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»1 Freiberger Anzeiger «nd Tageblatt. Seite 2. — S. April. A« Dienstag den 25. April ds. Js. vormittags S Uhr ebenda: die Jahresklaffen 1890, 1889 und 1888 der Stadt Freiberg. Am Dienstag den 85. April ds. Js. vormittags 11 Uhr ebenda: die Jahresklaffen 1887 und 1886 der Stadt Freiberg. Am Dienstag de« 25. April ds. Js. nachmittags 3 Uhr ebenda die Ortschaften: Halsbach, Naundorf, Niederschöna, Hetzdorf mit Hutha, Herrndorf, Erlicht, Oberschaar, Haida und Krummenhennersdorf. AM Mittwoch den 26. April ds. Js. vormittags 9 Uhr ebenda die Ortschaften: Kleinwaltersdorf, Laughennersdorf, Seifersdorf, Reichenbach, Großvoigtsberg und Kleinvoigtsberg. Am Mittwoch den 2V. April ds. JS. vormittag- 11 Uhr ebenda die Ortschaften: Zug, Langenrinne, Weißenborn und Lichtenberg. Am Mittwoch den 26. April Vs. Js. nachmittags 3 Uhr ebenda die Ortschaften: Oberbobritzsch, Niederbobritzsch, Kleinschirma und Friedeburg. Am Donnerstag de» 27. April ds.Js. vormittags 9 Uhr ebenda die Ortschaften: Freibergsdorf, Oberschöna, Wegefarth und Bräunsdorf. Am Donnerstag den 27. April ds.Js. vormittags 11 Uhr ebenda die Ortschaften: Lößnitz, Loßnitz, Tuttendorf, Conradsdorf, Falkenberg, Hilbersdorf und Sohra. Am Donnerstag den 27. April ds.Js. nachmittags 3 Uhr ebenda die Ortschaften: Colmnitz, Halsbrücke, Sand mit Grüneburg, Nothensurth und Großschirma. Die Bekanntmachung geschieht nur hierdurch; Gestellungsbefehle werden nicht ausgegeben. Nichterscheinen oder Erscheinen zu einer anderen als der befohlenen Sontrolversammlung wird als Ungehorsam angesehen und hat Arrest zur Folge. Während der Kontrolversammlung selbst wird die strengste militärische Disziplin verlangt. Schirme und Stöcke sind wegzulegen. Die Herren Gemeindevorstände werden ersucht, diese Bekanntmachung in geeigneter Weise zur Kenntniß der betr. Mannschaften zu bringen. Königliches Bezirks-Kommando Freiberg. Aealgymnasium zu Ireiöerg. Die Aufnahmeprüfung der neuangemeldeten Schüler findet Montag den 10. April früh 8 Uhr statt. Bor dem Beginne der Prüfung sind die etwa noch ausstehenden Zeugnisse, namentlich das Zensurbuch, abzugeben. Eltern, die ihre Söhne für den Bureaudienst bei den staatlichen Behörden be stimmt haben, werden darauf aufmerksam gemacht, daß der erfolgreiche Besuch der Untersekunda für Anstellung als Bureauassistent, das Reifezeugnis dex Anstalt zur Anstellung als Bureau sekretär berechtigt. Gutbeanlagte und fleißige Schüler, die nach zurückgelegtem 10. Lebensjahre der Anstalt übergeben werden, erlangen nach erfülltem 16. Lebensjahre das sogenannte Freiwilligenzeugnis. Freiberg, den 8. April 1899. Der Rektor de» «ealghmnastums zu Freiberg. Prof Versteigerung. Auf Antrag der Erben sollen die zum Nachlasse des Wirtschaftsbesitzers Ernst Heinrich Erler in Dorfchemnitz gehörigen Grundstücke, und zwar L. die Häuslernahrung, Fol. 86 des Grundb., Nr. 74 des Br.-Kat., Nr. 158 des Flurb. für Dorfchemnitz, — 42,4 ar, 29,92 St.-Einh., 2340 Mk. Brandkaffe, — d. das Feldgrundstück, Fol. 250 des Grundb., Nr. 691a und 766a des Flurb. für Dorfchemnitz, — 6 da 21 ar. 105,69 St.-Einh. —, beide Grundstücke zusammen ohne Inventar ortsgerichtlich auf 8136 Mk. geschätzt, nebst dem gesammten lebenden und tobten Wirtschastsinventare Dienstag, den 25. April 1899, '/„12 Uhr Vormittag» im Heroldschen Gasthofe in Dorfchemnitz öffentlich unter den daselbst und am Gerichts- breite aushängenden Bedingungen durch das unterzeichnete Gericht versteigert werden. Sayda, den 4. April 1899. Königliches Amtsgericht. I. L. 1/99. vr. Dldmivlit. Kg. Berichtigung. Betreffs der Versteigerung in Thiemendorf wird hiermit, um etwaigen Jrrthum zu ver meiden, berichtigend bemerkt, daß die Versteigerung in dem früher dem Herrn vr. Damm, zuletzt der verehel. Korn gehörigen Gute, Fol. 41 für Thiemendorf abgehalten wird; und datz diese Gegenstände für Herrn Damm, im Auftrage des Vertreters desselben, gepfändet worden sind. Oederan, den 7. April 1899. Der Gerichtsvollzieher beim Kgl. Amtsgericht Oederan. Hevammen-Gefuch. Die Stelle der zweiten Bezirkshebamme für den Hebammen-Bezirk Niederbobritzsch ist anderweit zu besetzen. Bewerberinnen haben sich bei dem Unterzeichneten zu melden. Niederbobritzsch, den 29. März 1899. IInI», Gem.-Vorstd. Wochkuslhau. Von Feiertagsstille, wie sie sonst in und nach den großen Festen der Christenheit einzutreten pflegt, war in den letzten Tagen und ist noch herzlich wenig zu bemerken. Bedeutungsvolle Aenderungen in der politischen Konstellation scheinen sich anzu bahnen, Aenderungen, deren Folge» sich natürlich auch nicht an nähernd ermessen lassen. England spielt ein verwegenes Spiel. Zur selben Zeit, als es Cecil Rhodes nach Berlin schickte, um sich der Freundschaft Deutschlands zu versichern, die es zur Durch führung seiner Pläne in Asrika gebrauchte, zur selben Zeit, als die englische Presse, getreu den Direktiven der Regierung folgend, übertrieste von Liebesbetheuerungen und Lobsvrüchen für Deutsch land, zur selben Zeit bereiteten unsere lieben Vettern für uns im Stillen Ozean eine Ueberraschnng eigener Art vor. Dieselbe Regierung, die uns durch den Mund ihres „afrikanischen Napoleon" zu versichern suchte, daß es auf dem weiten Erdenrund keinen Punkt gebe, auf dem englische und deutsche Interessen sich entgegenstehen, diese selbe Regierung wandelte die Lust an, auch mit uns ein wenig Faschoda zu spielen. Und so wurde denn die Samoafrage ausgerollt und zwar in einer Weise, die auf die Vertragstreue Englands ein bezeichnendes Licht wirft. Die Vor gänge, die sich auf Samoa abgespielt haben, die Haltung, die England und die Vereinigten Staaten dem Vertreter Deutschlands gegenüber beobachtet haben, sind zu bekannt, als daß wir sie an dieser Stelle nochmals zu skizziren brauchten. Aber festgehalten soll auch hier werden, daß die Engländer den Anstoß zu einem Bruch der Samoaakte wie zu dem Bombardement einer offenen Stadt und der Userdörfer gegeben haben. Mag auch der amerikanische Admiral der auSsührende Theil gewesen fein, die Schuld fällt aus England zurück. Und unter diesem Gesichtspunkt wird man auch weiter die Angelegenheit zu betrachten haben. Welche Folgen sie haben wird, läßt sich natürlich noch nicht sagen. Man scheint ja in England allmählich einlcnlcn zu wollen und, wenn die unkontrollirbaren Zeitungsnachrichten richtig sind, den im Interesse der Erhaltung des Weltfriedens gemachten Vorschlag Deutschlands angenommen zu haben, wonach eine Tpezialkommisnvn den verfahrenen Wagen wieder in das Geleise bringen soll. "Au und für sich sind ja die Samoainseln, wenn wir auch aus ihnen die größten Interessen zu vertreten haben, nicht von so eminenter Wichtigkeit, sodaß sich eine Verständigung erhoffen läßt. Wir hegen aber zu unserer Regierung das Vertrauen, daß sie den englischen Gelüsten gegen über nachdrücklich Deutschlands Rechte wahrt, und wenn sich etwa England, was leider bei dem jetzigen Stand unserer Marine in seiner Hand liegt, einen billigen Tirumph sichern sollte, die Doppelzüngigkeit unseres Nachbarn nie wieder vergißt, vielmehr ihm in den anderen schwebenden politischen Fragen klar macht, daß der Streich, den England gegen uns geführt hat, ein sehr schlechter war. Die Gruppirung der Mächte, die sich dann er geben würde, würde wohl in London Anlaß zum Nachdenken geben. Vor der Samoafrage, die aus prinzipiellen Gesichtspunkten wie auch wegen der etwaigen Folgen natürlich das weitestgehende Interesse aus sich zog, traten alle übrigen Erscheinungen in den Hintergrund. Nur hie und da wurde noch die Verurtheilung des Professors Hans Delbrück einer kurzen Erörterung unter zogen. Die maßlosen Angriffe, die Delbrück gegen die Regierung wegen der Dänenausweisungen gerichtet hat, haben ihm einen Verweis und eine Geldbuße' von 500 Mark eingetragen. Da die Strafen, auf die der Disziplinarhof erkennen konnte, in einer Warnung, Verweis und Amtsentziehung bestehen konnten, hat der Gerichtshof den Mittelweg betreten. So bat einerseits der Fehler, den Delbrück begangen hat, seine Sühne gefunden, andererfeits aber ist vermieden worden, daß der „Fall Delbrück" eine allzu pruste Gestaltung annahm. Es ist zu hoffen, daß Professor Delbrück sich inzwischen davon überzeugt haben wird, daß seine Kritik nicht nur formell, sondern auch sachlich verfehlt war und daß feine Worte nur den Sozialdemokraten, dem ex tremen Freisinn und auswärtigen Deutfchfeindcn Freude bereitet haben. In Marokko haben endlich die deutschen Reklamationen Erledigung gesunden, nachdem »Deutschland dort seine Flagge gezeigt hatte. Der Streitfall, der diesen Reklamationen zu Grunde lag, war folgender: Im Juni 1896 befahl der Sultan, den Gouverneur (Kaid) von Eem-sab zu verhaften. Dieser Befehl wurde mit unzulänglichen Mitteln auszuführen versucht, so daß der Kaid Wind bekam und entfliehen konnte. Kaum hatten die Nachbarstämmc diesen Sachverhalt erfahren, als sic in einen all gemeinen Aufruhr eintraten, der mit vollständiger Plünderung und Zerstörung dieser Stadt endigte. Hierbei wurden die Ab gesandten des Sultans vertrieben und den europäischen Kauf leuten, die in der von Casablanca nicht weit entfernten Stadt Filialen ihrer Waarendepots unterhielten, unermeßlicher Schaden zugesügt. Die geschädigten Europäer, darunter auch viele Deutsche, und deren Schutzbefohlene wandten sich an ihre Konsuln und diese Nachuntersuchung der Reklamationen an ihre Gesandten in Tanger. Der Sultan sah die von den Gesandten einmüthig unterstützten Klagen als zu Recht bestehend an. Die Regelung der Forderungen wurde aber unter allerhand Vorwänden bis jetzt hingezogen. Was sich sonst in der vergangenen Woche ereignet hat, läßt sich in wenige Worte zusammenfassen. Eine neue Sensation hat uns Frankreich beschert. Der „Figaro" veröffentlicht dort nach und nach die Aktenstücke über die Aussagen in der Dreyfus- Affäre und man darf sich nicht verhehlen, daß das, was dabei zu Tage komnit, die Generalstäbler wahrlich nicht im besten Lichte zeigt. Welch einen Neid aber mag der „Vorwärts" empfinden, daß man auch in Frankreich die Fruktifizirung von Alten-Diebstählen so gut versteht. Auf den Philip pinen haben die amerikanischen Truppen, nachdem sie Malolos, das frühere Hauptquartier der Aufständischen, ohne Widerstand besetzt hatten, ihre Operationen wegen der beginnenden Regenzeit eingestellt. Politische Umschau. Freiberg, den 8. April. Deutschland. Aus Berlin kommt ein ganzer Postsack voll Dementis: Von einer Dreikaiser-Zusammenkunft, die im Spät herbste in Skiernewice stattfinden soll, ist weder in Berliner, noch in Wiener Hofkreisen etwas bekannt, ebensowenig ist in Berlin etwas davon bekannt, daß der Kaiser, wie die „Truth" meldet, begleitet von der Kaiserin, den Prinzen Wilhelm und Eitel Fritz an Bord der Kaiseryacht „Hohenzollern" am 24. Juni in Cowes eiutreffcn werde. — Nach einer Pekinger Meldung des „Reuter- scheu Bureaus" soll der Gouverneur von Kiautschou Befehl zur Einäscherung zweier Dörfer gegeben haben, die in der Nähe der Stelle liegen, wo die deutsche Marinepatrouille angegriffen worden sei. Das Tsung-li-Aamen habe dagegen einen bescheidenen Protest erhoben. Eine Marinepatrouille ist über haupt nicht angegriffen worden, die militärische Expedition nach Süd-Shantung war durch den Angriff gegen den deutschen Offi zier Hannemann, den Dragoman Mootz und den Ingenieur Vor schulte veranlaßt worden. — Meldungen Londoner Blätter über den Stand der Verhandlung mit Cecil Rhodes sind offenbar verfrüht. Die Unterhandlungen sind noch gar nicht so weit ge diehen, daß die Frage einer Reichsgarantie für das aufzubringende Kapital im positiven oder negativen Sinne entschieden wäre. Ebenso eilen die Angaben über die deutsch-ostafrikamsche Central bahn den Thatsachen voraus. Der ultramoutane „Westfälische Merkur" in Münster hat laut öffentlicher Ankündigung in seinen Spalten einen Preis von 100000 Thaler Dem auszuzahlen versprochen, welcher ihm nachweise, daß folgende, in einem Artikel der „Berl. Reuest. Nachr." aus Westfalen ihm „in den Mund gelegte" Aeußeruugen jemals im „Wests. Merkur" „behauptet" worden seien: „Wenn beispielsweise in dem leitenden westfälischen Centrumsblatte in allem Ernste, unter Berufung auf glaubwürdige, mittelalterliche Gewährsmänner erzählt wird, daß Luther möglicher Weise direkt vom Teufel abstamme, oder daß der große Reformator sich in der Trunkenheit selbst entleibt habe, wenn die Vereinigten Staaten von Nordamerika ein katholisches Land genannt und an dem nicht weg zu leugnenden Niedergange der katholischen Staaten dem Prote stantismus in letzter Linie die Schuld gegeben wird, so bekommt man ein Bild von dem, was klerikale Blätter ihren Lesern zu- muthen zu können glauben." Die „B. N. N." bringen den Nach weis uns mehreren Nummern des „Wests. M." Die Erzählung, daß „Luther möglicher Weise direkt vom Teufel abstamme", hat deutlich im „Wests. M." gestanden, und zwar durch die Berufung auf das eigene Zeugniß der Mutter des Reformators in noch schändlicherer Weise als die „B. N. N." citirt hatten. Wir sind überzeugt, schreiben die „B. N. N.", daß schon nach diesen Beweisen das Gericht den „Wests. M." zur Zahlung der 100 000 Thaler verurtheilen würde; wir haben sogar so viel Zutrauen zu dem eigenen Urtheil des „Wests. M.", daß er nun innerlich sich eingesteht, sein Vorwurf des leichtfertigen Vorgehens in dieser Angelegenheit passe eher auf ihn selbst als auf unser Blatt. Wir wollen deshalb, aus milder christlicher Gesinnung, dem westsälischen Centrumsorgan vorläufig einen Vorschlag zur Güte machen. Als awenäe bonoradls möge es, statt der Rc- nommir-Summe von 100000 Thaler, nur 1000 Thaler zu einem wohlthätigen Zweck stiften, an» besten zu der soeben von hoch- angesehenen deutschen Katholiken ins Werk gesetzten Sammlung zu Gunsten vermehrter wissenschaftlicher Bildung der in dieser Beziehung, nach eigner Angabe der die Sammlung ins Leben rufenden Herren, verhältnißmäßig rückständigen Katholiken. Auf diese Weise könnte daS kleine Opfer vielleicht künftig dem „Wests. M." selbst zu Gute kommen, indem seine Redaktion nicht mehr solche Jämmerlichkeiten gegen Luther :c. aufnehmen und sich bester erinnern würde, was im eigenen Blatte geschrieben und verbreitet worden ist. Als muthmaßliches Mitglied eines anarchistischen Ge heimbundes war in Berlin der Schlosser Löffler in Unter suchungshaft genommen worden. Gelegentlich einer Durchsuchung seiner Wohnung wie seiner Person hatte man auf seinem Ober arm eine nicht zu enträthselnde Tätowirung entdeckt und be sonders hierauf den Verdacht gestützt, daß Löffler einem anar chistischen Geheimbunde angehöre. Das Verfahren gegen Löffler ist nunmehr eingestellt und seine Haftentlassung bereits bewirkt, Oesterreich. Die Czechen machen mit ihrem Angriff auf die deutschen Abgeordneten des böhmischen Landtages wegen des Fernbleibens von den Sitzungen jetzt Ernst. Der czechisch-radikale Baxa hat einen Antrag gestellt, welcher die Ungiltigkeitserklärung der deutschen Mandate bezweckt. Herr Baxa fand allerdings nicht die Zustimmung der Jungczechen, und sein Antrag wurde deshalb abgelehnt; von Interesse aber ist die Erklärung des Oberstlandmarschalls, daß der Antragsteller im Wesen Recht habe, und daß er dem Gesetze nach vorgehen werde. Nach dem Gesetze werden allerdings die Mandate der deutschen Abgeordneten, wenn diese binnen zwei Wochen nach der Auf forderung des Oberstlandmarschalls nicht an den Sitzungen theil- nchmen, erlöschen. Es ist aber trotzdem fraglich, ob die Regierung diese Konsequenz ziehen wird; denn die dann stattfindenden Neuwahlen werden sicherlich zu Gunsten der deutschen Radikalen ausfallen und dadurch die Lage noch ungünstiger gestalten. Einen Erfolg irgend welcher Art hat die Regierung davon nicht zu erwarten. In Wien erschienen gestern Freitag in den Buchhandlungen von Fritz Schalk und Stähelin u. Lauenstein, welche beide als deutschnational bekannt sind, behördliche Kommissionen, welche das gejammte Lager von Druckschriften genau prüften undsämmt- liche Drucksachen, die in irgend einer Weise auf die „Los von Rom"-Bewegung Bezug haben, mit Beschlag belegten und fort- sühren ließen. — Stähelin u. Lauenstein ist die Wiener pro testantische Buchhandlung. Der Vorgang ist ein Beweis, daß de: innerhalb der österreichischen Regierung herrschende klerikale Geis die von den Ultramontanen anfangs bespöttelte Bewegung mehi und mehr zu fürchten beginnt. Wie groß die Besorgniß des Klerus vor der Uebertritt?- bewegung ist, zeigt auch folgende vom Bischof von Linz a. D. veröffentlichte Anordnung: „Die maßlosen Angriffe in öffent lichen Versammlungen und Blättern gegen unsere heilige Religion, die geheime und offene Wühlarbeit, durch die em Maffenabsall von unserer heiligen Kirche angestrebt wird, erfordern dringend unsere innigsten Gebete um GotteS Schutz für die bedrängte Kirche Oesterreichs, um seine Barmherzigkeit für Jene, die als verirrte Schäflein bereits die Heerde Christi verlaffen haben, um seine Erleuchtung und Stärkung für Jene, die in Gefahr sind, diesen unglückseligen Schritt zu unternehmen. In diesem Sinne wird eine Betstunde in allen Pfarr- und Klosterkirchen der Diözese vor dem ausgesetzten hochwürdigsten Gute angeordnet." Vermuthlich zu ihrem eigenen Erstaunen erhalten die Ober hirten der „alleinseligmachenden Kirche" Unterstützung durch einzelne protestantische Geistliche, die aus ängstlicher Rüchsichtelei gegen die „oben" höchst ungnädig vermerkte Uebertrittsbewegung Stellung nehmen. Mit wenig erbaulichem Beispiel in dieser Richtung ist vor einiger Zeit ein Wiener evangelischer Geistlicher vorange gangen, ihm folgt jetzt der Superintendenten-Konvent der evangelisch-reformirten Kirche Mährens helvetischer Konfession, der nach einer Brünner Drahtmeldung einheitlich folgende Ent schließung angenommen hat: „Mit der Bewegung unter den Deutschnationalen nach dein Losungsworte „LoS von Rom!" hat die mährisch-evangelische Kirche keinerlei Znsammmenhang, will auch einen solchen nicht haben, weil sie jeden politischen, ob deutschen oder czechischen Chauvinismus, besonders aus kirchlichem Felde, als aufs Höchste schädlich und entgegen dem Worte Gottes erklärt." — Diese seltsame Kundgebung ist wohl auch daraus zurückzusühren, daß die Bekenner der helvetischen Konfession in den Sudetenländern vorwiegend Czechen und Slovaken sind; die