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rio-- «MkergerAHeigE UN- Tageblatt um Stoxtaz, Tageblatt T. Mi Erscheint ^en Wochentag Abends /,6 Uhr für den /I/O /l 7? anderen Tag. Preis vierlelMrlich 1 Mk. 80 Psg. «/ f- einmonatlich 60 Psg.; durch die Post 2 Mk. 25 Psg. g die Beo Freiberg, den 11. September 1899. Sekr. D.-V. e D. 8. ! Uhr « kaust Sekr. G.-B. I N. 15/99. ,8l»ro. GüliiM Ian». >ses lorstan». IU, iuker. 'lusttgung ellbesitzer. Um güM >reas. söslle»- unwiderruflich versteigert. Freiberg, den 11. September 1899. e >1» werden. Tharandt, am' 28. August 1899. US- mderen div. Meldung« vollen, izlehrer. hat sich die für den 12. September 1899 in Oderbadrttzfch angesetzie Auction. «önigttchr» «mt»gericht. I. B. Aff «MSdiall sw die MtMc» md Mttsche» Bchwdca zu ffretlerg und Nnmd. Verantwortlich- Leitung ver «edattion, »«Ogg vnrkharvt. H« st! Kasstt, lchen und >enst ein . »rex- S2. Jahrgang. —— — Dienstag, den 12. September Anctio» in Wegefarth. Mittwoch, den IS. September 1899 Nachmittags 3 Uhr werden im Brauerei- Restaurant daselbst — als dem gewählten Auctionsorte — 1 Kleiderschrank, 2 Brodschränke, 1 Tisch, 1 Bettstelle, Taffen, Schüsseln, Teller, Töpfe, 1 Handkoffer, Kleidungsstücke u. s. w. schlüssel — vorgefunden worden. Roggen «nd Hafer in gut gereinigter, trockener, lagerungssähiger Waare mit einem Durchschnittsgewicht im Viertel, liier von mindestens 179 Gramm für Roggen und 112 „ „ Hafer Proviantamt Freiberg. U senk Bekanntmachung. Am gestrigen Tage ist der nachstehend näher beschriebene, bereits in Verwesung Übergehende Leichnam eines unbekannten Erhängten in der Parzelle Hüttenwald de» Lößnitzer StaatSforst- reviers aufgesunden und heute polizeilich aufgehoben worden, was mit dem Bemerke« bekannt gemacht wird, daß Ueberrock und Hut, sowie einige bei ihm gefundene Gegenstände zur Ansicht bereit liegen. Königliche Forstrevierverwaltung Loßnitz, am 10. September 1899. 8. 8ioIew«ildOw» Beschreibung drS Leichnam-: ungefähr 178 am lang, schwärzliches Haar mit Platte, blonder Schnurrbart, linker Fuß kürzer als der rechte, Alter ungefähr 5V Jahre. Kleidung: schwarze« Zacket, graue Hose und graue Weste, brauner Hut mit schwarzem Bande, ganz neue Stiesel, weißeS Vorhemdchen mit schwarz und weiß gestreiftem ShlipS, grauer Ueberzieher. Das Ade des Dreyfus-Prozesses. Mit steigender Empörung hat die ganze gesittete Welt den Gang der in RenneS aufgesührten Justizkomödie verfolgt. Nun hat sie daS Ende gefunden, da» man seit Wochen vorausgesehen, denn die Voreingenommenheit der „Richter" verleugnete sich keinen Augenblick während der ganzen langen Verhandlung, und sie nahm mitunter Erscheinungsformen an, welche die Vernichtung des Verfahrens im Falle eines verurtheilenden Erkenntnisses von vornherein sichern. Jetzt haben die Idioten — oder soll man sagen: die Verbrecher? — die ein falsches Vertrauen des höchsten französischen Gerichtshofes auf den Richterstuhl berief, ihr „Urtheil" gesprochen. Wie es lautete, haben wir durch Extrablätter am Sonnabend Abend bereits bekannt gegeben: Das Kriegsgericht verurtheilte Dreyfus mit fünf gegen zwei Stimmen unter Zubillig ung mildernder Umstände zu zehn Jahren Dötention (Einschließung, offenbar Festung). Für jeden Unbefangenen steht fest, daß der unglückliche Dreyfus das Opfer eines erneuten Justizverbrechens ist; die öffentliche Meinung Europas wird als die eigentlichen Verurtheilten die Richter bezeichnen, die mit kaltem Blute einen Unschuldigen der „Ehre der französischen Armee" opfern zu müssen glauben, um die Fälscher des Generalstabes zu retten. Jedes Wort unterschreiben wir, wenn die „Nat. Zeit." schreibt: „Das größte Verbrechen, welches seit den Tagen der Inquisition und der Hexenverbrennungen gegen die Würde der Menschheit unternommen worden, ist also vollbracht; und die fünf Ver brecher in Uniform, die sich leider rühmen können, dabei den Willen eines großen Theils deS französischen Volkes vollstreckt zu haben, brachten noch das Unerwartete zu Stande, zur Nichts würdigkeit die Feigheit hinzuzufügen. Während sie ent schloßen waren, den Schurken und Narren des Generalstabs daS Opfer darzubringen, welches dieselben forderten, peinigte diese „Richter" doch die Angst vor dem Schrei des Entsetzens, der durch die ganze civilisirte Welt gehen mußte, wenn Dreyfus wieder auf Lebenszeit nach der Teufelsinsel geschickt wurde; und so faßten sie den sinnlosen Beschluß, ihm „mildernde Umstände" zuzubilligen und ihn darauf hin nur zu zehn Jahren Gesängniß zu verurtheilen. Entweder hat Dreyfus den Verrath begangen; dann gehört er nach dem Gesetze für Lebenszeit auf die Teufels insel. Oder er hat den Verrath nicht begangen; dann mußte er freigesprochen werden. Indem das Kriegsgericht einen dritten Fall erfand, hat es für sich und seine Genossen nichts gewonnen. Das Urtheil aller gerecht und menschlich Denkenden über das Gericht von Rennes und über diejenigen Schichten des fran zösischen Volkes, auf deren Verlangen dieses Verbrechen begangen worden, wird durch den Zusatz von Jämmerlichkeit zu demselben nicht beeinflußt werden." Ueber die Schlußsitzung liegen nachstehende Berichte vor: Rennes, 9. September. Die Vorsichtsmaß regeln für die heutige voraussichtlich letzte Sitzung über steigen alles, was man in ähnlichen Fallen erlebt hat. Jeder Kartenbesitzer wird an der Außenthur ausgeschrieben, an der zweiten Thür hat sich jeder von uns einer körperlichen Durchsuchung zu unterwerfen. An der letzten Thür wurden auch noch die Operngläser abgenommen. ImSaal sindfastsovielGendarmenwieJournalisten anwesend. Damen sind nicht zuaelaffen, außer den fünf Mitarbeiterinnen der „Fronde" die fest Ende Juli eingeschrie ben sind. Um 7 Uhr 30 Minuten erscheint der SerichtShef. Inserate werden bl» Bormittag» 11 Uhr angenommen. Preis für dt« Spaltzrtl« 18 Pfg. H Außerhalb de» Landgerichtsbezirks IS Pfg. w v Bekanntmachung. Sonntag, den 19. September d. I., früh wenige Minuten vor 8 Uhr ist auf dem hiesigen Haupt-Bahnhose ein in der beigrfügten Personenbrschrcibung näher bezeichneter unbekannter Passagier durch den nach Dresden gehenden Vorortzug überfahren und auf der Stelle getödtet worden. Wir bitten, Alle», was zur Ermittelung der Person drS Todten, der etwa 88—49 Jahr alt war, anscheinend dem Arbetterstande angehört hat und vermutblich in Freiberg gewohnt hat, da bei ihm eine am 10. dieses Monats gelöste Rückfahrkarte IH. Klaffe Freiberg-Langenau vor gefunden worden ist, ungesäumt unserer Polizeiwache anzuzeigrn. Freiberg, den 11. September 1899. Die StadtpoltzeibehSrde. Personenbeschreibungr Größe 1,68—1,70 m, kräftige Statur, dunkelblond« Haare »nd dunkelblonder Schnurrbart mit großer Fliege, Nase und Mund gewöhnlich. Kleidung: Dunkelbraune Jacke, dunkle Hose mit Leibriemen, weicher schwarzer Filjhut, Halbstiefel mit Gummizug, weiß und roth gestreiftes Barchenthemö, Papierkragen und Papier vorhemdchen. Ferner ist in dem Besitze de» Verunglückten ein schwarzer Regenschirm mit Rohrstock, ein Portemonnaie mit 1 Mk. 95 Pfg., eine Streichholzbüchse aus Weißblech, eine Schnupftabakdose aus Birkenrinde, eine Brille mit Futteral und zwei Schlüssel — darunter ein großer Hohl- Ivar, beging er seine Fälschung. „Ich will", fährt Demange fort, „nickt weiter hierauf eingehen, da Henry sie mit seinem Leben gesühnt hat. Die „Elenden", von denen Henry sprach, sind, glaube ich, Esterhazy und Weill. Der ehrliche Soldat Billot sagte, daß der Äerräther vielleicht nicht der einzige sei; er dachte dabei an Henry, Esterhazy unv Dreyfus. Es müßte bewiesen werden, daß Dreyfus Esterhazy und Weill kannte. Jedenfalls kannten sich Henry, Esterhazy und Weill vom Nach richtenbureau her. Demange ist der Meinung, daß Esterhazy sich im Laaer von Chalons Auskünfte über die Veränderungen m der Artillerieformation verschaffen konnte. Er verliest hier zu den an den Agenten A. von seiner Regierung gerichteten Brief. Demange fährt fort, man habe nicht bewiesen, daß Dreyfus die im Bordereau erwähnte Note betreffend Madagaskar gekannt habe. Der Satz in dem Bordereau: „Sie werden aus dem Handbuch daS entnehmen, wa» Sie in- teressirt", beweise, daß man es mit einem Offizier zu thun habe, der in dieser Sache nicht zuständig ist, der aber Dreyfus nicht sein konnte. Demange erinnert alsdann daran, daß Esterhazy sich die Schießreglette verschafft habe, von der in dem Briefe an den Agenten A. die Rede sei; endlich stellt der Vertheidiger fest, daß Dreyfus wußte, daß er nicht zu den Manövern gehen würde, da durch die Note im Mai die zum Generalstab komma«- dirten Offiziere aufgefordert waren, ihre Regimenter zu wählen. Die übrigen Schriftstücke behandelt Redner wegen ihrer ge« ringern Bedeutung flüchtiger und erhebt sich dann in den stärk sten, pathetischsten Ausdrücken gegen die treuloseste aller An nahmen oder richtiger Unterstellungen, gegen die von Roget vor sichtig, von Billot deutlicher aufgestellte Vermuthung, Ester hazy, wenn er der Lieferant der Schriftstücke sei, dürfte der SpießgeselledesDreyfus sein, und brandmarkt die Gewissenlosigkeit, mit der man einen Angeklagten eine derartige Annahme ohne auch nur den Anfang des leisesten Versuch» eine» Beweises an den Kopf schleudert. Der Satz: „Ich werde zu den Feldübungen gehen" giebt dem Vertheidiger zu einem besonders glänzenden Waffenganae gegen die Anklage Gelegenheit. Im Augneolicke, als die Annage die Abfassung des Begleitschreibens auf Ende August verlegte, hatte Dreyfus gerufen: „Ich konnte es unmöglich geschrieben haben, denn wir wußten seit Ende Mai, daß wir nicht zu den Feldübungen gehen würden". Er verlangte die Vorlage des betreffenden Runderlasses; er konnte sie nicht verlangen. 1898 kam der Runderlaß endlich vor dem Höchsten Gericht zum Vor schein. Kein Zweifel war mehr möglich. Da traten plötzlich Roget und Cuignet mit der Behauptung auf, der Runderlaß vom 17. Mai habe Zweifel bestehen lassen. Am 28. August erst fei ein neuer Runderlaß erfolgt, der die Frage endgiltig löste. Nach unsäglichen Schwierigkeiten konnte man endlich auch dieses Runderlasses habhaft werden. Was enthält er? Die Zu- theilung der Offiziere zu den Regimentern, die sie wählten, als sie wußten, daß sie an den Feldübungen nicht theilnehmen wür den. Kein Zeuge konnte bekunden, daß Dreyfus nach dem Mai- Erlaß an seine Gegenwart bei den Feldübungen glaubte, oder daß er mündlich an jemand eine Bitte um Zulassung zu ihnen richtete. Das Begleitschreiben aber verräth keine Hoffnung, keinen Zweifel, sondern sagt mit unbedingter Bestimmtheit: „Ich gehe zu den Feldübungen". Von diesem Schuldanzeichen bleibt nichts, schlechterdings nichts übrig. Um zehn Uhr tritt die übliche Pause ein, nach der De mange zum Schluffe seiner Vertheidigung da» Wort nimmt Freiwillige Grundstücksversteigerung. Auf Antrag der Erben soll daS zum Nachlaß de» Gemtindevorstande» Ernst LUvWtg Nauman« in Grund gehörige GartennahrungSgrundstück Nr. 57 de» Brandkatasters, Fol. 58 deS Grundbuchs für Grund und Fol. 214 des Grundbuchs für Mohorn, mit einem Flächeninhalt von 3 da 20,5 a und belegt mit 121,76 Steuereinheiten, ortsgerichtlich auf 10950 M. geschätzt, mit dem vorhandenen lebenden und tobten Inventar Montag, den 18. September 1899, Vormittags 9 Uhr, an unterzeichneter Gerichtsstelle öffentlich versteigert werden. Die VersteigerungSbedingungM hängen in den Gasthöfen zu Grund und Mohorn au», können auch an Gerichtsstelle eingesehrn Dreyfus wird gleichzeitig eingeführt. Er macht Anstreng ungen, leicht und kräftig aufzutreten, sein Gesicht läßt Spuren der Aufregungen dieser letzten Wochen erkennen. Die Richter erwidern seinen militärischen Gruß zeremoniöser als ge wöhnlich. Maitre Demange setzt sofort seine Vertheidigungs- rede fort. „Ueber den Inhalt der Schriftstücke, die dem Begleitschreiben beilagen, giebt es nur Vermuthungen und Annahmen. Diese waren 1894 andere als 1899, und solche einander widersprechenden Vermuthungen sollten die sicheren Grundlagen der Verurtheilung eines Angeklagten bilden? Der Vertheidiger bespricht eingehend die Nummer, die im Begleitschreiben als Mittheilung Uber die Wasserbremse und das 12 Zentimeter-Geschütz bezeichnet wird. Die Generale Roget und Deloye behaupten, es gebe zwei 12 Zentimeter-Ge schütze, ein langes Belagerungsgeschütz mit Wasserbremse und ein kurzes haubitzenartiges mit Wasserluftbremse. Das lange Geschütz und seine Bremse waren 1894 längst bekannt. Eine Mittheilung über sie hatte also für einen fremden Attache keiner lei Interesse. Das kurze und seine Bremse dagegen waren 1894 neu und von höchstem Interesse für den Attache. Folg lich kann die Mittheilung sich nur auf diese Stücke beziehen und nur ein Generalstabsoffizier konnte sie machen. Jeder Theil dieser Folgerung ist willkürlich. Man ändert die ausdrück lichen Bezeichnungen im Begleitschreiben. Wenn man dagegen bedenkt, daß das lange 12 Zentimeter-Geschütz mit Wasser bremse bei Uebungen benutzt wurde, an denen Esterhazy 1894 theilnahm, und daß Esterhazy von Artillerie nichts verstand, also auch nicht wußte, was neu und wichtig war und was nicht, so wird alles klar. Man hat bewiesen, daß Dreyfus 1894 das kurze Geschütz niemals in Gebrauch gesehen hat. General Mercier hat darauf erwidert, Dreyfus sei 1890 in Bourges ge wesen, als die Versuche mit dem Haubitzengeschütz und der neuen Bremse angestellt wurden, und man wisse, daß damals ein Ver rath stattfand. Ricktig; aber einerseits haben Zeugen bekundet, daß Dreyfus in Bourges sich um die Artillerieversuche nicht kümmerte, andererseits wurde der Spion Greiner für den Ver rath des Bourges- Geschützes verurtheilt, und man fand bei ihm alle amtlichen Berichte, Tabellen und Zeichnungen, die sich da rauf bezogen. Dreyfus versichert, daß er die Schießvorschrift 1894 nicht gehabt habe. General Deloye behauptet, er habe sie haben können. In der That, diese Möglichkeit besteht, aber nicht für Dreyfus allein, sondern für Tausende, denn die Vor schrift war kein geheimes, nicht einmal ein vertrauliches, sondern ein ohne jede Vorsicht massenhaft verbreitetes Schriftstück. Und diese Möglichkeit soll ein Schuldbeweis sein?" Redner geht zum zweiten Schriftstück Uber, zur Mittheilung über eine Aenderung des Mobilmachungsplanes und der Deckungstruppen-Verwendung. Auch hier war es General Mercier, der sich zum Ankläger aufwarf und Annahmen vorbrachte, die Dreyfus belasten sollten, aber auch hier widerspricht Mercier sich. 1894 sollte es sich um eine einst weilige Aenderung handeln, die im März 1894 im Generalstab ausgearbeitet wurde; jetzt soll es sich um die endgiltige Aende rung handeln, die im Mai 1894 beschlossen wurde. An welche Annahme soll man sich halten, welche soll man bekämpfen? Demange glaubt nicht, daß Henry Mitschuldiger Esterhazys war; Henry war ein Ehrenmann, sonst hätte er das Bordereau vernichtet. Immerhin konnte Henry dem Esterhazy, den er für einen ehrlichen Mann hielt, Auskünfte liefern; als er d«m -b« im Jahre 1896, sah daß Esterhazy ein Verräther itzler. erg.