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1S9S 888 Paris, 24. August. In den Redaktionen hiesiger Blätter chsen hat I« Pirna ederwahl mber der eunenden ie Pflicht rath «nd eu Tagen iWittwe» igabe d«z der» von Staatsmitteln aus 1 Million fl. festgesetzt und dem Fonds außer dem eine außerordentliche Dotation von 900000 fl. zugewendet geben. Die Idee der „Revision deS Prozesse» Jesu Christi" interessirt immer weitere jüdische Kreise; man nennt diese di- s „Revisionisten". > - Eigene Drahtberichle. <Rach Schluß der Redaktion eingegangen.) Dresden, 24. August. Anfangs September wird das Königliche Hoflager von Pillnitz nach Moritzburg verlegt. Dresden, 24. August. Das in München erscheinende Witzblatt „Süddeutscher Postillon" wurde heute hier wegen Majcstätsbeleidigung von der Königl. Polizeidirektion beschlag nahmt. Wien, 24. August. Die „Wiener Ztg." veröffentlicht eine kaiserliche Verordnung auf Grund des 8 14, durch welche der zur Dotirung des Meliorationsfonds bestimmte Betrag aus thS Md stcher ei, I.Oktdr. den, ihre das Tele» ommatzsch >er Ober- oerden. sden der rtzsch vo» a wollte, m vorigen eint, wie ans die ch Zucker z. B. in Freiberger Anzeiger «nd Tngeblntt. Sette 5. — 25. August. en ersten ikapitäns bare Ge ll wollen Behand- e Geräth > tüchtige llinischeS ftpflaster warmen ,ald her- sier! he Phrc- sgegeben, isenform, men, hat ^reitender n haben, gleit, die Die fein Lerfeine- r Eigen- egen, die i anderen trausam- wenn die mt sind. Zahrhun- echtschas! iten aus- rlor die nschaften französi er!. Die n Nasen loll, das lkens da- Ziele zu- > nie zu- nig und Merkmal Adligen m. Für e charai- Reiches" tion zur ie Leiden Wahrheit ine Nase en. Die s geistige niederen erüchtigte he Nase, alen" ein n nähern denen sie chnen die othe oder det man rds ein» chte, dal ie Alttt- oder hin- und all hten Sie ischieden- und dies nischun?. ute Fl«- i Klaßen rten und e Neger- der ganz spezW , schließt der man es Phre- Nasen- und ein en unbe- fie geben iehendes, göttliche Sakramente anerkannt. In Odessa scheint sich unab hängig von der Rabbinowicz'schen Sekte eine ähnliche zu bilden. Unlängst sand dort eine Versammlung statt zur Besprechung des Dreyfus-Prozesses. Ein junger Jude hielt einen Vortrag, in welchem er erklärte, daß die Revision des Dreyfus-ProzesseS dem jüdischen Volke die Verpflichtung auferlege, das gegen den Propheten von Nazareth gefällte Todesurtheil zu prüfen und den von den jüdischen Aeltesten gegen Jesus geführten Prozeß . — einer Revision zu unterwerfen. Trotz des großen Lärms, den die orthodoxen Juden erhoben, stellte sich auf die Seite des Paris, 24. August. In den Redaktionen hiesiger Blätter jungen Redners eine große Anzahl von Juden, die ihm Recht s war in dieser Nacht das Gerücht verbreitet, Präsident Loubet sei sinnung wieder, gab aber dann gegen 12 Uhr seinen Geist auf. Der Absturz geschah in der Weise, daß derjenige, der der Gletscher wanderungen unkundig war, ausglitt und durch seinen Sturz seine Gefährten mit in die Tiefe riß. Alle drei blieben glück licherweise etwa 10 Meter vor einer großen Gletscherspalte liegen, im anderen Falle wäre wohl keiner mit dem Leben davon gekommen. Zu erwähnen bleibt noch, daß die Besteigung ohne Führer unternommen und auch das für Gletscherwanderungen erforderliche Einschlagen von Stufen unterlassen wurde. Der heute hier eingetroffene Vater des Verunglückten hat schon zwei Söhne durch Ertrinken verloren, der dritte ist ihm nun gleich falls durch ein unglückseliges Ereigniß genommen worden. * Im Anschluß an die neulich veröffentlichte Miscelle „Humboldt als Mordbrenner" dürfte eine andere, wohl nicht allgemein bekannt gewordene Anekdote aus dem Leben Alexander v. Humboldts nicht ohne Interesse sein. Herr v, R., der Landrath des Kreises Kempen, war ein Herr, der sich weniger durch geistige Begabung, als durch übermäßigen Dünkel auszeichnete. Eines Tages fuhr besagter Landrath mit der Eisen bahn von Köln nach Berlin. Es erregte bereits seinen Unwillen, daß er auf dem Bahnhofe in Köln kein leeres Coupö 1. Klasse mehr fand, und übelgelaunt nahm er in einem Coups Platz, in dem sich ein einzelner Herr befand. Die Musterung des Letzteren seitens des Herrn Landraths ergab für diesen das Resultat, daß er eS mit einem nicht als voll anznsehenden Reisebegleiter zu thun habe. Sehr ungehalten wurde daher der Herr Landrath, als nach einiger Zeit sein Begleiter eine Unterhaltung anzuknüpsen uchte, und gab ihm nichts weniger als sreundliche Antworten.— Als der fremde Derr, hierdurch offenbar mehr belustigt als beleidigt, seine Unterhaltungsversuche nicht einstellte, fuhr der Landrath ihn an: „Herr, verschonen Sie mich mit Ihrer geistlosen Unterhaltung. Jedenfalls sind Sie auch nur durch einen Jrr- thum in ein CoupS erster Klasse gerathen. Im Uebrigen scheinen Sie nicht zu wissen, wen Sie hier vor sich haben. Ich bin der Landrath von Kempen." „Ja, dann verzeihen Sie, hochverehrter Herr Landrath," erwiderte der Fremde, „das habe ick allerdings nicht gewußt. Dann ist mir Ihr Wunsch natürlich Befehl." — Und bis Berlin herrschte von da ab im Coupö Schweigen. Als der Zug in Berlin einlief, trat an das Coups König Friedrich Wilhelm IV., umarmte und küßte den Reisebegleiter des Landraths von Kempen und rief: „Mein lieber Humboldt, wie freue ich mich über dieses Wiedersehen nach so langer Zeit!" Alexander von Humboldt kehrte von einer längeren Reise zurück. — Der Landrath wollte sich schleunigst verziehen, doch mißlang ihni dies, da Humboldt laut zum König sagte: „Gestatten Majestät! Mein freundlicher Reisebegleiter, der Landrath von Kempen, der mir die Zeit während der langen Fahrt durch seine liebenswürdige Unterhaltung so angenehm verkürzt hat." — „Das war hübsch von Ihnen, Herr Landrath, daß Sie meinem besten Freunde so gut die Zeit vertrieben haben," wandte sich der König an den Landrath. — Der arme Landrath, über und über roth, vermochte nur unzusammenhängende Worte zu stammeln und athmete erst wieder etwas erleichtert auf, als der König mit Humboldt davon gefahren war. — Der König amüsirte sich natürlich himmlisch, als Humboldt ihm später die näheren Aufklärungen gab. — Im Jahre darauf besuchte Friedrich Wilhelm IV. die Nheinprovinz und kam auch nach Kempen, wo Herr v. R. noch als Landrath waltete. Die feierliche Rede, mit der er den König begrüßte, ging bald in ein ununterbrochenes Stottern über und versagte endlich vollends, als er es um den Mund des Königs so ironisch zucken sah. — „Na, lieber Landrath, lassen Sie's nur gut sein. Ich bin auch so von Ihrer und Ihrer Stadt loyalen Gesinnung überzeugt. Uebrigens hätte ich bald etwas vergessen. Humboldt läßt Sie grüßen." * Eine Stadt von 8ÜV0Y Einwohnern und kein Hotel, eine solche Merkwürdigkeit unter den deutschen Städten bietet die junge Stadt Nixdorf. Sie hat nichts in ihren Mauern aufzuweisen, was irgend einem Hotel ähnlich sieht. Zwar giebt es in Nixdorf eine Gesellenherberge und in der Peripherie der Stadt eine Unterknnftsstätte für ländliche Fuhrwerke und deren Führer, ein Hotel aber im eigentlichen Sinne des Wortes ist nirgends vorhanden. Unternehmungslustigen Hoteliers, welche daraufhin vielleicht Neigung verspüren, sich in Nixdorf zu etabliren, müssen wir indessen doch die Illusion rauben, als ob Nixdorf noch ein Dorado für Leute ihres Berufes darstelle; denn ein starkes Bedürfniß für ein Hotel ist anscheinend in dieser Stadt wegen der unmittelbaren Nähe Berlins nicht vorhanden. Der Fremdenverkehr war bisher gleich Null uud ein vor mehreren Jahren in Nixdorf gegründetes Hotel mußte im Vor jahre mangels ausreichender Inanspruchnahme durch Hotelgäste wieder eingehen. * Nette Zustänve müssen auf den französischen Eisen bahnen herrschen, wie aus dem Briefe einer großen Weinfirma in Bordeaux an einen Fabrikanten in Krefeld hervorgeht, dem sie die Absendung eines Kistchens mit verschiedenen Probeflaschen anzeigt. Die Firma schreibt dabei wörtlich: „Da ungefähr die Hälfte der Postpackete, die wir versenden, auf den hiesigen Bahn höfen gestohlen wird, so bitten wir Sie, uns gütigst zu benach richtigen, falls unser Postpacket innerhalb vierzehn Tagen nicht bei Ihnen eingetrosfen fein sollte, damit wir neue Proben ab senden können." * Als großartige Goethekennerin hat sich dieser Tage ein Frankfurter Dienstmädchen entpuppt, die den klassischen Aus spruch that: „Von dem Geede dhät merr aach nett so viel Uffhewens mache, wann er kaa Judd gewese wär." * Der Rechtsanwalt Josef Nabbinowiez in Kischenjew in Südrußland, der Begründer einer neuen jüdisch-christ lichen Sekte, ist jetzt gestorben. Er erkannte Jesus Christus als wahren Messias an und hatte namentlich in Südrußland sehr viele Anhänger. Nabbinowiez wollte mit seinen Glaubens genossen nach Palästina auswandern. Er reiste zunächst allein dahin. Da er sich aber überzeugte, daß eine derartige Koloni sation unmöglich sei, verfiel er auf eine andere Idee. Er sagte, die Juden müssen ihre Wiedergeburt mit der Geburt Christi be ginnen, des wahren Propheten und Messias, und da die Ebio- niten, die Anhänger der ältesten jüdisch-christlichen Gemeinde, ob wohl sie die göttliche Sendung des Propheten von Nazareth an erkannten, doch nach dem Gesetze Mosis lebten, so könne man anch heutzutage das Christenthum mit dem Judenthume ver binden. Die Taufe und das Sakrament des Altars wurden als Neueste Nachrichten. Berlin, 23. August. Ueber das Ergtbniß der Berathungen des Krourathes wird strenges Stillschweigen beobachtet, da» im Kronrathe selbst den Mitgliedern desselben auferlegt wurde. Doch > scheint man schon so viel sagen zu können, daß die Gerüchte, eS stehe die Bildung eines ganz neuen Ministeriums bevor, jeglichen Grundes entbehren. Berlin, 23. August. Die „Akademischen Blätter" theilen mit, daß die Vereine deutscher Studenten die Errichtung einer Bismarcksäule auf dem Kyffhäuser beschlossen haben. Breslau, 23. August. In Miottek, Kreis Lublinitz, gerieth der betrunkene Arbeiter Kubitza mit seinem siebzigjährigen Vater in Streit. Der Sohn schlug seinen Vater mit der Axt auf de» Kopf, so daß der Tod sofort eintrat. Der Mörder ist fest genommen. Gera, 23. August. Gestern Nachmittag brach in Triebes ein Feuer in der Scheune des fürstlichen Rittergutes au», welches 8 Häuser, sowie verschiedene Scheunen einäscherte. Das Feuer ist durch spielende Kinder verursacht worden. ES sind 18 Gebäude vernichtet, sowie 5 beschädigt. Osterode (Ostpreußen), 23. August. Der hiesige Rechts anwalt und Notar vr. Otto Berner wurde wegen Unterschlagungen verhaftet. Er stellte sich selbst dem Staatsanwalt. Seine Akten sind gerichtlich mit Beschlag belegt worden. Wien, 23. August. Der „Kurier Lwoswski" meldet, daß der Pariser Antisemit Gusrin ein Jndustrieritter der gerieben sten Sorte ist, der 1887 in Galizien operirte. Er kaufte Naph thaterrains in Libusza vom Grafen Skrzynsky für 300000 Fr., gab 50 000 Fr. Angeld und begann auf Kredit Anschaffungen von Möbeln, Teppichen und Silber, bis er endlich verschwand. Alle Reklamationen nach Paris, wo der Hauptsitz der Soci^tG Jules Gu6rin <L Komp." war, blieben erfolglos. Endlich schrieb man von dort, daß alle Bücher der Gesellschaft durch Brand vernichtet und deswegen alle Zahlungen unmöglich seien. Klagenfurt, 23. Auguß. Anläßlich der gestrigen Wander versammlung des katholischen Universitätsvereins sammelte» sich Tausende vor dem Hotel „Kärtnerhof", um daS Hotel zu stürmen. Das Militär rückte vor, doch die Menge wich nicht. Um Mitter nacht erklärte der Bürgermeister die Versammlung für aufgelöst und forderte die Versammelten auf, unter polizeilichem Schutz heimzugehen. Die, welche den Schutz ablehnten, wurden unter wegs geprügelt. Jeder Konflikt mit dem Militär wurde ver mieden. Budapest, 23. August. Der Krakauer höher« Beamte Szeverin Augustinowitzsch, der vor zwei Wochen 20 000 Rubel unterschlagen hatte und geflüchtet war, wurde heute Abend auf dem hiesigen Ostbahnhofe verhaftet. Der größere Theil des Geldes wurde bei ihm vorgefunden. Innsbruck, 23. August. Der Herausgeber des hiesigen Witzblattes „Scherer", Karl Habermann, der am 6. Juli den gegen die Sonnwendfeier und den „Scherer" gerichteten Hirten brief des Brixner Bischofs öffentlich auf dem Marktaraben nach dem Pichler-Fackelzug in den zusammenaeworfenen Fackeln ver brannte und deshalb vom Staatsanwalt wegen Herabwürdig ung und Verächtlichmachung kirchlicher Einrichtungen und Ge brauche angeklagt war, ist heute vom Vierrichter-Kollegium des Landesgerichts sreigesprochen worden. Hilversum, 23. August. Heute Abend durchziehen noch Militärpatrouillen die Stadt, eS scheint jedoch, daß keine weiteren Ruhestörungen zu befürchten sind. Lausanne, 23. August. Auch die Leiche des ertrunkenen Taufmanns Bergmann ist heute bei Eviau geborgen worden. Rom, 23. August. Gegenüber dem in ausländischen Blättern gemeldeten Gerücht von dem Vorkommen verdächtiger Krankheitsfälle in Neapel und Palermo theilt die „Tribuna" mit, daß die Sanitätsbehörden auf das Bestimmteste in Abrede stellen, daß irgend ein auch nur entfernt verdächtiger Fall in Italien vorgekommen sei. Paris, 23. August. Die militärische und polizeiliche Ab- perrung der Rue Chabrol dauert fort. An den Fenstern der Nachbarhäuser des „Fort Chabrol" sieht man Gendarmen und Livilinspektoren Wache halten. Ansammlungen und Ein- chmuggelung von Lebensmitteln werden nicht geduldet, ebenso erhielt Or. Lorenzi keine Erlaubniß mehr zum Besuch des Ein geschlossenen. In Paris herrschte tagsüber und Abends voll kommene Ruhe. Der „Soir" erzählt, daß sich morgen Nach mittag zweitausend Hallenweiber, jede einen wassergefüllten Krug und ein Brot tragend, zum „Fort Chabrol" begeben werden, um Guerin mit Lebensmitteln zu versehen. Die Polizei wird diese Manifestation zweifellos schon am Morgen untersagen. Paris, 23. August. Das Schwurgericht der Seine verur- theilte heute eine ganze Anzahl Personen, welche sich am Sonn tag an den Straßentumulten betheiligt hatten, zu 10 Tagen bis 4 Monten Gefängnis; und zu 10 bis 100 Franks Geldstrafe. Paris, 23. August. Gu6rin hat heute wieder das Dach seines Hauses mit Petroleum begaffen. Man glaubt, daß er die Absicht hat, Feuer anzulegen, um dann in dem Tumult die Flucht zu ergreifen. In der Rue Chabrol hat heute eine Buch druckerei das Geschäft geschloffen, weil ihre Einnahmen in den letzten Tagen wegen der Absperrung nur 3 Franks betragen hatte. Konstantinopel, 23. August. Ein auSwärtS verbreitetes Gerücht, daß die türkischen Botschafter in Wien, Rom und Peters burg hierher berufen worden sind, wird amtlicherseits für falsch erklärt. * Heiteres aus dem Gerichtssaale. Im Wiener Extra blatt veröffentlicht Eduard Seidel eine Serie heiterer Aus sprüche, die er in den Gerichtssälen Wiens gesammelt hat. Wir theilen daraus die folgenden mit: „Ich will, meine Herren Ge schworenen", sagte ein Vertheidiger in einem Schwurgerichts- prozeffe, „Sie nicht mit juridischen Erörterungen langweilen, da das der Herr Vorsitzende in sejnem Resum6 ohnehin besorgen wird." — „Es ist nicht zu verkennen", plaidirte ein Advokat, „daß die Stellung eines Angeklagten ihre Schwierigkeiten hat. Stiehlt er bei Tage, so wird ihm die größere Frechheit, die er dadurch bekundet hat, als erschwerend zur Last gelegt. Stiehlt er bei Nacht, dann ist wieder die größere Gefährlchkeit er schwerend. Ja, wann soll dann eigentlich einer stehlen?" — Enem Angeklagten, welcher der Kurpfuscherei beschuldigt wurde, hielt 1>er Vorsitzende strenge vor, daß er es gewagt habe, ohne , ärztliches Diplom Kranke zu behandeln. Der Angeklagte bat sodann um Geheimerklärung der Verhandlung, da er zu seiner ! Rechtfertigung etwas vorzubringen habe, was er nur dem Ge- fichtshofe anvertrauen könne. Nachdem die Verhandlung für , qeheim erklärt worden, sagte der Angeklagte: „Hier Herr Prä- ' (ident, ist mein Diplom; ich bin Arzt, aber mein Patienten diir- sen es nicht erfahren, sonst haben sie kein Vertrauen mehr zu mir!" — Vorsitzender: „Angeklagter, Sie sind zu lebensläng- ' lichem schweren Kerker verurtheilt. Wenn Sie die Strafe gleich antieten, zählt Ihnen schon der heutige Tag." — „Die Zunge stäubt sich, es auszusprechen", sagte em stark „in Rührung ar- Mnder" Vertheidiger, „in welch schwieriger Lage sich der An- otllagte befand. Er nagte am Hungertuch, und hätte auch Reses verpfändet, wenn man ihm im Leihause etwas darauf gegeben hätte." — „Wenn Sie nicht binnen drei Tagen", schrieb ein Advokat an einen säumigen Schuldner, „die Forderung Mines Klienten sammt Zinsen und Kosten begleichen, werde ich Sie zu Lande und Wasser verfolgen und dem Erdboden gleich machen". — Ein berühmter Vertheidiger reiste nach Jglau zu einem Prozesse, für den er ein großes Honorar erhalten hatte. Gleich zu Beginn der Verhandlung zog der Staatsanwalt die Anklage zurück und der Angeklagte wurde freigesprochen. Er forderte nun den Vertheidiger auf, ihm wenigstens einen Theil des Honorars zurückzugeben, da er dieses doch nur für seine Rede beanspruchen könne. „Sie haben nicht unrecht", entgeg nete der Vertheidiger. „Kommen Sie mit mir in mein Hotel, ich werde Ihnen dort die Rede halten. Das Geld gebe ich aber keinesfalls zurück!" * Tpuckaberglauben. Die für die Völker-Psychologie so wichige Erforschung der Volksgewohnheiten, die mit Recht in alle» Kulturländern von so und so viel Vereinen betriebn wird und eine enge Verbindung mit der Völkerkunde und der Anthro pologie unterhält, kann sich nicht immer mit ästhetischen Dingen befassen, sondern wird mitunter gerade die merkwürdigsten Thatsachen bei solchen Gebräuchen finden, über die man sonst wenig spricht. Ein interessanter Artikel der Pariser Zeitschrift „Anthropologie" spricht sich über den verschiedenartigen Aber glauben aus, der bei den einzelnen Völkern mit dem Spucken verbunden worden ist. Es geht daraus hervor, daß es sich auch dabei um altehrwürdige Ueberlieferungen handeln muß, deren psychologische Erklärung freilich noch nicht gegeben zu sein i scheint. Schon im klassischen Alterthum, bei Griechen und Rö mern, bildet das Ausspucken ein Mittel zur Abwendung von > Unglück. Um sich vor Unglück zu bewahren, spuckte man sich in den Schooß, die Frau spuckte auf ihren Säugling, um ihn I vor bösen Gerstern oder vor dem „bösen Auge zu schützen. I Mußte man an einem Orte vorübergehen, an dem man sich ein- I mal in Gefahr befunden hatte, so zog man seinen rechten Schuh I aus, spie hinein und zog ihn dann wieder an. Die Mütter im I alten Griechenland pflegten die Stirn der Kinder zu belecken, I um sie vor Hexerei zu bewahren, und bei den alten Römern be- I strich man sich zu gleichem Zwecke Stirn und Lippen mit I Speichel. Noch heute aber bestehen ähnliche Aberglauben in I vielen Ländern. In England spuckt der Angler auf denWurm, I ehe er den Köder ms Wasser wirft. In der Grafschaft Gent I sagt man von einem Kranken, der seiner Besserung entgegen- I geht, er habe in seine Hände gespieen. Die Bauern im Innern I neugeborene Hausthiere anspuckcn, wenn sie sie zum ersten Male I sehen, besonders aber, wenn sie sie loben. In einem Theile des I Bezirks vonCork speit man vor einer Person zur Erde, die als I von Irland sollen noch heute neugeborene Kinder oder auch I Pechvogel verschrieen ist. Daß auch in Deutschland ähnliche I Gebräuche noch bestehen, die alle darauf hinauskommen, daß I bas Ausspucken vor Zauberei schützen soll, dürft Jeder bestä- I iigen, der das Volksleben auf dem Lande einigermaßen kennt. I Wenn die französische Zeitschrift behauptet, daß man in Berlin I hinter einer Person, die von einem geht, ausspuckt, so möchten Z wir freilich noch eine besondere Bestätigung der heutigen Exi- I stenz dieses Brauches abwarten. Bekannt aber ist die in Ost- I Preußen herrschende Gewohnheit, drei Mal auszuspucken, wenn I man erschreckt worden ist. In Schlesien und Böhmen geschieht I dasselbe bei Begegnung mit alten Frauen. In Oldenburg I wird angeblich drei Mal in den Backtrog gespuckt. Auf den I Inseln Corsica und Sardinien darf man kein Kind loben, ohne I ihm gleichzeitig ins Gesicht zu spucken, weil es sonst behext wird. I In Neapel sollen sogar die Ammen die liebenswürdige Gewohn- I heit haben, Fremde anzuspeien, wenn sie in ein Zimmer treten, V wo ein schlafendes Kind liegt. In Sicilien spuckt die Mutter I auf ihr Kind, wenn irgend eine zweifelhafte Person es ange- I sehen hat. In Dänemark kennt man den Brauch, daß ein I Karienspieler, der dauernd im Verluste ist, auf seinen Sitz spuckt I und dabei sagt, ein Hund sei dort begraben. Man spuckt dort W auch in das Waschwasser, wenn es vorher von einem Andern I «nutzt worden ist. In Schweden spuckt man ins Bett, bevor W man sich niederlegt, und auf die Erde, bevor man aufsteht, der W Urte spuckt in die Quelle, ehe er seinen Durst löscht u. f. w. > Diese Beispiele genügen zum Beweise, daß Aberglauben und I Weine in grimmiger Feindschaft liegen. I * Unglücksfall in der Schweiz. Von Gemmi, 19. Aug., I Mud berichtet: Gestern früh um 5 Uhr brachen drei Studenten M As Bern vom Gasthof Schwarzenbach, der etwa eine Stunde I unterhalb der Paßhöhe der Gemini liegt, zur Besteigung des I M Meter hohen Balmhorns aus. Das Balmhorn ist mühsam, I M ohne Gefahr zu besteigen, Führer sind jedoch erforderlich. I oon den drei Studenten hatten zwei schon größere Hochtouren I unternommen, während der dritte noch keinen Gletscher über- I m ??? HE' Um 8 Uhr Morgens wurde dem Inhaber des > tWhoses durch einen der Studenten berichtet, daß ein schwerer D tbflurz beim Ueberschreiten des Gletschers erfolgt sei, und daß I Gefährten außer Stande seien, ohne Hilfe von dem I « zu gelangen. Sofort machte sich der Wirth mit einem I Nr , ttung auf. Unter außerordentlich erschwerenden I es, Beide zum Gasthof hinabzubringen. Der HE schwere Verletzungen des rechten davnngetragen, der andere wurde »oepmmngslos zuruckgebracht erlangte nach einiger Zeit seine Be-