtheilung gestimmt haben, die Ehre Frankreichs gerettet und sich als unbestechliche Richter gezeigt haben. Alle übrigen Blätter halten die Dreyfus zugebilligten mildernden Umstände für unverständlich und weisen auf die unberechenbaren Folgen der abermaligen Verurtheilung hin. Die .Pos." schreibt: Sollte eS nicht gelingen, das Dunkel, daS noch immer über diesem Spionageprozeß liegt, zu lichten, so kann Deutschland sein Urtheil über sein Verhalten in dieser Affäre getrost der Nachwelt überlassen. Die „Berl. N. Nachr." sagen: Kein Glied der europäischen Völkerfamilie kann einer so tiefen pathologischen Erschütterung verfallen, ohne daß sich früher oder später die Wirkungen auch im Verkehr von Volk zu Volk be- merklich machen. Die „Börsen-Ztg." schließt ihre Artikel mit folgenden Worten: Die französische Republik hält sich nur noch durch die erbärmliche Schwäche der Regierung, durch welche sie gespalten wird. Und was wir in der letzten Zeit erlebt haben, beweist, daß der letzte Pfeiler, der ihr noch Halt zu geben schien, dem Zusammenbruch nahe ist. Die „Voss. Ztg." meint, Deutsch land könne der Entwickelung der Dinge ruhig entgegensehen, Frankreich aber sei zu bedauern. Ein schlimmere- Urtheil als der Richterspruch von RenneS konnte ihm nicht widerfahren. Ter Kampf ums Recht beginne mit neuer Gewalt, in der Zuver sicht, daß schließlich doch die Gerechtigkeit siegen muß. Der „Börs. Cour." sagt: Das ist eine moralische Kapitulation der französischen Armee unter Nebenumständen, welche den Zusammen bruch von Sedan keineswegs begleitet haben. Die Komödie ist beendet. Mag die französische Regierung Sorge tragen, daß auS der Komödie sich keine Tragödie entwickelt. Das „Berl. Tgbl." schreibt: Für die Republik werden sich aus dem gestrigen Verdikt sowohl für die innere wie für die äußere Politik/ betriebsame Konsequenzen ergeben.! ?er Bürgerkrieg steht in Frankreich vor der Thür. Den ersten ^egenschlag dürste Frnnkreich bei Gelegenheit der großen Welt ausstellung deS nächsten JahreS erfahren. Der Generalstab hat gesiegt, die Wahrheit ist unterlegen. Die „Volksztg." führt aus: Durch dieses Urtheil ist bewiesen, daß in Frankreich eine un parteiische Rechtsprechung nicht mehr möglich ist. Die Partei- leidenschaft hat die Gerechtigkeit überwunden. Die Negierung muß jetzt weiter in der Defensive bleiben, seit dem deutsch-französischen Kriege die größte Niederlage, die über daS unglückliche Land ge kommen. „Halbschuldig" überschreibt der „Vorwärts" seinen Artikel. DreyfuS sei als schuldig und als schuldlos erklärt worden. Der Fanatismus deS jesuitischen Militarismus habe den Kriegs richtern gegen ihre eigene Ueberzeugung den Schuldspruch ent rissen. Der Unglückselige von der Teufelsinsel wird persönlich frei werden, seine leiblichen Qualen werden beendet sein, aber daS gefesselte Recht ruft nach Befreiung. Wien, 10. September. Die hiesigen Blätter, mit Ausnahme der antisemitischen, bezeichnen die neuerliche Verurtheilung Dreyfus als gemeinen Justizmord. Nicht die Kriegsrichter hätten Dreyfus verurtheilt, sondern die Generäle hätten ihn veruurtheilen lassen. Die „Arbeiterzeitung" schreibt: „War das Urtheil vom Jahre 1894 ein Justizirrthum, begangen auS menschlicher Schwäche, so ist das gestrige Urtheil ein Justizmord, begangen auS mensch licher Niedertracht." Budapest, 10. September. Nach Verkündigung deS DrehfuS- UrtheilS versuchte eine große Volksmenge vor dem französischen General-Konsulat zu demonstriren, wurde aber von der berittenen Polizeiwache auseinander getrieben. DaS Generalkonsulat blieb di« ganze Nacht hindurch polizeilich bewacht. Budapest, 10. September. Wie verlautet, will die Oppo sition im Abgeordnetenhause eine Interpellation an die Regie rung richten, ob sie in der Lage sei, zu erklären, daß Leutnant Cernuschi (der in Rennes plötzlich aufgetretene Velastungszeuge gegen Dreyfus) vom österreichischen Militärattache Oberst Schneider als Spion verwendet wurde, daß Cernuschi gleich zeitig der französischen Regierung Spiondienste geleistet hat und ob er das bekannte Konzept des Briefes des Obersten Schneider mit einem falschen Datum versehen habe, ferner, warum Cer nuschi nicht bereits aus der Liste der österreichischen Armee ge strichen worden fei. Paris, 10. September. Hier ist alles ruhig; Paris bietet dasselbe Bild wie alle Sonntage. Auf den Boulevards bewegen sich zahlreiche Spaziergänger. Gegen vier Uhr Nachmittags letzte Regen ein. Auch in der Rue Chabrol herrscht Ruhe. Die Polizei hat Arzeneien für vier der dort Eingeschlossenen gesandt, die infolge des Genusses von auf dem Dache gesammelten Regenwassers an Dysenterie erkrankt. Paris, 10. September. Der Advokat Mornarb theilte einem Berichterstatter mit, es verlaute, das Kriegsgericht habe ein Gnadengesuch abgefaßt, dahin gehend, daß Dreyfus nicht aufs Neue dem Degradirungsakte unterworfen werde. Ein nationalistisches Blatt behauptet, die Mehrheit des Kriegsge richts hätte mildernde Umstände zugebilligt, weil sie Esterhazy für den Mitschuldigen des Dreyfus hielte. Paris, 10. September. Eine Note der „Aaence Havas" besagt: „Ein Morgenblatt behauptet, daß der Mimster des Aus wärtigen durch den Botschaftsrath PalSologue dem Präsidenten des Kriegsgerichtes in Rennes die am Freitag Abend von dem „Deutschen Reichs-Anzeiger" veröffentlichte Note habe zustellen lassen, welche, dem Blatte zufolge der Minister durch sein Er suchen vranlaßt hätte. Diese eBhauptung ist völlig unzu treffend." Daris, 10. September. Der Minister-Präsident Waldeck- Rousseau wird heute oder morgen Demange empfangen, welcher mit ihm über die aus dem Renner Prozeß sich ergebenden Rechts- sragen berathen soll. Parts, 10. September. YveS Guyot schreibt im „SiLcle": Die fünf Offiziere, welche DreyfuS schuldig sprachen, fällten ein Urtheil, welches ein Muster Von Feigheit und JesuitismuS bleiben wird. Diese Offiziere hatten di« klarste Ueberzeugung, daß Dreyfus unschuldig sei, sie verurtheilten ihn aber gleichwohl, weil sie die Generale vor den Konsequenzen der Verbrechen retten wollten, welche diese seit den fünf Jahren angehäuft hatten. Die sünf Offiziere irren, wenn sie glauben, das angestrebte Ziel erreicht zu haben. Die Regierung muß Mercier wegen falschen Zeug nisses sofort verhaften lassen. Wir werden uns niemals vor diesem widersinnigen Urtheil beugen; wir werden die Revision verlangen und werden sie erreichen. In der ganzen civilisirten Welt wird ein Sturm der Entrüstung und der Verachtung gegen die fünf Richter loSbrechen; daS Ausland wird fragen, waS aus Frankreich geworden ist, daß daselbst solche Infamien begangen werden können. — Clemenceau sagt in einem Artikel der „Aurore", eS sei schon ein ungeheurer Gewinn, daß zwei Offiziere sich über den „CorpSgeist" erhoben und nur der Stimme des Gewissens gehorcht haben. Die Heuchelei des Urtheils trete in dem Straf ausmaß zu Tage, durch daS der Negierung die Möglichkeit geboten werden solle, den Verurtheilten, welcher bereits fünf Jahre Deportation verbüßt hat, auf Grund des Gesetzes im Gnaden wege freizulasien. — Eine Dreyfus überreichte Adresse trägt die Unterschriften zahlreicher Professoren, Schriftsteller und Künstler. Paris, 10. September. „Petite Röpublique" meldet: Eine große Zeitung habe sich die Photographien der im Bordereau verzeichneten Noten verschafft, die von der Hand Esterhazys seien; es seien im Ganzen 212 Theile, die im Lause dieser Woche ver öffentlicht würden. Paris, 10. September. In der Hauptstadt wie auch in der Umgebung der Rue Chabrol herrscht vollkommene Ruhe. Bisher fanden keinerlei Kundgebungen ste't. RenneS, 10. September. DreyfuS wurde heute Nachmittag von seiner Frau und seinem Bruder Matthieu besucht. Diese letzte Unterredung mit seinem Bruder verlies sehr bewegt, doch zeigt sich Dreyfus guten Muthes und ist, wie auch seine Familie, über den Ausgang seines Prozesses sehr beruhigt. Die Stadt Rennes ist ruhig. RenneS, 10. September. (Meldung der „Agence HavaS".) Der weitere Gang der Dreyfus-Angelegenheit dürfte, wie hier angenommen wird, folgender sein: Nach Einreichung des Re visionsgesuches würden die Akten sofort nach Paris, dem Sitze des Revisionsgerichtes gehen. Die zuständige Behörde werde die Akten prüfen und sie einem von ihr zu wählenden Berichterstatter zustellen, der einen eingehenden Bericht liefern werde. Eine zu diesem Äehufe eingesetzte Kommission werde über die Begründet heit der im Revisionsgesuche vorgebrachten Punkte entscheiden und das Revisionsgericht alsdann in letzter Instanz urtheilen. Wenn dies das Urtheil des Renneser Kriegsgerichts kassirt, werde der Angeklagte vor ein neues Kriegsgericht gestellt werden. Im anderen Falle müßte die erkannte Strafe volle Wirksamkeit erlangen. Rennes, 10. September. Dreyfus hat heute Vormittag das Revisionsgesuch aeaen das Urtheil des Kriegsgerichts unterzeichnet. Le Havre, 10. September. Trupps von Sozialisten und Revolutionären veranstalteten eine Kundgebung gegen die Ver urtheilung Dreyfus. Die Polizei trieb die Ruhestörer auseinander, 15 Verhaftungen wurden vorgenommen. Marseille, 10. September. Der Kongreß der sozialistischen Partei im Departement Bouches-du-Rhüne, welche heute Vor mittag hier zusammentrat, nahm eine Tagesordnung an, in welcher das Urtheil in dem Prozeß Dreyfus in sehr heftigen Ausdrücken verurtheilt wird. i Belfort, 10. September. Gestern Abend' fanden hier wah rend des Zapfenstreiches Kundgebungen statt, es ertönten die Rufe: „Es lebe das Heer!" „Nieder mit den Juden!" Später , sammelten sich etwa 100 Personen vor dem Hause des Bruders des Hauptmanns Dreyfus, Jacques Dreyfus, an und zertrüm merten durch Steinwürfe den größten Theil der Fenstetscheiben und Fensterläden. Die Gendarmerie zerstreute die Ruhestörer und nahm mehrere Verhaftungen vor. New-Dorr, 10. September. Das Urtheil über Dreyfus entfesselte hier einen kolossalen Entrüstungssturm. Vier Kon greßmitglieder äußertm die Ansicht, daß die Weltausstellung nicht stattfinden werde. Hervorragende Bürger inszenirten eine Entrüstungsversammlung. Die Presse bezeichnet einheit lich das Verdikt als monströs. Der „New-Uork Herald" sagt, daß nicht der geringste Beweis für die Schuld Dreyfus' beige bracht worden sei. Eigene Drahtberichte. (Nach Schluß der Redaktion eingegangen.) Dresden, 11. September. Auf der Leipziger Straß« wurde heute Vormittag ein ans Löbtau stammender Zweirad fahrer, der einem Wagen auSweichen wollte, von einem elektrischen Straßenbahnwagen tödtlich überfahren. Karlsruhe, 11. September. Der Kaiser begab sich heute Morgen nicht in daS Manövergelände, sondern verblieb in Karlsruhe. Im Manöverterrain finden heute nur Kriegs märsche statt. Budapest, 11. September. Wiener Korrespondenz- Burean. Gegen die Beschickung der Pariser Weltausstellung ist hier eine Bewegung im Zuge. Bisher haben schon zahlreiche Aussteller ihre Anmeldungen mit der Begründung zurückgezogen, daß die in Frankreich herrschenden Verhältnisse die anSzustellenden Gegenstände gefährden. Das Gramer Domkapitel zog gleichfalls seine Anmeldung auS dem Grunde zurück, weil eS seine Kunst gegenstände im Werth« von vielen Millionen nicht gefährden wolle. Budapest, 11. September. Mehrere Hundert Personen wollten gestern Abend abermals vor dem französischen General konsulat eine Demonstration veranstalten. Die Polizei verstreute jedoch die Menge, bevor sie zum Generalkonsulat gelangte. Um eine Wiederholung von Kundgebungen zu vereiteln, ist die Um gebung des Konsulats polizeilich besetzt. Brüssel, 11. September. Der „Petit Bleu" hat in seiner Expedition eine Adresse ausgelegt, in welcher die sich Unter zeichnenden ihrer Ueberzeugung von der Unschuld des Verurtheilten der Familie DreyfuS gegenüber Ausdruck geben. Lando«, 11. September. Die „Times" ist überzeugt, daß DreyfuS nicht noch einmal degradirt werden wird. „Daily Mail" drückt ihrerseits die Ueberzeugung auS, daß der fran zösische Handel von der ganzen Welt boykottirt werden wird und daß die Welt-Ausstellung von 1900 nicht stattfinden werde. London, 11. Sept. Die beabsichtigte große Arbeiter- demonstration, welche gestern zu Gunsten Transvaals hier statt finden sollte, wurde auf nächsten Sonntag vertagt. In den Kirchen wurde gestern ein Hirtenbrief des Bischofs von Heres- ford verlesen, worin die Ungerechtigkeit der englischen Politik, gegenüber Transvaal und der Ernst der Lage gekennzeichnet wird London, 11. September. Wie der „Standard" aus Kon stantinopel meldet, ist im Lazareth zu Beirut ein Pestfall fest gestellt worden. Derselbe soll an Bord eines von Alexandrien gekommenen französischen Dampfbootes aufgetreten sein. London, 11. September. Die englische und amerikanische Presse giebt ihrem Unmuth und ihr Erstaunen über die Ver- nrtheilung des Hauptmanns Dreyfus Ausdruck, welche sie als einen Schimpf für die Zivilisation bezeichnet. In New-Dorker Telegrammen wird von Boykottirung französischer Waaren und der Pariser Weltausstellung gesprochen. An verschiedenen Orten fanden Kundgebungen gegen Frankreich statt. Paris, 11. September. Morgen wird ein Ministerrath abgehalten werden. Präsident Loubet wird den Vorsitz führen Der Ministerrath wird sich, wie verlautet, mit den juristischen Folgen des Spruches des Renner Kriegsgerichtes, sowie ferner mit der endgiltigen Lösung der Affäre in der Rue Chabrol be schäftigen. Es verlautet, die Regierung werde, fall- die Ver urtheilung Dreyfus endgiltig bleiben sollte, nicht eine abermalige Degradirung zulassen, sondern die einfache Streichung auS der Armeeliste bewirken. Pa^iS, 11. September. In republikanischen Kreisen ist man ükeräugt, daß ein Staatsstreich versucht werden wird an dem Tage, an welchem man Hand an den General Mercier legen will und daß die in der Dreyfusaffaire compromittirten Generäle sich gemeinschaftlich mit den Nationalisten an die Spitze eine» Putschversuches zu stellen beabsichtigen. Parts, 11. September, vr. Pozzi, welcher Dreyfus untersuchte, erklärte» DreyfuS sei auf jeden Fall gesundheitlich ruinirt und werde höchstens noch zwei Jahre leben; er sei un heilbar fettsüchtig. (?) — »Petit Parisienne", daS Organ deS Ackerbauministers, erklärt, die Regierung sei jeder Einmischung in die „Affäre" abgeneigt. — Eine neue Degradirung DreyfuS scheint ausgeschlossen. Zur Verhandlung vor dem RevisionSrathe kommt der Verurtheilte nicht nach Paris. Oporto, 11. September. Vorgestern sind 2 PestsSlle mit tödtlichem Ausgange festgestellt worden, gestern dagegen wurden keine neuen Erkrankungen konstatirt. Belgrad, 11. September. Der Präsident de» Land gerichtes theilte den Zeitungsberichterstattern mit, daß ihnen, fall» sie keine objektiven Berichte über die Verhandlungen im Attentats prozeß brächten, der Zutritt zum Gerichtssaale verboten werden würde.
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