Suche löschen...
Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 05.02.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189902051
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990205
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990205
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-02
- Tag 1899-02-05
-
Monat
1899-02
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 05.02.1899
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
yreiberger Anzeiger uuv Tageblatt. Seite 5. — 5. Februar. 189 > heutzutage in respektwidriger Dreistigkeit sogar zu räsonniren er»! Biberle schuldig des Vergehens gegen die Sicherheit deS Leben^ laubet — daS wäre gewiß interessant. Höflicher sei man gerade und verurtheilte ihn zu drei Monaten strengen Arrest. Unter . . Ich will ja Alles Erschließung des Westflusses vollständig zu machen. um die nicht geworden, meinte der offener und ehrlicher, denn Neueste Nachrichten. Berlin, 3. Februar. Die Einführung eines neuen Jn- fanteriegewehres steht, wie daS „B. T." schreibt, in der That bevor. Sämmtliche Königl. Gewehrfabriken sind mit der Her stellung des neuen Modells so weit vorgeschritten, daß schon in nächster Zeit mit der Massenfabrikation begonnen werden kann. Das neue Gewehr wird wiederum ein Mehrlader sein. Frankfurt a. M., 3. Februar. Der „Frkf. Ztg." wird aus Airolo gemeldet: Die hiesige Bevölkerung wurde in der letzten Nacht abermals in Schrecken versetzt. Gewaltige Fels massen stürzten unter furchtbarem Getöse herab, doch blieb das Dorf unbeschädigt. Wien, 3. Februar. Eine Veröffentlichung der deutschen Volkspartei sprach sich gegen die unrechtmäßige Herrschaft des Z14 und den Erlaß der Sprachenverordnungen aus und forderte die Deutschen auf, im Widerstand zu verbarren. Wien, 3. Februar. In der Verhandlung gegen Biberle be stätigte der Wirthschaftsadjunkt Schmid, der Freund des er schossenen Linhart, als Zeuge auch mündlich, daß Linhart mit einem unbekannten czechischen Burschen ohne Veranlassung den Biberle verfolgte und ihm von rückwärts mit einem Ochsenziemer drei Hiebe über den Kopf versetzte, worauf Biberle bewußtlos zusammenstürzte. Als dann Biberle sich zu erheben versuchte, leien Beide nochmals auf ihn gestürzt. Schmid sügte hinzu, gerne glauben, meine Herren — aber daß es Völker gegeben haben soll, die nur von der Jagd lebten, das ist dock undenkbar!" (Flieg. Bl.) Eigene Drahtberichte. tRach Schluh der Redaktion eingegangen.) Dresden, 4. Februar. Wochenspielplan der Königliche» Hoftheater. Altstadt: Sonntag: Lucia von Lammermoor. Montag: Der fliegende Holländer. — Dienstag: Der Bajazzo- Sizilianische Bauernehre. — Mittwoch: Die Zauberflöte. — Donnerstag: DerTrompetervonSäkkingen.—Freitag: FraDiavolo. Sonnabend: Rienzi. — Sonntag: Mignon. — Neustadt: Sonntag Nachmittag: Dornröschen. — AbendS: Cyprienne. — Montag: Cyrano von Bergerac. — Dienstag: Ein Erfolg. — Mittwoch Dornröschen. — Donnerstag: Goethe-Cyclus I. Abend: Vorspiel zu Faust. Clavigo und das Jahrmarktsfest zu Plunders weilern. — Freitag: Der Meineidbauer. — Sonnabend: Die versunkene Glocke. — Sonntag: Maria Stuart. Berlin, 4. Januar. In der Rede des Festmahls des brandenburgischen Provinziallandtages sagte der Kaiser, wie die „Kreuzztg." berichtet, anknüpfend an die Worte des Ober präsidenten v. Aschenbach über die Thaten des Hohenzo llernhauses: Die Hohenzollern fühlten sich von jeher Gott persönlich für ihr Wirken verantwortlich. Auch habe die Verantwortlichkeit, gegen über dem Volke, allen Hohenzollern innegewohnt. Der Kaiser gedachte seiner Orientreise. Er habe auf dem Oelberge sich aufs neue den Fahneneid geschworen, nichts unversucht zu lassen, zum' Heile seines Volkes. Weiterhin erinnerte der Kaiser an das Wort, daS Moltke zu Bismarck nach dem Kriege gegen Frankreich ge sprochen habe „Nun gelte es, den Baum wachsen zu sehe»." Der , uninteressant. * Unglaublich. Sonntagsjäger: interessant. Höflicher sei man g< Herr Referent. Gewiß nicht, aber — die langathmige Titulatur war doch jener Bursche, der nicht mehr ermittelt werden konnte, da er flüchtete, habe den Eindruck gemacht, daß er angestiftet gewesen sei, den deutschen Studenten zu provozire». Biberle selbst sagte aas, er habe Linhart auf czechisch zugerufen: „Warum schlagen Sie mich? Ich habe Ihnen doch nichts gethan." Trotzdem habe Linhart weiter geschlagen, bis Biberle zusammenbrach. Er habe nun gefürchtet, erschlagen zu werden, und deshalb, als er wieder zu sich kam, auf dem Boden liegend den Revolver gezogen und abgefeuert, wie ost, wisse er nicht. Seine Augen seien von Blut ganz * „Hochwohlgeborene, hoch- «uv vielevle, hoch- «nd wohlweise, hoch- und vielgechrtefte Herren!" Also wurden am Anfänge dieses Jahrhunderts — wie Herr Oberlandesgerichtsrath Riemann in der letzten Gemeinderaths- sitzung in Jena in seinem Referat über die Stadthausangelegenheck zur allgemeinen Erheiterung seiner Kollegen mittheilte — die Stadtväter titulirt, wenn sich ein simpler Bürgersmann den er lauchten und erleuchteten Patriciern mit einem Gesuche näherte. Es war also ein hochwohlgeborener, hoch- und vieledler, hoch- und wohlweifer, hoch- und vielgeehrtester Stand, dem es allda vergönnet war, durch Sturm und Wetter, durch Kümmeruiß und Freudenzeit die Geschicke der festen Stadt Jena zu leiten. Sinte malen die Herren damals ein so verständiges Publikum gefunden haben, welches die schwierigen Raths-Geschäste voll zu würdigen wußte, kann jetzo demonstrirt werden, wie die guten Sitten und die Gedankenrichtungen sich geändert haben. Beim heiligen Michael, die Herren von „dunnemals" würden in gerechtem Zorn entflammen, wenn sie wüßten, daß man sich beute mit einem „Verehelichen" oder mit einem „Hochwohllöblichen" Gemelnderath begnügt. Was aber die Hochwohlgeborenen, Hoch- und Vieledlen, Hoch- und Wohlweisen, Hoch- nnd Lielgcehrtesten .—, , uu„ «».v'-'-v'-,«"» verklebt gewesen, sein dem Gericht vorgelegter Winterrock ist sagen würden, wenn sic davon unterrichtet waren, daß man sich! mit Blut getränkt. Nichtsdestoweniger erkannte der Gerichtshof stufe „Los von Rom" laut. Linz, 3. Februar. Nach dem evangelischen Gottesdienste traten gestern sechs Katholiken auS nationalen Gründen zum Protestantismus über. Schon vorher erfolgten solche Ueber- tritte, denen noch weitere folgen dürften. Paris, 3. Februar. „Petit republique" versichert, der Generalstab habe den angeblichen Brief des deutschen Kaisers an DreyfuS fertiggestellt und Gebrauch davon gemacht, um die jenigen Offiziere, welche an die Schuld DreyfuS^ nicht zu glauben vermochten, zu überzeugen. „Wir haben," sagt daS Blatt, noch wichtigere Enthüllungen zu machen, vorläufig aber bescheiden wir uns hiermit und fordern die Kriminalkammer des KaffationS- hoseS auf, den General Schneegans und den Obersten Stoffel z» verhören. Paris, 3. Februar. Ein Redakteur der „LibertS" begab sich zu dem 80jährigen Oberst Stoffel und fragte ihn, ob die von. der „Aurore" gebrachte Mittbeilung, wonach er den falsches Kaiserbrief in Händen gehabt habe, aus Wahrheit beruhe. Stoffel antwortete, man solle ihn in Ruhe lassen. Er wolle diese Mit- theilung weder dementiren noch bestätigen. Er wolle von der ganzen Sache nichts wissen. Wenn der Kassationshof ihn vor laden sollte, dann würde er der Vorladung keine Folge leisten. Parts, 3. Februar. Die Revisionskommission hielt heute Nachmittag eine Sitzung ab und hörte Dupuy und Lebret. Arene erklärte der Regierung, er rechne darauf, morgen die Ergebnisse der ergänzenden Untersuchung zu erhalten und werde sie dann der Kommission zustellen. Er glaube, daß morgen eine end gültige Lösung eintritt. Man sagt, gewisse Deputtrte seien geneigt, die Frage vor die Kammer zu bringen, wenn die Regierung nicht die Initiative ergreife. Die Revisionskommission erhält seit einigen Tagen Drohbriefe gegen mehrere Mitglieder. Pari-, 3. Februar. Die Kriminalkammer des Kassations hofes vernahm heute den General Roger. Paris, 3. Februar. Varinard, Belhomme und Conard, die Schreibsachverständigen im Esterhazyprozeß, erklärten vor dem Kassationshof, daß sie nicht behaupten können, das Bordereau sei Dreyfus' Werk. Weitergehende Erklärungen gaben die Zeugen Professoren Paul Meyer, Giry und Molinier ab, welche vor dem Kassationshose ihre im Zolaprozesse gemachte Aussage bekräf tigten, das Bordereau sei Esterhazys Werk. Die drei letztge nannten versicherten weiter, daS Original deS Bordereaus und das seinerzeit vom „Matin" publizirte Faksimile wiesen absolut keinen Unterschied auf. Mehrere Zeugen »m Zoluprozesse be haupteten bekanntlich daS Gegentheil. Paris, 3. Februar. „Matin" veröffentlicht das Schreiben eines Arztes, der die Prinzessin Louise von Koburg in der Anstalt des Or. Obersteiner überwachte. Der Arzt sagt, die Prinzessin sei nicht im Mindesten krank. Um ihre Festhaltung in der Anstalt durchzusetzen, habe Prinz Philipp von Koburg den Mitgliedern der mit der Prüfung des Gesundheitszustandes der Prinzessin betrauten Kommission eingeredet, seine Gemahlin habe früher einen Sturz in den Bergen gethan und sei auch nach der Kata strophe von Meyerling von einer Nervenkrise befallen worden. — Der Arzt erklärt, er und andere Freunde der Prinzessin würden nicht ermüden, die öffentliche Meinung aufzuklären und schließt mit dem Ausdrucke der Verwunderung, daß König Leopold von Belgien seine Tochter so verlassen könne. Marseille, 3. Februar. Als Rochefort und Max Regis, welche sich über Nizza nach Algier begeben wollen, gestern Abend hier eintrafen, wurde eine Kundgebung veranstaltet. ES kam zu Tätlichkeiten, wobei zwei Personen verletzt wurden. Die Polizei nahm mehrere Verhaftungen vor. Sofia, 3. Februar. Die Leiche der verewigten Fürstin Marie Louise wurde heute auf dem Katafalk ausgebahrt. Bevor der Zutritt zur Aufbahrung freigegeben wurde, sand ein Requiem statt, dem der Fürst Ferdinand und Prinz Philipp von Koburg sowie besten Sohn Prinz Leopold beiwohnten. Dann erschien das diplomatische Korps, alle aktiven und früheren Minister sowie das Offizierkorps der Garnison Sofia; daran schloß sich die gesammte Bevölkerung. Peking, 3. Februar. DaS Tschung-li-Damen genehmigte heute die Eröffnung von Naming-su als Vertragshafen. Es war dies von den Handelsleuten in Canton für nothwendig gehalten, unv verunyeitte ihn zu drei Monaten strengen Arrest, unter den Gründen des UrtheilS machte der Gerichtshof geltend, Biberle habe daS Recht der Nothwehr überschritten, da es nicht nothwendig gewesen sei, Nothwehr mit der Schußwaffe zu üben und die Drohung des Schießens angeblich genügt hätte, um den An greifer abzuschrecken. Der Vertheidiger meldete die Nullitäts beschwerde an. Graz, 3. Februar. (Hirsch T.-B.) Eine hier gestern statt gehabte Versammlung von Alt-Katholiken sollte über das Thema „Los von Rom" verhandeln, dieselbe wurde aber kurz nach der Eröffnung polizeilich aufgelöst, was einen großen EntrüstungS- turm hervorrief. Ein großes Polizeiaufgebot räumte schließlich >en Bersammlungssaal. Noch auf der Straße wurden erregte — Der für Dienstag im Gewerbeverei» angesetzte Vor tragsabend muß auf Mittwoch, 8. Febr., verlegt werden. Die Wahl des Themas, sowie die Person des als vortrefflicher Redner geschätzten Vortragenden bürgen dafür, daß den Vereinsmitgliedern ein hochinteressanter, an unterhaltenden und belehrenden Momenten reicher Vortragsstoff dargeboten werden wird, sodaß ein zahl reicher Besuch dringend zu empfehlen ist. Auch Gäste, durch Mitglieder eingeführt, find willkommen. — Vom Landesausschuste des Deutschen FlottenvereinS für das Königreich Sachsen ist der Auslage der heutigen Nummer unseres Blattes ein Ausruf, betreffend den Beitritt zu diesem nationalen Vereine, als Sonderbeilage beigegeben. Wie wir die Stimmung in unserem Kreise kennen, wird die Aufforderung hier gewiß auf guten Boden fallen. Zur Unterstützung des Aufrufes geben wir an anderer Stelle eine graphische Darstellung, die besser als alle Worte den Lesern vor die Augen führen wird, wie nothwendig es ist, daß Deutschland ernstlich an die Hebung seiner Marine denkt. Von dieser Erkenntniß aber wird der Vaterlandsfreund ganz von selbst zu dem Entschlusse gelangen, auch an seinem Theile thatkräftig zur Erreichung dieses erstrebens- werthen Zieles mitzuwirken. Und hierzu bietet der deutsche Flottenverein Jedem die Hand. — Donnerstag, S. Februar findet im Saale der Union ein Metzner-Konzert statt, bei welchem der Komponist und Virtuos Oskar Meßner Vorträge aus Zither, Oboe und Glasmelodium darbieten wird. — Die Eisbahn auf dem Kreuzteiche ist wieder er öffnet. Morgen Mittag findet Konzert statt. -I- Berthelsdorf, 4. Februar. Die hier wohnende und in dem Lorenzschen (früher Reichelts) Gute bedienstete Milchfrau Aehnelt feierte am Donnerstag das Jubiläum ihrer 25jährigen Berufsthätigkeck in diesem Gute. Die Frau hat seit einem Viertel jahrhundert Milch von Berthelsdorf nach Freiberg gefahren. Die Gutsherrschaft ehrte Frau Aehnelt durch Geschenke. K Mobendorf, 1. Februar. Sehr aufgeregt waren die Gemüther bei der heutigen Jagdverpachtung. Der bisherige Jagd pachter, Herr Kommerzienrath Gulden aus Chemnitz, bot per Acker 65 Pfg. Die Jagd wurde jedoch dem hiesigen Gemeinde vorstand Herrn Seidler zugesprochen. — Im benachbarten Riech- berg wurde die Jagd dem bisherigen Pachter, Herrn ErbgerichlS- besitzer Geibel, ebenfalls für den Preis von 45 Pfg. pro Acker einstimmig übe»lassen. V Hainichen, 2. Februar. Wie verlautet, beabsichtigt man hier mit der Handelsschule auch eine landwirthschaftliche Schule zu verbinden. In der gestern Freitag stattgefundenen Stadtgemeineraths- sitzung in Lengefelv wurde der Bau einer Wasserleitung be schlossen und die Ausführung Herrn Ingenieur Loeffler-Freiberg, welcker auch daS Projekt angefertigt hat, einstimmig übertragen. Dem Gefreiten der Reserve Max Emil Müller aus Burkers dorf bei Burgstädt wurde sür die von ihm am 15. August 1897 bei dem Untergange des Fährdampfers „Undine" auf der Elbe bei Dresve« nicht ohne eigene Lebensgefahr be wirkte Errettung mehrerer Personen vom Tode des Ertrinkens in der Elbe die silberne Lebensrettungsmedaille verliehen. Gestern Abend wurde die am Mittwoch begonnene, bereits erwähnte Schwurgercchtsverhandlung in Dresden gegen den Zimmergeseflen Johann Gotthold Gedlich auS Kemnitz und zehn Genosten wegen Landfriedensbxuchs, versuchten Todt- schlags, gefährlicher Körperverletzung und Vergehens gegen § 153 der Gewerbeordnung zu Ende geführt. Das Urtheil lautete für den Angeklagten Gedlich auf 7 Jahre Zuchthaus, für Geißler aus 4 Jahre Gefängniß, für Schmieder auf 9 Jahre Zuchthaus, für Moritz aus 8 Jahre Zuchthaus, für Hecht auf 4 Jahre Gefängniß, für Zwchr auf 10 Jahre Zuchthaus, sür Pseiffer aus 6 Jahre Zuchthaus, für Leiber aus 6 Jahre Zuchihaus, für Wobst auf 7 Jahre Zuchthaus, für Reichelt und Schaer auf kostenlose Frei sprechung. Im Allgemeinen berücksichtigte man zu Gunsten der Verurtheilten, daß sie durch reichlichen Genuß von Spirituosen und aufreizenden Reden zur That veranlaßt worden sind, straf schärfend fiel in das Gewicht, daß sie friedliche Arbeiter über fallen und daß namentlich Zwahr und Moritz einen Zeugen geradezu gemartert haben. Den Geschworenen waren 42 Fragen vorgelegt. Das öffentliche Auftreten des österreichischen Landtags- Abgeordneten vr. Reiniger in der für heute von der Orts gruppe Leipzig des Alldeutschen Verbandes einberusenen Ver sammlung ist polizeilich untersagt worden. Vermuthlich liegt der Grund dieses Verbotes nicht sowohl in der Person ür. Reinigers, als in dem Auftreten mancher seiner Gesinnungsgenossen. Die Versammlung wird trotzdem stattfinden. Die Stadtverordneten zu Borna erklärten sich damit einver standen, daß der Staat nochmals um Uebernahme des Real gymnasiums gebeten und demselben sowohl die Ueberlassung des Gebäudes mit allen Lehrmitteln nnd sonstigem Zubehör als auch ein jährlicher städtischer Beitrag augeboten werde. Eine kürzlich in Wolkenstein stattgefundene Versammlung von Wählern des 18. städtischen Wahlkreises (Oederan) erklärte sich bekanntlich mit der Kandidatur des Bürgermeisters vr. Schöne unzufrieden und beschloß, gegebenenfalls Herrn Rechtsanwalt Göllnitz in Kötzschenbroda als Kandidaten aufzustellen. Rechts anwalt Göllnitz hat es aber jetzt in einem Schreiben an den Vorstand des Nationalliberalen Vereins für das Königreich Sachsen entschieden abgelehnt, eine solche Kandidatur anzunehmen. Torisetzung des Oertlichen und Sächsischen i« der zweiten Beilage. Verschiedenes. nur Heuchelei. * Amerikanisch. Man schreibt der „Weser-Ztg." auS New-Uork, 18. Januar: Seit langer Zeit waren die Vorstellungen des bekannten VariötS-TheaterS von Koster L Bial hier nicht so überfüllt gewesen wie in den letzten zwei Wochen. Die An ziehungskraft ging von einer kleinen Pantomime in zwei Bildern, nach dem bekannten Gemälde „» xart^ ok bonor" genannt, auS. Die Vorführung gipfelt in der Reproduktion des bekannten BildeS, daS zwei Frauen, bis zu den Hüsten entblößt, ein Rapierduell auSfechtend, darstellt. Diese Darbietung erhebt sich in nichts über das Gewöhnliche, die Ausstattung ist eine wenig künstlerische und die beiden Heldinnen sind über das interessante Alter eigentlich schon hinaus. Die Reklame hat in diesem Falle die Polizei be sorgt, indem Inspektor Thompson die beiden Damen sittlich ent rüstet nach der ersten Vorstellung verhaften und erst nach Bürg schaftsstelluna wieder auf freien Fuß stellen ließ. Seit damals fanden alle Vorstellungen vor ausverkauften Häusern statt, da alle Welt das „unmoralische" Schaustück sehen wollte. Am 16. Januär fand vor dem Jefferson Market Polizeigerichte die öffentliche Verhandlung gegen die beiden Heldinnen wegen „Ver letzung der Moral durch Mangel eines KostümeS" statt. Man unterhielt sich aus das Beste; der Vertheidiger wies auf das künstlerische Interesse der Darbietung hin und behauptete, daß die Damen der „oberen 400" in der Großen Oper in viel weniger dezenten Toiletten erschienen, was dem Richter ein viel sagendes Lächeln entlockte. Inspektor Thompson blieb bei seiner Anklage, wenn er auch zugeben mußte, daß die Nummer seit der ersten Vorstellung weit dezenter geworden sei. Die beiden An geklagten erboten sich schließlich, dem Richter ihre Produktion getreu vorzusühren, was dieser gestattete. Er erkannte hieraus auf Freisprechung. * Eine tragikomische Szene spielte sich am 1. Februar mittags im Bureau deS Rechtsanwalts I)r. T. in der Hamburger Altstadt ab. Fräulein von W. ist ihres Zeichens Löwenbändigerin. Sie ist ebenso hübsch, wiegeistreich und stark, ja sogar sehr stark. Frl. v. W. hatte in Hamburg aber keine guten Geschäfte gemacht, sie kontrahirte Schulden, wurde verklagt und mußte den Offen- barungscid leisten. Sie begab sich nun in das Bureau des genannten Rechtsanwalts, um noch eine Schuld von 7 Mark zu bezahlen. Sie legte ein Zehnmarkstück auf den Tisch hin und verlangte 3 Mart zurück. Der Rechtsanwalt weigerte sich aber, das Geld herauszugeben, sondern beanspruchte es als eine Ab zahlung aus die Kosten. Frl. v. W. verlangte nun in sehr energischer Tonart die drei Mark, erzielte aber nur das Resultat, daß sie von dem Rechtsanwalt ebenso höflich als dringend aus- gesordert wurde, das Bureau zu verlaffen. Das war der couragirten Dame denn doch zu viel. Ehe der Anwalt sichs versah, fühlte er sich von seiner schönen Besucherin an dem Klagen gepackt, wie ein Kind in die Höhe gehoben und mehrere Mate durch die Luft geschüttelt. Dann ein Ruck des muskulöse» Arms, ein Wurf und der Rechtsanwalt flog wie ein Ball durch die Lust über seinen Schreibtisch hinweg und direkt in den Papierkorb; anklagend streckte er die Beine gen Himmel. Doktor K. schrie um Hülse. Entsetzt eilte der Bureauchef ins Zimmer und ging auf die Löwenbändigerin zu. Aber auch er wurde mit nerviger Faust gepackt und in eine Ecke geworfen, daß ihm Sehen und Hören verging. Dann verließ Frl. v. W. stolz erhobenen Hauptes das Bureau. Die Angelegenheit dürste für die kräftige Dame noch ein Nachspiel vor Gericht haben. * Athleten-Champions zum Militärdienst untaug lich. In letzter Zeit ist bereits zu wiederholten Malen die Beobachtung gemacht worden, daß junge Leute, die sich durch besondere Leistungen, sei eS im Heben von Gewichten, sei es als gute Fußgänger in Athletenvereinen hervorgethan hatten, bei der Aushebung als untauglich befunden wurden. Das Merkwürdige aber ist, daß gerade diejenigen Kvrpertheile, durch welche sie sich besonders auszeichneten, als für den Militärdienst zu schwach an gesehen wurden. So wurde bei der letzten Rekrutirung in Kopen hagen der als Gewichtsstemmer bekannte Viggo Jensen wegen — zu schwacher Arme der Militärpflicht enthoben. Viggo Jensen ging bekanntlich bei den olympischen Spielen in Athen im Stemmen als Sieger hervor. Uebrigens ist auch Petersen, der beste dänische Fußgänger, wie die „D. Turnztg." mittheilt, deshalb nicht Soldat geworden, weil er nicht gehen konnte. Näheres über die Begründung dieser Annahme zu ersahren, wäre nicht
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)