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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 17.06.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189906175
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990617
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990617
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-06
- Tag 1899-06-17
-
Monat
1899-06
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 17.06.1899
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Freiverger Anzeiger und Tageblatt. Seite 4. — 17. Juni 1S8. einigermaßen über die Allgewöhnlichkcit hinausgehenden Gesichts- der In der jüngsten Sitzung der Stadt verordneten wurde diese Aeußerung als eine Beleidigung des Kollegiums angesehen, die man sich nicht bieten lassen dürse. Nach längerer Aussprache wurde jedoch mit 12 gegen 2 Stimmen ab gelehnt, den betreffenden Einsender strafrechtlich zu verfolgen. Der Stadtgemeinderath zu Augustusburg hat beschlossen, die Erbauung der etwa acht Kilometer langen Hochdruckwasser- leitnng aus dem Börnichener Quellengebiet noch in diesem Sommer vornehmen zu lassen. Wie verlautet, soll in Stollberg ein neues Seminar er richtet werden. Wieviel Kartengeld ein eifriger Spieler zahlt, hat man kürz lich in Elsterberg ausgerechnet. Auf Veranlassung eines älteren Herrn, welcher regelmäßig dem Scat- und Schafkopfspiel huldigt, wurde von verschiedenen Seiten nachgercchnet, wieviel er in seinem Leben schon für Kartengeld gezahlt habe. Man kam hier bei zu dem Resultate, daß der genannte Herr nicht weniger als 1800 Mark aus diese Weise nichtzinstrageud angelegt hat, welche Summe um so bedeutender erscheint, wenn man berücksichtigt, daß in der „guten alten Zeit" kein Mensch an Kartengeld dachte, und daß lange Jahre bloß 3 Pfg., dann bis in die neueste Zeit auch nur 5 Pfg. gezahlt wurden. In Elterlein ist ein Regulativ über die Ausschließung säumiger Abgabenpflichtiger von öffentlichen Vergnügungsorten eingeführt worden. In Nelkanitz bei Lommatzsch wurde ein Hund erschossen, der zuvor zwei Personen gebissen hatte, und von dem man annimmt, daß er toll mar. Die betreffenden Personen mußten sich sofort in ärztliche Behandlung begeben. Die Kirchengemeinde Marienthal bei Zwickau beabsichtigt, ihr altes, baufälliges Kirchlein durch eine neue Kirche zu ersetzen. Der Gemcinderath daselbst hat aber diesem Vorhaben nicht zu gestimmt. Die Klrchcuinspektion hat sich nunmehr der Sache angenommen und die Zusicherung des evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums, daß eine Kirchenkollekte und auf fünf Jahre ein Beitrag von 3000 Mk. zu den Baukosten gewährt werden solle, erlangt. Nunmehr wird der Kirchenbau doch noch erreicht werden. Da die Krebspest in den vogtlättvischen Gewässern schon seit mehreren Jahren vollständig erloschen ist, so haben in der letzten Zeit umsichtige Teichbesitzer und Bachanlieger ihre Ge wässer theils mit Edelkrebsen, theils mit russischen Wolgakrebsen besetzt; diese sind gesund geblieben und gediehen, haben sich auch thcilwcise schon stark vermehrt. Derartige mit Krebsbrut besetzte Teiche bringe» ihren Besitzern einen annehmbaren Nebenverdienst und erfordern nur geringe Unterhaltungskosten. Parterreräumlichkeiten für daS Kaiierpaar uud die oberen Stock werke für die kaiserlichen Kinder hergerichtet. Der Umbau soll laut „B. L. A." bis zuin 1. Septbr. d. I. fertiggestellt werden. * Die werthvollste Uhr, die es giebt, stammt auS Ludwigs XVI. Zeit und befindet sich heute im Besitze der Familie Rothschild, die für sie nicht weniger als 662000 Mark bezahlt hat. Eine andere wcrthvolle Uhr befindet sich in Brüssel und eine in St. Petersburg mit 95 Zifferblättern, die gleichzeitig die Zeit an 30 verschiedenen Punkten der Erde und Planeten an zeigen. Diese Uhr ist so komplizirt, daß es zwei Jahre dauerte, sie zusammenzusetzen, nachdem die einzelnen Stücke aus oer Schweiz gesandt worden waren. * Ei» Erpressungsversuch mit Pestbazitten. Aus Graz wird dem „L. A." folgender sonderbare Fall berichtet: Der Zahntechniker Hugo Hoffer, ein junger Mann, hatte ei« Verhältniß mit einer vermögenden, verheiratheten Dame. Dieser Tage erhielt diese einen von Hoffer unterzeichneten Brief, worin er 10000 Gulden verlangte; sollte seinem Begehren nicht ent sprochen werden, so drohte er der Dame, sie mit Pestbazillen, die er von Budapest mitgebracht habe, heimlich zu vergiften. Die Dame sollte den Betrag bei der Polizei als einen Fund deponiren, den er dann als Verlustträger beheben werde. Die Dame er stattete die Anzeige, und als Hoffer bei der Polizei erschien, wurde er verhaftet und dem Landesgerichte emgeliefert. Bei seinem Verhöre gab er an, daß den Brief einer seiner Bekannten, der von Graz bereits abgereist sei, geschrieben habe. Er habe dessen Inhalt nicht gekannt und sei von seinem Freunde bloß zur Behebung des Betrages von 10000 Gulden zur Polizei geschickt worden. Hoffer wurde in Haft behalten. * Wirbelsturm in Amerika. Newyork, 13. Juni. Gestern Abend hat ein Tornado (Wirbelsturm), der furchtbarste, der wir seit 1896 erlebt, die Stadt New-Richmond zerstört und deren Nachbarstädte Hudson, Viola und Sparta schwer heim gesucht. Gegen 6 Uhr, drahtet ein Augenzeuge, verdunkelte sich plötzlich, während das Thermometer rasch fiel und eine drückende Schwüle eintrat, der Horizont; eine riesige schwarze, mehrere Meilen breite, schwere Gewitterwolke kam mit unglaublicher Ge schwindigkeit, offenbar vom Wirbelsturm getrieben, auf die Stadt zu. Die Erscheinung war uns aus früheren Katastrophen nicht unbekannt, und als wenige Augenblicke — die ganze Erscheinung hatte kaum 5 Minuten gedauert — später das Pfeifen und Heulen des Sturmes zuerst aus der Ferne, aber rasch sich nähernd, her über tönte, flüchtete sich Alles so schnell als möglich in die Keller, denn wir Alle wußten nun, daß ein Tornado über die Stadt Hereinbreche. Aber noch hatte der größere Theil der zweitausend Seelen zählenden Bevölkerung sich nicht in Sicherheit gebracht, als der Orkan bereits heulend und gellend, alles vor sich nieder brechend und wegfegend, über die unglückliche Stadt hinfuhr, um nichts als einen Schutthaufen hinter sich zu lassen. Das Ganze hatte nur wenige Augenblicke gedauert, aber von der Stadt war nichts mehr geblieben, als ein einziges Trümmerfeld. Nicht ein einziges Gebäude blieb unversehrt. Wie Kartenhäuser hatte der Sturm Dächer und Mauern niedergeworfen und unter ihnen alle die begraben, die nicht rechtzeitig die Keller erreicht hatten. Daher die ungeheure Zahl der Opfer. Zur Stunde, wo noch Alles ein Chaos, sind bereits über 150, andere sagen bereits 200 Leichen aus den Trümmern herausgeschafft, während die Zahl der Verwundeten auf über tausend angegeben wird. In einem einzigen Vergnügungslokale wurden 35 Per sonen erschlagen und über 50 schwer verwundet. Von den Kranken im Hospital konnte nicht einer gerettet werden. Kaum waren wir aus dem Keller herausgeklettert und hatten uns einen Weg durch die Trümmer gebahnt, als wir die nächsten Straßen in schwarze Rauchwolken gehüllt sahen; in einem der Häuser war, Niemand weiß wie, Feuer ausgebrochen, das sich nun in Blitzesschnelle der Nachbarschaft mittheiltr, und eine Stunde später — von Löschen konnte keine Rede sein — stand die ganze Stadt in Flammen. Das Feuer vernichtete, was der Sturm ver ,189- Verschiedenes. * Für den Umbau des Herrenhauses in Eadinen hat der Kaiser eine Summe von 100000 Mark anweisen lassen. Nach den vom Kaiser kürzlich genehmigten Bauplänen werden die ! Geld wurde jedoch nicht an die Familie zurückerstattet. Die alte Sünderin, welche sich mit großer Zungenfertigkeit vertheidigte, wurde zu vier Monaten Gefängniß verurtheilt. Bibliothekar vr. Schmidt in Dresden bearbeitet auf Grund der alten Stadtbücher ZwickauS, die bis zum Jahre 1375 zurückreichen, wie älterer Urkunden ein Zwickauer Urkundenbuch für den 6oäsx äiplonmtieuo Laioniae rs^ias. In diesen Urkunden findet der Zwickauer Bergbau schon 1348,1421 u. s. w. Erwähnung. Durch eine eigenthümliche Blutvergiftung ist in einem Orte bei Wervau innerhalb kurzer Zeit ein Schulknabe gestorben. Derselbe war von einer Verwandten aus Versehen mit einem Stück Holz an den Kopf getroffen worden, wodurch eine germg- fugige Wunde entstanden war, die aber nach kurzer Zeit Hitze entwickelte. Man legte grüne Blätter und Pflaster auf die Wunde, doch der Zustand des Knaben verschlimmerte sich immer mehr, so daß selbst ärztliche Hilfe vergeblich war und schon am anderen Tage der Knabe starb. Die ärztliche Untersuchung hat nun ergeben, daß jedenfalls durch die unreinen grünen Blätter oder sonstwie Bazillen in den Körper gelangten, welche eine Blut vergiftung verursacht haben. Abenteuerliche Gelüste veranlaßten einen 16 Jahre alten Obertertianer des Realgymnasiums in Zittau, am DienStag durchzubrennen. Er hatte sich diesen Tag für seinen Plan ge wählt, weil am Dienstag die Schülerausflüge stattfinden sollten. Dieselben unterblieben aber des schlechten Wetters wegen und so wurde der Betreffende in der Schule vermißt. Sofort angestellte Recherchen ergaben, daß der jugendliche Abenteurer schon früh um 5 Uhr 21 Minuten mit dem Schnellzuge nach Dresden ab- gedampft war. Der Telegraph und die Polizei arbeiteten prompt, denn noch an demselben Tage wurde der Ausreißer in Nürnberg festgenommen, von wo er durch seine Angehörigen zurückgeholt werden wird. Eifrig gefahndet wird seitens der Gendarmerie und sonstigen Polizeiorgane auf einen gewissen Otto Matthes, der im Jahre 1893 von der Oberlausitz aus, vermuthlich aus der Umgebung von Zittau nach Amerika ausgewaudert, von dort aber nach Verübung eines Mordes wieder entflohen und in seine Heimath zurückgekehrt sein soll. Auf die Ermittelung und Ergreifung desselben ist, wie man erfährt, eine Belohnung von 500 Dollars ausgesetzt. Im Stadtverordnetenkollegium zu Pirna wurde der Schaffung einer Hochdruckwasserleitung wieder sehr lebhaft das Wort geredet. Das bisher in der Kaserne an der Rottwerndorfer Straße erbohrte Wasser erweist sich als so eisenhaltig, daß man für anderweiten Ersatz besorgt sein muß. Es wird infolge dessen nunmehr die Walkmühlen-Quelle in Benutzung genommen. Im Winter 1749 kam der Bäckermeister TobiaS Thomas aus Thorn nach Pulsnitz und brachte die Kunst des Pfefferknchen- backens mit. Die Stadt Pulsnitz kann also noch vor Schluß des Jahres 1899 das 150jährige Jubiläum der Pfefferküchlerei begehen. Unter den Schulkindern zu Weinböhla ist auf Anregung und unter Leitung der Lehrer ein Verein ins Leben gerufen worden, der den Zweck verfolgt, die Kinder noch energischer, als es durch den Unterricht geschieht, zum Schutze der Thiere anzu halten. Jedes Kind, welcyes das 10. Lebensjahr erreicht hat, kann diesem Thierschutzverein als Mitglied beitreten und hat sich als solches zu bestreben, nicht nur persönlich jeder Quälerei von Thieren sich zu enthalten, sondern auch jede solche, die Andere begehen, nach erlangter Kenntniß den Lehrern anzuzeigen. In BurgstäVt wird die Postbaufrage, d. h. die Frage, ob die Stadt das neue Postgebäudc selbst erbaut oder nicht, seit längerer Zeit erregt erörtert. Es haben sich in dieser Sache zwei Parteien gebildet, die sich lcbhast befehden. Nachdem sich nun auch das Stadtverordnetcntollegium in geheimer Sitzung mit der Postbaufrage befaßt hatte, erschien im Burgstädter Anzeiger ein Inserat, in welchem über die Gegner des Postbaues geäußert wurde, daß man bei ihnen an dem „Vorhandensein von nur weiteren Kosten dagegen aus bereiten Mitteln des Stamm vermögens, welche sich aus den Erlösen für verkauftes Pleißen- burgareal und aus anderen Arealverkäusen ergeben, entnommen werden sollen. Die Gesammtkosten des Neubaues sind bekannt lich auf 6 773 000 Mk. veranlagt. In der letzten Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums zu Leipzig wurde u. A. über das von dem Vorsteher Iustizrath vr. Schill aufrecht erhaltene Gesuch um Genehmigung der Niederlegung seines Ehrenamtes als Stadtvervordneter Beschluß gefaßt. Auf Vorschlag des ersten Vize-VorsteherS, Bankier Fritz Mayer, wurde einstimmig beschlossen, unter dem Ausdruck des tiefsten und ausrichtigsten Bedauerns zu genehmigen, daß vr. Schill sein Ehrenamt als Stadtverordneter mit dem 30. September d. I. niederlegt. Aus der UntersüchungShaft entlassen wurde, wie aus Berlin gemeldet wird, Jenny Fechner, die Gefährtin des durchgegangenen Bankiers Riese, die mit ihm in Leipzig unter dem Verdacht der Mittäterschaft an Unterschlagungen verhaftet und nach Berlin übergesührt war. Der Verdacht hat sich nicht bestätigt. Jenny Fechner erhielt bei ihrer Freilassung sämmtliche ihr abgenommencn Werthsachen zurück. Wie verbreitet in unseren Tagen noch der Aberglaube ist, bewies die jüngst stattgefundene Verhandlung vor dem Königl. Landgericht Ctzemnitz gegen die Haudarbeitersehesrau Auguste Gottlobine Schiefer aus Grumbach. Obgleich die Angeklagte schon 16 Mal vorbestraft ist, so stand sie doch in ihrem Wohnorte und in dessen Umgebung als „gescheidte Frau" in hohem Ansehen. Zum Mindesten bewies dies der Fall, mit dem sich der Gerichts hof in der Verhandlung zu beschäftigen hatte. Anfang März d. I. erhielt die Schiefer von der Ehefrau eines Fabrikanten (?) in Krumhermersdorf einen Brief, nach dessen Inhalt sie sich gleich zu der betreffenden Familie begeben sollte, uni zwei an Fallsucht leidende Mädchen und einen Knaben vom Schielen zu kuriren. Die „Heilbeflissene" traf denn bald darauf in Krumhermersdorf ein und begann sofort, die leidenden Kinder zu „versprechen". An drei auf einander folgenden Tagen, welche die Angeklagte mit ihrem Ehemann in der genannten Familie verlebte, wurde der Hokus pokus an den drei Kindern vorgenommen. Das „Ver sprechen" schien aber wenig Erfolg gehabt zu haben, denn die Angeklagte verabreichte den Patienten ein harmloses Pulver und erklärte, sie müsse die Leibwäsche und die Strümpfe der Kinder zum Scharfrichter nach Brüx bringen, damit dieser die Kleider „verspreche". Für diese Reise und ihre Bemühungen bcnöthigte die Angeklagte 25 Mark, die ihr auch ausgehändigt wurden. Verschiedene Umstände verhinderten aber angeblich die Reise zu dem böhmsschen Scharfrichter. Die Wäsche, sowie das erhaltene schont hatte. * Ein arges Mißgeschick ist einem Schriftsetzer in Berlin widerfahren. Er spielte seit langer Zeit drei Loose, ohne daß ihm jemals Fortuna gelächelt hätte. Die letzte Ziehung war schon fast beendet, als er aus Aerger darüber, wieder durchge- sallen zu sein, zwei Loose an einen Bekannten verkaufte. Kurze Zeit darauf kam das eine der abgegebenen Loose mit einem Treffer von 30000 Mk. heraus. Um dem verzweifelten Verkäufer des Looses wenigstens eine kleine Freude zu bereiten, schenkte ihm der glückliche Gewinner 50 Mk. * Das Katzenpaar und die Küchlein. Der „Ostsee- Ztg." wird aus Ducherow berichtet: In einem hiesigen Haushalt wird ein Katzenpaar gehalten und nach der Farbe des Fells „Voß" und „Schimmel" gerufen wird. Die Kinder des Hauses haben das Pärchen aufgezogen und durch tägliche Beschäftigung mit ihm sehr zahm gemacht, sodaß sie ihnen folgen wie Hunde. Es wird daher nicht sonderlich Wunder nehmen, daß Kater Murr und seine Mieze mit dem Haushunde und mit dem Geflügel des Hoses in bestem Einvernehmen leben, aber gewiß wird es Viele in Er staunen setzen, zu hören, daß Mieze Schimmel sieben Küchlein in ihren mütterlichen Schutz genommen hat. Diese Küchlein, von ihrer eigenen Mutter schmählich verleugnet, saßen in der Küche in einem Korbe und piepten jämmerlich vor Verlangen nach den deckenden Flügeln der Glucke. Das Schreien der verlassenen Waisenkinder erbarmte unsere Mieze so, daß sie eilends in den Korb stieg, die Küchlein an ihren weichen und warmen Pelz und in ihre geöffneten Arme nahm und es ihnen sogar nicht ver übelte, daß sie ihrer Pflegemutter behaglich und übermüthig aus die Nase pickten. Hatte Mieze ihren Pflegern während ihres Heranmachsens bisher schon manche Freude bereitet, so entzückte natürlich dieses Bild mütterlicher Fürsorge für die, welche sonst eine Beute ihrer Raubgier zu sein pflegen, alle Herzen. Ja, auch dem Kater Murr schien die Sache zu behagen. Denn nach dem er eine Weile das Treiben seiner Mieze beobachtet hatte, ging auch er zu ihr in den Korb und half wärmen. Erklärlich wird das Thun der Katze vielleicht einigermaßen durch den Umstand, daß diese selbst 14 Tage vorher drei Kätzlein geboren hatte, die ihr bald genommen waren, aber immerhin ist der Vorgang wohl als ein seltener zu bezeichnen, und das um so mehr, als die Für sorge der Katze für die Küchlein nicht eine einmalige blieb, sondern sich wiederholte, so ost die Verlassenen schrien. * Erne aufregenve Fahrt machten am Sonntag, 11. Juni, die Passagiere des Schnellzuges Bozen-Berlin mit. In Kufstein kam, wie man der „Frkf. Ztg." schreibt, der Lokomotivführer dieses ZugeS ziemlich schwer betrunken auf die Maschine, auch sein Heizer war betrunken. Der Beamte verbot ihnen deshalb, aus der Maschine zu fahren. Anfangs fügte sich der Lokomotiv führer diesem Beschl, aus der nächsten Haltestation Rosenheim aber stürzte er, ein ungemein kräftiger Mann, sich auf die Maschine, drängte seinen Ersatzmann vom Führerstande weg und erklärte, daß nun er selbst fahren und Jeden, der sich ihm hindernd . eutgcgenstelleu würde, von der Maschine hcrabwcrsen werde. ! Da mit dem äußerst aufgeregten Maune nichts zu machen war Li« S. StadtrathSstelle wurde dem Stadtschreiber RathSasseffor I Haebler übertragen. Dem Vernehme« nach hat der Rath zu Dresden daS den Friedrichschen Erben gehörige Grundstück am Elbberg angekauft, um darauf ein großes BolkSbadzu errichten. Der Kauf preis beträgt ca. SOO 000 Mark. Nothwendig wird sich außer dem der Ankauf der den Ausgang nach der Marschallstraße ver sperrenden, nur als Läden benützten Baulichkeiten machen. DaS Mitglied der Königlichen Generaldirektion der StaatS- bahnen, O b erfinanzrath Karl August Hartenstein, Ritter I- Klasse des Verdienstordens und des Albrechtsordens, ist am Dienstag Nacht nach längeren: Leiden in Dresden ge storben. Seit dem Jahre 1862 ununterbrochen, theils beim Baue, theils beim Betriebe der Staatseisenbahnen beschäftigt, hat der Verstorbene namentlich in der Zeit von 1877 bis 1891, während welcher er der Betriebsoberinspektion Zwickau als Betriebs direktor Vorstand, und in den Jahren seit 1891, in denen er der Generaldirektion als Mitglied der technischen Abtheilung an gehörte, der Staatseisenbahnverwaltung die werthvollsten Dienste geleistet. Der im Dezember v. I. von Dresden aus flüchtig ge wordene Sekretär des Elephanten-Dompteurs Thomp son, der Kaufmann Ludolphi, hatte sich gestern vor dem Land gericht Dresden wegen Unterschlagung, Urkundenfälschung und BetrugeS zu verantworten. Ludolphi war seit Januar 1898 Sekretär bei Thompson, einem amerikanischen Neger, der im ' Dezember v.J.in dem Dresdner Centraltheater Vorstellungen gab. ' Der Angeklagte, der monatlich 160 Mk. erhielt, genoß das größte i Vertrauen von Thompson, da dieser nur der englischen Sprache l mächtig ist und nicht deutsch lesen kann. Ludolphi führte ihm ! die Korrespondenz und besorgte auch dessen Geldangelegenheiten. ' Ludolphi unterschlug im Monat September 1898 zu Nürnberg > 750 Mk., die er im Austrage Thompsons an den Juwelier Königsberger in Berlin senden sollte. Ferner war der Angeklagte von Thompson in Nürnberg beauftragt worden, für diesen 400 Mk. an eine Patent-Agentur in Berlin, ferner 365 Mk. an ' eine auswärtige Firma und 100 Mk. an die Artistentribüne in ' Leipzig zu senden. Der Angeklagte führte diese Aufträge nicht , auS, sondern vergeudete, wie er selbst angab, das Geld gemein- i schastlich mit einer Chansonnette m der leichtsinnigsten Weise. > AlS Ludolphi mit Thompson im Dezember v. I. in Dresden war, faßte er den Entschluß, zu flüchten; er wollte sich hierzu möglichst viel Geld verschaffen. Thompson deponirte seine Gelder bei der Birbeck Bank in London. Ludolphi sandte einen un befugt mit dem Namen Thompsons unterschriebenen Brief an das Bankhaus und bat um sofortige Anweisung von 135 Pfund Sterling, da er (Thompson) sein Honorar verloren habe. Da mit Thompson nicht in den Besitz des Checks konime, dirigirte er letzteren an den Portier des Wittelsbacher Hofes in Nürnberg. Der Gauner gab an den betreffenden Portier eine Depesche auf, die er unbefugt mit Thompson unterzeichnet hatte und worin angeblich dieser bat, den Check seinem Sekretär, der am nächsten Tage nach dort komme, auszuhändigen. Ludolphi ist aus diese Weise auch in den Besitz des Dokumentes gelangt. Um auf den Check Geld zu erhalten, begab sich der Angeklagte am 7. Dezember zu dem Rechtsanwalte vr. Eisenberger in München, spiegelte viesrm vor, er befinde sich im Austragr Thompsons in einer Patentangelegenheit aus der Reise nach Wien, er habe viel Spesen gehabt, das Geld sei ihm ausgegangen und bat, ihm aus den Check 250 Mk. zu leihen. Ludolphi war damals bereits flüchtig, vr. Eisenberger führt einen Prozeß für Thompson und kennt daher auch den AngeNagten Ludolphi. Da vr. Eisen berger die Angaben des Angeklagten glaubte, trug er kein Be denken, diesem 250 Mk. zu leihen. Am 3. Dezember v. I., als Ludolphi von Dresden flüchtete, erschwindelte er sich noch im Centraltheater von einem Jongleur 72 Mark und von dem Theatermeister 20 Mark. Ludolphi trieb sich gelegentlich seiner Flucht auch längere Zeit im Harze herum, hat auch noch in anderen Städten Schwindeleien ausgeführt und wird deshalb von Der Rath zu Leipzig hat hinsichtlich der Deckung der Rathbausbaukosten beschlossen, daß, entsprechend der früher schon ertheilten Zustimmung der Stadtverordneten, Betrag von 4^ Millionen Mark aus den Anleihemitteln, die verschiedenen Behörden gesucht. Der Gerichtshof verurtheilte punkten zweifeln müßte. Ludolphi zu 3 Jahren 9 Monaten Gefängniß.
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