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und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen md Wüschen Behörden zu Freiberg Md Brand, verantwortliche Leitung: Georg Burkhardt. öS. Jahrgang. Sonnabend, den 4. März. Inserate werden bi» Bormittag U lltzr angenommen. Preis für die Svaltzeile 13 Pfg. I ID Auherdalb des LandgerichtSbejirkS 1i Pfg. Iwv ,trsebetnt jeden Wochentag Ab mdS '/,g Ihr für den l anderen Tag. Prei» vierteljährlich 2 Mk. Sb Pfg. ff- v/v» zweimonatlich 1 Ml. 50 ißfg. u. rmmonalltch75Pig. Im Handelsregister für die Stadt Freiberg wurde heute die auf Folium 845 eingetragene Firma Bernh. Langer in Freiberg gelöscht. Freiberg, am 2. März 1899. Königliches Amtsgericht. Rax. V 78/99. Gentsch Zwangsversteigernng. DaS im Grundbuch« auf den Namen deS Bäckers Karl Paul Lindner, früher in Tuttendorf, jetzt in Lercha bei Meißen, eingetragene, zum Bäckereibetriebe eingerichtete Haus grundstück, Folium 22 des Grundbuchs für Tuttendorf, Hospitalantheils, Nr. 26 des Brand katasters und Nr. 50» deS Flurbuchs für dieses Dorf, geschätzt auf 7500 M. — Pf., soll im hiesigen Königl. Amtsgerichte zwangsweise versteigert werden, und es ist der 11. April 1899, BormittagS 11 Uhr, als Anmeldetermin, ferner der L8. April 1899, BormittagS 19 Uhr, als Bersteigerungstermin sowie der 9. Mai 1899, Bormittags 11 Uhr, als Termin tu Verkündung des VertheUungsplans anberaumt worden. Die Realberechtigten werden aufgefordert, die auf dem Grundstücke lastenden Rückstände an Wiederkehrenden Leistungen, sowie Kostenforderungen, spä-estens im Anmeldetermine anzumelden/ Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann nach dem Anmeldetermine in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts ein gesehen werden. Zum Bieten wird nur zugelaffen, wer seine Bereitschaft zur Zahlung oder Sicherstellung den bestehenden Bestimmungen gemäß nachweist. Freiberg, den 27. Februar 1899. Königliches Amtsgericht, Abth. I. 2». 1/99 No. 14. I»r »üttiu«, Ass Nicolai Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Restaurateurs Carl Friedrich Max Burckhardt in Freiberg ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeickniß der bei der Vertheilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Vermögensstücke der Schlußtermin auf den 88. März 1899, BormittagS 9»/« Uhr, vor dem Königlichen Amtsgerichte hierselbst, Zimmer No. 33, bestimmt. Freiberg, den 2. März 1899. Sekr Mlvalnt, T. 13/98. No. 71. Gerichtsschreiber deS Königlichen Amtsgerichts, Abth. I. Aas dem Keichstage. nd. Berlin, den 2. März. Heute habe ich über 2 Sitzungen zu berichten, denn die erste Md durch Konstatirung der Beschlußunfähigkeit ein vorzeitiges Ende. Es scheint also, daß der neue Reichstag den Vorzug, der ihn zu Beginn der Session vor den meisten seiner Vorgänger auizeichnete, nämlich gut besucht zu sein, allmählich einzubüßen beginnt. Schon seit einigen Wochen hatte man den altgewohnten, bedenklichen Anblick zahlreicher leerer Bänke, und nun ist auch offiziell die Beschlußunfähigkeit zum ersten Male sestgestellt worden. Freilich haben die alten Praktiker das sofort vorauSgesehen, und sie prophezeien, daß das auch in Zukunft so bleiben wird. Mit der schönen Mär von dem „arbeitsfreudigen" neuen Reichstage ist es also wieder einmal nichts. In der ersten Sitzung nahmen daS Hauptinteresse daS Centrum und die Nationalliberalen in Anspruch, diese alten geschworenen Feinde innerhalb der Phalanx der bürgerlichen Parteien. In der ersten Hälfte, die der Erledigung des vom Etat des Reichs- amtS des Innern übrig gebliebenen kleinen Restes gewidmet war, herrschte unter ihnen eitel Einigkeit. Die Unterstützung von litterarischen Veröffentlichungen auf dem Gebiete des Erziehungs- und des Schulwesens, die Beihilfe zu den Kosten der Wieder herstellung des ehemaligen kurfürstlichen Schlosses in Mainz, der .Beitrag zu dem in Berlin stattfindenden internationalen Geo- .araphenkongreß, alle diese Titel wurden nach warmer Empfehlung »der Centruinsmänner vr. Lieber und Frhrn. v. Hertling und der Nationalliberalen vr. Hieber und Graf Oriola angenommen. Dann aber gab es einen tiefen Riß in diesem schönen Bunde, und die Schuld daran trägt Herr — Goethe! Der „rothe Prinz", Prinz von Schönaich-Carolath (Hosp. d. Nl.), hatte beantragt, auS Rcichsmitteln zu dem sür Straßburg i. E. geplanten Goethe- ,Denkmal den Betrag von 50 000 Mk. beizusteuern. Und dagegen erhob sich eine starke Opposition, bei der das Centrum eifrige Unterstützung seitens der Konservativen fand. Ja, das Zentrum hielt sich sogar kluger Weise ziemlich reservirt, indem eS nur durch Abg. Fritzen erklären ließ, daß es gegen das Denkmal an sich gar nichts habe, daß es aber a»S prinzipiellen Gründen sich gegen eine Reichshilfe zu solchen Zwecken erklären müsse. Weit temperamentvoller gingen die Konservativen vor; sie schickten nicht weniger als 3 Redner ins Feld, die sich zum Theil auch mit der Persönlichkeit des DichterheereS beschäftigten. Aber sie mußten den Schmerz erleben, daß selbst ihre Schwesterpartei den Lockungen ihres Renegaten, des rothen Prinzen, der wiederum in schwungvollen Worten für seinen Antrag eintrat, folgte und durch Herrn v. Tiedemann erklären ließ, daß eine Ablehnung kleinlich sein würde. Die Abstimmung blieb zweifelhaft, und so mußte zum sogen. '„Hammelsprung" geschritten werden. Die Zählung ergab 91 Stimmen für und 84 gegen den Antrag. Damit war die Beschlußunfähigkeit konstatirt, und die Sitzung mußte abgebrochen werden. Mit nein stimmten das Centrum und die Konservativen, mit ja die gesammte Linke, einschließlich der Nationalliberalen, Md die Reichspartei. Centrum sowohl wie Nationalliberale hatten je einen Abtrünnigen, denn Frh. v. Hertling stimmte für und Schulze-Steinen gegen den Antrag. Der Präsident beraumte die nächste Sitzung auf eine halbe Stunde später an und setzte den Militäretat auf die Tagesordnung. DaS Gefecht begann zunächst mit kleinem Geplänkel. Schmidt- Elberfeld (fr. Vpt.) beklagte sich über Absperrungen während der Erntezeit in Hessen, die der Kriegsminister mit dem vorläufigen Mangel eines UebungsplatzeS für das 11. Corps entschuldigte. Der päpstliche Geheimkämmerer Lingens (C.) forderte die Ver- befferung der katholischen Seelsorge, worauf der Kriegsminister versicherte, daß Alles nach dieser Richtung gethan werde und daß seilens des katholischen ArmeebischosS keinerlei Klage laut geworden kei. Bemerkenswerth ist es, daß sich Herr Lingens hierbei eine Rüge seitens des Präsidenten, seines Fraktiousgenossen Grafen BaUestrcm, zuzog wegen eines verletzenden Ausfalles auf die evangelische Bevölkerung, ein Fall, der schon sehr lange nicht mehr dagewesen ist. Abg. Bassermann wünschte Ausstattung von ^werblichen Fachschulen mit der Berechtigung zur Ertheilung deS Einjährig Freiwilligen-ZeugnisseS, damit die Söhne der kleinen Leute nicht zum Besuch der höheren Schulen gezwungen und dadurch ihrem Gewerbe entfremdet werden. Nach diesen kleinen Geplänkeln, die vom Hause recht un aufmerksam ausgenommen wurden, erfolgte zum Schluß der heutigen Sitzung der Hauptfrontangriff auf die Militärverwaltung, die Rede des Abg. Bebel (soz.). Aus diese Rede wird seit Jahren gewartet, sie enthält unfehlbar alle Vorgänge des letzten Jahres, die sich zu Vorwürfen gegen die Heeresverwaltung benutzen lassen. Immerhin ist es aber unverkennbar, daß das Interesse an diesem „Ereigniß" allmählich abzunehmen beginnt. Bebel sprach, wie fast immer, gut und sand auch das Ohr des Reichs tages. Er zählte doch noch etwa ein Dutzend „Fälle" auf, an denen er eme scharfe und zum Theil auch wirkungsvolle Kritik knüpfen konnte, die aber zumeist durch die Presse vorher bekannt geworden waren. Er kritisirte das Hazardspiel in der Armee, die Begnadigung des Herrn v. Brüsewitz, die milde Bestrafung des Grasen Stolberg, die strenge Verurtheilung einiger Soldaten wegen geringfügiger Vergehen, Mißhandlungen, Beschimpfungen und noch vieles andere. Der Kriegsminister stand in ausführ lichster Weise Rede und Antwort. Einige mißverständliche Auffassungen stellte er richtig, die Entscheidungen der Gerichte vertheidigte er, einige unliebsame Vorkommnisse gab er rückhaltlos zu und versicherte, daß er stets bestrebt sei, in allen Dingen vollste Klarheit zu schaffen und Verfehlungen nach Recht und Gesetz zu sühnen. — Morgen Fortsetzung der Debatte. Aus der Debatte heben wir noch Folgendes hervor: Zur Resolution des Prinzen Carolath, betreffend einen Nach tragsetat von 50000 Mk. für Beihilfe zu den Kosten eines Goethe-Denkmals in Straßburg erklärt Abg. Graf Roon Namens der Konservativen, aus finanzpolitischen Gründen könnten seine Freunde nicht zustimmen. Denkmäler Goethes beständen ja schon in großer Zahl, auch sei wohl Straßburg nicht gerade der geeig netste Ort. Bei der großen Anzahl derer, welche die Dichter- größe Goethes verehren, würden die Kosten des Denkmals auch leicht auS Privatmitteln gedeckt werden können. Abg. Graf Limburg fügt hinzu: Bei der Denkmalswuth in Deutschland in neuerer Zeit solle sich der Reichstag nur unter zwei Voraussetzungen zu einem solchen Schritte entschließen: einmal wegen der Größe eines Mannes und dann aus nationalem Interesse. Die Größe des Mannes stehe fest, aber ein Denkmal mit Reichsunterstützung gebühre ihm doch dann nur an dem Orte, wo er seine Hauptthätigkeit gehabt habe. Dort habe aber Goethe bereits sein Denkmal. Und was das nationale Interesse anlange, so hätten alle Sonderbewilligungen für Elsaß-Lothringen, alles Wohlwollen, doch noch nicht den Erfolg gehabt, uns die Elsaß- Lothringer zu gewinnen. Abg. Prinz Carolath tritt warm für seinen Antrag ein, der eine Huldigung an den größten deutschen Genius bedeute. In England, Frankreich würde das Parlament nicht einen Augenblick säumen, einem ähnlichen Anträge zuzustimmen, wenn es sich um ein Denkmal für Shacespeare, Molisre, Corneille handle. Das Denkmal soll bekunden, daß auch schon zu französischer Zeit Elsaß-Lothringen mit Deutschland durch geistige Bande verknüpft gewesen, daß Straßburg schon unter französischer Herrschaft nie aufgehört habe, Bildungsstätte für die Jugend ganz Deutschlands gewesen zu sein. Große nationale Gesichtspunkte seien es somit, die für den Antrag sprächen. (Lachen Kropatscheks.) Ich weiß nicht, weshalb Herr Prof. Kropatschek lacht! (Präsident Gras Ballestrem bittet, Bezugnahmen auf die berufliche Stellung von Abgeordneten zu unterlassen.) Abg. Fritzen (Centrum) erkennt die hohe, sogar internationale Bedeutung Goethes an, aber das könne doch nicht allein in Be tracht kommen. Straßburg bezw. Elsaß-Lothringen könnten daS Denkmal sehr wohl aus eigenen Mitteln ausbringen, das dortige Comitv habe sogar nicht einmal einen Antrag an das Reich ge richtet. Da heiße es prineipiis obst»! wo komme man sonst hin? Wie wollten wir unS da einem Antrag entziehen sür ein Schiller- Denkmal in Stuttgart, ein Herder-Denkmal in Mohrungen. Abg. von Tiedemann (sreikons.): Ich verkenne die finanz politische» Bedenken nicht. Aber für mich und ich glaube auch für den größten Theil meiner Freunde fällt doch der von dem Abg. Prinz Carolath angeführte Gesichtspunkt ausschlaggebend inS Gewicht, daß es sich hier nicht um ein beliebiges Denkmal handelt, sondern um eine Dokumentirung der alten nationalen Zusammen gehörigkeit Elsaß-Lothringens und Deutschlands, sowie der That- sache, daß der Anfang unseres großen literarischen Aufschwunges, wenigstens insoweit die Poesie in Frage steht, datirt von dem Austreten Goethes in Straßburg. Abg. Kropatschek giebt gleich Fritzen als Hauptgrund seines ablehnenden Standpunktes an, daß Elsaß-Lothringen sehr wohl die Kosten allein tragen könne, und daß von dort nicht einmal ein Antrag vorliege. Abg. Prinz Carolath tritt nochmals in längerer Ausführung für seinen Antrag ein; er konstatirt dabei, daß zwar eine formelle Eingabe des elsaß-lothringischen Comites nicht vorliegt. Aber — der Vorsitzende des ComitSs, der Unterstaatssekretär Schraut, habe persönlich ihn gebeten, hier im Reichstage Dolmetsch der Wünsche desComitös zu sein. Daß auch speziell die Stadt Straß burg den Reichs-Zuschuß wünsche, würde der Abg. Riff, falls derselbe zugegen wäre, waS leider nicht der Fall sei, bestätigen können. Abg. Bebel kritisirt daS Einjährig-Freiwilligen-Jnstitut als Privileg der besitzenden Klaffen und rügt dann namentlich die Abkommandirung von Soldaten für gewerbliche Zwecke, bei denen sie den Arbeitern Konkurrenz machten; ferner rügt er die Ver wendung der Soldaten als Treiber, zur Herstellung von Lawn- Tennis-Plätzen für Offiziersdamen (Heiterkeit), zur Vernichtung von Nonnenraupen rc. Alles das sei sehr unangenehme Kon kurrenz für die freien Arbeiter. Die Erscheinung der wachsenden Vorbestrafungen habe mit der Religion gar nichts zu thun, sie erkläre sich hinreichend durch die ganzen sozialen Verhältnisse, durch das gestörte Familienleben, die wachsende gewerbliche Be schäftigung verheiratheter Frauen. Herr Lingens habe vorhin ge meint, die Sozialdemokraten glaubten selbst nicht an ihre Ziele. Wie dürfe Herr Lingens eine solche Verdächtigung aussprechen. (Vizepräs. von Frege erklärt es sür unzulässig, einem Mitgliede des Hauses Verdächtigung nachzusagen, er rufe den Redner des halb zur Ordnung. (Unruhe links.) Bebel fortfabrend: Ja, wie kann man denn einer ganzen Partei etwas schlimmeres nachsagen, als daß sie an ihre Ziele selbst nicht glaube. In Spandau seien Arbeiter in den Militärwerkstätten mit Entlassung bedroht worden, wenn sie sich der Bewegung zum Austritt aus der Landeskirche anschlössen. Demgegenüber, was LingenS über die Armee als Schule der Sittlichkeit gesagt, erinnere er an das Wort eines hochangesehenen evangelischen Geistlichen Frommel, der gemeint habe, die Armee sei nicht immer bloß Schule der Zucht, sondern nicht selten auch der Unzucht. Redner streift weiter Spielerassairen, an denen Offiziere betheiligt seien: „KUib der Harmlosen". Zu verwundern sei, daß die Polizei dieser Sache nicht schon viel eher auf die Spur gekommen sei, ebenso das Kriegsministerium. Ein Artikel eines Offiziers in einem Berliner Blatt behaupte im Gegensatz zum Kriegsminister daß das Spielen von Offizieren im Ver gleich zu früher nicht ab-, sondern zugenommen habe. Daraus erkläre sich vielleicht auch die Noth der Landwirthe. (Heiterkeit). Weiter berührt Redner die Begnadigung von Brüsewitz, . ferner den Fall des Rittmeisters Gras Stolberg, der, in Sarburg einen Sergeanten erstochen, ein Todtschlag unter erschwerenden Um ständen. Und solch ein Mann erhält nur 3 Jahre 4 Monate Festung, während Mannschaften wegen viel leichterer Vergehen viel schwerer bestraft werden, sogar Reservisten wegen Possen- treiberei und Widerstandes gegen Vorgesetzte auf deni Wege von einer Kontrollversammlung, wo sie sich also schon außer Dienst glaubten, zu 16 Jahren ZuchthauSl Redner zieht dann noch eine Reihe ähnlicher Parallelen; namentlich verweist er auf den Fall der Bestrafung eines Soldaten, der vor dem Schöffengericht zu Marienburg als Zeuge vernommen, auf die Frage des Richters, ob Zeuge Sozialdemokrat fei, nit Ja antwortet unter dem Hinzu^ fügen „aber nur im Civilverhältniß". Darauf wird der Man» wegen Bethätigung sozialdemokratischer Gesinnung mit 14 Tagen Arrest bestraft. Das sei unerhört! Wollte man denn solche Leute zum Mrineid zwingen? (Entrüstungsrufe bei d«n Sozial demokraten.) Der Präsident bittet Zwischenrufe zu Unterlasten. — In einem anderen Falle habe ein Major sich in einer Rede an seine Mannschaft der gröblichsten Beschul-i-nose« d« Spjml-