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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 13.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189908137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990813
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990813
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-13
-
Monat
1899-08
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 13.08.1899
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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Gelte s. — 18. Angnst. IS» Werthe mehr als hundert Dokumente von beträchtlicher Wichtig keit dem deutschen MilitärbevollmSchtigten Obersten v. Schwartz- 'koppen zu verschiedenen Zeiten von Esterhazy als Zwischenträger und 'Schuldgenossen Henrys geliefert worden seien. Eins dieser Schriftstücke enthielt eingehende Angaben über den allgemeinen MobilisirungSplan der französischen Armee. Die Erträgnisse deS Geschäfts theilten Esterhazy und Henry unter sich. In Pariser diplomatischen Kreisen war Oberst Henry schon mehrere Monate vor seiner Verhaftung und seinem Selbstmorde als der wirkliche 'Berräther bekannt. Diese Thatsache war auch anfangs 1898 außer Deutschland schon mehr als einer europäischen Regierung bekannt. Oberst Henry "war der Chef de- französischen Nachrichten- bureauS im französischen Generalstab und hat sich Cavaignac gegen über alS Fälscher bekennen müssen. Er hat seinem Leben im GefängniAdurch daS ihm zur^Verfügung gestellte Rasirmesser ein Ende gemacht. Esterhazy hat auf seinen Eid eingestanden, daS dem Hauptmann DreyfuS zugeschriebene „Bordereau" selbst ge schrieben zu haben. Am 24. Januar 1898 gab der deutsche Staatssekretär von Bülow im Reichstage die feierliche Er klärung ab, daß zwischen „Dreyfus und irgend welchen deutschen Organen Beziehungen oder Verbindungen irgend welcher Art niemals bestanden haben". DaS versichere er „auf das allerbestimmteste". Eine gleiche Erklärung bezüglich Ester hazys hat Herr v. Bülow nicht abgegeben. ES ist wiederholt offiziös angedeutet worden, daß Herr v. Schwartzkoppen allerdings die ihm von Esterhazy angebotenen Dienste angenommen habe, wie das in gleicher Lage die Militärbevollmächtigten und Bot schafter aller Staaten zu thun pflegen, die französische Regierung hat dafür durch ihre Spione die Schreibtische und Papierkörbe der deutschen Botschaft in Paris und des Herrn v. Schwartzkoppen plündern lassen. Herr Esterhazy hat nicht bestritten, Beziehungen zu dem deutschen Militärbevollmächtigten gehabt zu haben. In Mittelstaedts Schrift über die „Affaire DreyfuS" wird aus Seite 104 gesagt: „Nach Versicherung eingeweihter Personen befand sich die französische Regierung schon seit 1898 im Besitze bündigster Er klärungen des Obersten v. Schwartzkoppen, daß der xetK bleu in Wahrheit von ihm an Esterhazy geschrieben worden fei." Man hat somit keinen Grund, die Meldung der „Times" für unglaubwürdig zu halten. Inwieweit sie Einfluß auf die Ver handlungen in RenneS üben wird, bleibt abzuwarten. In weite ren Kreisen erzählt man sich längst von Fälschungen und Ver- räthereien, die im französischen Generalstab verübt wurden, unter Mitwirkung des Herrn Esterhazy, während Herr Esterhazy, der die Ucbermittelung falscher Angaben des französischen Kriegs- ministeriumS an ein« fremde Macht zur Kenntniß deS Herrn v. Schwartzkoppen gebracht habe, selbst mit der Ermittelung des BerrätherS, als der Generalstab Kenntniß von dem Verrath er hielt, betraut worden sei und jetzt den ihm verhaßten Hauptmann DreyfuS als den Verbrecher beschuldigte. Inwieweit diese Dar stellung der Wahrheit entspricht, muß sich bei dem Fortgang der Verhandlungen von Rennes zeigen. v«rtNch«S und Sächsisches. Freiberg, den 12. August. — Prinz Georg «nd Prinzessin Mathilde sind gestern früh von Krauchenwies bei Sigmaringen nach Dresden bezw. Hosterwitz zurückgekehrt. — Posthilssstelle. In dem zum Landbestellbezirk deS Post amts in Reinsberg (Sachsen) gehörigen Ort Gotthelffriedrichs- grund wird am 1, September ds. IS. eine Posthilfstelle ein gerichtet. — Jnnungswesen. Bis zum I. April, dem Termine, bis zu welchem die bestehenden Innungen ihre Verfassung den Vor schriften des Reichsgesetzes vom 26. Juli 1897 entsprechend um- zuaestalten haben, also entweder freie Innungen bleiben konnten und sich dann daraus zu beschränken hatten, ihre Satzungen den veränderten gesetzlichen Bestimmungen anzupaffen oder bei der Kreishautztmannschaft denAntrag auf Bildung einer Zwangs innung für bestimmte Gewerbszweige stellten, sind in Sachsen insgesammt 162 Zwangsinnungen entstanden; darunter be finden sich 28 Neubildungen von Innungen. Die Zahl der rei nen Fachinnungen beläuft sich aus 128, während 34 Innungen verwandte Hanowerkszweiae umfassen. Die meisten Fachinn ungen finden sich im Bäckergeweroe (37), dann folgen die Schneider k21), Schuhmacher (18), Tischler (12), Schlosser (7). In der Bidung begriffen waren am 1. April 1899 noch 207 Zwangsinnungen, hierunter 90 reine Innungen. Die Zahl der Innungen, die sich als freie Innungen organisirt haben, beträgt insgesammt 707, hierunter 14 neuerrichtete Innungen. Von 180 Innungen waren die Satzungen bis zum 1. April ge nehmigt, bezüglich der übrigen schwebt das Verfahren noch. Zu den freien Innungen gehören 501 Fach- und 206 gemischte Innungen. Die meisten Fachinnungen besitzt das Fleischer handwerk (100), dann folgen Schuhmacher (57), Bäcker (39), Schneider(37), Baumeister und Baugewerken (32), Weber (23), Tischler (21), Klempner und Schmiede (je 15) u. s. w. Aufge löst haben sich nach dem Inkrafttreten des Reichsgesetzes vom 26. Juli 1897 in Sachsen insgesammt 69 Innungen. — An Stelle des in Folge Wegzugs ausgcschiedenen Herrn Gutsbesitzers Hofmann in Loßnitz ist Herr vr. Thate in Friede burg als Abgeordneter -nr Bezirksversammlung des Bezirke- Freiberg für den die Gemeinden Tuttendorf, Loßnitz, Lößnitz, Friedeburg und Hilbersdorf umfassenden V. ländlichen Wahlbezirk gewählt worden. — Für das morgen Vormittag stattfindende Schneckenberg konzert des Jägermustkchors wurde folgendes Programm aufgestellt: 1. Mw Leorobsr, Radfahrermarsch von Rosey. 2. Ouvertüre z. Op.: „Giralda" von Adam. 3. „Der Frühling, der kam", Lied von Kücken. 4. Zug der Frauen a. d. Op.: „Lohengrin" von Wagner. 5. Potpourri a. d. Operette: „Der Vogelhändler" von Zeller. 6. „VulLaOEckas", ungarischer Tanz von Brahms. — Kinder-Schutz. Auf dem Gebiete des gewerblichen Kinder-Schutzes steht Deutschland mit seinen Maßnahmen, wie fast in allen Punkten der Fabrik - Gesetzgebung und sozialen Fürsorge, an der Spitze der zivilisirten Nationen. Neuerdings richtet sich nun aber das Bestreben in Deutschland ganz be sonders auch darauf, den Schutz nicht bloß der gewerblich ar beitenden, sondern aller Kinder ohne Ausnahme in sittlicher wie gesundheitlicher Hinsicht zu vervollkommnen und auszubauen. Nach dem Paragraphen 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist das Vormundschafts-Gericht in allen Fällen, wo das geistige oder leibliche Wohl des Kindes dadurch gefährdet wird, daß der Vater sein Erziehungsrecht mißbraucht, das Kind vernach lässigt oder sich eines ehrlosen oder unsittlichen Verhaltens schul dig macht, verpflichtet, die zur Abwendung der Gefahr erfor derlichen Maßregeln zu treffen. Insbesondere kann das Vor mundschafts-Gericht anordnen, daß das Kind zum Zwecke der Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer Erziehungs oder Besserungs-Anstalt unterbracht wird. Paragraph 1838 pricht das gleiche Recht dem Vormundschafts-Gericht auch ge- lenüber dem Mündel zu. So ist die allgemeine Grundlage für ausreichende Maßnahmen zum Schutze sittlich oder körperlich gefährdeter Kinder vomBüraerlichenGesetzbuche vorgesehen Wor ten, und im Einführungs-Gesetze wird noch eine Erweiterung jinzugefügt. Der Artikel 135 dieses Gesetzes verfügt nämlich, >aß tue Anordnung der Zwangserziehung außer den nnBllrger- ichen Gesetzbuche angeführten Fällen auch dann erfolgen kann, wenn sie „zur Verhütung des völligen sittlichen Verderbens nothwendig ist." Unter dieser Voraussetzung vermag demnach Zwangs-Erziehung auch unabhängig von dem Verschulden des Vaters Platz zu greifen. Weiter reichen aber die Bestimmun gen der Reichs - Gesetzgebung nicht, alle Neuregelung des Zwangs-Erziehungswesens im Einzelnen bleibt vielmehr den Zundesstaaten überlassen. Die meisten Bundesstaaten sind denn auch bereits in oieser Richtung thätig. Das Ergebniß dürfte eine erhebliche Ausdehnung und Weiterentwicklung des Zwangs-Erziehungswesens sein. Diese Ausdehnung wird wn zahlreichen Kreisen auch nach einer Seite hin gewünscht, sie das kriminelle Gebiet betrifft. Gemäß dem geltenden flechte kann nämlich derjenige, welcher bei Begehung einer straf- iaren Handlung das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet jat, wegen der Handlung nicht strafrechtlich verfolgt werden. Wohl aber vermag die Ueberweisung an eine Erziehungs- oder Besserungs-Anstalt zu erfolgen, nachdem von der Vormund- chafts-Behörde die Begehung der Handlung festgestellt und die Interbringung für zulässig erklärt worden ist. Hier setzt nun die auf den verschiedensten Seiten laut gewordene Forde rung ein, das strafmündige Alter auf das vierzehnte Lebens jahr hinaufzusetzen. Sicherlich würde ja damit auch dem ver giftenden Einflüsse, der in den Gefängnissen von dem Umgänge nnt ältern Sträflingen ausgeht, gesteuert werden, und insofern ist der geplante Schritt zu rechtfertigen. Eins aber wollen wir dabei doch nicht zu betonen vergessen. Die Zwangs-Erziehung, welche für jugendliche Verbrecher fortgeschrittenen Alters in Anwendung kommt, darf niemals den Charakter der Strafe verlieren. Keine Sentimentalität und falsche Philanthropie, unter der unsere Zeit schon so wie so schwer zu leiden hat, darf es jemals dahin bringen, daß die Besserung, welche immer nur ein Nebenzweck der Strafe fein kann, zum eigentlichen Zwecke derselben gemacht wird. Mit Recht sagt Treitschke: „Die Strafe trägt ihren Zweck in sich selber, sie ist die Sühne der be gangenen Rechtsordnung." Daraus aber ergiebt sich auch mit flothwendigkeit, daß sie als solche nach Art und Maß ihrer Durchführung dem Sträfling zum Bewußtsein kommen muß. — Aus Anlaß der jetzt im Gange befindlichen Ernte sei darauf aufmerksam gemacht, daß eS nach 8 368 Ziffer 9 des Reichsstrafgesetzbuches verboten ist, vor beenveter Ernte über bestellte Aecker zu gehe«; insbesondere ist auch das Aehrenlesen, sofern es ohne Erlaubniß des betreffenden Feld besitzers erfolgt, strafbar. — Für Brautleute ober solche, die es werben wollen, empfiehlt es sich, das neue Bürgerliche Gesetzbuch, das viele neue Bestimmungen enthält, zu studiren. Für die Eingehung eines Verlöbnisses ist nach dem zukünftigen Rechte nichts weiter er forderlich, als das Versprechen und die Annahme, und es ist nicht einmal erforderlich, daß dies mit ausdrücklichen Worten oder vor bestimmten Personen geschieht. Ein Verlöbniß wird schon dann als vorliegend anzusehen sein, wenn das Paar Ab- reven bezüglich des künftigen Wohnsitzes, der Einrichtung u. s. w. getroffen hat, oder wenn gar schon Einrichtungs- und Ausstattungsstücke angeschafft worden sind. Eine Versendung von Verlobungsanzeigen oder ein Austausch von Ringen ist kei neswegs Bedingung, die Verlobung ist vielmehr an gar keine bestimmte Form gebunden. Die Möglichkeit, sich als Braut zu betrachten, ist deshalb für ein modernes Fräulein viel leichter geschaffen, als bisher. Hat sich der Gesetzgeber somit ziemlich galant gezeigt, so hat er auch andererseits nicht vergessen, den bitteren Wermuthstropfen in diesen Freudenkelch zu träufeln. Wer nämlich verlobt ist, hat damit auch noch nicht allzuviel ge wonnen, denn aus einem Verlöbniß kann man nicht auf Eingeh ung der Ehe klagen, und der verlassene Verlobte kann auch den zurückgetretenen Verlobten nicht hindern, eine andere Ehe zu schließen. Er kann auch im Allgemeinen nicht andere Rechte aus dem Verlöbniß herleiten. So ist selbst die Vereinbarung einer Strafe für den Fall des unbegründeten Rücktritts rechts- ungiltig. Dagegen können der verlassene Theil resp. dessen Eltern u. s. w. Schadenersatz für die Aufwendungen bean spruchen, welche sie in Erwartung der Ehe gemacht haben. Der ohne richtigen Grund Verlassene kann auch Schadenersatz ver langen, wenn er in Erwartung der Ehe Einrichtungen getroffen hatte, welche sein Vermögen berühren, falls er z. B. eine Stell ung niedergelegt oder nicht angenommen hatte. Der Schaden ist aber nur dann zu ersetzen, wenn die Haltung des Geschädig ten angemessen war. Alle Ansprüche verjähren in zwei Jahren nach der Auflösung des Verlöbnisses. Jeder Verlobte hat, falls die Verlobung nicht zur Eheschließung führte, das Recht, die gegebenen Geschenke, auch die Ringe u. s. w., zurückzuver langen, nur derjenige, welchen an der Aufhebung des Verlöb nisses ein Verschulden trifft, kann dieses Recht nicht geltend machen. Minderjährige können ohne Einwilligung ihres ge setzlichen Vertreters ein bindendes Verlöbniß nicht schließen, daher kann auch, wenn ein Minderjähriger schuldloser Weise von dem Verlöbniß zurücktritt, der andere Verlobte nicht Schadenersatz für die gemachten Aufwendungen beanspruchen. — Die Zeit ist da, zu welcher man herniedersteigt von den Bergen, der Reifetoilette sich entkleidet und wieder an die alt gewohnte Arbeit geht. Die Ferien gehen z« Ende, und da kann nur der völlig Unabhängige die Wanderung fortsetzen, alle Anderen, die in Amt und Würden sind, die für den Unterhalt der Familie arbeiten müssen, sind im Begriff, den Staub der Reise von den Füßen zu schütteln oder sie haben es bereits ge- than, haben schon wiederum ihre Thätigkeit ausgenommen, und machen nun und empfangen Besuche, um sich gegenseitig die von der Sonne gebräunten Gesichter zu zeigen, um sich von dem Er lebten und Gesehenen zu unterhalten, und dies ist meist ein Ver gnügen, von dem das Wort gilt, das ein Dichter von den ge schriebenen Reiseerzählungen, den Reisebriesen, sagt: „Die Reisen haben die Schreiber gemacht, Strapazen haben die Leser." Da kann man es denn ganz genau hören, sowohl vom Freunde, der in den bayerischen Hochalpen herumkletterte, wie von der Nachbars familie, die im Seebad badete, vom Kollegen, der in Gastein oder schaffen werden. Auf der Ostra-Allee in Dresden wird gegenwärtig in die bereits vorhandenen Kanäle ein Telephonkabel für die Vororte Löbtau-Cotta eingelegt, welches nicht weniger als 448 Drähte umschließt, während die bereits liegenden nur die Hälfte enthalten. Der Strang wird durch Drähte mittelst Winden von Schrot zu Schrot sortbewegt. Ein von Dresden nach Elsterwerda—Zossen—Berlin ver kehrender Schnellzug erlitt am Donnerstag ein eigenthüm- liches Verkehrshinderniß. Als sich der Zug dem Bahnhof Baruth genähert Hatte, bemerkte der Lokomotivführer kurz voraus eine inmitten des Gleises dahinstürmende und vermuthlich beim Verladen in Baruth wild gewordene Kuh. Ein Ueberfahren derselben hätte leicht zur Entgleisung des Zuges führen können, bei seiner Arbeit und seinem Studium. Daß man trotz alledem natürlich im nächsten Jahre wiederum verreist, ist selbstverständlich, denn erstens ist eS in der Stadt zur Reisezeit noch schrecklicher und endlich auch sei man ja gegen so manches Unliebsame der Reise nunmehr durch die diesjährige Erfahrung gefeit. So Wird es denn in jedem Jahre immer Viele geben, die Reise« machen und fast ebenso Viele, die die gemachte Reise für nichts weiter erachten als eine oft recht kostspielige Strapaze. Wohl Denen aber, die von der Reife Erholung und neue Kraft zur alten Arbeit bringen, die auf der Fahrt sich in der That vergnügten, die schöne Länder und Völker sahen, viele neue Eindrücke in sich aufnehmen konnten, sich nicht ob der über ihre Verhältnisse hinausgehenden Unkosten zu beklagen hatten und an der Thür ihre» Heims ein „Herzlich Willkommen" fanden, daS nicht Kon- venienz, nicht die Dienstmagd aus scheinbarer Pflicht, sondern die Liebe anbrachte. Wohl Denen auch, die Alles daheim so sanden, wie sie zu finden wünschten, daS alte, behagliche Leben, da- sie verließen. Wohl Denen, die dann wiederum, wenn sich ein Jahr lang im engeren Kreis der Sinn verengerte, ihre Reise-Sehn-, Seh- und Seesucht stillen und nun ein Jahr lang träumen können von den Freuden, die ihnen dieser Sommer brachte, die ihnen der nächste bringen würde! — Abnormitäten im Leben der Natur treten alljährlich in der Blüthe- und Erntezeit häufig zu Tage. Wie ost hat man beispielsweise in diesem Jahre von Bäumen berichtet, die zum zweiten Male blühen! Heute wurden unS reife Aepfel dieS- zähriger Ernte gezeigt, die an einem Zwergbaume deS Kanzlei lehngutes Tuttendorf gewachsen sind. Als interessante- Gegen stück hierzu sei erwähnt, daß in Burgstädt ein Zwerg-Birnbaum jetzt zum dritten Male blüht. Die erste Blüthe ist abgefallen, die zweite hat Früchte gebracht, während die dritte sich in einer Anzahl von Büscheln jetzt entfaltet. — Das Steigenlassen der Drache«, dielungenstärkende und wangenbräunende Lieblingsbeschäftigung der Knaben aus den des Erntesegens beraubten Fluren wird in kurzer Zett wieder beginnen. Leider kommt eS noch immer vor, daß der Segler der Lüfte mit Telephon- und Telegraphenleitungen in unliebsame Verwickelungen geräth, von denen an den Drähten genannter Leitungen herabhängende Drachenschwänze und Papierfetzen Kunde geben. Wir erinnern daran, daß gesetzlicher Bestimmung zufolge für alle durch das Steigenlassen der Drachen verursachten Störungen und Schäden an den Telephon- und Telegraphen leitungen die Eltern, Vormünder bez. Pflegeeltern der Kinder verantwortlich sind. — Kesselflicker, Drahtbinder und Schirmreparirer. Einst bildeten die drei ein köstliches Dreiblatt, unzertrennlich in Noth und Uebersluß. Der Kesselflicker ist aus diesem seltsamen Drergestirn verschwunden; er war der erste, dem die nimmer rastende Industrie den Garaus gemacht hat. Schon lange ist es her, daß man wohl noch einenKesselslicker seinen Weg wan deln sah, auf dem Rücken das untrügliche Wahrzeichen des Standes, einen Kessel, an dem es nichts mehr zu flicken gab. Die Schirmreparirer haben sich mehr zu behaupten ge wußt. In den größern Städten kaufen sie hausirend die alten Schirme für Pfennige auf, um in abseits vom Verkehr belege nen Punkten altehrwürdigen Schirmen unglaublicher Große und Beschaffenheit durch ihre Kunst zu weiterem Dasein zu ver helfen. Die Drahtbinder sind noch eine typische Erscheinung. In der Ecke eines Hausflurs sitzen sie an der Erde oder rm Hofe auf dem Hauklotz, umgeben von einer neugierigen Kinderschaar, die ihr Thun mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Ge wöhnlich ist auch die ebenfalls sonnverbrannte Ehehälfte dabei, deren Hauptaufgabe darin besteht, für stete Füllurm einer and«- ren treuen Begleiterin, der Flasche, zu sorgen. Trotzdem sind es harmlose Leutchen, die keinem Menschen etwas zu leide thun and von den jugendlichen Helden der Straße ganz unverdienter weise nur zu oft gehänselt werden. — Zu besetzen ist die ständige Lehrerstelle zu Eichgraben bei Zittau. Kollator: Das K. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Das Einkommen der Stelle beträgt außer der freien Wohnung mit Garten und 'den gesetzlichen M- terszulagen 1000 Mark, vom 1. Januar 1900 an nach der vom Schulvorstande beschlossenen Staffel 1200 Mark, vom 25. Le bensjahre des Lehrers an 1300 Mark und steigt in Staffeln von je 5 Jahren bis zu 2400 Der Frau des gewählten Lhrers würden 80 Mark für Ertheilung des Handarbeitsunter richts gewährt werden. Gesuche mit den gesetzlichen Beilagen sind bis zum 23. August an den K. Bezirksschulmspektor Schul- rath v. Müller in Zrttau einzureichen. — Eine ständige Lehrer stelle in Thurm. Kollator: die oberste Schulbehörde. Gehalt: 1200 180 bez. 150 Wohnungsgcld, 90 für Fortbil ¬ dungsschule und 30 für Verwaltung der Schul- und Volks- bibuothek. Bewerbungsgesuche mit sämmtlichen Zeugnissen bis in die neueste Zeit sind bis zum 28. August bei dem K. Be zirksschulinspektor Schulrath Lötzsch in Glauchau einzureichen; — zwei ständige Lehrerstellen in Mülsen St. Jacob. Kollator: die oberste Schulbehörde. Gehalt 1200 180 Wohnungs ¬ geld und die gesetzlichen Alterszulagen. Bewerbungsgesuche mit sämmtlichen Zeugnissen bis in die neueste Zeit sind bis zum 28. August bei dem K. Bezirksschulinspektor Schulrath Lötzsch in Glauchau einzureichen. — Königliches Landgericht Freiberg. Von der zweiten Strafkammer wurden gestern verurtheilt: 1. die Fabrikarbeiterin Selma Anna Voigt, geb. den 3. Juni 1884 zu Lungwitz, wohn haft ebendaselbst, wegen Diebstahls zu 3 Tagen Gefängniß; 2. der Holzdrechsler Heinrich Fürchtegott Zeidler, am 11. Dezbr. 1847 in Neuhausen geboren, in Olbernhau wohnhaft, wegen Verbrechens gegen 8 176 3 des R.-Str.-G.-B. zu 2 Jahren Gefängniß und fünfjährigem Ehrenrechtsverlust. -g- Naundorf, 12. August. Bei der Hofjagd am Donners tag wurde ein Zwölfender, zwei Zehnender, ein Achtender und ein Spießer geschossen. Unter Vorsitz des Bürgermeister vr. Schauer hat sich in Tharandt ein Verschönerungsverein gebildet, dem 32 Herren beitraten. Aus den Mitteln des Vereins sollen zunächst Ruhe bänke, Wegweiser, MarkirungSsteine, Schutzhütten u. s. w. ge in Mulda, Kipsdorf, Hartha sich aushielt und von allen anderen Bekannten, die, wer weiß wo die Zeit ihrer Sommerfrische zu brachten, daß man schrecklich von der Ueberfüllung an den be liebtesten Punkten zu leiden hatte, daß man den Sonnenaufgang auf den Bergspitzen regelmäßig verschlafen habe oder d«r Regen wolken wegen nicht beobachten konnte und daß man froh fei, zur Mumeuung oes Zuges suyren ronnc», wieder sich an Ort und Stelle zu befinden, in seinem traulichen Heim, j und so entschloß sich der Zugführer dazu, der Kuh dicht! zu
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