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Weilage zum Ireiöerger Anzeiger und Tageblatt. 18SS. W 7«. Sonnabend, de» ZS. März. Neubestellungen auf den „Areiberger Anzeiger" und Tageblatt werden fortgesetzt von unserer Expedition, Rinnengasse von unseren sämmtlichen Ausgabestellen, den Stadt- und Landboten, von allen tandbriefträgern und von allen post- anstalten entgegen genommen. Der „Freiberger Anzeiger" ist Amtsblatt für die könig lichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. Er ist die älteste und gelegenste Zeitung in Freiberg; in den umliegenden Ortschaften, sowie den über §00 Ortschaften des Landgerichts stark verbreitet. Die große Auflage des „Freiberger Anzeigers", sowie sein kaufkräftiger Leserkreis verbürgt den Inserenten den sichersten Erfolg. Was des „Mibttger Anikigns". Frühlingsstume. Roman von Nataly von Eschstruth. 18. Fortsetzung.) Nachdruck verboten.) „Schon vor so langer Zeit sind Sie konfirmirt?" lächelte er. Lie sah ihn einen Moment prüfend an. „Ich war ja schon fünfzehn Jahre damals alt! Jetzt werde ich schon siebzehn. Ist das eigentlich noch jung oder schon alt ? Mir ist nämlich beides ganz gleichoiltig. In die Schule brauche ich nicht mehr zu gehen, "und mehr verlange ich vorläufig nicht." „Musik studirten Sie gern?" Sic zog das Näschen ein wenig kraus. „Man muß auch anbei so lange aus einem Fleck sitzen und mir macht es haupt- mchlich Freude, im Haus herum zu wirthschasteu! In unserem kleinen Stübchen hatte ich gar keinen Platz dazu — aber hier! — Ach, hier ist Freiheit! Hier kann ich mich doch bewegen!" —Und den Worten sogleich die That folgen lassend, sprang sie auf und dehnte voll Wonne die Arme. „Und dieses prachtvolle, große Zimmer soll wirklich für mich kein? Ich habe meine eigene Stube?" „Gewiß, mein gnädiges Fräulein!" „Du großer Gott! Das muß ich heute Abend sofort noch an Hagborns schreiben! Natürlich nur per Postkarte — zu einem Briej fände ich unmöglich schon Zeit! — Schreiben Sie gerne Briefe? — Gensiß nein? Ich auch nicht! Und . . . ach . . . hier steht ja doch ein Schreibtisch! — Auch für mich? — Mama! Mama! Ich habe einen eigenen Schreibtisch für mich! — Dann schreibe ich natürlich auch Briefe! — An wen denn nur! — O, ich werde mich schon auf genug Menschen besinne», — vielleicht sühre ich jetzt ein Tagebuch, dem Schreibtisch zu Liebe. Prachtvoll, das thue ich! — Und dieser süße, kleine Schrank! Welch eine seltsame Fa^on! Mit ganz schiefen Füßen, Ivie ein Teckel! Aber reizend, wonnig! Ganz von Gold und mit Perlmutter . . . Wo wohnen Sie eigentlich? — Dort? — Darf ich Ihre Zimmer auch sehen?" „Wenn es Ihnen Freude macht, stehen Ihnen alle Schlüssel zu dem ganzen Hause zur Verfügung." „O Sie lieber, guter Herr von Torisdorff! Sie sind wirklich furchtbar nett! Ach, wie bin ich so glücklich, so sehr glücklich! Ob wohl die Kaiserin ebenso glücklich ist wie ich? Ich glaube, ja, die Kaiserin ists! Aber sonst kein Mensch weiter auf der ganzen Welt!" Frau von Damasus trat herzu und legte die Hand auf den Arm des aufgeregten Töchterchens. „Nun beruhige Dich erst einmal, Du Wildfang, und lege Deinen Mantel ab. Du siehst, daß Herr von Torisdorff ge rufen wird." Schaal trat in die Thür und fragte in strammer Haltung an, ob das Mittagbrot allsogleich servirt werden solle. „Ach ja, bitte, ich habe tollen Hunger!" flehte Rothtraut leise und ohne alle Prüderie. Joses lachte und empfahl sich mit der Versicherung, daß diesem Uebel sofort abgeholfen werden solle. „Aber, Kind, genirst Du Dich denn gar nicht?" entsetzte sich die Geheimräthin. Tie Kleine sah sie erstaunt an: „Vor Torisdorff? Nein Muß ich mich vor ihm geniren? Ach, das ist so langweilig! Warum denn? Er ist ja so alt gegen mich, und bei Onkel Theodor habe ich mich auch nie geziert! Ich habe doch wirklich Hunger, wirklich schrecklichen Hunger, Mama!" Frau von Damasus lächelt, und durch ihre Gedanken zieht es wie ein trautes Wort: beten — daß Gott Dich erhalte, so jung, so hold und rein!" — — Welch einen Wandel hatten die wenigen Wochen für Lichten hagen mitgebracht! Neues Leben fluthete durch das Haus. Die milde, aber sehr umsichtige und vortreffliche Leitung der Geheimräthin schaffte bald eine Ordnung und ein Behagen, welche! dem ganzen Haushalt einen neuen Stempel aufdrückte, und Jose freute sich immer mehr aus die Stunden, welche er in Lichten hagen zubringen konnte. Die Arbeiten in Brembs schritten der Kälte wegen nur lang sam vorwärts, und der junge Gutsherr hatte viel freie Zeit, welche er seinen Gästen — denn als solche erachtete er die Damen — widmen konnte. Sein Verkehr mit Rothtraut gestaltete sich immer erquicklicher. Die Gegensätze berührten sich in wohlthueudster Weise. Der tiefe Ernst seines Wesens, welcher sich auch in seinem Aeußern ausprägte und nie ganz zu verwischen war, wenn er selbst auf den heitern Ton des Backfischchens einging und mit ihr scherzte und lachte, bildete einen seltsamen Kontrast zu ihrer sonnigen Kindlichkeit und gestaltete den Verkehr zwischen ihnen so harmlos, wie zwischen einem gereiften Mann und einem kleinen Mädchen. ; Rothtraut hatte von Anfang an das ruhige und gesetzte Wesen Torisdorffs „alt" genannt, und dieses Empfinden hielt alles fern, was auch nur den leisesten lyrischen Gedanken in ihr hätte wecken können. In diesem Falle berührten sich die Gegensätze nicht. So gern und viel Beide zusammen verkehrten, so erfrischend Rothtrauts Wesen auf Josef — und so veredelnd wie sein Einfluß auf ihre Oberflächlichkeit wirkte —, es lag dennoch zwischen ihnen ein un bewußtes Etwas, welches kein anderes Empfinden als das einer herzlichen Freundschaft zwischen ihnen auskommen ließ. Josefs Herz gehörte mit all seiner Liebe und seinem treuen Sehnen Charitas, und je mehr die Zeit verstrich, ohne daß er Nachricht von ihr erhoffen durfte, um so quälender empfand er diese vollkommene Trennung von ihr. Nach Weihnachten erfaßte ihn eine jo leidenschaftliche Sehnsucht, daß er mit bebender Hand den Federhalter umkrampfte, um ihr zu schreiben und sie wenigstens von dem ganzen Wandel der Verhältnisse in Kenntniß zu setzen, aber mit verzweifeltem Aufstöhnen warf er die Feder wieder aus der Hand. Er durfte ihr nicht schreiben! Er mußte es sich selbst sagen, daß sein Brief, falls er von den Pflegeeltern abgefaßt wurde, der armen Geliebten namenlose Unannehmlichkeiten bereiten würde. Ihr Leben war jetzt schon eine Hölle, — sollte er es noch trostloser gestalten? Noch konnte er die Geliebte nicht als Weib heimführen, noch stand sie unter der Gewalt des Vormundes, welche erst im kom menden Herbst ihr Ende erreichen wird. Freiwillig giebt Schaddinghaus nie seine Erlaubniß zn ihrer Ehe, denn Josefs Scharfblick ist es nicht entgangen, daß das Ehe paar die Nichte aus gemeinstem Egoisinus an sich fesselt und sie aus Berechnung von aller Welt und allen: Verkehr zurückhält. Warum also unnöthige Kämpfe herausbeschwören! Charitas' Mündigkeitserklärung wird eine ruhige und glatte Lösung bringen. Also in Geduld bis zum nächsten Herbst aushalten. Aber die Aeduld war eine schwere Uebung, und die Sehnsucht zeigte sich stärker als sie. Im Januar mußte Torisdorff eine Reise antreten, geschäftliche Beziehungen anzuknüpfen. Als er vor dem gepackten Koffer stand, kam es voll unwider stehlicher Gewalt über ihn. Er reiste nach Eisenach. Vielleicht gelang es ihm, Charitas unbemerkt zu sehen, sie zu 'precheu, ihr alles mitzutheilen. Ach, wie wird ihnen Beidennach einer solch seligen Aussprache das Warten leicht werden! Er fand die kleine Villa im Marienthal, welche Regierungs- rath Schaddinghaus bewohnte. Aber die Auskunft, welche er von der Dienerschaft des Nachbargebäudcs erhielt, war trostlos. Herr Schaddinghaus befand sich als Abgeordneter in Berlin, und seiue Frau und Nichte hatten eine Reise nach dem Süden angetreten. Ein Mädchen behauptete, die Regierungsräthin verbringe den Winter bei Verwandten auf einer ganz einsamen Oberförsterei, wohl der armen Pflegetochter zum Trotz, welche ja wie eine Ge- ungene gehalten werde. Etwas Genaues wußte Niemand. Auch auf der Post kannte man keine Adresse der beiden Damen. Es kamen keine Briefe zum Nachsenden. Sehr niedergeschlagen setzte Josef die Reise fort. Es blieb keine Möglichkeit, sich der Geliebten zu nähern, er mußte den Herbst abwarten, um sein Glück zu erringen und zu eigen zu nehmen. (Fortsetzung folgt.) Verschiedenes. * Die von den Tunguscn in die Welt gefetzten Gerüchte über die Andreesche Expedition sind nun doch nicht mit den Untersuchungen, die von russischen Behörden in der Sache angestellt waren, abgethan. Auf Grund dieser Untersuchungen war bekanntlich die Tungusennachricht als grobe Täuschung be zeichnet worden. Nun erhielt aber dieser Tage Pros. Nordenskiöld vom Freiherrn Aminow in Tomsk, dem Chef der Wasserwege in Sibirien, die drahtliche Mitthcilung, daß der in Verbindung mit dem Gerücht genannte Pelzthieriäger Ljalin einen Bericht un mittelbar von den Tungusen erhalten habe, die, wie sie selbst behaupten, die angeblichen Ballonreste mit eigenen Augen gesehen hätten. Die Universität in Tomsk wollte, wie Aminow weiter meldete, Schritte ergreifen, um die Sache aufzuklären. In Folge dieser Nachricht, die allerdings geeignet wäre, neue Nachforschungen wünschenswerth erscheinen zu lassen, hat Prof. Nordenskiöld ein Schreiben an König Oskar gerichtet, worin er für Vornahme neuer Untersuchungen eintritt, und der König stellte sofort die vorgeschlagenen 1500 Kronen für eine Reise nach Sibirien zu Gebote. Mit den Untersuchungen wurde der Amanuensis E. Martin betraut, der vor einiger Zeit zum Zwecke von Studien über Karl XI l. verschiedene Theile Rußlands bereiste und der jetzt ermitteln soll, ob die Tungusen-Nachricht wahr ist. Prof. Nvrdenfkiöld, der dieser Nachricht, wie übrigens auch verschiedenen anderen Gerüchten, ein williges Ohr schenkt, macht geltend, daß die russischen Untersuchungen nicht ganz einwandslvs wären, weil die mit den Untersuchungen betrauten Personen keine genügende Kenntniß über die Ausrüstung der Andreeschen Expedition haben könnten. Man wird es sehr verständlich finden, daß von Schweden aus alles Mögliche gethan wird, um Klarheit über das Schicksal der Expedition zu gewinnen, aber aus Gründen, die schon früher erwähnt wurden, ist es äußerst unwahrscheinlich, daß man es hier, selbst wenn von den Tnngusen einige Leichen gesehen morden sind, mit Andree und seinen beiden Gefährten zu thun haben sollte. * Das malerische Thal von Agorvo in den Venetischen Alpen wurde vor 100 Jahren von einem furchtbaren Unglück heimgesucht. Das Thal wird von dem Cordevole durchflossen, der in seinem Oberlauf den See von Alleghe bildet und zwischen Belluno nnd Feltre in den Piave mündet. Der Alleghesee ent stand in der Stacht auf den 11. Februar 1799 und wurde einige Wochen später, im März, erweitert und in seinen Grenzen end- giltig bestimmt. BiS dahin lagen an der Stelle des Sees drei blühende und friedliche Dörfer: Costa, Sommariva und Ariete. Der Oberlauf des Cordevole ist von hohen, kahlen Felsen ein gefaßt, die leicht verwittern. Westlich vom heutigen Alleghese« erhebt sich der Monte Forca. In der Nacht auf derz 11. Februar wurden die Bewohner des Thales durch ein ge waltiges, lang anhaltendes Donnerrollen aus dem Schlafe ge weckt. Rings umher zitterte die Erde. Aus dem Thalgrunde vernahm man Schreckensrufe und Verzweiflungsschreie. Abey das Dunkel der Nacht ließ nicht erkennen, was vorgehe. AH. Morgen sahen die Ueberlebenden, daß sich vom Monte Forca ein? ungeheure Steinmasse losgelöst habe und als Felsenlawine inS Thal hinabgestürzt sei. So ungeheuer war die Wucht des Sturzes, daß sich die Felsblöcke auf der anderen Seite des Thales wieder in die Höhe gethürmt hatten. Aber zu alle« Glück hatte die Felslawine nur eine kleine Häusergruppe zetz stört, und die Zahl der Opfer war nicht allzu groß. Auch bildeten die Felsblöcke wohl eine Barre für den Corderole, der anstaute und das Thal überschwemmte, aber man konnte hoffen, ihm bald wieder einen Weg zu bahnen, und die Bewohner deS Thale- verloren den Muth nicht. Da löste sich vom Monte Forca eine zweite, noch viel gewaltigere Felslawine. Sie stürzte in das auf gestaute Wasser des Cordevole, das in ungeheurer, alles zer trümmernder Welle den Bergabhang hinausjagte — hundert, hundertzwanzig Meter hoch. Die stattlichen Tannenbäume des Thales wurden von der Welle entwurzelt und gegen die Häuser und Kirchen der benachbarten Dörfer geschleudert. Unter detz Trümmern ihrer Häuser starben über 400 Bewohner des Thales.' Diesmal war der Laus des Cordevale völlig unterbrochen, den« die Fclsenlawine sperrte, 90 Meter hoch, das Thal. So bildete sich der Alleghesee, 5 Kilometer lang, einen halben Kilometer breit und bis zu 90 Meter tief. Aus der Südseite der FelS- lawine springt der Cordevole in schönen Wasserfällen wieder zur Thalsohle hinunter. Der Fluß arbeitet aber emsig und rasch! an der Ausfüllung des Sees. Alles Geröll und Erdreich, das er in seinem obersten Laufe mit sich führt, setzt er im Alleghesee, ab und da der See in seinem nördliche» Theile sehr flach ist, so: hat man ihm bereits einen halben Quadratkilometer schöne» Wiesenlandes wieder abgewinnen können. Noch einige hundert Jahre und der Alleghesee ist wieder verschwunden, und tief unter neugewonnenem Lande liegen dann die drei Dörfer begraben,' die bis zu den Schreckcnstagen des Jahres 1799 im Sonnen licht blühten. * Aberglauben in Rußland. Die Unwissenheit, die. unter der Bevölkerung Rußlands zum großen Theile noch herrscht, zeitigt sonderbare Erscheinungen. Unter den Bewohnern der Stadt Asow am Ton verbreitete sich die Nachricht, daß das „Väterchen Don Jwanowizsch" — so nennt das Volk den Fluß — in den Abendstunden stöhne, was ein sicheres Zeichen für das Erscheinen des jüngsten Tages sei. Jeden Tag versammelte sich in der siebenten Abendstunde eine Menge von 200 bis 300 Per sonen am Ufer des Flusses und wartete, biS der Fluß zu stöhnen' beginne. Bei den ersten kläglichen Lauten, die die Luft durch zitterten, erfaßte die Menge ein solches Entsetzen, daß sie mit, Grauen auseinanderstob. Die Unruhe der Bewohner war iw stetem Wachsen begriffen, als endlich der Polizei festzustellen gelang, daß auf dem gegenüberliegenden Ufer bei einem gewissen'' Wodolaski die Kuh erkrankt sei, deren jämmerliches Geschrei Abends,« wenn es ringsum still geworden, über den zugefrornen Strom! hinüberhalle. Bei einer solchen Leichtgläubigkeit der Leute ist es nicht verwunderlich, daß sich Individuen finden, die daraus ihren Vortheil ziehen. Vor einigen Tagen starb in Nikolslojä (Gou vernement Orlow) ein Bauer Namens Wassili Stäpanof, der im der ganzen Gegend eine geradezu göttliche Verehrung genoß. Er war in seiner Jugend Kaufmannslehrling gewesen, hatte darauf Pilgerfahrten zu den heiligen Stätten unternommen und kehrte nach der Heimath zurück, um daS Leben eines Einsiedlers zu führen. Bald hatte er einige „Jünger" gefunden, die unbe-, dingt an seine Heiligkeit glaubten und ihn in den Ruf eines Heiligen und Weisen brachten. Aus der ganzen Gegend pilgerten die Bauern mit Geschenken zu ihm, um des Schutzes des „Vaters. Wassili" theilhaftig zu werden, oder seinen Rath zu erbitten,-, oder ihn zum Schiedsrichter anznrufen. Blindlings und ohne zu. murren, fügte man sich seiner Entscheidung. Seine Macht war eine so große, daß Eltern ihren Kindern eine Heirath mit Per sonen nicht einzugehen gestatteten, die dem „Einsiedler" aus, irgend einem Grunde mißfielen. Uebrigens hat der „Vater Wassili" noch einen Konkurrenten, den Bauer Iwan Fomin, der in der Nähe wohnt und jetzt noch mehr Zuspruch haben wird. Iwan Fomin hat sich eine Höhle gebaut und das Gelübde des Schweigens abgelegt. Im Gegensatz zum Vater Wassili, der sehr' zugänglich war, befolgt Iwan Fomin ein anderes Prinzip. Nur- in Fo:ge reichlicher Geschenke gestattet es seine Schwester, ihn zu sehen, und nur ganz besonders Auserwählten gegenüber läßt er, sich herbei, ihnen ein segnendes Wort zu sagen. Außerdem hat er jetzt noch einige Höhlen in seiner Nähe gebaut und in deren' Nähe Brunnen gegraben. Das Wasser aus denselben erwerben' die naiven Bauern, um es als Heilmittel gegen Krankheiten und Wunden zu brauchen. In einer der Höhlen ein, zwei Tage zü' leben, ist ein großes Verdienst und zwar ein moralisches für Fomins Verehrer und ein materielles für ihn selbst, denn jeder. Besucher hält es für seine Pflicht, zum Unterhalt des Wunder- mannes beizutragen. In den Höhlen hängen Heiligenbilder und vor diesen kleine Lämpchen, die Tag und Nacht durch ihren spärlichen Schein auch die dunkeln Räume erleuchten: hier liegen die Andächtigen stundenlang auf den Knien. Aber nicht diesem Brunnenwaper allein, sonvern auch dem Sande, welcher in der Umgegend dieser Höhlen liegt, legen die abergläubischen Besucher eine besondere Wirkung bei und nehmen ihn ost in ihre sehr ferne Heimath mit. * Sperlings-Schlafplätze. Aus Berlin schreibt der „B. L.-A.": Daß Thiere ihre Lebensgewohnheiten unter gewissen' Verhältnissen weientlich verändern, davon geben die „Gassen buben unter den Vögeln", die Berliner Sperlinge, ein interessantes Beispiel. Der biedere Spatz sucht für gewöhnlich sein Nacht quartier gern in Mauerlöchern, schützenden Stellen der Häuser, in Schornsteinen, an Dachfenstern, in hohlen Bäumen rc. Unserm Sperling scheinen hier die ihm zur Verfügung stehenden Schlaf plätze nicht zu gefallen, er nimmt deshalb die Gewohnheiten eines Waldsängers an und setzt sich während der Nacht aus die Zweige der Bäume. Es giebt in Berlin Sperlings-Schlafplätze,' die sich seit Jahrzehnten einer gewissen Berühmtheit erfreue» und bei allen Beobachtern gerechtes Aussehen erregen. Dahin gehört die Spatzenkolonie am Belle-Alliance-Platz. Kurz vor Sonnenuntergang finden sich dort allabendlich viele Hundert- Sperlinge ein, um aus den dicht an der Straße stehenden große»