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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 11.03.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189903114
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990311
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990311
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-03
- Tag 1899-03-11
-
Monat
1899-03
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 11.03.1899
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1SSV, 5». Bretlau, schlöffe» in ihre » Import äsren L< ÄalsgL Lksrr^, vsin, rl ^Usini ^/, klg.se so vis gl i im Uo sitror: I krsidsr «a< Berlin, l schloffen sein, zu begnügen, zu bestehen. Za 3 bis 5 cm »elur. ^rn ist das wi lichste Hau u TchiiPP u. 50 Psg. I »e«uaui Kin! mit abnehmb bei Sieichenbei Seite erklärte Postamt rein de und die Ausschr Steufande« vom hiesigen G verurtheilt. Brüffel, S lautet: Die Kön der Periode der Rücksall ein, de: Die Symptome einen günstigen Paris, 9. beschäftigte sich des Untersuchur den Prozeß. Z Schlußanträgen des Gesuchs vei Angelegenheit i Madrid, ! »ramm, welche! Santona melde stoße wurde Zwischen den l der hiesigen v Zwischenfall er Madrid, partie, welche Häuser wurden Petersdui Gouvernement verbrannten, ei NewHor Bagger von N untergegangen, sonen sind sä Baggers durch e Hierbei ist de Hreider-er Anzeiger und Tageblatt. Seite 4. — 11. März seine» Feffeln befreit und in den HauptverhandlungSsaal geführt wurde, erklärte er beim Feststellen seiner Personalien, er sei Robespierre und werde ganz Leipzig niederschießen lasten. Dabei gerieth er in Wuth und schleuderte — ohne daß man es hindern konnte — einen seiner Schuhe nach den Richtern, der aber, ohne Jemanden zu treffen, vor dem Richtertische niederfiel. Als Lechner sich auch des zweiten Schuhe- zu gleichem Zwecke entledigen wollte, sprang der diensthabende Gerichtsdiener zu und hielt den Mann fest. Da sich derselbe aber heftig sträubte, wäre eS dem Diener nicht gelungen, den Menschen zu überwältigen, wenn nicht der Hallesche Transporteur zufällig im Saale anwesend gewesen und ^hilfreich zugesprungen wäre. Bei seiner Fortbringung erklärte »Lechner noch wiederholt, daß er der Herrgott sei, daß die Königin von England seine Schwester wäre und er ihr sofort telegraphiren werde. Noch am Abend würde Besatzung in Leipzig einrücken und dann würden sie wohl sehen, wer er wäre. Nachdem dem Angeklagten Fesseln angelegt waren, wurde er wieder in den Saal geführt. Hier brachte er noch mehrere andere Wahnideen zum Vorschein, so daß die Hauptverhandlung vertagt werden mußte. Man wird den Verbrecher nach Halle znrücktransportiren und ihn auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen. Vor der Strafkammer II des Landgerichts Plauen i. 8. fand kürzlich die Hauvtverhandlung gegen diejenigen Angeklagten (16) statt, die sich der Tülldiebereien bezw. des Ankaufes der gestohlenen Waaren schuldig machten. Die Angeklagten befinden sich zum größten Theile seit Jahren in Untersuchungshaft. Die Verkündung des Urtheils erfolgt am 14. März. Die könig liche Staatsanwaltschaft hat die Bestrafung der sämmtlichen An geklagten wegen Diebstahls bezw. wegen Anstiftung zum Dieb stahl und «egen gewerbsmäßiger Hehlerei beantragt und ge beten, auf eine möglichst hohe Strafe zu erkennen, weil durch das Thun der Angeklagten, die heimische Industrie sehr ge schädigt worden sei. Das Königl. Karabinier-Regiment in Borna feiert am 1. Oktober sein 50jähriges Jubiläum. Dieses Regiment wurde im Jahre 1849 aus Theilen der sächsischen Kavallerie gebildet. Schon im 1866er Feldzug legte es Proben der Tapferkeit und Ausdauer ab. Im 1870/71er Feldzug hat es sich vor Allem in den Schlachten bei Sedan, St. Privat und im Reitergesecht bei Busancy, bei welch' letzteren, 1*/. Eskadron des Regiments ein französisches Chasseur-Regiment in die Flucht schlug, den Kom mandeur, sowie einen ziemlichen Theil des Regiments zu Ge fangenen machten, ausgezeichnet und rühmlichst hervorgethan. Vor einigen Tagen wurde in Königshain ein ungefähr 30 Jahre alter, aus Greiz gebürtiger Bettler und Landstreicher verhaftet, der sich einer schweren Majestätsbeleidigung schuldig machte. Er ist in das Königl. Amtsgericht zu Oslritz eingelicfert worden. Der Königl. Waldwärter a. D. Meinhold in HundShnbel war seiner Gewohnheit getreu inS Forstrevier gegangen und hatte einen hohen Berghang ersteigen wollen. Ermüdet setzte er sich auf einen Stein, als ein Herzschlag seinem Leben ein Ziel setzte unter dem Grün der von ihm gepflanzten Fichten. Sein treuer Hund hielt noch Todtenwache neben ihm, als er am anderen Tag vom Forstpersonal aufgefunden wurde. Aus Anlaß ihres 50jährigen Geschästsjubiläums überwies die Firma L. E. Baumgärtel u. Sohn in Lengenfelv der dortigen Kirche 1000 Mk., an 40 dortige arme Familien je 20 Mk. und der Kinderbewahranstalt ebenfalls 1000 Mk. Ferner erhielten alle Arbeiter und Arbeiterinnen je nach der Zeit, die sie bei der Firma thätig waren, Beträge von 5 bis 500 Mk Verschiedenes. * Auch schön! Der deutsche Kaiser Wilhelm I., damals noch König von Preußen, sah eines Tages, auf einer Steinbank der Karlsbader Promenade sitzend, einen Ungar auf sich zu kommen, welcher ruhig den Sitz neben ihm einnahm und rauchte, ohne sich um ihn zu bekümmern. „Wer ist denn — er?" fragte der König, ein wenig verdrossen über diesen achtlosen Gleich- muth. „Bin N. Odry, ungarischer Komitats-Vizegespan." — „Schön", antwortete der König mit gedämpftem Unmuth. — Nach kurzer Weile Hub auch Odry an: „Und wer ist denn — er?" — „Der König von Preußen." — „Auch schön", bemerkte der ungarische Komitats-Vizegespan, gleichgiltig wciterrauchend. * Königin Margarita von Italien besitzt das theuerste Lpitzentaschentuch der Welt. Seinen Werth schätzt man auf 12«i 000 Mark und es wird erzählt, daß drei Künstler zwanzig Jahre daran gearbeitet haben. Das Tuch ist so leicht, daß man es kaum fühlt, wenn es Einem in die Hand gelegt wird, und so klein, daß es sich in ein goldenes Etui falten läßt, das nicht größer als eine weiße Bohne ist. Besonders kostbare Spitzen sammlungen besitzen auch die Kaiserin Eugenie, Leo XIII. (die ihm gehörenden Spitzen haben einen Werth von nahezu vier Millionen Mark), die Königin Viktoria von England und die Prinzessin von Wales. * Die letzte Liebe Goethes. Die Herrschaftsbesitzerin Freifräulein Ulrike von Levetzow feierte kürzlich auf ihrer Be sitzung Triblitz in Böhmen ihren 95. Geburtstag. Ulrike von Levetzow, bekannt als die „letzte Liebe" Goethes, der sie schon als Greis in Marienbad kennen gelernt hatte und ihr eine schwärmerische Neigung cntgegenbrachte, beging den festlichen Tag in voller Gesundheit. Am Borabend dieser seltenen Geburtstags- scier veranstalteten die Ortsvereine zu Ehren der als Wohl- thäterin der Armen verehrten Dame einen Fackelzug. Der prächtige Park erstrahlte in herrlicher Beleuchtung. Aus Deutsch land waren viele Verwandte erschienen, um die Jubilarin zu beglückwünschen. * Der verhaftete Kanzlist Willy Lange in Berlin bleibt nach wie vor dabei, die von ihm der Firma Bauer unter schlagenen 40 000 Mark seinem Freunde Müller übergeben zu haben, der ihm versprochen, durch sorgfältige Zeitungslcktüre fest zustellen, wie lauge er im Gesängniß zu sitzen habe. Unterdessen werde Müller 10 000 Mark zur Einrichtung eines Restaurants in Amerika verwenden und ihm nach Berbüßung der Strafe die übrigen 30 000 Mark heransgeben. Lange rechnet dabei aus drücklich so, daß er schlimmsten,alls zur höchsten Strafe von fünf Jahren Gesängniß verurtheilt werden könne. Nun ist es, dem „B. L. A." zu Folge, der Kriminalpolizei gelungen, den „Freund Müller" wirklich zu ermitteln. Der mehrfach vorbestrafte Bursche erklärt aber die Angaben seines „Freundes Lauge" für völlig erfunden, und es läßt sich ihm auch bas Gegenthcil nicht beweisen. Der höchst frech austrctende Lange läßt gar keinen Zweifel darüber, daß es ihm sehr gleichgültig ist, wie lange er im Ge- fängniß zuzubringen hat, „da er nach Verbüßung der Strafe ja Geld genug besitze." * Der Kopf eines niedersächsischen Bauern aus der Umgend von Göttingen, der vor etwa 12—1300 Jahren lebte, ist vom Direktor der dortigen Anatomie 0r. Friedrich Merkel, zusammen mit dem Bildhauer Eichler nach den von Professor Kollmann-Basel ausgestellten Grundsätzen durch Austragung der Fleischtheile aus den Schädel wieder hergestellt worden. Von diesem seltsamen Bildwerk sind jetzt eine Anzahl von Photo- Kunst, Wissenschaft, Literatur. ** Etadttheater. Ein Mädchen-Traum! Ein Traumund doch kein Traum, sondern blühende Wirklichkeit, heiteres, licht volles Leben, Liebeswonne — die ganze Poesie und der märchen hafter Zauber einer Shakespeare'schen Hochsommeruncht — das war es, was wir gestern Abend in unserem Stadtthcater sahen. Welch eine reiche Fülle leise klingender Saiten werden ange schlagen in Max Bernsteins Dichtung „EinMädchen Traum"! Die gestrige Aufführung und der gestrige Erfolg zeigten in offen barer Gewißheit, wie sehr es unserer prosaischen nüchternen Gegenwart doch Bedürfnis; ist, von Zeit zu Zeit einmal dem lebendigen Drange nachzugeben, um aus der frostigen Gegenwart mit ihrem grellen unerfreulichen Lichte in die actherreiuen Gefilde der Phantasie zu flüchten und in das ihr entsprungene Märchen reich und zu jenen Dichtungen, welche die Modernen frivol als einen überwundenen Standpunkt bezeichnen. Sie werden aber daS alles mit ihrer Verslandsnüchternhcit nicht aus der Welt schaffen, weil sie Gcmüth und Herz den Menschen nicht rauben können. Der gestrige Abend war ein Triumph. Seit der Auf führung der „Renaissance" haben wir nichts gehabt, was sich dem gestrigen großen Erfolg vergleichsweise zur Seite stellen ließe. Es weht in dem Stücke von der weichen Lust der altproocnca- lischen Liebeshöfe, in der Gott Amor über Herrscher und Be herrschte gleicherweise sein mildes Scepter ,schwang. Es ging gestern Abend auf der Bühne ungefähr so zu, wie es vor Jahr hunderten in der Welt der Lope de Vega und Rojas, der Calderon und Moreto zugegangen ist, nnd gerade wie bei Shakespeare spricht man noch immer von dem Königreich Aragon und dem Königreich Navarra. Es leuchtete in den Palästen das ästhetische Sonnenlicht der altromantischen Phantasie. Im poetischen Mondenschein dufteten die spanischen 'Gärten. Mandolinen erklangen, und die Kastagnetten klapperten. Schillernde Seidenmäntel und goldbesetzte Wämser tauchten auf zwischen prunkenden Frauengewändern. Die Stoß degen funkelten, alles ist gesättigt von lustigen Farben, überall Lust, Freude und Anmuth. Wir sind am Hoflager der Herzogin von Aragon. Der Hofstaat ist versammelt um Zeuge zu sein der Großjährigkeitserklärung der jugendlichen Herrin, die bis dahin die Ausübung der Regierungsgewalt ihren Räthen über lassen und für sich selbst das Recht in Anspruch genommen hat, in Welten zu leben, die mit aus Büchern entnommenen Gedanken ,und Gestalten bevölkert sind. Auf Grund dieier Erfahrung glauben die Höflinge den bevorstehenden Akt nur als eine Formalie ansehen zu dürfen, die an dem Wesen des Bestehenden nichts verändern werde. Es harrt ihrer eine bittere Enttäuschung. Schon die dem Erscheinen der Prinzessin im Thronsaale vorans gehenden Vorbereitungen bringen dies den also Glaubenden ins Bewußtsein. Die Wachen nehmen aus persönlichen Befehl der fünfzehnjährigen Prinzessin im Festsaale selbst Ausstellung. Das deutet auf Eigenwillen und auf Sturm. Beides läßt auch nickt auf sich warten. Nachdem die Herzogin — gleichfalls gegen die vorgesehene Form — sich eigenhändig die Krone von Aragon ' aufs Haupt gesetzt, erklärt sic ihren Willen, fortan nur nach den Gesetzen der Tugend und der Wahrheit regieren zu wollen. Beides allein führe, nach den Büchern, deren Weisheit sie in sich ' ausgenommen, zum Glück, und sie wolle ihre Unterthanen glücklich «m«k. Darum sei auch die Liebe nur noch als Vorläuferin der Ko! Leute s sanft nach innigst g> treusorgen und Gro Schwager, Händler m Fritdril! in seinem Im ties dies an Erbisd. Die trau. Die Bee Nachmittaj graphien hergestellt, die im Ganzen gut gelungen sind. Da die Anregung für die Rekonstruktion von dem Leiter der städtischen Alterthumssammlung zu Göttingen, Professor M. Heyne, auS- gegangen ist, wird die Büste in der dortigen Alterthumssammlung aufgestellt. * Noch vor wenigen Jahren war Afrika da- Paradies des Jägers, welcher dort, allerdings unter einigen Gefahren, dem Waidwerk nach Herzenslust obliegen konnte. Die ungeheuer rasche Vernichtung mancher Thierarten ließ aber auf Mittel sinnen, wie dem planlosen Hinmorden Einhalt geschehen könnte, und auch in dem tropischen Afrika haben daher die Regierungen sobald sie nur einigermaßen die Kontrolle in der Hand hatten, Jagdgesetze erlassen. In Ostafrika hat Wißmann im Jahre 1896 ein Jagdgesetz erlassen und mehrere Schonbezirke ein- gesührt, nachdem man schon früher durch die Vorschriften über die Stempelung der Hinterlader Jagdexpeditionen erschwert hatte, und jetzt ist auch das englische Ostafrika nachgefolgt. Der Administrator Berkeley von Uganda hat nämlich unter dem 1. November ein Jagdgesetz für daS Uganda-Protektorat er- laffen, welches um so nothwendiger war, als neuerdings ameri kanische Sportsleute, denen man eine große Rücksichtslosigkeit zuschreibt, diese Jagdgründe ausgesucht baden. Nach dieser Ver ordnung nun sind als Schonbezirke die Gebiete angegeben, welche innerhalb eines RadiuS von zehn Meilen um gie Stationen von Naiwasha, die Eldomaschlucht und Nandi liegen. Der Kommissar kann für die Jagd in dem übrigen Gebiet Jagdscheine aus ein Jahr auSstellen, welche 25 Lstrl (500 Mk.), für einen Beamten oder Offizier 3 Lstrl. (60 Mk.) kosten. Der Jäger erhält dadurch daS Recht, alle wilden Thiere zu tödten, von Elephanten, Rhinozeros und Giraffen aber nur je zwei. Der Kommissar kann die Erlanbniß geben, mehr zu schießen, doch muß für jede» Elephanten dann 12 Lstrl. (240 Mk.), für jedes Rhinozeros oder Giraffe 6 Lstrl. bezahlt werden. DaS Schießen von weiblichen Elephanten ist verboten, alles Elfenbein von Kühen und unter 10 Pfd. Gewicht kann konfiSzirt werden. Der Administrator kann ferner von jedem Jäger eine Kaution von 100 Lstrl. als Sicherheit verlangen. Die anderen Paragraphen enthalten außer Strafbestimmungen noch die Bedingungen,' unter denen Ein geborenen und Ansiedlern die Jagd erlaubt wird. Es ist unter diesen Umständen freudig zu begrüßen, daß im Frühjahr eine internationale Konferenz in London in Aussicht genommen worden ist, um über die Grundsätze zu berathen, welche bei der Behandlung dieser Verhältnisse in Frage kommen. * Berliner Dienstboten. Ein Korrespondent, der in dem Nachfolgenden stellenweise zwar ein wenig zu drastisch schildert, im allgemeinen aber Recht haben dürste, schreibt der „Post": Die Dienstbotenmisere in der Reichshauptstadt hat gegenwärtig wohl ihren Höhepunkt erreicht und zeitigt recht sonderbare Blüthen. In den großen Bermiethungsbureaus finden förmliche Kämpfe zwischen den Hausfrauen um die wenigen erscheinenden Dienstboten statt. Die Löhne sind in Folge dessen ganz horrende. Mädchen für alles, die Hausmannskost kochen können, erhalten 240 Mk. jährlichen Lohn. Natürlich nutzen die so Begehrten die Hauffe oder besser gesagt die Nolhloge der Arbeitsgeber ganz gehörig aus und sie erhalten ihre Forderungen, die mitunter recht drastisch sind, schlankweg bewilligt. So ist die Forderung eines eigenen Zimmers gang und gebe, daS Neueste aber ist, daß unsere Küchenseen Zimmer mit separatem Eingang fordern. Ebenso gehört heute zu den Forderungen der Mädchen, daß ihnen die Herrschaft beim Miethen einen 14tägigen Sommer-Erbolungs- urlaub zugesteht, während welches ihnen Kost und Lohn ersetzt werden. Herrschaften, die drei oder vier Treppen wohnen, könne» ein Dienstmädchen überhaupt nicht erhalten, es sei denn, daß sie einen wesentlich erhöhten Lohn zahlen. Recht schlimm daran sind die Villenbewohner in unseren Vororten, da daS Dienst personal eine heftige Antipathie gegen die Vororte hat. Die Löhne für sogenannte perfekte Köchinnen sind natürlich dement sprechend hoch; eine derartige Kochkünstlerin ist unter 360 Mark per Jahr überhaupt nicht erhältlich und sie genießt alle Vor theile eines bevorzugten Familienmitgliedes. Ein großer Ueber- fluß herrscht dagegen an den sogenannten Kinderfräuleins, zu meist jungen Mädchen aus besseren Ständen, die bei winzigen Gehältern gern Stellung nehmen. * Die Eroberung Ves Weibes. Ein Reporter eines amerikanischen Blattes hat eine originelle „Rundfrage" losgelassen: er fragte mehrere junge Damen, bei welchen er In puncto Liebe wahrscheinlich eine große Erfahrung voraussetzte, nach ihrer An sicht über die Eroberung des Weibes und über die Ehe. Wir lassen das Ergebniß dieser wichtigen Forschungen hier folgen; Ein Mädchen mit blauen Augen, das das Herzenbrechen aus dem ff versteht, ist der Ansicht, daß ein junger Mann, wenn er Erfolg haben will, seine Erklärung schon nach einer kurzen Be kanntschaft machen und den „Platz" im Sturm erobern muß, so lange das Mädchen von ihrem Verehrer noch entzückt ist und bevor sie Zeit gefunden hat, ihn langweilig zu finden oder für einen Tölpel zu halten; nach der Eroberung muß er mit Aus dauer die Cour schneiden", die Sache rund und nett zu einem glücklichen Ende führen und vor allem darauf bestehen, daß die Verlobung so kurz wie möglich sei; denn ein langes Verlöbniß ist der Tod der Liebe. Eine Blonde, die in Liebessachen eine große Erfahrung besitzt, erklärt, daß es nur ein einziges em- pfehlenswerthes „Mittel zum Zweck" gebe: man muß seinen An trag plötzlich Vorbringen, wenn das junge Mädchen ihn am wenigsten erwartet; man darf ihr keine Zeit zum Nachdenken lassen und muß darauf dringen, daß die Antwort sofort gegeben werde, oder niemals Sie selbst — die Blonde — würde nur bei einem so kategorischen „Entweder — Oder" kapituliren. Aber sie fürchtet, daß sie nie einen jungen Mann finden werde, der kühn genug wäre, dieses Gewaltmittel zu versuchen. EinMädchen mit schwarzen Haaren antwortete: „Wenn ein junger Mann ein junges Mädchen rasend liebt und beharrlich ist, wird er sicher Erfolg haben. Die Wittwer wissen das sehr gut, und deshalb haben sie auch immer Erfolg." Sie erzählt dann von einem Wittwer, der zu dem Mädchen seinsr Wahl ging, den Hut ablegte und dann ruhig den Entschluß kund gab, solange in ihrem Zimmer zu bleiben, bis er erhört werden würde; das junge Mädchen wußte sich nicht zu Helsen und mußte ihn erhören, bloß um ihn los- zuwcrden. Ein hübsches Mädchen mit träumerischen Augen glaubt dagegen, daß die Liebe nicht stürmisch, sondern sanft sein muß; der Liebhaber aber soll langsam und bedächtig vorgehen, und sie selbst würde niemals die Wonnen eines kleinen Flirts muthwillig zu kürzen suchen. Wenn die Liebesleute sich schon gegenseitig „anöden" sollen, so ist es besser, daß es vor der Ehe geschieht, als nachher. Eine Schöne, die in der New-Uorker Gesellschaft sehr bekannt ist, erklärt, daß sie ihrem „Beau" so viel Zeit, als er nur wünscht, geben würde, um „die Belagerung zu beginnen"; wenn er aber einmal angefangen hat, muß er sie auch energisch fortsetzen und darf nicht an Waffenstillstand denken. Sie ver abscheut die kleinen Scharmützel. Ehe gestattet. Wer liebt, dem bleibt nur noch die Wahl zwischen Traualtar oder Gesängniß. Zum Hüter und Vollstrecker ihre- Willens ernennt die gestrenge Herrin den eben erst von weiter Fahrt in ferne Lande zurückgekehrten Ritter Pedro. Die neue Zeit wird mit der Absonderung der Geschlechter eingeleitet. Männlein und Weiblein sollen fortan von einander getrennt ihrer Wege gehen. Gesetz und Gebot bleiben aber begreiflicherweise just nur so lange aufrecht, alS die Gesetzgeberin selbst sie respektirt. Und daß beides nicht viel über eine Woche alt werde, dafür hat diese selbst Sorge getragen in dem Augenblicke, in dem sie den schmucken Pedro zu ihrem Rathgeber ernannte. Denn daS, waS sie just ihn vor allen Anderen hat bevorzuge» kaffen, war nicht sein Geist, sondern seine edle Männlichkeit. Die Gewißheit von der eigentlichen Be schaffenheit ihres Empfindens für ihren Rath kommt der jungen Herrscherin in einer mit viel Liebenswürdigkeit ersonnenen Duo- Szene deS zweiten Aktes. Im dritten Akt erfolgt das völlige Erwachen auS dem Mädchentraum. Die junge Herrscherin wird Zeuge der massenhaften Gesetzesübertretungen, deren sich ihre Unterthanen zu Schulden kommen lassen. Unbekümmert um daS nur ihr Glück bezweckende Verbot der Fürstin, eilen Männlein und Weiblein im schützenden Dunkel der Nacht einander in die Arme. Während die dadurch in der Weisheit ihrer Gesetze irre gewordene Fürstin bei dem geliebten Pedro sür das eben Er schaute und Vernommene — denn auch der Schall von Küssen schlägt kränkend an ihr Ohr — nach einer Erklärung sucht, wandelt sich der Erklärende in einen Begehrenden, dem die Hörende bald eine nichts mehr Wehrende wird. Der Sieg deS Mannes über daS unbewußt liebende Mädchen vollzieht sich in einer Moudscheinszene von echter lieblicher Poesie und echter Empfindung. Nicht zum Wenigsten dankt daS Stück der meister haften Regie durch Herrn Ober-Regisseur Ferry und der vorzüg lichen Darstellung seinen Erfolg. Die gereimten Verse wurden gut gesprochen. Zu der starken, ja stellenweise hinreißenden Wirkung trug die Verkörperung der beiden Hauptgestalten: der schwärmerischen Fürstin Leonor durch Frl. Biebra und des Pedro de Giron durch Herrn Leitner vornehmlich bei. Frl. Biebra verstand es, das verschleiert Mädchenhafte, das in Tönen der Sehnsucht nach dem Unbekannten sich ausspricht, mit der Würde Majestät glücklich zu verknüpfen und ihm reich beseelten Ausdruck zu verleihen. Herr Leitner gab seinem Pedro durch Erscheinung sieghafte Männlichkeit. Neben diesen führenden Hanptgestalten erscheinen zwar noch zahlreiche andere Figuren, doch sind sie in ihren Aufgaben begrenzt. Der tapfere Ritter Arias (Herr Ferry) mit dem von den Vorfahren ererbten unauslöschlichen Durste ist eine poetisch etwas geläuterte Falstafsfigur. Auch Ines, die Tochter des Arias (Frl. Blunck) zeigt viel Verwandtschaft mit schalkhaften Mädchengestalten deS großen Britten; die schelmischen Wortspielereien sind ganz Shakespeare. Die „Jungfrau Tante" der Frau von Poser-Nädlitz war eine prächtige Leistung. Sehr erheiternd wirkte die Komik des Herrn Horwitz als Ceremo- nienmeister. — Das Stück ist sowohl in Bezug auf die Kostüme wie szenerisch besonders prächtig und mit großem Fleiß aus- gestattet worden. ** Stavttheater. Morgen Sonnabend findet keine Vor stellung statt. Am Sonntag wird die Novität „Mädchen traum", Spiel in 3 Akten von Max Bernstein, zum ersten Male wiederholt. Für Montag steht Sardous wirkungsvolles Schauspiel „Fedora" mit Frau Klinder in der Titelrolle auf dem Repertoir.
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