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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 21.04.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189904210
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990421
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990421
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-04
- Tag 1899-04-21
-
Monat
1899-04
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 21.04.1899
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g^eiberger Anzeiger und Tageblatt. Sette S. -- 21. April. 21. 1) die Stellung derAerzte zu denKranken- — Nom Königshause. Gestern Vormittag besuchten >as Königspaar und die Prinzessin Friedrich von Hohenzollern den Zoologischen Garten in Dresden. Als die Herrschaften das Dorf betraten, zog der ganze Stamm der Senegambier, die die hohe Auszeichnung wohl zu würdigen wußten, zum BorführungS- )latz, wo sie einen Nationaltanz aufführten, der daS Interesse )er hohen Besucher erregte. Auch die ca. 25 schwarzen A-B-C- Schützen der senegambischen Schule, die den Koranlehren des Marabout (senegambischer Priester) lauschten, interessirten sehr. Neber Kleidungsweise, Haarschmuck und sonstige ethnographische Eigenthümlichkeiten des zur Schau gestellten Volksstammes gab der Impresario der Truppe, Herr vr. Goldmann aus Wien und die Führerin Madame Gravier auS Lyon Ausschluß. — An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, daß Anmeldungen zum Festmahl, welches zum Geburtstage Sr. Majestät des Königs nächsten Sonntag Nachmittags 2 Uhr im Kaufhaussaale veranstaltet wird, bis Sonnabend in der Stadthauptkasse (Rathhaus, Zimmer Nr. VIII) oder bei Herrn Rathskellerwirth Martin zu bewirken sind. — Ordens- und Titel-Berleihung. Se. Maj. der König hat dem Professor an der Bergakademie Overbergrath vr. Weis bach den Titel und Rang eines Geheimen Bergrathes; dem Vorstande des Hüttenlaboratoriums und Professor an der Berg akademie vr. Schertet den Titel und Rang eines Bergrathes, dem Oberbergrath Menzel in Freiberg das Ritterkreuz I. Klasse vom Verdienst-Orden und dem Berginspektor Ans Helm in Freiberg den Titel und Rang eines Bergmeisters verliehen. — Die Nereinstage für innere Misston in Dresden. Für die Vertheilung der Bußtagskoüekte, welche, wie schon er wähnt, in der geschlossenen Mitgliederversammlung des Landes vereins für innere Mission vorgenommen wurde, standen 20 000 Mk. zur Verfügung. In der zweiten öffentlichen Abend versammlung des Landesverbandes für innere Mission, welche am Dienstag Abend stattfand und sehr stark besucht war, machte Vereinsgeisllicher Pastor Weidauer-Dresden Mittheilungen über den Jahresbericht des Landesvereins für 1898 und dann hielt der Präsident des evangelisch-lutherischen LandeskonsistoriumL v. Zahn einen Vortrag über „die evangelische Kirche und ihre Liebesthätigkeit im heiligen Lande." Gestern Vormittag ver sammelten sich die Anstalts- und Gefängnißgeistlichen zu einer nicht öffentlichen Konferenz, auf deren Tagesordnung eine Be sprechung über das Thema „Der Sonntag im Gefängniß" stand, welche von v. Volkmann aus Zwickau eingeleitet wurde. Der Konferenz schloß sich die 9. Hauptversammlung des sächsischen Nettungshausverbandes an. Der Vorsitzende Vereinsgeistlicher ?. Weidauer erstattete einen kurzen Bericht über die weitere Entwickelung des Nettnngshanswesens in den letzten zwei Jahren. Nach der Vornahme der Wahlen zum Vorstand reserirte Ober amtsrichter a. D. Weidauer über „Die Fürsorge für Rettungs- hauszöglinge nach ihrer Entlassung aus dem Rettungshause durch Bestellung von Generalvormündern." Nach einer längeren Debatte, an der sich a. a. Superintendent Haesselbarth-Freiberg betheiligte, wurde die Versammlung geschlossen. — Morgen und übermorgen tagt in Dresden der 27. deutsche Aerztetug. Delegirte nahezu aller ärztlichen Standes- vertretungen Deutschlands, die dem Aerztevereinsbunde ange hören, vereinigen sich, um über Fragen, die die Standesintereffen Speise ist. Das Volk nährt sich von Eicheln, Baumrinden, Blättern, sogar von gefallenem Bich. Ich besitze, sagt Herr Ssergejenko, Brodproben, die allem Möglichen ähneln können, nur nicht wirklichem Brod. Die Mißernte jwar im vergangenen Jahre an einigen Orten vollkommen. Zuerst brannten Dürre und heiße Winde alles aus, später vernichteten Frühfröste alles Nach- gebliebene. Die Bevölkerung blieb ohne Brod, ohne Kartoffeln, ohne Kohl. In der äußersten Noth verkauften Viele die Winter saat. Verbrechen und Sterblichkeit nahmen zu. Die Zahl der Todt- geborenen stieg gewaltig. Skorbut und Typhus wütheten wie durch Sturm angefachtes Feuer — da brennen aber nicht Wohn häuser und Scheunen, sondern lebende Wesen! In den Dörfern , , ... — ... rauchen am Abend keine Schornsteine, an den Fenstern brennt berühren, zu berathen. Als HauptberathungsgegenstSndesind in kein Licht, Hunde bellen nicht, sie haben schon seit dem Herbst > Aussicht genommen: 1) die Stellung derAerzte zu denKranlen- Parteien an den scheußlichsten Grausamkeiten und Leichenver- stümmeleien. Sie sind nicht Christen, sondern Wilde, ganz gleich, ob sie sich Protestanten oder Katholiken nennen. Frankreich. Am 12. November führte Joseph Reinach im „Siöcle" auS, daß DreyfuS in seiner Verzweiflung am 24. September an den Gouverneur von Guyana einen herzzerreißenden Brief geschrieben hatte, um ihm zu sagen, er sei nach dem langen vergeblichen Harren auf eine Antwort aus Frankreich, wohin er an den Präsidenten der Republik und an den Generalstabschef de Boisdeffre flehentliche Gesuche um die Revision seines Pro- < zesseS gerichtet, todtmüde und so verzweifelt, daß er fortan sich ; ledes schriftlichen Verkehrs enthalten wolle. AuS jener Zeit be richtete der Kommandant der Heilsinseln Demel, der Gefangene ' sei ein so herzloser Egoist, daß er sich nicht mehr um seine ! Familie kümmere und die Briefe der Seinigen unbeantwortet lasse. Wie ein vom 27. Oktober 1898 datirter Brief deSDepor- tirten an seine Gattin, den Reinach veröffentlichen kann, zeigt, > hatte DreyfuS sich wieder ermannt, nachdem der Gouverneur - ihm mitgetheilt hatte, daß er bald einen Bescheid auf sein Re- > visionSbegehren erhalten werde. Es folgen fünf andere Briefe an Frau Dreyfus, der letzte vom 25. Februar und einer an den kleinen Pierre, ihren Sohn, die sämmtlich die größte Zärtlichkeit für die Familie, gepaart mit Hoffnungsfreudigkeit, athinen. Reinach , schließt: „Und nun, Hyänen, Schakale, in Koth und Blut watende Journalisten, Tingeltangelpatrioten, thierisches Gelichter, Jesuiten, blinde Verehrer eines gefällten Urtheils, Salon-Hallenweiber, Henker und Knechte von Ministern, fahrt lustig zu bellen fort!" Die vereinigten Kammern deS KassationShofeS hielten gestern eine Sitzung und prüften mit Ausschluß der Oeffentlichkeit ver schiedene Fragen hinsichtlich des Verfahrens in der DreyfuS-An- gelegenheit. In den Wandelgängen deS Justizpalastes wurde das Gerücht verbreitet, daß der Kassationshof am Ende dieses Monats sein Urtheil fällen werde. Am Montag Nachmittag fand in Paris im Palais Bourbon die Generalprobe mit der neuen Präsidentenglocke statt, die nach den Ferien in Funktion treten wird, nachdem Präsident Deschanel nicht nur die alte auS dem Jahre 1850 stammende Glocke, sondern auch die des Versailler Kongreßsaales, die zum Ersatz herbei geholt war, zerschlagen hatte. Herr DeSchanel hat von den ihm vorgelegten Mustern nach mehreren Versuchen eines auSgewählt, daS in drei Exemplaren hergestellt wird, eines für den sofortigen Bedarf, ein zweites für Versailles und ein drittes als Reserve. Um den Klang der neuen Glocken zu erproben, war das gesammte Personal deS PalaiS Bourbon nach dem Sitzungsaale entboten worden, wo eS den Weisungen des Generalsekretärs der Präsident schaft Herrn Pierre gemäß die ganze Skala deS Geräusches, von der Rede auf der Tribüne bis zum „Boucau", durchzumachen hatte. Diejenige Glocke, die diesen übertönte, wurde als geeignet zurückbehalten. Viel lustiger als diese Generalprobe sind aber die Generalproben, die für die neuen Präsidenten und Vize präsidenten veranstaltet zu werden pflegen. Der Neuling wird von dem Generalsekretär Herrn Pierre in dem Salon der Präsi dentschaft abgeholt und durchschreitet gravitätisch die Reihen der Angestellten, die das sonst übliche Militärspalier vertreten. Die Statisten präsentiren das Gewehr in der Form von Kehrbesen, Staubwedeln, Flederwischen u. s. w. und der Vorsitzende geht an ihnen, daS Haupt leicht verneigend, vorüber in den Sitzungssaal. Vor dem Präsidentenstuhl angelangt, übergiebt er seinen Hut einem der Diener, der diesen in einen eigens hierfür reservirten Wandschrank legt. Dann nimmt er Platz und giebt das erste Glockenzeichen. Schon an diesem erkennen die Eingeweihten den Charakter deS Vorsitzende», manche sogar dessen Accent, da der Südfranzose ganz anders die Glocke zu hantiren versteht, als der Mann des Nordens. Zum Läuten der Glocke bedarf es einer gewissen Geschicklichkeit und einer entsprechenden Ruhe. So hätte der ungestüme „Sakalave" de Mahy die Glocke beinahe den ahnungslos dasitzenden Stenographen an den Kopf geschleudert. DaS Glockenzeichen Gambettas klang tief, das Grsvys recht dünn, daS Floquets wie ein Paukenschlag, daS Brissons dumpf; das jenige Herrn Deschanels endlich klingt frisch und hell. Der Präsident hat, nachdem er daS Glockenzeichen gegeben und die Sitzung für eröffnet erklärt, sich gemächlich auf seinen Stuhl niederzulassen, daS Papiermesser zur Hand zu nehmen und damit auf den Tisch zu klopfen, sobald er irgend ein Geräusch im Saale vernimmt. Genügt das nicht, so muß er irgend eine geistreiche Bemerkung improvisiren, von denen eine ganz ansehnliche Sammlung angelegt ist und deren bekanntest« wohl die sind: „Ich bitte Sie, meine Herren, wenn Sie alle auf einmal sprechen, dann wird es nie ruhig werden. . . . Man kann unmöglich mit dem einen Ohre hören und mit dem andern weitersprechen." Auf ein Zeichen deS Generalsekretärs geht ein wahrer Höllenlärm los. Die Pseudoabgeordneten schreien alle auf einmal und werfen einander mehr oder minder liebenswürdige Bemerkungen an den Kopf, die der Präsident nach einem energischen Glockenzeichen aufgehört, in Wuth zu gerathen und sind längst Hunger- ge storben. Man fährt wie über einen Friedhof; beim Eintritt in die Wohnstuben begegneten uns dumpfe Luft, wachsgelbe Gesichter, Gestöhn Ermatteter, Weinen der Kinder, widerlicher Geruch aus den Krankenbetten. Die Hilfe, die den Leidenden durch das Rothe Kreuz, die Semstwo und die Administration erwiesen wird, lindert nicht die Hälfte der Noth, eS fehlen sowohl Mittel als helfende Menschen. Es gäbe da Arbeit ohne Ende. Es müßten Listen der Bedürftigen zusammengestellt werden, die Art der Hilfeleistung müßte festgestellt, Provision und Holz, auch ein Kessel für den Herd muß beschafft werden. Aus der Mitte der Bauern müßten Zuverlässige auSgewählt werden, die umher fahren und Hilfe vermitteln re. Dazu gehören Mühe, Mittel, Ausdauer und Zeit. Wer wird das dem Volke bringen? Die Bevölkerung ist der Noth gegenüber schon unempfindlich geworden; die wahre Noth fängt für sie erst an, wenn die ganze Familie krank liegt an Ermattung, mit eingefallenen Wangen, mit aufgeschwollenem Zahnfleisch, aus dem man mit Leichtigkeit die Zähne heraus nehmen kann. Die geschwundenen Kräfte können durch Speise kaum wieder hergestellt werden, es muß ein Wunder geschehen! Eolonialpoltttsch-». Ostafttka. Zum Fall Baumann bringt die „Nordd. Allg. Ztg." folgende Mittheilung: „Das Urtheil der Presse und der Oeffentlichkeit über die Baumannsche Schrift „Afrikanische Galgenskizzen" ging fast einstimmig dahin, daß die Verdächtigungen deutscher Kolonialbeamten und -Offiziere auf tatsächlichen Grund agen nicht beruhen könnten, daß vielmehr aus dem äußerst rivolen und gehässigen Ton der Darstellung schon zur Genüge >uf den Grad der Glaubwürdigkeit des Verfassers zu schließen ei und demnach die ganze Angelegenheit eine weitere Beachtung richt verdiene. Indessen haben auf amtliche Anweisung an der Hand der Schmähschrift durch das Gouvernement in Dar-eS- Salaam eingehende Erhebungen — soweit solche mangels bestimmter, von Baumann wohlweislich verschwiegener Anhaltspunkte über haupt möglich lvaren — stattgefunden und zu dem Ergebniß ge- iührt, daß auch nicht der geringste Anlaß zu derartigen Verdächtigungen deutscher Beamten in Ostafrika vor liegt. Als eine absolute Unwahrheit stellt sich die Baumannsche Behauptung dar, daß sich zu den Ende 1895 aus Anlaß der Hochverrathsprozesse im Aufstand deS Hassan bin Omar voll zogenen Hinrichtungen in Kilwa Amateur- und Berufsphotographen eingefunden hätten. Wie stets bei solchen Exekutionen, war den selben auch damals daS Betreten des Richtplatzes untersagt. Als einziger „Gardeleutnant" wohnte der Vollstreckung damals der Leutnant a. D. v. Wissmann als Adjutant deS Gouverneurs bei; aber weder leitete er die Exekution, noch ist der ihm von Bau mann in den Mund gelegte Ausspruch jemals gefallen. Ebenso ist die Behauptung Baumanns, in Kilwa seien die zum Henken benutzten Stricke unter der Rubrik „Bewirthung fremder Gäste" gebucht, wie der frühere Bezirkshauptmann Frhr. v. Eberstein ausdrücklich amtlich erklärt hat, eine böswillige Erfindung. — Wie O. Baumann selbst bei Abfassung seiner Schrift von dieser dachte, erhellt aus seiner eigenen Erklärung, daß sein Werk mchtS weiter als ein humoristischer Feuilletonartikel sein sollte. Wie weit diese Absicht dem Verfasser, der bekanntlich inzwischen geistig und körperlich erkrankt sein soll, gelungen ist, braucht wohl nicht mehr erörtert zu werden." OertticheS and Sächsisches. Freiberg, den 20. April. als mit der Würde der Landesvertreter für unvereinbar zu er klären hat. Selbst die heftigsten Ausfälle, die gegen den Präsi denten gerichtet werden, müssen diesen ruhig lassen, da er auf keinen Fall auf Beschimpfungen reagiren darf. Höchstens ist es ihm gestattet, mit vorgestrecktem Arme dem Hause zuzurusen: „Meine Herren, die Worte, die ich eben vernommen, sind nicht bis zu mir gedrungen." Erweisen sich alle Beschwichtigungs versuche als vergebens, so erübrigt dem Präsidenten nur noch, nach dem Wandschrank zu greife», seinen Hut hervorzuholen, sein Haupt zu bedecken und somit die Sitzung zu unterbrechen. Einer Legende zufolge hätte Herr Sarrien bei seiner Generalprobe als Vizepräsident in der Hitze des Gefechtes statt seines HuteS einen Lampenschirm erfaßt, diesen aufgesetzt und als tonkinesischer Rebell den Saal verlassen. Als letzter Punkt der Generalprobe figurirt der Schluß der Sitzung, der den Umständen gemäß rasch oder gemächlich auszusprechen ist. Ueber die Lage im NothstandSgebiet werden in russischen Blättern u. A. folgende Mittheilungen gemacht: Persönliche Einsicht in die Lage des Volkes überzeugt davon, daß die Noth groß, grausam und tief eingewurzelt ist. Da ist mit etwas Landhafer nicht zu helfen. Das Volk ist durch die Noth ermattet. Viele wissen seit dem Herbst nicht, was warme In England mehren sich die Stimmen zu Gunsten Deutschlands. So veröffentlicht mit der Ueberschrift „Ein wenig Licht über Samoa" die „Truth" ein Schreiben des früheren langjährigen amerikanischen Vizekonsuls auf Samoa, Lloyd Osbourne, daS die Religion als wesentliche Ursache der gegenwärtigen Samoawirren bezeichnet. Der Londoner Missionar verein könne den Gedanken an einen römisch-katholischen Samoa- könig nicht ertragen. Darum werde mit englisch-amerikanischen Waffen Tann gegen Mataafa, der das ganze Land, obwohl cs überwiegend protestantisch ist, hinter sich habe, unter stützt. Der Oberrichter Chambers sei gänzlich in den Händen der englischen Missionare, daher seine Entscheidung zu Gunsten Tanus. Der Brief schließt: „Es kann nicht nachdrücklich genug betont werden, daß in der Angelegenheit Mataafa-Tann Deutschland im Recht und die Haltung des Generalkonsuls Rose durchweg lobens- werth gewesen ist. Wir, die Engländer und Amerikaner, sind grausam, brutal und im Unrecht." — Die Darstellung über die religiösen Gegensätze stimmt mit den Ausführungen, die Herr Karl Marquardt in seiner Sckrift über die Samoawirren macht, überein. Malietoa-Tanu ist Protestant, Mataafa Katholik. Ihr Ehristenthum hat allerdings nur wenig Aehnlichkcit mit dem, waS man in Europa so nennt. Er hindert auch keine der beiden ging und nochmals höflichst bat, sich doch ruhig zu Verhalten. Dessenungeachtet geberdete sich die Frau, und jetzt sogar im f Krankenzimmer, mit ihrer Schwester so erregt, daß der Kranke , ihnen händeringend zurief: „Geht doch hinaus, Ihr macht mich sonst verrückt!" In diesem Tumulte schrie die älteste Tochter, sie wolle den Schutzmann holen, was mir so erwünscht kam, daß , ich sagte: „Ja, hole ihn nur." Sodann blieb ich ruhig sitzen ; und wartete daS Erscheinen deS Schutzmanns ab. Anstatt dessen , erschien der Vizewirth, welcher mich aufforderte, daS Zimmer zu , verlassen. Ich erklärte ihm, er solle selbst Zeuge von dem ; Wunsche des Kranken sein, und fragte nun den Kranken: „Haben , Sie mich rufen lasten?" Er antwortete: „Jawohl". Ich fragte weiter: „Wünschen Sie mit mir zu sprechen?" Er erwiderte j gleichfalls: „Jawohl." Als trotzdem keine Ruhe eintrat, richtete j ich die letzte Frage an den Kranken, ob er die heilige Kommunion - empfangen wolle. Dies verneinte er nun allerdings, fügte aber ; bei, ich möchte ein andermal zu ihm kommen, denn jetzt wäre er , nicht mehr fähig, worauf ich mich entfernte. DieS der wahre , Sachverhalt." — Eine amtliche Untersuchung wird hoffentlich den , Sachverhalt genau feststellen. - Die Einleitung deS Disziplinarverfahren- < gegen vr. AronS hat die ganze demokratische und sozial demokratische Presse mobil gemacht. Die Phrase von der „Lehr freiheit" der Professoren und Privatdozenten wird wieder einmal bis zum Ueberdruß breitgetreten. Daß aber ein Universitäts lehrer eine ihm vom Staate zuerkannte Autorität genießt, auf die er auch außerhalb seines Berufe- Rücksicht zu nehmen hat, wird frischweg ignorirt. vr. Arons ist einer der anerkannten Führer und Förderer der Sozialdemokratie; er ist wiederholt als Redner und als Delegirter der Partei aufgetreten. Da die Regierung nun glücklicherweise mit der falschen Vorstellung, die .revolutionäre Sozialdemokratie sei eine den übrigen politischen Richtungen gleichberechtigte Partei, gebrochen hat, ist es ganz selbstverständlich, daß sie von einem staatlich privilegirten Lehrer nicht duldet, daß er gegen den Bestand dieses Staates wühle und Hetze. Wie di« Mannheimer „Volksstimme" schadenfroh meldet, haben die zu einer Zwangsinnung vereinigten Schuh machermeister Freiburgs (vermuthlich doch Freiburgs im „Musterländle" Baden) zum Obermeister den ersten Vor sitzenden der sozialdemokratischen Landesorganisation, Friedrich Haug, gewählt. Das Mannheimer Organ des „Ge nossen" Auer bezeichnet diese Wahl als „eine beißende Satire aus den neuen JnnungSzwang." ES wäre dringend zu wünschen, daß die Verhältnisse derjenigen Innungen, di« bis jetzt in sozialdemokratische Hände gefallen sind, einer Untersuchung unter zogen werden. Seltsamerweise handelt eS sich bei den bis jetzt bekannten drei „sozialdemokratischen Innungen" um solche deS Schuhmacherhandwerks; allein es wird wohl nicht anzunehmen sein, daß die Mehrheit jener Organisationen wirklich der rothen Fahne anhänge. Man wird eS hier wieder mit der Indolenz nicht sozialdemokratischer Meister zu thun haben; darum halten wir die „Besitzergreifung" der betreffenden Innungen durch die stets auf dem Posten befindlichen „Genossen" sür eine vorüber gehende Erscheinung, die von selbst ihre Korrektur finden wird. UebrigenS wird eS immerhin von Interesse sein, daS Wirken jenes sozialdemokratischen Freiburger Obermeisters zu beobachten; will er sich nicht von vornherein mit den Parteiprinzipien in Wider spruch setzen, so wird er auf jedes positive Wirken Verzicht leisten und lediglich hemmend wirken müssen. Oesterreich. Der Leiter deS Wiener Hauptzollamtes Hof rath Pronay ertheilte in höherem Auftrag sämmtlichen Zoll ämtern der Wiener Bahnhöfe mündlich die Weisung, alle aus dem Auslande einlaufenden Druckschriften genau zu untersuchen und erst nach sorgfältiger Begutachtung ihres muthmaßlichen In haltes den Parteien auszufolgen; besondere Sorgfalt sei gegen über den Schriften zu beobachten, die sich auf die „LoS von Rom"-Bewegung zu beziehen scheinen; diese seien vor AuSfolgung an die Parteien der Behörde zur Durchsicht vor zulegen. Italien. Eine offiziöse Meldung auS Rom betont, daß die Versuche eines kleinen Theiles der Presse, die Begrüßung deS Königs Humbert in Cagliari durch ein französisches Geschwader als ein politisches Ereigniß von hoher Bedeutung darzustellen, in urtheilsfähigen Kreisen ohne jeden Eindruck bleiben. Selbstverständlich sei man in Rom, ebenso wie in Paris, von dem in Sardinien stattgehabten Austausche von Freundlich keiten angenehm berührt und man würdige diese Akte der Courtoisie als neue Symptome deS gebesserten Verhältnisses, welches zwischen den beiden Staaten nach einer langen Spannung durch die Verständigung über ein handelspolitisches Einvernehmen eingetreten ist. Wenn jedoch manche Blätter geradezu eine neue Aera der auswärtigen Politik Italiens gekommen glauben und sich so weit versteigen, zwischen dem Besuch eines französischen Ge schwaders in Cagliari und den Ereignissen von Kronstadt eine Parallele zu ziehen, so verrathe dies einen solchen Mangel an Berständniß für die Abschätzung von Vorgängen auf dem Gebiete des internationalen Verkehrs, daß man sich einer ernsten Aus einandersetzung mit solchen Ansichten überhoben fühleu könne. Speziell die Nachricht eines Pariser Blattes, daß zwischen König Humbert und dem französischen Admiral Fournier eine höchst wichtige politische Unterredung geführt worden sei, in Welcherder Letztere die Nothwendigkeit einer engeren Verbindung Frankreichs und Italiens gegenüber England dargelegt und dem Monarchen sogar eine die Nachtheile der italienisch-englischen Freundschaft be leuchtende Note überreicht habe, trage so deutlich das Gepräge einer nicht eben geschickten Erfindung, daß über den Werth dieser Behauptung kaum Jemand aufgekläA zu werden brauche.
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