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149. Freiverger Anzeiger und Tageblatt. Seite 4. — 30. Juni. Ein Ausgleiten der mit Pferde werthvoller als alle anderen. glatten Eisen beschlagenen Pferde sei zwar nicht völlig aus geschlossen, das Hängenbleibcn solcher Pferde werde jedoch aus , durch eine Nachtragsstiftung von 10 000 Mk. ihre Sympathien i abermals zum Ausdruck zu bringen. Direktor Möbius überreichte > namens der ehemaligen Zöglinge zum Anschluß au eine bereits ! bestehende Stiftung ehemaliger Zöglinge zur Gründung von l Freistellen eine Stiftung von 4000 Mk., dabei noch mehr in : Aussicht stellend. Die Logen zu den „ehernen Säulen", zum „goldenen Apfel" und zum „goldenen Kreuz" haben der Anstalt in Form eines Stipendiums ein Jubiläumsangebinde gestiftet. Nach der Feier fand im Schulhofe ein Exerzieren der Zöglinge statt. Nach dem Abschreiten der Front überreichte Oberst Rosen müller namens der ehemaligen Schüler eine prachtvolle Banner schleife. Dem Vorstand der KinderheilstStte für Neu- und Antonstadt- Dresden wurde von Fräulein Agnes Pietsch daselbst die Summe von 12000 Mark zur Begründung eines Agnes-Freibetts in dem Maria Anna-Kinder Hospitale überwiesen. Ueber die Entdeckung undFestna hm e des Mörders der verw. Hermsdorf in Dresden wird noch Folgendes be richtet : Nach Bekanntwerden der That und nachdem feststand, daß der Mord von einem Einmietherdieb verübt worden war, lenkte sich der Verdacht der Thäterschaft auf den am 9. August 1880 in Riegersdorf in Böhmen geborenen John, der in letzter Zeit wiederholt als Einmietherdieb in Dresden aufgetreten war. Dieser Verdacht fand dadurch Bestätigung, daß die Uhr der Ermordeten auf der Neugasse unter dem Namen Erummt als verpfändet vorgefunden wurde und es der Kriminal-Polizei bekannt war, daß John bei einem früheren Diebstahle in den Besitz von Papieren, die auf den Namen Grummt lauteten, gelangt war. Es wurde weiter festgestellt, daß ein Mann auf den ebenfalls die Beschreibung Johns genau paßte, einen zum Diebstahl ge hörigen Gegenstand zu verkaufen versucht hatte. War somit der Verdacht auf John dringend begründet, so wurde noch weiter in Erfahrung gebracht, daß John immer in enger Verbindung, sei es brieflich oder persönlich, mit seiner in Riegersdorf wohnhaften Mutter geblieben war, weshalb Kriminalbeamte dorthin entsendet wurden, um auf Briefe Johns oder auf diesen selbst zu fahnden. Dies konnte natürlich nur im Einverständnisse mit den öster reichischen Polizeibehörden erfolgen, welche sich äußerst entgegen kommend und hilfreich erwiesen. John wurde von einem Dresdner Kriminal-Gendarm und zwei österreichischen Polizeibeamten in dem Hause seiner Mutter in Riegersdorf angetroffen, ergriff jedoch beim Ansichtigwerden der dem Hause sich nähernden fremden Personen die Flucht in die anstoßenden Felder. John, der nur mit Hemd, Hosen und Strümpfen bekleidet war und in der rechten Hand ein Stemmeisen zu seiner Vertheidigung schwang, konnte erst nach einer langen Jagd über Zäune, Hecken und durch Kornfelder mit Zuhilfenahme einer auf einem Kleefelde Vorgefundenen Sense zu Falle gebracht und festgenommen werden. In der Behausung der Mutter des John wurden, zum Theil auf dem Boden versteckt, noch die Uhrkette, eine Brosche und das Portemonnaie der Ermordeten, sowie verschiedene den Unter- miethern der verw. Hermsdorf gestohlener Gegenstände gefunden. In der gestern Abend stattgefundeuen Sitzung des Stadtver- ordneteukollegiums zu Leipzig wurde Oberbürgermeister vr. Dittrich aus Plauen mit 49 von 67 abgegebenen Stimmen zum Bürgermeister auf 6 Jahre gewählt, nachdem das Kollegium den Antrag, die Wahl zu vertagen und die Stelle des Bürgermeisters auszuschreidcn, mit großer Majorität abgelehnt hatte. Der Rath zu Leipzig hat den Vorstand der Lehrschmicde an der königl. Thierärztlichen Hochschule in Dresden um die Ent- cheidung der Frage gebeten, ob sich wegen des Hängen ileibens der Pferde mit den Hufeisen in den Rillen der Straßenbahnschienen eine Aeuderung des Hnsbeschlages derart empfehle, daß Stollen und Griffe nur in sehr mäßigen Größen hergestellt würden oder ob deren gänzliche Beseitigung vorzuziehen wäre. Der Vorstand der Lehrschnnedc hat sich nun in seinem Gutachten für die Verwendung völlig glatter Hufeisen ausgesprochen. Dieselben seien für die Gesunderhaltung der das Mindestmaß beschränkt. Flüchtig wurde von Leipzig der am 26. November 1874 in Ludwigsburg geborene Buchhaudlungsgehilfe Max Greiner, nachdem er von einem auswärtigen Bankhause durch einen ans den Namen seines Prinzipals gefälschten Brief einen Geldbetrag von 4500 Mk. erschwindelt hatte. Daß in Leipzig massenhaft Pferde geschlachtet werden, ist bekannt, und wo das Fleisch der Thiere gegessen wird, ent zieht sich der Ocfsentlichkeit. Dann und wann erhellt eine Gerichtsverhandlung doch dieses Dunkel. Dieser Tage wurde z. B. die Besitzerin eines „Privatmittagstisches" zu 50 Mark Geldstrafe verurtheilt, weil sie ihren Abnehmern Noß- statt Rost braten verabreicht hatte. In Chemnitz hat man ein neues goldenes Stadtbuch angelegt. Dasselbe ist ein Kunstwerk des Buchbindergewcrbes. Der braunlederne, durch Pressung kunstvoll verzierte Einband trägt auf der Vorderseite das farbig ausgeführte Stadtwappen und oruamentirte Metallecken. Innen befindet sich in kunstvoller Kanzleischrift folgender, von Professor Emil Walther gedichteter Vers: „Wenn Sachsens „Stadt der Arbeit" froh sich schmückt mit ihrem Feierkleid zu stolzen Festen, wenn jubeltönig sie und hochbeglückt Gruß uud Willkommen bringt erlauchten Gästen, dann soll dies Buch vertranter Zeuge sein und, wie ein Kleinod im geweihten Schrein, die Freudeumär von goldnen Ehrentagen bis zu den spätesten Geschlechtern tragen." Ans der nächsten Seite stehen die Worte: „Geweiht am 22. Juni 1899 nach der Enthüllung des Reiterstandbildes weiland Sr. Majestät Kaiser Wilhelms des Ersten uud der Standbilder des Fürsten Bismarck und des Grasen v. Moltke." Der Rath der Stadt Chemnitz hat den Ankauf einer Dampf- fcuerspritze beschlossen. Auch soll die Berufsfcnerwehr um zwei Mann vermehrt, sowie ein neues Gespann und ein Fahrer ein gestellt werden. Ueber die Verhaftung der Gebrüder Wagler in Medingen bei Dresden werden noch folgende Einzelheiten gemeldet: Nach dem die Ermordung des Gendarmen Schindler ruchbar geworden, wurde sofort die Feuerwehr des benachbarten Cunnersdorf alarmirt, welche alsbald das Waglersche Haus umstellte, damit die Ver brecher nicht entkommen konnten. Hnnderte Neugieriger hatten sich inzwischen angesammelt, welche den im Vorgarten des Häuschens liegenden entsetzlich zerschlagenen Körper des Er mordeten mit Grausen betrachteten. Als dann gegen ^2 Uhr Nachmittags sechs Landgendarmen eintrascn und gleich mit ge fälltem Gewehr vorrücktcn, öffnete sich die Thür, und es trat zuerst der ältere Wagler heraus. Sofort wurde er von zwei Gendarmen ergriffen und gefesselt, und den gleich danach er scheinenden jüngeren Wagler, welcher den tödtlichen ersten Schlag gegen Schindler geführt, traf im Nu das gleiche Geschick, ohne daß die Beamten aus Widerstand gestoßen wären. Jetzt, nachdem« daS Nothwendigste zur ersten Hilfeleistung gewährt werden kann, sind sämmtliche Personenzugslokomotiven mit einer Anzahl (in einem Blechkasten befindlicher) Samariterverbandpäckchen, nach ärztlicher Vorschrift zusammengestellt, versehen worden. Diese Verbandpäckchen sind so zusammengesetzt, daß ihre Verwendung auch jedem Laien verständlich ist, außerdem enthalten sie eine kurze Erläuterung für ihre Benutzung, sodaß beim etwaigen Mangel eines Arztes oder eines im Samariterdienstc Ausge bildeten auch jeder andere Beamte oder Bedienstete in der Lage ist, die erste Hilfe mit diesen Verbandsmitteln zu leisten. — Wir haben neuerdings auch für die Abonnenten in Dittmannsdorf, Frankenstein, Groß- und Kleinvoigts- berg, Hartha bei Frankenstein, Oberschöna, Reinsberg, Wingendorf und Wegefarth Ausgabestellen des Freiberger Anzeigers errichtet und zwar in: Dittmannsdorf bei Frau Henrieite Höschler, für Dittmannsdorf und Reinsberg; Franken stein bei Herrn Heinrich Krell, Gemeiudediener, für Frankenstein; Großvoigtsberg bei Frau Auguste verw. Boaro, für Groß- und Kleinvoigtsberg; Hartha bei Herrn Gustav Ulbricht, Gemeindediener, für Hartha; Oberschöna bei Herrn Anton Kreller, Kolonialwaarenhandlung, für Oberschöna; Wingendorf bei Herrn Ernst Hofmann, Gasthofsbesitzer, für Wingendorf; Wegefarth bei Herrn Schneidermeister Ernst Louis Richter, für Wegefarth. Durch diese Ausgabestellen bezogen, kostet der Freiberger Anzeiger vierteljährlich 1 Mk. 80 Pfg., monatlich 60 Pfg. — Königliches Landgericht Freiberg. Der Speicher verwalter August Hugo Lantzsch, geboren am 25. September 1875 zu Däbritz, wurde gestern von der ersten Strafkammer wegen Unterschlagung und Untreue zu 2 Jahren Gefängniß und 4 Jahren Ehrenrechtsverlust verurtheilt. *** Brand, 29. Juni. Ein kürzlich in Brand geschlachtetes Schwein war nicht trichinös befunden worden, wie in der gestrigen Nummer zu lesen stand, es war vielmehr bei dem Schlachtthier von dem Trichinen- und Fleischbeschauer Herrn Stadtrath Schwarz starke Tuberkulose festgestellt worden, was hiermit berichtigt sei. —e. Colmnitz, 27. Juni. Am Sonntag beging der hiesige Turnverein die Weihe der neubeschafften, kostbaren Fahne. An derselben nahmen zahlreiche Turnvereine des Freiberger Turn gaues theil. Früh 4^ Uhr erfolgte Weckruf. Im Laufe des Vormittags fand Empfang der Gäste statt. Mittags turnte der hiesige Turnverein allein, später gemeinschaftlich mit den 7 Brudervereinen. Während des Turnens fand Konzert statt. Oberhalb des Erbgerichts stellte man alsdann zum Festzug. Die Einholung der Fahne erfolgte durch Festjungfrauen. Nach der Begrüßungsrede des Vereinskassirers, Herrn Schumann, und nach dem Gesang eines Weiheliedes durch den Sängerchor des Turnvereins hielt Herr Pastor vr. Hering die Weiherede. Die Festjungfrauen Übergaben dem Verein die Fahne, worauf die Ueberreichung der Fahnengeschenke und die Uebergabe des Banners an die Fahnenträger erfolgte. Der Vereinsvorsteher und Turnwart Herr Graf dankte hierauf den Festtheilnehmern. Mit einem allgemeinen Schlußgesang erreichte die Feier ihr Ende. Abends folgte Ball im Erbgerichts- und im oberen Gasthofe und am Montage fand im Erbgerichtsgasthofe Ball für die Mitglieder des hiesigen Turnvereins statt. Der neuen Fahne wurden ge schenkt: von der Gemeinde Colmnitz eine Fahnenschleise, von den Festjungfrauen eine Fahnenschleife und ein Kissen, von den Fahnenpathen ein Fahnenring, von dem früheren Turnwart, Herrn Lehrer Martin in Langebrück, ein Fahnennagel, von dem früheren Vereinsmitgliede Herrn Hermann Lieber eine Schleife, 1 von dem königl. sächs. Militärverein Colmnitz mit Umgegend, dem Männergesangverein, dem landwirthschaftlichen Verein, dem Männer-Schützenverein, dem oberen und niederen Jugend- ! Schützenvercin, dem Radfaheerverein „Ueber Berg und Thal", s von den Turnvereinen zu Frauenstein, Friedersdorf, Nieder- und < Oberbobritzsch, Hilbersdorf, Burkersdorf, Tuttendorf, Erbisdorf, : Klingenberg, Clausnitz, Pretzschendorf, Langhennersdorf, Groß- i Hartmannsdorf, Großschirma, Lichtenberg, Wcigmannsdorf, l Weißenborn, Naundorf und Nassau je em Fahnennagel und von ' dem Turnverein zu Langenau eine Fahnenschleife, also insgesammt 27 Fahnennägel, 1 Fahnenring und 4 Fahnenschlcisen. Außer dem sind dem Turnverein Geldgeschenke übergeben worden von den Festjungfrauen und den Fahnenpathen, den Herren Fleischer meister Oswald Böhme, Stuhlfabrikant Edmund Bellmann, Fabrikbesitzer Karl Hofmann, Privatus August Schneider, Guts besitzer August Zimmermann und Ortsrichter und Standes beamten Robert Böhme. )-( Riechberg, 28. Juni. An der mit Recht gefürchteten „Bornaischen Pferdekrankheit" sind in unserm Ort nicht weniger als 13 Pferde verendet, unter denen mehrere junge und wcrthvolle Thiere waren. Die Seuche scheint immer noch nicht erloschen zu sein. Bei den Herren Gutsbesitzern O. Haubold und Selbmann sind je 3 Pferde verendet. Die von den Verlusten betroffenen Gutsbesitzer befinden sich, abgesehen von dem ihnen erwachsenen pekuniären Schaden, auch sonst >n einer schlimmen Lage, da zu den nothwendigen Feldarbeiten die Zugthiere fehlen. Zum Neu ankauf von Pferden scheint man sich aber wegen der Ansteckungs gefahr schwer entschließen zu können. Einige Gutsbesitzer in der Umgegend haben sich deshalb Zugochsen gekauft. K Döbeln, 29. Juni. Auf Einladung des Herrn Stadtrath vr. Lehmann und des Herrn Stadtkassirer Spindler sand gestern hier eine Versammlung statt, die sich mit der Veranstaltung einer Ausstellung Döbelner Alterthümer und der Errichtung eines Alterthumsmuseums beschäftigte. Die Ausstellung soll im Sep tember stattfinden. Am 1. Juli wird in Oederan eine Stadt-Fernsprechein- richtung eröffnet. Die Theilnchmer an derselben werden zum Sprechverkehr mit den Stadt-Fernsprecheiurichtungen der Ober- Postdirektionsbezirke Chemnitz, Dresden und Leipzig, sowie mit Gera (Reuß), Greiz, Hirschberg (Saale) und Weida zugelassen. Gestern begannen in Dresden die Festlichkeiten anläßlich des 125jährigen Bestehens des Freimaurer-Institutes. Vormittags ^11 Uhr fand eine Gedächtnißfeier in der Aula des alten Schulgebäudes in Dresden-Friedrichstadt statt. Hierzu waren erschienen Hauptmann Graf Vitzthum von Eckstädt als Vertreter des kgl. Kricgsministcriums, Kreishauptmann Schmiedel, eine Deputation der städtischen Kollegien, bestehend aus Bürger meister Leupold, Stadtbaurath Klette und den Stadtverordneten Gey, Clausen und Grützner, die Vertreter der Dresdner Frei maurerlogen, eine Anzahl Rektoren und Direktoren, sowie Ver treter der Lehrerkollegien der höheren Schulen Dresdens, die Vorsteher des Institutes, das Lehrerkollegium und zahlreiche ehemalige Zöglinge desselben, fowie viele Freunde uud Gönner der Anstalt. Bürgermeister Leupold übermittelte dem Institut die Glückwünsche der städtischen Kollegien. Zur Feier des 100jäkwigen Bestehens der Anstalt seien als Sympathieüezeugung der Stadt Dresden 15 000 Mk. gestiftet worden zur Unterrichtung eines verwaisten Knaben unserer Stadt. Um duffe Stiftung nun wieder auf die Höhe zu bringen, welche die heutigen LebenS- vcrhältnisfc erfordern, hätten tue städtischen Behörden beschlossen, die Mörder unschädlich gemacht waren, drängte auch die Menge vor und machte ihrer Empörung gegen die Bruder in Worte» und Püffen Luft, bis die Gendarmen Beide in bereitstchende Wagen untergebracht hatten. Als dem älteren Wagler das Wort „Mörder" entgegengeschricn wurde, sagte er zu dem ihn führen den Gendarmen: „Ich kann doch nicht wegen Mord, sondern nur wegen Todtschlags bestraft werden!" Berg- und Hüttenwesen. -- Auf dem zum Steinkohlenwerke „Gottes Segen" in Lugau gehörenden Kaiserin Augusta-Lchachte in Ncnölönitz steht eine Esse im Bau, die die höchste im ganzen westlichen Kohlenrevier zu werden verspricht. Sie wird eine Höhe von 68 Meter, am Eingänge eine lichte Weite von 3,9 Meter, am Ausgange eine solche von 3 Meter erhalten. Zum Bau des Essengrundes sind 330 Tonnen Cement verwendet worden und 280000 Mauerziegel sind erforderlich. Zk Im Ochhammer-Flötz der „Königin-Luiscir-Gkttbe" bei Zabrze durchbrachen gestern (Mittwoch) Nachmittag zwischen 2 ud 3 Uhr Kohlenoxydgasc eineniTamm. Die Gase entzündeten sich und explodirten. Elf Mann, die auf der Strecke arbeiteten, wurden mehr oder minder schwer verletzt. Die Verunglückten wurden nach dem Knappschaftslazareth gebracht. n Der Bergarbeiterauöstanv im Bochumer Revier hat, wie schon gemeldet, nunmehr zu blutigen Zusammenstößen zwischen den Gensdarmen und den Ausständigen geführt. Die Angaben über die Zahl der Todten und Verwundeten weichen von einander ab. Es scheint, daß vier Personen getödtet worden sind. Die Zahl der Verwundeten, darunter viele Schwerverletzte, zählt nach Dutzenden, die Zahl der Verhafteten ist gleichgroß. Einer Mittheilung vom 28. Juni aus Herne zufolge fehlten bei der gestrigen Morgenschicht auf der Zeche „Friedrich der Große" von 820 Mann 604, auf der Zeche „Van der Heydt" von 392 Mann 316, aus „Julia" von 361 Mann 184, auf „Constantin der Große" fehlten 48, auf „Mont Cenis" von ca. 800 Mann 23, auf der Zeche „Shamrock" (Morgen- und Mittagsschicht zusammengelegt) von 1736 Mann 1318. Im Ganzen fehlten also 2493 Mann. Bei der Mittagsschicht fehlten auf der Zeche „Friedrich der Große" von 550 Mann 440, auf der Zeche „Van der Heydt" von 354 Mann 339, auf „Julia" von 348 Mann 251, auf „Constantin der Große" von 190 Mann 72, auf „Mont Cenis" fehlten alle 633 Mann. Im Ganzen fehlten bei der Mittagsschicht 1735 Mann. — Eine Meldung aus Essen a. d. Ruhr, 28. Juni besagt: In der heutigen Konserenz unter Leitung des Obervräsidenten wurde beschlossen, Militär zu berufen, das heute Abend eintresfen wird. Bei der Mittagsschicht wurden Angriffe auf Arbeitswillige durch Polizei und Gcusdarmerie mit blanker Waffe verhindert. Verschiedenes. * Die Leichen der am 2. Januar d. I. «M Sttstettpah verunglückten beiden Schneeschuhläufer vr. Ehlert (Straßburg) und vr. Mönnichs (München) wurden von einer Seminarklasse aus Hofwyl, welche einen Abstecher quer über die Zunge des Steinglctschers machte, ausgesunden. Die Verunglückten waren in eine tiefe Mulde, die einzig gefährliche Stelle auf der Berner Seite, mit Ski und voller Ausrüstung wohl mit einer Schnee platte gestürzt, wo sie vom Schnee zugedeckt wurden und, nach der Lage der Leichen zu schließen, sofort den Tod sanden. Das nach unten gekehrte Gesicht des vr. Mönnichs ist noch gut kenntlich; vr. Ehlert, dessen Füße nach oben gekehrt waren, war chon stark verwest und von Raubthieren angefressen. Die Tage- «ücher und Chronometer sowie eine Kappe mit Klubabzcichen, erner Karten und eine Blechbüchse mit Inhalt und Werthsacbeu wurden der Stadtpolizei in Bern übersandt. * Ein in Vergessenheit gerathener Taufendmart schein wurde am Montag in Berlin unter eigenartigen Umständen iin Omnibusdepot der Neuen Berliner Omnibusgesellschaft in der Liegnitzerstraße aufgesunden. Eine größere Anzahl alter Kutschermäntel war von ihren Trägern abgeliesert worden, um sie einer gründlichen Reparatur unterwerfen und namentlich mit neuem Futter versehen zu lassen. Das alte Futter war bereits von einer ganzen Reihe von Mänteln abgetrennt und auf einen Haufen geivorsen, als eine der Schneiderinnen plötzlich einen Tausendmarkschein bemerkte, der in das Mantelfutter eingenäht war. Da die Nummer des Mantels bereits abgetrennt war, konnte der bisherige Träger desselben nicbt sofort ermittelt werden' Jedenfalls ist der Mantel schon in verschiedenen Händen gewesen und ein Vorbesitzer hat das werthvolle Papier eingenäht. * »Zur Naturgeschichte Der Frösche" wird der „Leipz Zeitung" mitgetheilt, daß in einem Teiche (in der Nähe von Seerhausen bei Riesa), welcher mit Karpfen besetzt war, jedoch lvenig Zufluß hatte und vielen Fröschen zur Wohnung diente, letztere die Karpfen buchstäblich an- und auffraßen. Beim Fischen des Teiches, d. h. nachdem derselbe abgelassen war, konnte man sehen, wie ein, zwei und auch drei Frösche auf einem Karpfen saßen und an demselben nagten, auch nicht eher abgingen, als bis man sie herunterstieß. Fast alle Karpsen waren mehr oder weniger angcsressen, außer den Satzkarpfen, welchen der Frosch nichts anhaben kann, weil es ihm nicht möglich ist, sich da fcst- zusetzen. Durch das mehr stagnirende Wasser des Teiches und durch die Ueberfüllung mit Fröschen waren die älteren Karpfen an ihrer freien Bewegung gehemmt und konnten sich der Frösche nicht erwehren. * Eine Erfindung gegen rauchschwaches Pulver. Prof. Reginald A. Fessenden von der Western University of Pennsylvania hat ein Teleskop erfunden, welches dazu bestimmt ist, im Kriege die Stellen erkenntlich zu machen, wo Schüsse mit rauchschwachem Pulver abgefeuert werden. Das Kriegsdeparte- meut in Washington wird den Apparat demnächst praktisch er proben. * Die Militär-Fahrrad-Borschrist stellt^ an d e Lcistungssähigkeit des Radfahrers große Ansprüche. Sobald der Schuler genügende Fertigkeit erlangt hat, soll er im Strecken fahren täglnq 1'/„ bis 2 Stunden geübt und die Fahrtdaucr nach uud nach aus etwa vier Stunden gesteigert werden. Tann sollen Zeitsahrtcu, erst auf Straßen, dann auf Landwegen folgen, «vobci auch außerhalb der Wege zu üben und während der Dunkelheit auch ohne Laterne zu fahren ist. Neben der Aus bildung im Strcckenfahren müsfen Hebungen im Gebrauch der Waffe, im Kartenleien, in der Beurtheilung des Geländes und im Absiatteu von Meldungen vorgenommeu werden. Der Fahrer muß iin Stande sein, während der Fahrt die Karte und ge schriebene Befehle zu lesen, soivic sich der Waffe zu bedienen, lieber die Durchschnitts-Geschwindigkeit des Militär-Radfahrers besagt die neue Vorschrift: „30—40 Kilometer in zwei Stunden sind eine zufriedenstellende Leistung bei günstigem Wetter und guten Straßen: sic kann auch erheblich gesteigert werden. Sobald Herzklopfen oder Luftmangcl eintreten, ist die Grenze