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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 02.04.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189904028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990402
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- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-04
- Tag 1899-04-02
-
Monat
1899-04
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 02.04.1899
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lafüht mit unheimlicher Lebhaftigkeit in dem bi- zur Durchschein- varkeit abgemagerten Körper wie ein zuckendes FlLmmchen in Zeiner Alabaster-Lampe. Was den greisen Kämpfer anfrechthält, ist nur nach der sieghafte, ungebrochene Geist, der die entweichende iphysische Kraft mit transeendeutaler Gewalt zu längerem Ver- weilen zwingt. Die Unbill des launenhaften, bald dumpfen, bald eisig kalten Wetters mag einen Theil der Schuld an der nicht günstigen Wendnng haben, und treten endlich die lang ersehnten lauen Frühlingslüste «in, so ist eS nicht unmöglich, hast die Hoff» nuna der Aerzte sich erfülle und der Kranke sich wieder erhole. Wahrscheinlich ist eS nicht, und es ist darum fast pietätlos, dem gebrochenen Greise die Abhaltung eines Konsistoriums anzusinnen, oaS nicht sein, sondern das Werk der Unversöhnlichen wäre. Sie setzen Alles daran, im Konklave die Mehrheit zu erringen — und gelingt ihnen die Abhaltung des Konsistoriums, so h iben sie -ihr Ziel erreicht — denn in urtioulo mortis würde Leo XIL ihnen in jeder Hinsicht zu Gefallen sein müssen. Kardinal Rampolla dringt auf die Verleihung von mindestens zwölf Hüten, davon entfielen acht auf seine Parteigänger. Von fremden Kandidaten find zwei in Aussicht genommen: Captier und Hemptinne, und auch diesen rühmt man den Eifer nach, den sie in der Unterstützung deS Staatssekretärs bethätigten. Die dem früheren Präsidenten der französischen Republik Felix Faure von einem seiner Freunde, dem inzwischen ver storbenen vr. Gibert, zngeschriebene Acußerung über die Ver- urtheilung des Kapitäns DreyfuS auf Grund eines diesem und seinem Vertheidiger nicht mitgetheilten geheimen Aktenstücks hat dir Gegner der Revision in große Bestürzung versetzt. Da» Mitglied deS Instituts Gabriel Monod und besten Sohn, die die .Aeußerung an die Oeffentlichkeit brachten, gehören zu den ange sehensten protestantischen Familien in Frankreich, und ihre Wahr haftigkeit ist über jeden Zweifel erhaben. Was soll man aber dazu sagen, daß Felix Faure, als vr. Gibert im Prozesse Zola Zeugniß ablegen sollte, dies durch die Worte zu verhindern suchte: »Falls Sie das wiederholen, was ich Ihnen gesagt habe, so werde ich mein Wort geben, daß es nicht wahr ist." Eine seltsame Erklärung dieses Vorganges wird im „Figaro" mit dem Hinweise versucht, daß vr. Gibert zwar ein vortrefflicher Mensch, eine Art Apostel der Armen gewesen sei, der ihnen als Arzt unentgeltlich seine Dienste geleistet, daß er jedoch seit drei Jahren unter dem Einflüsse einer Somnambule gestanden habe. Diese seltsame Lesart wird jedoch vom „Temps" vollständig zer stört. Ein Frennd des vr. Gibert stellt vielmehr fest, daß dieser biS zu seinem Tode Korrespondent der Acadsmie de Mödecine gewesen sei und sich zwar für Hypnotismus zugleich mit Pierre Janot interessirt, den Mediums jedoch niemals getraut habe. Ueber die Unterredung des vr. Gibert mit Felix Faure werden so bestimmte Einzelheiten mitgetheilt, daß der Fall vollständig .ausgeklärt erscheint. Unmittelbar nach der Unterredung theilte F)r. Gibert deren Verlauf m authenischer Weise mit und stellte Hie Thatsache fest, daß dem Kriegsgerichte von 1894 nach der 'Lersicherung des Präsidenten der Republik dem Angeklagten und Hessen Rechtsbeistande unbekannte geheime Aktenstücke vorgelegt Mrden sind. Daß diese Angaben zutreffend sind, ergiebt sich überdies aus der Thatsache, daß dem Kassationshose in diesen Tagen erst wieder in feierlicher Prozession das geheime Alten- büpdel vorgelegt worden ist, während der Angeklagte davon niemals Kenntniß erhalten hat. Der „Figaro" beginnt die Veröffentlichung der Aktenstücke über die von der Kriminalkammer in der Revisionsaffäre geführte Untersuchung. Diese Aktenstücke wurden in einer bestimmten Anzahl von Exemplaren lediglich für die Mitglieder des Kassa tionshofes gedruckt. Die heute veröffentlichten Dokumente be treffen die Unterst,chung des Disziplinargerichts gegen Esterhazy im Sommer 1898, und sind zumeist bereit» durch die Ent hüllungen Esterhazys bekannt. Neu sind einige Briefe Esterhazys, m denen französische Generale beschimpft werden, und ein Brief de» GeneralS Zurlinden an den damaligen Kriegsminister Cavaignac, in welchem der General ein mildes Vorgehen gegen Esterhazy empfiehlt. Der Untersnchnngsrichter Fabre verfügte, daß Lemaitre der Präsident und vier Mitglieder des Comitös der „Vi^us äs la Mris krantzaiss", sowie Baron Legoux, der Präsident deS plebiscitären ComitöS, vor das Zuchtpclizeigericht verwiesen werden sollen. Der Pariser Korrespondent der „Morning Post" meldet seinem Blatte: „Ich werde auS einer ausgezeichneten Quelle be nachrichtigt, daß die russische Regierung thatsächlich beschlossen habe, die ganze Artillerie mit einer neuen schnell feuernden Kanone zu versehen. DaS Prinzip dieser Waffe wird, wenn nicht dasselbe, jedenfalls dem der in Frankreich in Gebrauch befindlichen Kanone sehr ähnlich sein. Es heißt, daß eine Batterie bereits bei einer französischen Firma bestellt worden ist. Der Zweck der russischen Regierung, indem sie in etwas ungewöhnlicher Weise vorgeht, ist angeblich der, daß die Sache innerhalb der nächsten zwei Monate entschieden werden kann, sodaß, wenn irgend eine Frage über den Gegenstand in der Friedenskonferenz angeregt wird, die Antwort gegeben werden .mag, daß der Befehl criheitt worden und nicht zurückgenommen ^werden könne. Ich befragte einen hervorragenden Offizier in Paris, und er sagt, daß die Auskunft, die ich erlangt, aller Wahrscheinlichkeit nach richtig sei. Er fügt hinzu, daß im vorigen Jahre gewisse Schießproben abgehalten worden und Vorschläge seitens des Großfürsten Michael erfolgt sind, und daß die Frage, eine neue Kanone für die russische Armee zu beschaffen, seit ge raumer Zeit unter Erwägung gewesen ist. Das Haupthinderniß, erklärt mein Gewährsmann, ist Geldmangel gewesen, und dieses Hinderniß sei noch zu überwinden, da die veranschlagten Kosten stch a^ nahezu 8 Millionen belaufen." — Diese Auffassung von der Bedeutung der Friedenskonferenz, die man allerdings fast überall findet, ist sehr bezeichnend, wenn auch keineswegs über raschend. China. Wie daS „Reutersche Bureau" auS Peking meldet, findet eine Truppenbewegung in der Richtung auf Peking statt. Die Kangsutruppen, welche die Unruhen im vorigen Herbste verursacht hatten, beabsichtigen, sich in der unmittelbaren Nähe im Norden der Stadt zu lagern. BereinigteTtaaten. Vom Kriegsdepartement m Washington ist die Alarmnachricht von der bevorflehenden Aufrufung von 35 00V Freiwillige» für die Philippinen als unbegründet bezeichnet worden. Die bereits nach Manila beorderten Truppen, deren Hinüberschasfung allerdings einige Monate beanjpruchen werde, würden dem General Otis genügen. Man darf gespannt darauf sein, ob es wirklich dabei bleiben wird; nach dem bis herigen Gang des Feldzugs auf den Philippinen sind Zweifel daran gestattet. Trotz aller Tapferkeit und einer, wie eS scheint, im Allgemeinen recht guten Führung haben die amerikanischen Truppen, wiewohl sie nur wenige Meilen von ihrem Stützpunkt Manila au» gefochten haben, nur sehr geringe Erfolg« erreicht »d den Tagalea noch leine ernste Schlapp«, geschweige den» eme entscheideude Niederlage beibringen können. Wie soll daS erst werden, wenn der Krieg sich weiter in daS Innere von Luzon hineinziebt? Jede Meile weiter von Manila steigert die Schwierigkeiten für eine Armee von der Beschaffenheit der amerikanischen außerordentlich, ihre Verluste durch Fieber, Beri- Beri, Ruhr und andere klimatische Krankheiten werden sich dann so rasch vermehren, daß starke Nachschübe frischer Truppen un umgänglich sein werden. Wie schwierig die Kriegführung auf den Philippinen ist, haben die Spanier reichlich erfahren; ein alter spanischer Oberst, der Jahre lang in jener Kolonie gedient, hat sich zu einem Gewährsmann der „M. Allg. Ztg." darüber sehr bemerkenSwerth ausgesprochen: Wir waren, sagt er, an Zahl überlegen und verfügten über rtn gute Truppe. Unsere Leute waren an da» Land, an da» Klima und da» Leben in den Tropen gewöhnt: sie erwiesen sich al» äußerst brauchbar — aber da» hals un» doch nicht zum Sieg. Wieder und immer wieder sind unsere Leute in einen Hinterhalt gefallen. Wo wir nicht entfernt an die Möglichkeit eine» Angriffe« dachten, befanden wir un« plötzlich mitten im Feuer. Die Filipino« bentzen eine un heimliche Gewandtheit. Sie erscheinen, feuern ihre Munition mit zroßer Schnelligkeit ab und verschwinden dann wieder in dem undurch- »ringlichen Bambusdickicht, da» alle Wege umrahmt; wir aber ver- mochten in diese» Dickicht nicht einzudringen, ohne unsere Leute geradezu zu opfern . . . Ruhig hat die Truppe den Marsch durch schlechte« Gelände begonnen; vom Feind ist weit und breit keine Spur. Wer aber durch die Büsche htnduichsehen könnte, würde da Dutzende von geschmeidigen Gestalten erblicken, die. von Busch zu Busch springend, der Truppe folgen. Und mit einem Male, dort, wo dl« Leute am meisten durch da» schmier ge Gelände ermattet werden, vernimmt man da« leise Pfeilen der Späher, und einen knallenden Ton, wie wenn eine der großen Schlangen mit den Kinnladen klappt, wie dlese Thiere im MittagSschlas zu thun Pflegen. Dann hört man bald ein dumpfe» Trommeln — und im Ru ist der Wald lebendig. Bon oben, von unlen, von allen Seiten wird geschossen und unsere Leut« fallen recht« und link«, bi« sie sich so wett geordnet haben daß ein Schnells uer in den Busch den Feind verjagt. Dieser zieht sich dann zurück, um an einer anderen Stelle den Ueberfall aus« neue zu versuchen. Müssen weite Flächen überschritten werden, so suchen die Tagalen immer Deckung hinter schnell aufgeworfenen Schanzen und Gräben, und verstehen eS sehr gut, dem Feinde durch solche Hindernisse den Weg zu verlegen Da sie sich meist einer Ueberzahl gegenüber befinden, ziehen sie sich in der Regel schnell zurück, ohne das Gefecht stch allzuweit entwickeln zu lassen. Ihr Vester Schutz ist der Wald, der ihnen immer wieder g stattet, sich zu samme n und ihre Kräfte neu zu formtreu. Die Amerikaner werden, so wie sie e« bi»,er schon getban, „Steg aus Steg" dadontragen, aber sie werden durch dies« Sieg« nicht vorwärt« kommen. Die Filipino« sind im Stande, die Femdseligkeiten so lange io tzusttzen al« e« ihnen gefällt, oder doch, so lange sie Munition haben. Selbst wenn die UnionSiruppen morgen den nicht weit von Manila gelegenen jetzigen Sitz der Tagalen-Negierung, Malolo», besetzen sollten, würden sie wenig erreicht haben. Agulnaldo wird dann eben irgend ein andere» Dors im Innern zu seiner Residenz und seinem Haupt» quartier machen und die Dinge werden sich mcht ändern. In einigen Wochen beginnt zudem dir Regenzeit, und dann ist e» den Amerikanern einsach unmöglich, den Kamps sortzusetzen. In Waihlngton ist man bei aller Anerkennung für General Olis und seine Truppen doch unzufrieden mit dem Verlauf des Feldzuges, und es fehlt bereits nicht an bitteren Klagen über die unzureichende Kenntniß der amerikanischen Staatsmänner und Heerführer von der wirklichen Stimmung unter den Philippinern und deren militärischer Leistungsfähigkeit. Die Tapferkeit und Geschicklichkeit ver Tagalen hat alle Welt in Amerika überrascht und mit einer Hochachtung erfüllt, deren Wirkung sich, wie aus Washington gemeldet wird, zeigen dürfte, sobald ein Sieg des Generals Otis neue Verhandlungen mit den Philippinern er möglichen werde. Ueber die Kriegslage auf Luzon liegen Draht berichte aus Manila vom 28. März vor, wonach die Tagalen unter dem persönlichen Befehle Aguinaldos ihre Stellungen sehr zäh vertheidigen und ihren Rückzug längs der Eisenbahn nord wärts von Verschanzung zu Verschanzung bewerkstelligen. Die thellweise Zerstörung der Eisenbahn durch die Philippiner bereite dem Vormarsche des Generals Mac Arthur große Hindernisse. Die Tagalen brennen alle Ortschaften, die sie räumen müssen, auf Beseht ihres Generals Luna nieder. ColonialpoMlsche». Der Oberführer der deutsch-ostasrikalUschL» O^tzlcuppe, Majorv. Natzmer, hat den Rückmarsch von seiner Expedition nach dem Nyassa-See angetreten, nachdem er mit dem Bezirks amtmann v. Elvons von Langenburg aus das Seengebiet bereist hat. In seinen Berichten spricht v. Natzmer sein Erstaunen über die schnelle kulturelle Entwickelung jener Gegend aus, es sei ihr eine glänzende Zukunft sicher, soivohl was den Kaffee-, Tabak- als Baumwollbau anbctrisst. Ein glänzendes Zeugniß stellt er namentlich den am Nordwestende des Sees ansässigen Wakonde aus. Diese mit gutem Charakter ausgestatteten Leute zählen wenige Männer unter sich, die nicht würdig wären, in die Lcibkompagnie des ersten Garde-Regiments einrangirt zu werden (!). Wenn die sehr wohlhabenden Wakonde nicht zu stolz und selbstbewußt in gutem Sinne wären, gäben sie das vorzüg lichste Material für eine Musterschutztruppe. Ihnen ist aber ein solch eingefleischter Widerwillen gegen jede dienende Stellung eigen, daß es wohl schwer halten dürste, sie zu regulärem Militär dienst heranzuziehen. Major v. Natzmer hat auch Uhenge und Uhehe besucht und fand die politische Lage daselbst den Umständen angemessen befriedigend. Die Hungersnoth in Usaramo, dem Hinterkande von Dar-es-Salaam, wird, wie Privatbriefe melden, immer größer. Dreimal ist der Regen zur gewöhnlichen Regenzeit aus geblieben und dreimal die Aussaat vertrocknet. Am 24. Dezember trat reichlicher Regen ein, aber als kaum die keimende Saat zu grünen begann, traten die Heuschrecken in ungeheueren Schwärmen auf, viel schlimmer noch als im vorigen Frühjahr. Nach wenigen Tagen waren die Saaten vernichtet. Brot und Saatgetreide fehlt; die Zahl der Todesfälle mehrt sich, die auf den Hunger zurückzuführen sind. Kinder und Erwachsene leben vielfach von gekochtem Gras, Blättern und Wurzeln. Das kaiserlich deutsche Gouvernement konnte bisher den Bitten der Missionare um Abhilfe nicht Gehör geben, da in dem beschränkten Etat keine Mittel dafür ausgeworfen sind. Die Mission selbst aber, die ohnehin ein Defizit zu tragen hat, ist außerstande, auS eigenen Mitteln zu helfen. M>t der Einführung der Häuser- und Hütten- ste u e r in De u t s ch - O st a s r ika ist nach einem Bericht des „Deutschen Kvlonialblattes" die Verwaltung im Allgemeinen zufrieden. Nach einer Zusammenstellung brachte die Häuser- uud Hüttenstener in der Zeit vom 1. April 1898 bis zum 10. Januar 1899 „soweit die Kassenberechnnngen vorliegen" im Ganzen 221225 Rupien (die Rupie zu 1,40 Mk. gerechnet). Eine Heranziehung der einheimischen Bevölkerung konnte bisher allein innerhalb des nächsten Machtbereichs der Bezirksämter und der Stationen er folgen, dort aber meist ohne Ausübung von Druck oder An- wendung von Waffengewalt. Die Steuer kann geleistet werden in Naturalien, in Arbeitsleistungen oder in Baar. In Naturalien wurden geleistet 4197, durch Arbeitsleistungen 2032 uud iu Baar 214SSL Rupie». Del österreichische Konsul in Zanzibar vr" OSkar Baumann, der seit längerer Zeit an einem schweren körperlichen Leiden litt, ist nun auch geistig erkrankt. Nach einer vorübergehenden Besserung blieb sein Zustand stationär, (vr. Baumann erregte bekanntlich vor einiger Zeit unangenehme- Aufsehen durch einen Aussatz, in dem er allerlei unbegründet» Beschuldigungen auf die Beamten von Deutsch-Ostafrika häufte.) Neue Kampfe avf den Samoa-Insela. Während man sich in den drei BertragSstaaten betreff» der Samoa-Angelegenheit mit den ziemlich bedeutungslosen Nachrichten über die Verhandlungen zwischen den Negierungen Deutschlands Englands und der Vereinigten Staaten beschäftigte, ist eS Mitte März an Ort und Stelle zu Kämpfen zwischen den englisch amerikanischen Streitkräften und der Mataafa-Partei der Einge borenen gekommen, über welche vermöge der weiten Entfernung von der nächsten australischen Kabelstatiou erst jetzt die ersten Meldungen vorliegen; sie lauten: London, SO. März. „Reuters Bureau" verbreitet folgende Depesche auS Apia vom 23. März: Admiral Kautz hat eine Zu sammenkunft der Konsuln und der ältesten Flottenoffiziere an Bord der „Philadelphia" veranstaltet, da Mataafa und die zu ihm haltenden Häuptlinge fortführen, im Widerspruche mit dem Berliner Vertrag zu handeln. Die Versammlung beschloß, di« provisorische Regierung zu deSavouiren. In Folge dessen erließ Admiral Kantz eine Proklamation, in der Mataafa und seine Häuptlinge aufgesordert wurden, nach ihren Wohnplätzen zurück- zukehren. Mataafa verließ darauf Mulinu und ging in-Innere Der deutsche Konsul erließ seinerseits eine Gegenproklamatioa. Die Mataafa-Leute versammelten sich kriegsmäßig und umzingelte« die Stadt. Der britische Kreuzer „Royalist" brachte die gefangen gehaltenen Anhänger der Malietoa-Partei von den anderen Inseln herüber. Die Amerikaner befestigten Mulmu, wohin sich 2000 Eingeborene der Malietoa-Partei flüchteten. Die Mataafa-Leute verbarrikadirten die Straßen innerhalb der Grenzen der Muni zipalität und besetzten britische Häuser. Darauf wurde ein Ulti matum an die Mataafa-Leute gesandt, in welchem sie ausge- sordert werden, das Gebiet der Munizipalität zu räumen, sonst werde am 15. März um 1 Uhr die Beschießung beginnen. Die Mataafa-Leute kümmerten sich nicht um daS Ultimatum und be gannen die Stadt anzngreifen. Auf Anweisung de» amerikanische» und des britischen KonsulSeröffneten nunmehrdieKriegsschiffe „Phila delphia" und „Royalist" daS Feuer aus die abgelegenen Dörfer eine halbe Stunde vor dem festgesetzten Beginn der Beschießung, v« der dichten Bewaldung deS Gelände- erwie- eS sich sehr schwierig, den Standort der feindlichen Partei festzustellen. Einige Dörfer am Ufer standen bald in Flammen. Ein fehlerhaftes Geschoß der „Philadelphia" platzte bei dem amerikanischen Konsulat: von de» davorstehenden Marinesoldaten wurde einem ein Bein zerschmettert daS amputirt werden mußte. Ein Sprengstück von eben diesem Geschosse schlug durch daS deutsche Konsulat und zertrümmerte das Küchengeschirr. Die Deutschen begaben sich darauf an Bord des „Falke". In der Nacht machten die Anhänger Mataafa- einen scharfen Angriff auf die Stadt und tödteten drei bribsche Matrosen. Ein britischer Marinesoldat wurde von einer britische» Schildwache versehentlich in die Beine, ein anderer in die Füße geschossen. Ein amerikanischer Wachtposten wurde an seinem PlatzF getövtet. Die Beschießung dauerte 8 Tage mit längeren Pausen an. Die Bewohner der Stadt flüchteten an Bord deS „Royalist", der gedrängt voll Menschen war. Viele verließen Samoa, denn der Kapitän des „Royalist" ersuchte sie dringend darum, damit sie die militärischen Operationen nicht behinderten. Wieviel Ein geborene getödtet wurden, ist noch nicht anzugeben. DaS britische Kriegsschiff „Porpoise" nahm ebenfalls an der Beschießung Theil. Es beschoß die Dörfer östlich und westlich von Apia und nahm viele Boote weg. Die Engländer und die Amerikaner kämpfte« zusammen. Die Stimmung gegen die Deutschen ist sehr erbittert. Ein Engländer und ein Deutscher wurden als Spione verhaftet.' Das englische Kriegsschiff „Tauranga", welche- aus dem Wege( nach Tonga dem Vernehmen nach begriffen war, wurde bei de« Fidij-Jnseln auf seinem Wege angehalten. Berkin, SO. März. Ueber die neuesten Vorfälle t» Samoa liegt bis jetzt hier folgendes amtliche Telegramm vor: Apia, 20. März. DaS Bombardement dauert fort. Auf militärische Anordnung sind viele Wohnungen von Weißen geräumt worden. Die auf andere Inseln verbannt gewesenen Häuptlinge der Tanupartei sind nach Upolu zurückgc bracht. Den Anhänger« TanuS wurden die ihnen am 2. Januar abgenommenen Feuev- waffen nebst Munition zurückgegeben. AuS diesen Meldungen ergiebt sich, daß die Vertreter Eng lands und Amerikas Grund zu der Behauptung zu haben glaubten, die Mataafa-Partei handle im Widerspruch mit dem Berliner Vertrag. Worin dieses vertragswidrige Verhalten bestand, wird nicht gesagt. Aber an der „Desavouirung" der früher von allen drei Konsuln provisorisch anerkannten Mataafa-Regierung hat der deutsche Konsul offenbar nicht Theil genommen. Das Reuter- Telegramm drückt sich sehr zweideutig aus: Die „Versamm lung" der Konsuln und der älteren Flottenoffiziere hab« die Desavouirung „beschlossen". Durch Mehrheit hatte diesem keinerlei Zuständigkeit besitzende „Versammlung" nicht» zu be schließen; nur Einmüthigkeit der drei Konsuln konnte irgend einem Beschlusse rechtliche Bedeutung verleihen, der deutsche Konsickl aber hat nach der DesavouirungS-Proklamation eine Gegenpro klamation erlassen. Ob die Engländer und Amerikaner aus reichenden Grund hatten, zum Schutze von eignen Interessen, welche durch die Mataafa-Partei gewaltsam verletzt, wurden, mit Waffengewalt einzuschreiten, das ist eine Frage für sich, ^über welche weitere Aufklärung abgewartet werden muß. Zunächst scheint die Beschießung nur Zerstörung und Anarchie herbei-, geführt zu haben. Angesichts dieser Gewaltthat, — schreibt die „Deutsche Tage--- zeitung" — fragen wir, ob die deutsche Regierung auch setzt^ wieder ihre eigenen Vertreter auf Samoa deSavouiren und fort-' fahren wird, durch „freundschaftliche" Verhandlungen die Engländer uud Amerikaner in der Ansicht zu bestärken, daß man sich Deutschland gegenüber alles erlauben darf? Noch sind wir nicht auf die Stufe von Spanien herabgejunken. Wenn sicbs nur um de» Besitz einiger Inseln handelte, so ließe sich darüber „verhandeln". Hier aber steht unser Ansehen in der Welt ans dem Spiele. An Mitteln, England und damit auch' Amerika den nöthigen Respekt vor uns emzuflößen, fehlt eS un» wahrlich nicht. Die Buren in Südafrika wären zu manchen Gegeu- diensten bereit, wenn wir den Engländern daS geheimuißvolle' afrikanische Abkommen zerrissen vor die Füße würfen. Und wa»' würde uns nicht gar unser russischer Nachbar alle» bieten, wen»' wir ihm statt der deutsch-englischen Verständigung eine deutsch- russische in Aussicht stellten; Nach der Beschimpfung die uu» jetzt auf Samoa widerfahren ist, darf e» eine „freundschastuche Verhandlung" mit England und Amerika nicht «her gebe«. »1- bi- ««- volle Ge»ugth»»»g zu Theil -«worbe«
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